Protokoll der Sitzung vom 22.06.2000

(Beifall bei der CDU)

Herr Groth, führen wir uns noch einmal die Debatte im Ausschuss vor Augen, als das Gesetz gestrickt worden ist. Es war doch genau die Absicht, dass unangemeldete Besuche dann vorgenommen werden sollten, wenn dieses notwendig erscheint.

(Zurufe von der SPD)

Lassen Sie mich noch einmal § 30 Abs. 4 Satz 2 zitieren. Dort heißt es, sie könnten, wenn es ihnen angebracht erscheine, von einer vorhergehenden Meldung des Besuches absehen.

(Biel [SPD]: Das hat sie gesagt!)

Warum ist es denn in 90 % der Fälle angezeigt? Weil die Missstände eben so groß sind, wie wir in den Berichten der Besuchskommission nachlesen konnten.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Es gibt ei- nige schwarze Schafe, aber ganz we- nige! - Adam [SPD]: Sagen Sie, wür- den Sie das den Wohlfahrtsverbänden auch persönlich sagen? - Weitere Zu- rufe von der SPD - Glocke der Präsi- dentin)

Warum werden diese erst anderthalb Jahre später vorgelegt? - Das ist doch eine Verschleierungstaktik. Hier wird doch nicht aufgeklärt. Hier wird nicht im Sinne der Schutzbefohlenen agiert. Für sie wird nichts getan. Hier muss man den Verdacht haben, dass dies Absicht ist.

(Plaue [SPD]: Er erzählt hier von Dingen, von denen er keine Ahnung hat!)

Deshalb trifft diese Anweisung aus dem Ministerium auch voll ins Schwarze. Was wir alle wollen, ist, dass wir durch Kontrollen tatsächlich eine Verbesserung der Zustände für die Schutzbefohlenen herbeiführen. Aber das gelingt nicht, wenn man zum einen die Berichte erst anderthalb Jahre später diskutiert und wenn zum anderen nichts daraus erfolgt. Es passiert ja nichts. Eigentlich müssten die Besuchskommissionen ihr Mandat niederlegen, weil sie ad absurdum geführt werden. Sie werden lächerlich gemacht.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Jetzt ist es aber gut! - Gegenruf von Frau Pawel- ski [CDU]: Doch, so ist das!)

Diejenigen, die tatsächlich daran teilnehmen und ehrenamtlich tätig sind, haben ein Recht darauf, dass ihre Klagen, die sie erheben, nicht nur gehört werden, sondern dass daraus auch Konsequenzen gezogen werden. Das vermissen wir.

(Frau Elsner-Solar [SPD]: Waren Sie eigentlich dabei, als der Bericht der Besuchskommission erörtert wurde? - Bei der letzten Erörterung waren wir von der SPD alleine!)

Insofern ist eine solche Anweisung absolut kontraproduktiv und gehört einfach nicht hierher.

(Beifall bei der CDU)

Kollege Groth!

Ich halte mich erneut an meine Zeitvorgabe. - Frau Pothmer, es wäre schade, wenn Sie die Möglichkeit, sich über eine Gesetzesänderung zu verständigen, durch die Überzeichnungen in der heutigen Debatte zuschütten würden.

(Frau Jahns [CDU]: Das ist doch gar nicht nötig!)

Ich sage das so, weil der Gegensatz ein fingierter ist.

Ich habe großen Respekt vor allen Besuchskommissionen. Ich war selbst lange Mitglied einer solchen Kommission.

(Frau Pawelski [CDU]: Dann wissen Sie doch, warum das wichtig ist!)

Ich weiß, dass das, was Sie sagen, Herr Dr. Winn, unzutreffend ist, dass die Mängel, die die Besuchskommissionen herausarbeiten, in aller Regel zeitnah abgearbeitet werden, dass natürlich investive Maßnahmen einige Zeit länger in Anspruch nehmen. Besuchskommissionen sind hoch effektiv arbeitende, ehrenamtlich arbeitende Gremien.

(Frau Pawelski [CDU]: Eben! Sie wissen doch, warum!)

Es ist unzutreffend, Frau Pothmer, wenn Sie sagen, die Ministerin habe sich die Meinung der Wohlfahrtsverbände parteiisch zu Eigen gemacht. Die Ministerin hat - ich wiederhole das zum dritten Mal - die Besuchskommission befragt, ob sie das im Gesetz stehende Regel- und Ausnahmeverhältnis beachtet, ob sie sich also nach Recht und Gesetz verhält. Das ist in Ordnung.

(Frau Pawelski [CDU]: Das ist ein Befehl! - Zuruf von Frau Körtner [CDU])

- Mit Befehl und Gehorsam hat das nichts zu tun,

(Frau Pawelski [CDU]: Das ist ein Befehl! - Gegenruf von Plaue [SPD]: Das mag in Ihrer Partei so üblich sein! - Glocke der Präsidentin)

wenn man denen, die unter dem PsychKG arbeiten, sagt: Es gilt eine bestimmte Regelung, und die habt ihr auch zu beachten; wenn ihr Einzelfälle entscheiden wollt, dann müsst ihr sie in eurer Gruppe entscheiden, und dann müsst ihr sie gegenüber dem Ausschuss für Psychiatrie rechtfertigen und auch in dessen Bericht erscheinen lassen.

(Frau Pothmer [GRÜNE]: Der Aus- schuss für Psychiatrie sagt, das ist richtig!)

Das ist das normale Regelwerk. Es ist also eine Fehlinterpretation, wenn Sie hier einer Ministerin vorhalten, sie mache sich parteiisch, wenn sie andere fragt, ob sie Gesetze einhalten, die wir beschlossen haben.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Die antragstellende Fraktion hat sofortige Abstimmung beantragt. Sie wissen, dass wir nach unserer Geschäftsordnung so verfahren können, wenn nicht durch das erforderliche Quorum der Abgeordneten die Überweisung in Ausschüsse beantragt wird.

Ich frage also, ob Ausschussüberweisung beantragt wird. - Das ist der Fall. Ich gehe davon aus, dass Sie damit den Ausschuss für Sozial- und Gesundheitswesen mit der federführenden Beratung beauftragt haben, und schließe diesen Tagesordnungspunkt ab.

Der nächste Tagungsabschnitt ist vom 12. bis 14. September 2000 vorgesehen. Auch für diesen Tagungsabschnitt gilt, was der Ältestenrat in seiner Sitzung im Februar für alle Plenarsitzungen während der EXPO 2000 beschlossen hat, nämlich dass der Landtag vorrangig am Mittwoch und Donnerstag sowie bei Bedarf außerdem am Dienstag zusammentreten soll.

Der Präsident wird wie immer den Landtag einberufen und im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den Beginn und die Tagesordnung der Sitzungen bestimmen.

Ich wünsche Ihnen eine wunderbare Heimfahrt und einen zauberhaften, erholsamen Sommer!

(Beifall)

Schluss der Sitzung: 18.08 Uhr.

Anlagen zum Stenografischen Bericht

noch:

Tagesordnungspunkt 28:

Mündliche Anfragen - Drs. 14/1686

Anlage 1

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 4 der Abg. Frau Hansen (CDU):

Wird das Niedersächsische Landesjugendamt seiner Aufgabe als Fachaufsichtsbehörde gerecht?

Das Kinder- und Jugendheim „Haus Tannenkamp“ unterhält als GmbH in Hann.Münden fünf Wohngruppen an mehreren Standorten. Insgesamt stehen 55 Plätze für Kinder und Ju

gendliche im Alter zwischen drei und 18 Jahren zur Verfügung. Die Kinder leben ständig in dieser Einrichtung und kommen aus gestörten Familienverhältnissen vorwiegend aus Nordhessen.

Wie aus Presseveröffentlichungen zu entnehmen war, herrscht Unruhe über das häufig wechselnde Personal. Ca. 75 % der Erzieherinnen und Erzieher haben allein 1999 gekündigt. Zweifel wurden daher laut am pädagogischen Konzept wegen des hohen Wechsels der Erzieherinnen und Erzieher und der daraus resultierenden Personal- und Sachkosten. Derzeit betragen die Pflegesätze pro Kind und Monat 6.693 DM.

Ich frage die Landesregierung: