Und Sie wollen sich das Recht herausnehmen, unsere Haushaltswirtschaft der letzten zehn Jahre mies zu machen? Herr Kollege Wulff, Sie haben allen Anlass, zunächst einmal Ihre eigenen Taten kritisch zu beurteilen.
Herr Kollege Wulff, Sie stehen ja in einer Verantwortung, in einer Tradition. Stellen Sie sich doch einmal der Verantwortung, der Tradition. Das Recht oder die Gnade der späten Geburt trägt nicht mehr.
Sie sind auch schon älter geworden. Wenn ich mir Ihre Reden anschaue, sind Sie älter, als Sie sich an Jahren darstellen.
Ich will nur daran erinnern, dass wir gewaltige Altlasten zu bewegen hatten und dass wir es dennoch geschafft haben, unsere Politik ordentlich zu finanzieren. Ich denke an die Einstellung von mehr als 1.100 Lehrerinnen und Lehrern jedes Jahr.
Ich denke an die 600 Millionen DM, die wir bei der Förderung der Kinderbetreuung eingelegt haben. Ich denke, meine Damen und Herren, an die 60.000 Wohnungen, die wir gebaut haben. Ich gebe zu, diese 60.000 Wohnungen mussten auf dem Kreditmarkt finanziert werden. Sie bilden auch einen Teil der 70 Milliarden DM, für die wir Verantwortung tragen. Zu der Verantwortung bekennen wir uns auch.
schen Einheit zu schultern und zu tragen hatten. Auf rund 4 Milliarden DM pro Jahr summieren sich die Belastungen, die wir auf der Grundlage des Aufbaus Ost zu bezahlen hatten.
Ich erinnere an den Umsatzsteuerkompromiss, Herr Kollege Wulff, der die ostdeutschen Bundesländer in den Länderfinanzausgleich mit einbezogen hätte. Da will ich gerne auf Ihren Beitrag eingehen, Herr Wulff, nachdem Sie dem Finanzminister gesagt haben, er hätte doch bei den Verhandlungen mit dem Bund dafür sorgen sollen, dass die UMTS-Milliarden zur Finanzierung des Fonds „Deutsche Einheit“ eingesetzt werden. Ich möchte gerne wissen, was Ihre Ministerpräsidenten in den ostdeutschen Bundesländern dazu gesagt hätten. Die hätten nämlich keinen Pfennig Geld davon bekommen.
Die hätten nämlich keinen Pfennig Geld davon bekommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das die Art von Solidarität ist, für die Sie, Herr Kollege Wulff, hier stehen.
- Ich habe einfach auf Ihren Vorschlag reagiert. Ich schlage Ihnen vor, wenn Sie denn wieder in Berlin sind - Sie sind ja öfter dort beim Bundesvorstand Ihrer Partei -, diskutieren Sie das mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten. Wenn Sie hinterher wiederkommen, frage ich Sie, was die dazu gesagt haben. Eine unsolidarische Haltung werden die Ihnen vorwerfen, die Sie dann auch als Person zu tragen hätten.
Damit nicht genug. Ich darf auch daran erinnern, dass 1992 die Regierung Kohl die Strukturhilfe gestrichen hat, auf die Niedersachsen, die Albrecht-Regierung, stark gesetzt hatte und mit der Niedersachsen sozusagen oben war.
Der große Erfolg von Albrecht wurde 1992 von Helmut Kohl abgeschafft. CDU-Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Nein, diese Kohl-Regierung hat uns überhaupt nicht viel Freude gemacht. Auf die Belastungen der ersten Legislaturperiode nach dem Regierungswechsel in Niedersachsen folgten nämlich in der zweiten Legislaturperiode die katastrophalen Rahmenbedingungen, die uns die Koalitionsregierung beschert hat. 1994, mitten im Ausbau Ost, die schwerste Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik! Die Steuereinnahmen, Herr Kollege, brachen in Milliardenbeträgen weg. Seit 1949 war die Steuer- und Abgabenlast noch nie so hoch, die Arbeitslosigkeit, die Zahl der Sozialhilfeempfänger, die Staatsverschuldung und die Zahl der Unternehmenszusammenbrüche nie so hoch wie bei der Regierung Kohl. Das ist Ihre Bilanz, meine sehr verehrten Damen und Herren, an die man Sie erinnern muss.
Wenn Sie mir gestatten, möchte ich an die im Vergleich zu heute durchaus paradiesischen Rahmenbedingungen erinnern, welche die AlbrechtRegierung damals vorgefunden hat.
- Wir hatten - Herr Kollege Oestmann, Sie waren doch von 1986 bis 1990 dabei - kalkulierbare, stetig steigenden Steuereinnahmen. Wir hatten Einkommensteuereinnahmen in der Größenordnung von 44 Milliarden DM und nicht von 4 Milliarden DM. Wir hatten hohe Einnahmen aus dem Förderzins und hohe Strukturhilfeeinnahmen. Auf all das konnten wir uns nicht mehr zurücklehnen, als wir die Regierung übernommen hatten. Dennoch haben wir eine solide Finanzpolitik gemacht.
- Nein, das ist nicht ungenau, sondern ziemlich präzise. Herr Kollege Althusmann, eines haben Sie mit dem Geld, das Sie damals zur Verfügung hatten, nicht gemacht. Sie haben Niedersachsen jedenfalls nicht weitergebracht. Sonst wäre der Reformstau, vor dem wir 1990 auch hier im Lande
gestanden haben, nicht so groß gewesen, wie er gewesen ist. Dieser Reformstau hat uns nur mit großen Schwierigkeiten Politik gestalten lassen.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass Niedersachsen in der Zeit, in der Sie Regierungsverantwortung hatten, was die Strukturdaten ja auch ein bisschen wiedergeben, jemals eine gute Mittelposition oder gar eine Spitzenposition bei den sozialund wirtschaftspolitisch relevanten Eckdaten eingenommen hatte. Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren,
haben die Regierung übernommen oder, andersherum formuliert, Sie sind abgewählt worden, als Sie viel Geld hatten. Wir sind wieder gewählt worden, obwohl wir den Bürgerinnen und Bürgern sagen mussten, dass wir in den Landeshaushalt einschneiden müssen und wir ihnen nicht mehr jeden Wunsch erfüllen können.
Trotz der Aufwendungen, die wir in den letzten Jahren leisten mussten - 80.000 Kindergartenplätze, Bildungsinvestitionen, Wohnungsbauprogramme -, trotz der hohen Ausgaben und Leistungen, die wir zu erbringen hatten, ist es uns dennoch gelungen, 1997 und 1998 die Nettokreditaufnahme um je 450 Millionen DM zurückzuführen. Ich meine, das ist eine Leistung, auf die man zu Recht stolz sein kann.
Trotz neuer Sonderbelastungen gibt es auch in den zukünftigen Haushalten keine Alternative zur konsequenten Sparpolitik. Die Politik des verantwortungsbewussten Sparens werden wir so lange fortführen, bis die Reformen auf Bundesebene ihre Wirkungen entfaltet haben. Wir werden dabei auch weiterhin sehr viel Augenmaß aufwenden und wie schon in den vergangenen Jahren unserer sozialen Verantwortung gerecht werden. Wir werden auch weiterhin Geld in zukunftsgerichtete Politikbereiche investieren, meine Damen und Herren. Es bleibt dabei: Wir werden dieses Land nicht kaputtsparen.
waltungsreform fortführen. Wir werden - das gehört dazu - im verantwortbaren Rahmen den Personalabbau auch weiterhin organisieren. Nach den 7.000 eingesparten Stellen von 1995 bis 1998 wird am Ende dieser Legislaturperiode der Personalabbau in unserer Regierungszeit 12.500 Stellen umfassen, unangetastet bleiben dabei der Bereich Bildung und der Bereich innere Sicherheit.
Der Bund der Steuerzahler - das ist ja nun wahrhaftigen Gottes keine Organisation, die im Verdacht steht, zur Vorfeldorganisation der Sozialdemokratie zu gehören - hat festgestellt, dass bei Regierungswechseln die Anzahl der Stellen immer zugenommen hat. Wir haben dies verändert. Wir haben hier den Trend umgekehrt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Decker [CDU]: Von 1990 bis 1994, oder wann? - Gegenruf von Mühe [SPD]: Da haben wir die Lehrer ein- gestellt, die ihr immer gefordert habt! - Unruhe)
- Ja, Herr Kollege. - Dies erkennt der Bund der Steuerzahler auch an. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes ist hier eine Umkehr zu verzeichnen gewesen. Lesen Sie das, was die geschrieben haben! Ich zitiere die auch nicht immer, aber an der Stelle haben sie Recht.
Auch der Spagat zwischen Zukunftssicherung und sozialer Gerechtigkeit auf der einen Seite sowie verantwortungsbewusster Haushaltspolitik auf der anderen Seite, nämlich nicht zu versprechen, was man nicht halten kann, gelingt uns seit einigen Jahren. Der Spagat wird auch in den nächsten Jahren nicht leicht sein, aber wir werden ihn erfolgreich meistern.
Besonders stolz sind wir darauf, dass unsere unvermeidbare Sparpolitik in zwei unterschiedlichen Richtungen greift. Wir konsolidieren schrittweise, aber konsequent die Landesfinanzen, und gleichzeitig erwirtschaften wir die erforderlichen Mittel für die Prioritäten unserer Politik. Bestes Beispiel dafür ist die Bildungsoffensive, die ihre Wirkung bereits gezeigt hat. Zum Schuljahresbeginn vor wenigen Wochen haben rund 2.500 junge Lehrkräfte ihren Dienst in den allgemein und berufsbildenden Schulen in Niedersachsen angetreten. Dafür stehen schon in diesem Jahr 500 zusätzliche Stellen bereit. Für 200 Millionen DM investieren wir in den Jahren 2000 und 2001 zusätzlich in die
Bildungspolitik, ohne den Landeshaushalt dafür auszuweiten. Das, meine Damen und Herren, soll der Regierung Gabriel erst einmal jemand nachmachen!
Sie, meine Damen und Herren auf der rechten Seite dieses Hohen Hauses, werden bei der Gelegenheit nicht abstreiten können: Während Sie über die Probleme reden, packen wir sie an.