Protokoll der Sitzung vom 12.09.2000

Was sollen wir eigentlich von einer solchen Art Oppositionspolitik halten? Sachlich auseinander setzen mussten wir uns in den vergangenen Jahren ausschließlich mit den Haushaltsvorschlägen der viel kleineren Fraktion der Bündnisgrünen

(Krumfuß [CDU]: Das stimmt über- haupt nicht!)

- doch, Herr Kollege, es stimmt; Sie können es nachlesen -, die als einzige der beiden Oppositionsfraktionen jedes Mal Alternativen vorgelegt hat Alternativen, die wir nicht übernommen haben, aber mit denen man sich auseinander setzen konnte. Bei Ihnen kann man sich nur mit Blabla, aber nicht mit Fakten auseinander setzen. Das ist die traurige Wahrheit der Niedersachsen-CDU hier im Niedersächsischen Landtag!

(Beifall bei der SPD - Jansen [CDU]: Tosender Applaus!)

Meine Damen und Herren, ich überlasse Ihnen die Bewertung, ob das sozusagen ein strukturelles Problem Ihrer Fraktion oder Ihrer Führung ist. Sie haben das zu entscheiden. Wenn ich die Wahlergebnisse richtig deute, haben Sie diese Frage schon entschieden, meine Damen und Herren. Aber auch das soll nicht mein Problem sein.

Sie haben nichts anderes getan - und ich befürchte, dass Sie es wiederholen -, als mit Ihren verstaubten Haushaltsvorschlägen zu kommen, die Sie, Herr Kollege Wulff, ja nicht so benennen wollten, die Sie aber einmal im Ausschuss für Haushalt und

Finanzen haben diskutieren lassen, worauf jedoch Ihnen der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst bescheinigt hat, dass das Papier, das Sie vorgelegt hatten, schlicht verfassungswidrig gewesen ist.

(Möllring [CDU]: Das stimmt doch gar nicht! - Wulff (Osnabrück) [CDU]: Absoluter Schwachsinn!)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Ihre Alternative: verfassungswidrige Vorschläge. Damit brauchen wir uns nicht auseinander zu setzen.

(Starker Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem zehnten von uns gestalteten Haushaltsjahr stehen wir erneut vor großen Herausforderungen, nämlich vor der Herausforderung, die Schere zwischen realistischer Einnahmeerwartung und den landespolitischen Notwendigkeiten schließen zu müssen. Während der vergangenen Haushaltsjahre sind die dramatischen Steuerausfälle zu beklagen gewesen, die durch Arbeitslosigkeit hervorgerufen worden waren. Wir hatten eine Sozialhilfelast zu bedienen

(Möllring [CDU]: Bleiben Sie doch bei der Wahrheit!)

- nein, Herr Kollege! -, die in der Tat auch etwas mit Arbeitslosigkeit zu tun hatte. Herr Kollege Möllring, Sie erzählen immer, dass die Kommunen in politische und finanzielle Schwierigkeiten geraten seien, weil ihnen das Land nicht genug Geld zur Verfügung gestellt habe. Schauen Sie sich das doch einmal an: Die explodierenden Sozialhilfehaushalte sind es gewesen, die den Kommunen die Luft abgedrückt haben. Damit mussten unsere Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker fertig werden.

(Beifall bei der SPD)

Herr Plaue, möchten Sie eine Frage von Herrn Möllring beantworten?

(Möllring [CDU]: Erst dummes Zeug erzählen und dann nicht einmal die Fragen der anderen zulassen! Schauen Sie doch einmal in die Mipla hinein!)

Ohne die Belastungen durch die Steuerreform, mit denen wir uns auseinander zu setzen hatten - ich komme gleich darauf zurück -, wäre es uns bereits mit diesem Haushalt gelungen, die Nettokreditaufnahme zurückzuführen. Ich finde, dass das die Solidität unserer Finanzpolitik deutlich macht.

(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: War da etwas mit „wäre“, „hätte“ und „könnte“?)

Wegen der zusätzlichen Einnahmeausfälle ist uns dies nicht möglich. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass wir im Jahre 2001 durchaus von einem optimistischen Jahr werden sprechen können. Nach den rabenschwarzen Jahren der Bonner Politik, die mit katastrophalen Rahmenbedingungen die Landespolitik belastet hat, ist Licht am Ende des Tunnels zu erkennen, und wir werden dieses Licht heller machen.

(Beifall bei der SPD)

In nur zwei Jahren hat die Koalition in Berlin, die Koalition aus SPD und Grünen, den Reformstau angepackt, den Sie 16 Jahre lang produziert haben. Das geschah manches Mal mit Knirschen. Aber wir haben es angepackt. Sie haben es liegen lassen. Das ist der Unterschied in der Qualität der Arbeit, die wir leisten.

(Beifall bei der SPD - Jansen [CDU]: Wann fangen Sie hier in Niedersach- sen an?)

Wenn Sie sich die Steuerreform anschauen, die diese Regierungskoalition in Berlin auf den Weg gebracht hat, dann kann man mit Fug und Recht sagen, dass dies die bedeutendste Steuerreform ist, die die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland je erlebt hat. Ein Entlastungsvolumen von 80 Milliarden DM wird an die Bürgerinnen und Bürger weitergegeben. Herr Kollege Wulff, wenn Sie oder Ihre Leute sich hier hinstellen und sagen, dass z. B. das Benzin teurer wird, dann müssen Sie den Menschen ehrlicherweise auch sagen, dass sie mehr Geld zur Verfügung haben, dass sie eine Steuerreform bekommen haben, die mehr Geld in ihre Kassen gespült hat. Das muss man der Fairness halber gegenrechnen und darf nicht immer nur die eine Seite der Medaille betrachten.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Auch in unserem Landeshaushalt 2001 werden wir die Einnahmeausfälle, die wir durch die Steuerreform zu verzeichnen haben, nicht durch lockere Sprüche, sondern ganz konkret durch Ausgabenkürzungen erwirtschaften. Wir werden deutlich machen, dass dieser solide finanzierte Haushaltsplan keine Momentaufnahme ist, sondern ein gutes Stück sozialdemokratischer Haushalts- und Finanzpolitik. Die positiven Wirkungen der Steuerreform jedenfalls zeichnen sich schon jetzt ab. Ein besseres Zeugnis ihrer hervorragenden Arbeit wurde in den letzten Jahren kaum einer Regierung und ihrem Finanzminister ausgestellt als die Meldung: Die Steuerquellen sprudeln in einem seit Jahren nicht gekannten Ausmaß. - Eichel und die Bundesregierung haben sich diesen Erfolg aufs Tapet zu schreiben, nicht Ihre Zwischenrufer.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von der Opposition, Herr Kollege Wulff, ich glaube, dass Sie es noch sehr bedauern werden, dass Sie diese Steuerreform abgelehnt haben. Denn wir werden Sie daran erinnern. Wir werden es nicht zulassen, dass Sie auf das kurze Gedächtnis - Ihr eigenes oder vielleicht das der Bürgerinnen und Bürger - setzen. Wir werden Sie daran erinnern, dass Sie mit Nein gestimmt haben: gegen Wirtschaftswachstum, gegen eine Zunahme der Zahl von Arbeitsplätzen und gegen einen Abbau von Arbeitslosigkeit. - Das war Ihr Nein, und daran werden wir Sie erinnern.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben allen Grund, optimistisch zu sein optimistisch, dass wir mit den neuen Rahmenbedingungen in den Haushaltsjahren nach 2001 weitere Gestaltungsspielräume für unsere Landespolitik gewinnen, und optimistisch sind wir auch, dass die Rückführung der Verschuldung in unserem Haushalt möglich wird, wenn in der Bundesrepublik Deutschland die Zahl der Steuerzahler wieder steigt und die Zahl der Arbeitslosen sinkt und nicht umgekehrt. Bei Kohl war es immer anders herum. Unter Kohl ist die Zahl der Steuerzahler gesunken und ist die Zahl der Arbeitslosen gestiegen. Wir betreiben eine andere Politik.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, mit uns glauben das im Übrigen auch die Bürgerinnen und Bürger dieses

Landes. Sie folgen eben nicht Ihren Parolen von der angeblich ruinösen Haushaltswirtschaft, sondern sehen und merken ganz deutlich, dass die Politik, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Berlin und in Niedersachsen machen, für sie positiv wirkt. Ich bin insofern recht optimistisch. Die nächsten Wahlergebnisse werden das zeigen.

(Eveslage [CDU]: Herr Plaue, schau- en Sie einmal zur Pressetribüne! - Fi- scher [CDU]: Sie reden sämtliche Tribünen leer!)

Meine Damen und Herren und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, die Bürgerinnen und Bürger haben Ihnen in den letzten Jahren nie Ihre Mär von den Sozialdemokraten geglaubt, die angeblich nichts von Wirtschaft verstehen und nicht mit Geld umgehen können. Wenn Sie es nicht wahrhaben wollen, empfehle ich Ihnen einmal, sich die Kompetenzprofile anzuschauen, die bei Umfrageergebnissen deutlich werden. Sowohl bei sozialer Gerechtigkeit als auch bei der Frage, wer die wirtschaftliche Kompetenz hat, die Arbeitslosigkeit abzubauen, liegt die Sozialdemokratie deutlich, meilenweit vor Ihnen. Das ist eine Aussage, eine Reaktion auf Politik, die wir betrieben haben, und nicht auf Sprüche, die Sie klopfen wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Aber es sind Ihre Fehleinschätzungen, Herr Kollege Wulff, mit denen Sie nicht umsonst dreimal hintereinander die Landtagswahl in Niedersachsen verloren haben. Ich sage Ihnen voraus, dass Ihnen die Bürgerinnen und Bürger auch künftig keine Regierungsverantwortung zutrauen werden.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Sie müssen in zwei Wochen erst einmal wieder gewählt werden! Kandidieren Sie eigentlich in zwei Wochen wieder?)

Ich empfehle Ihnen, Herr Kollege Wulff, dass Sie sich einmal mit dem Kollegen Eveslage zusammensetzen und sich dringend nach Alternativen umsehen. Das kann ich Ihnen nur raten.

(Beifall bei der SPD)

Solange Sie Ihre finanzpolitischen Beiträge aber auf der Schuldenlüge aufbauen, wie Sie es auch hier wieder getan haben, Herr Wulff, müssen Sie sich schon gefallen lassen, dass wir Sie daran

erinnern, wie es in der Vergangenheit zwischen Erklärungen auf der einen Seite und Handlungen auf der anderen Seite aussah. Forderungen und Handeln - nichts klafft weiter auseinander bei der CDU.

Herr Kollege Wulff, ich werde mir die Zeit nehmen, auf Ihre Bestandsaufnahme einzugehen, die Sie vor wenigen Tagen verteilt haben. Ich werde vor dem Hintergrund dieser Bestandsaufnahme Ihre eigene Rolle, nämlich die Rolle der CDU-Fraktion, ansprechen.

Der Schuldenstand des Landes nach zehn Jahren unserer Regierung ist mit rund 70 Milliarden DM ein Betrag, der auch mir zu hoch ist. Ich hätte gern weniger. Aber ich setze das in Relation zu der Hintergrundentwicklung, aufgrund der wir diese 70 Milliarden DM an Krediten aufnehmen mussten. Herr Kollege Wulff, obwohl Sie es wussten, dass ein großer Teil dieser 70 Milliarden DM sozusagen von Ihnen politisch mit zu verantworten ist, kein Wort davon in Ihrer Broschüre! Mehr als 40 Milliarden DM gehen auf Ihr Konto, einschließlich Zinsbelastung. Wenn Sie es nicht hören wollen, schreiben Sie solch einen Unsinn nicht in Ihre Broschüre, dann brauchen wir uns darüber auch nicht zu unterhalten.

(Beifall bei der SPD - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

Aber das, meine Damen und Herren, ist nicht alles. Herr Kollege Wulff, der Begriff „Unterdeckung“ ist ein Begriff, der aus der Zeit der Regierung Albrecht stammt und mit dem wir uns hier im Landtag massiv auseinander setzen mussten. 1,7 Milliarden DM allein zwischen 1990 und 1993 mussten wir bei den Löhnen und Gehältern drauflegen. Die hatte Frau Breuel in ihrer Mittelfristigen Planung schlicht vergessen. 300 Millionen DM mussten wir mehr für Zinsen aufbringen, als in der Mipla dafür vorgesehen war. 1,5 Milliarden DM an Rücklagen waren reine Luftnummern, die Frau Breuel in der Mipla bereits anderweitig belegt hatte. Das war die Realität, mit der wir starten mussten.

(Beifall bei der SPD)

Keine müde Mark für den Wohnungsbau! Sie erinnern sich daran. Das Thema Krankenhausfinanzierung ist auch ein Thema, an das wir gerne zurückdenken: null DM im Haushalt, aber seitenweise Versprechungen zum Teil in Biertischzelten.

So haben Sie Politik gemacht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Und Sie wollen sich das Recht herausnehmen, unsere Haushaltswirtschaft der letzten zehn Jahre mies zu machen? Herr Kollege Wulff, Sie haben allen Anlass, zunächst einmal Ihre eigenen Taten kritisch zu beurteilen.