Diese wirklich sehr alte wirtschaftspolitische Weisheit scheinen Teile der Unionsfraktion in diesem Landtag inzwischen vergessen zu haben.
Meine Damen und Herren, Sie können doch den Menschen in Niedersachsen nicht ernsthaft vormachen wollen, dass die Wandlung dieses früheren Mischkonzern im Rohstoff- und Anlagenbereich falsch oder gar aufzuhalten wäre. Wenn Sie das wollen,
dann gefährden Sie viel mehr Arbeitsplätze in Niedersachsen und in Deutschland, als Sie vorgeben hier schützen zu wollen.
Meine Damen und Herren, damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich bin sehr wohl dafür, dass wir eine Diskussion darüber führen, wie wir denn die Regionen, die von solchen Umstrukturierungsprozessen gefährdet zu sein scheinen, begleiten können und wie wir mit der Preussag über die Frage diskutieren können, was wir z. B. an den Standorten Bad Bentheim oder Goslar - auf der einen Seite Deutag, auf der anderen Seite die Fels-Werke - machen. Aber wir dürfen doch nicht
den Eindruck vermitteln - und das versucht die Union hier seit Monaten -, dass bei der Preussag unverantwortlich gehandelt würde, meine Damen und Herren.
Nachdem die CDU-Fraktion jahrelang über den Volkswagen-Konzern und die Anteilseignerschaft des Landes diskutiert hat - heute ist sie hoffentlich froh darüber, dass wir die Anteile nicht aufgegeben haben, weil wir den Konzern nur dadurch vor feindlichen Übernahmen aus den Vereinigten Staaten schützen können -, nachdem sich die CDUFraktion monate- und jahrelang in heftigen Debatten gegen die Übernahme der Salzgitter AG gewandt hat und nachdem der Oppositionsführer hier im Landtag die Führung der Norddeutschen Landesbank wochen- und monatelang so massiv angegriffen hat,
wird hier nun folgendes Strickmuster organisiert: Da gibt es ein paar junge Abgeordnete, die sich profilieren wollen.
Da weiß man, dass der Vorstandsvorsitzende der Preussag der SPD angehört. Da weiß man auch, dass hier im Landtag der Arbeitsdirektor der Preussag sitzt.
(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: Und der ist auch noch Vorsit- zender des Wirtschaftsausschusses!)
- Ich finde es schrecklich, dass jemand wie Herr Möllring - beinahe hätte ich gesagt „Möllemann“, aber er heißt ja „Möllring“ - öffentlich sagen kann: Es ist schlimm genug, dass Vertreter dieses wichtigen Unternehmens z. B. auch hier im Landtag sitzen. Was für eine wirtschaftspolitische Kompetenz ist das eigentlich?
Meine Damen und Herren, ich habe nichts dagegen, dass wir im Wirtschaftsausschuss im Zusammenhang mit dem Verkauf der Wohnungen auch über die Frage Bad Bentheim und die Fels-Werke in Goslar diskutieren.
(Zurufe von der CDU - Gegenruf von Plaue [SPD]: Ihr seid ein Standortrisi- ko da drüben! Sie sowieso, Frau Pa- welski!)
Ich bin auch dafür, dass wir mit dem Vorstand der Preussag diskutieren. Aber doch nicht nach dem billigen Strickmuster, dass wir hier Leute, die einer bestimmten Partei angehören, öffentlich an den Pranger stellen und das Unternehmen in seiner gesamten Struktur immer wieder öffentlich gefährden.
Die Preussag ist bereit, ihre soziale Verantwortung für die betreffenden Standorte wahrzunehmen. Ich gehe davon aus, dass das Unternehmen bei der Suche nach neuen Eigentümern an den Standorten erfolgreich und darüber hinaus auch weiterhin bereit sein wird, darüber mit der Landesregierung und sicherlich auch mit den Fraktionen hier im Landtag in aller gebotenen Sachlichkeit zu diskutieren. Ich bitte aber auch darum, die Diskussion über die soziale Verantwortung eines Unternehmens nicht zu missbrauchen, um Parteipolitik zu betreiben oder im Lande den Eindruck zu vermitteln - was meiner Meinung nach noch viel schlimmer wäre -, dass man diese Entwicklung ernsthaft aufhalten kann. Das gehört meiner Meinung nach zur Redlichkeit der Politik auch dort, wo es schwierig ist wie z. B. in Bad Bentheim.
Ich bin froh darüber, dass es gelungen ist, das neue Unternehmen am Standort Niedersachsen und insbesondere hier in Hannover zu halten.
- Ich sage in aller Offenheit: Wenn diese Diskussion in Niedersachsen so fortgesetzt wird, dann gibt es für den Sitz dieses so wichtigen Unternehmens mit Düsseldorf und Köln reale Alternativen, die öffentlich bekannt sind.
Ich habe die herzliche Bitte, dass die Landesregierung bei dem Versuch unterstützt werden sollte, mit diesem Unternehmen zu kooperieren. Auf keinen Fall sollte im Landtag jedoch eine Konfrontation organisiert werden.
Ich bin froh über die Zusage, dass Hapag-Lloyd seinen Sitz in Hannover behalten soll. Ich bin ferner froh darüber, dass jetzt auch der neue Reisesender im Internet mit rund 100 Beschäftigten am Medienstandort Hannover, nicht aber an anderen Standorten wie etwa Düsseldorf, Köln, München oder Berlin entstehen soll.
Dies vorausgeschickt, meine Damen und Herren, beantworte ich die einzelnen Fragen der Opposition wie folgt:
(Widerspruch bei der CDU - Gegen- ruf von Plaue [SPD]: Wer hat denn den Quatsch gefragt? Warum machen Sie denn ein solches Theater im Rah- men einer Dringlichen Anfrage? Das ist doch unglaublich, was Sie hier in- szenieren! )
Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident hat als Vertreter der Landesregierung das Recht, seine Antwort vorzutragen,
Meine Damen und Herren, nichts desto weniger bitte ich darum, dass die Fragen jetzt beantwortet werden, damit wir sogleich in das Fragespiel einsteigen können.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung trägt weder für die Redebeiträge der Opposition in der letzten Runde zum Thema Preussag die Verantwortung noch für die Dringlichen Anfragen, die die Opposition stellt.
Die Landesregierung ist der Auffassung, dass hier in diesem Landtag dann, wenn außerhalb des Landtags versucht wird, einen bestimmten Eindruck vom wirtschaftspolitischen Klima in diesem Land zu erwecken, diskutiert werden muss. Die Dringliche Anfrage der Opposition hat diesen Eindruck nun einmal entstehen lassen.
Zu Frage 1: Die Preussag hat sich in Niedersachsen bisher von Konzernteilen mit mehr als 10.000 Arbeitsplätzen getrennt. Zurzeit handelt es sich noch um ca. 2.000 weitere Arbeitsplätze, die nach den Plänen des Konzerns an andere Eigentümer übergehen sollen. Bei den bisherigen Verkäufen in den Bereichen Stahl, Bergbau sowie Anlagen- und Schiffbau sind die vorhandenen Arbeitsplätze weitgehend erhalten geblieben. Wir haben keinerlei Anlass, daran zu zweifeln, dass das Unternehmen auch bei den weiteren Verkäufen anstrebt, die Arbeitsplätze mit anderen Eigentümern zu erhalten.
Zu Frage 2: Die Landesregierung ist in die Verkaufs- und Kaufverhandlungen selbstverständlich nicht eingebunden. Sie ist darüber allerdings informiert. Sie bewertet die Konzernstrategie der Umgestaltung mit Käufen in den wachsenden Bereichen Dienstleistung und Tourismus und dem Abbau in den tendenziell schrumpfenden Märkten Montan, Eisen und Stahl sowie Anlagen- und Schiffbau grundsätzlich positiv.
Zu Frage 3: Da gegenwärtig von einer Gefährdung der Arbeitsplätze nicht ausgegangen wird, sind wir auch nicht der Auffassung, dass zum jetzigen Zeitpunkt Debatten über das Unternehmen weiter geführt werden müssen. Lassen Sie mich dazu aber noch Folgendes sagen: Selbstverständlich ist die Landesregierung der Auffassung, dass wir mit dem Unternehmen über die Standorte und die möglichen denkbaren Gefährdungen diskutieren müssen. Das tun wir auch. Ich wäre froh darüber, wenn dies auch der Niedersächsische Landtag in angemessener Form, nicht aber immer nur vor dem jeweiligen parteipolitischen Hintergrund tun würde, um den Leuten vor Ort auf diese Weise etwas vorzumachen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben gerade den Ministerpräsidenten erlebt, der nicht auf eine Dringliche Anfrage geantwortet, sondern eine Regierungserklärung abgegeben hat.