Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Die von der CDU-Fraktion eingebrachte Anfrage ist nicht die erste zu diesem Thema. Wir haben uns mit diesem Thema schon mehrmals in den Landtagssitzungen befasst. Das begann mit einem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD aus dem Jahre 1981. Ferner gab es Kleine Anfragen der Abgeordneten Bruns und Wernstedt und im Jahre 1991 eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Pörtner zu diesem Thema. Ich habe schon erwähnt, dass Ihre Große Anfrage wortgleich mit der Anfrage aus Schleswig-Holstein ist. Ich möchte aber jetzt auf die niedersächsischen Verhältnisse eingehen.

(Zuruf von der CDU: Das wäre schön!)

In Absprache mit den Bundesländern hat die Bundesregierung im Jahre 1993 vor dem Hintergrund der ersten Weltkonferenz der UNESCO in Thailand einen Bericht zur Bekämpfung des Analphabetismus in der Bundesrepublik Deutschland vorgelegt. Dort heißt es u. a.: Das in der Bundesrepublik Deutschland vorhandene Schul- und Ausbildungssystem sowie die vielfältigen Möglichkeiten der Erwachsenenbildung entsprechen seit langem bereits wesentlichen Zielen der beschlossenen Weltdeklaration „Bildung für alle“. Deshalb ist in der Bundesrepublik Deutschland zur Beseitigung oder zur massiven Reduktion des Analphabetismus kein nationaler Aktionsplan im Sinne der UNESCO von den für das Bildungswesen zuständigen Stellen festgelegt worden. Für die Bundesrepublik Deutschland ergibt sich die Verpflichtung, die vorhandenen Bildungsangebote noch besser für eine frühestmögliche Verhinderung des Entstehens von Analphabetismus und eine noch konsequentere Bekämpfung des Erwachsenenanalphabetismus zu nutzen und auszubauen. - Ich habe bereits gesagt:

Niedersachsen und Schleswig-Holstein sind an der Spitze der Länder, die das bereits ausgebaut haben. Dieser Verpflichtung ist sich die Landesregierung bewusst, wie Sie unserer Antwort entnehmen können.

Meine Damen und Herren, allgemeine Schulpflicht und der Analphabetismus schließen sich aus. Heute gibt es in der Bundesrepublik Deutschland nur sehr wenige Analphabeten in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes - Sie haben das bereits erläutert -, nämlich keine Buchstaben zu kennen. Das war in früheren Zeiten, als es noch keine Schulpflicht gab, anders. Vor einigen Jahrhunderten war es natürlich eine Ausnahme, das Alphabet zu beherrschen. Auch gekrönte Häupter, z. B. Karl der Große, konnten nicht lesen und schreiben. Im Hochmittelalter waren auch die Angehörigen der höheren Stände häufig Analphabeten.

Offiziell gilt das Analphabetentum in Deutschland seit spätestens 1912 als beseitigt. In diesem Jahr wurde die letzte Erhebung durchgeführt. Sie ergab einen Anteil von 0,01 bis 0,2 % Analphabeten. Sie können das auch in der Broschüre, die ich bereits zitiert habe, des Bundesverbandes Alphabetisierung nachlesen. Trotz Schulpflicht und der damit verbundenen Alphabetisierung gibt es in Deutschland Menschen, die kaum lesen und schreiben können - das haben Sie erwähnt -, d. h. die die gesellschaftlichen Mindestanforderungen an die Beherrschung der Schriftsprache unterschreiten und deshalb an schriftlicher Kommunikation in allen Arbeits- und Lebensbereichen nicht teilnehmen können. Damit ist für sie - darin sind wir uns einig - die Wahrnehmung ihrer Rechte als Bürgerinnen und Bürger eines demokratischen Staats erheblich erschwert. Die Grenzziehung - das macht es so schwierig bei diesem Thema - zwischen funktionalen Analphabeten, wie sie heißen, und den ausreichend alphabetisierten Menschen kann nur jeweils auf eine konkrete Gesellschaft bezogen werden. Für Deutschland kann man sagen, dass vor 200 Jahren geringere Kenntnisse erforderlich waren als 100 Jahre später und heutzutage. Die Anforderungen im schriftlichen Bereich sind in den vergangenen Jahrzehnten quantitativ gestiegen und haben sich qualitativ verändert. Zum Beispiel erfordert die Nutzung des Computers und des Internet andere Lesetechniken als das Lesen von Büchern. Der Einzug neuer Technologien in alle Bereiche des Lebens hat dazu geführt, dass schriftsprachliche Kenntnisse an nahezu allen Arbeitsplätzen Eingangsvoraussetzungen sind. Wo früher ein Hauptschulabschluss ausreichte, wird heute ein

guter Realschulabschluss genannt. Darüber haben wir schon häufiger diskutiert.

In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit lässt sich beobachten: Je mehr Möglichkeiten bei der Auswahl von Arbeitskräften bestehen und je höher die Qualifikationsanforderungen gesetzt werden, desto mehr steigen die Auswahlanforderungen an den Einzelnen. Je höher die Anforderungen, desto größer die Wahrscheinlichkeit, zum funktionalen Analphabeten und gesellschaftlich ausgegliedert zu werden.

Frau Ministerin, möchten Sie eine Frage der Kollegin Frau Litfin beantworten?

Ich möchte zusammenhängend vortragen.

Es gibt keine gesicherten Angaben zur Größenordnung des funktionalen Analphabetismus, und zwar weil man die Grenzziehung nicht genau vornehmen kann. Eine statistische Erfassung setzt eine klare Definition des Begriffs „Analphabet“ voraus. Es muss also genaue Kriterien für die sprachlichen Qualifikationen und Kompetenzen geben. Sie finden also deshalb häufig unscharfe Aussagen von uns, weil dieses so schwierig ist. Diese Kriterien liegen nämlich nicht vor. Für Niedersachsen kann man davon ausgehen, dass alle Schulabgängerinnen und Schulabgänger, die einen Schulabschluss erhalten haben, schriftsprachliche Grundfertigkeiten in dem Maße erworben haben, dass sie nicht zu den Analphabeten gezählt werden können.

(Frau Mundlos [CDU]: Aber zur Risi- kogruppe gehören sie vielleicht!)

Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass sich in der Gruppe insbesondere derjenigen, die aus der Hauptschule oder aus der Schule für Lernhilfe ohne Abschluss entlassen werden, Jugendliche befinden, die schriftsprachliche Grundfertigkeiten nur in einem sehr geringen Ausmaß besitzen und somit von dem funktionalen Analphabetismus bedroht sind. Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung der Bildung gehören deshalb zu den vorrangigen Zielen der Landesregierung. Wichtige Schritte haben wir auf diesem Weg gemacht. Ich möchte hier die Umwandlung der Grundschulen in Verlässliche Grundschulen, Frau Mundlos, nennen. Dort wird mehr Unterricht gemacht, und zwar insbesondere um die Grundkompetenzen, die

Grundfertigkeiten einzuüben. Ich kann Ihnen Folgendes mitteilen: Ich habe einen Brief bekommen, in dem sich jemand darüber beschwert hat, dass seine Kinder zu viel Unterricht bekommen. Ich sollte doch einmal prüfen, ob das in Ordnung sei. Die Maßnahmen zur Qualitätssicherung, die ich vorgenommen habe, kennen Sie: effektive Nutzung von Lernzeiten, die Sicherung vergleichbarer Standards durch Leistungsüberprüfung, gegen die Sie ja sind, sowie die zentrale Standardsetzung in Deutsch, Mathematik und Fremdsprache. Des Weiteren nehmen wir am OECD-Projekt PISA teil, um Schülerleistungen zu untersuchen. PISA wird eine Vergleichsstudie vorlegen. Unter den Informationen über die Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme der 33 Teilnehmerstaaten ist auch Deutschland zu finden.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wir werden an dieser Stelle etwas über unsere Bundesländer erfahren. In Niedersachsen werden 83 Schulen untersucht und sind schon in dem ersten Zyklus untersucht worden, der sich mit der Lesekompetenz beschäftigt.

Sie wissen, die Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit liegt uns am Herzen. Wir haben eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die von vielen Seiten sehr begrüßt worden sind. Auch die Kultusministerkonferenz hat sich mit diesem Thema bereits intensiv beschäftigt.

Die Niedersächsische Landesregierung beabsichtigt darüber hinaus, die Umsetzungsmöglichkeiten in einem Projekt „Regionen des Lernens“ zu erproben. Sie greift damit die Empfehlung des Bildungsrates beim Ministerpräsidenten auf. Ziel dieses Projekts ist die Verbesserung der Lernergebnisse und Lernkompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Hierfür werden in den nächsten Jahren in zehn Modellregionen je Region Gelder im Umfang von 750.000 DM zur Verfügung gestellt.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf eine weitere Maßnahme hinweisen, die auf den Übergang von der Schule zum Beruf, der eine schwierige Zeit darstellt, zielt. So will das Land durch die Gewährung von Zuwendungen die Durchführung spezifischer sozialpädagogischer Maßnahmen fördern. Dieses Förderprogramm der Landesregierung ist als Anschubfinanzierung für sozialpädagogische Maßnahmen gerade an Hauptschulen gedacht, die vor allem dazu dienen sollen, junge Leute in ihrer Lern- und Leistungsmotivation

zu stabilisieren. Über diese Maßnahme sind wir uns wohl auch einig.

Die Förderung Benachteiligter in der dualen Berufsausbildung ist wesentlicher Förderschwerpunkt der Arbeitsverwaltung. Aber auch das Land und die kommunalen Gebietskörperschaften leisten hier ihren Beitrag. Sie kennen unsere Maßnahmen, an erster Stelle die regionalen Ausbildungskonferenzen, die sich überall gebildet haben. Mit dieser Unterstützung, so meine ich, haben wir gemeinsam mit dem Ausbildungsprogramm der Bundesregierung eine Menge bei der Ausbildung zuwege gebracht.

Aber - ohne Frage - wir haben noch zu viele junge Leute ohne Abschluss. Diese Quote muss dringend gesenkt werden, deshalb unsere Maßnahme, im BVJ z. B. den Hauptschulabschluss zu ermöglichen.

Mit finanzieller Hilfe des Landes und des Bundes werden seit Jahren Projekte im Bereich der Alphabetisierung und der Grundbildung für erwachsene funktionale Analphabeten durchgeführt. Ich habe das erwähnt. Betrachtet man die Relation von Bevölkerungszahl und durchgeführten Alphabetisierungskursen für Erwachsene, so nimmt Niedersachsen, wie gesagt, eine Spitzenstellung mit 70 Kursen pro eine Million Einwohner ein, nicht weil wir so viele Analphabeten haben, sondern weil wir uns der bildungspolitischen Aufgabe der Bildung für alle bewusst sind.

Sie sehen, in Niedersachsen sind wir bestrebt, die von der Weltkonferenz der UNESCO geforderte Bildung für alle sicherzustellen. Wir haben die Forderung seit langem umgesetzt, bevor Sie Ihre Anfragen aus Schleswig-Holstein übernommen haben. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Wiegel hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat anfangen:

„Weil ich so oft die Schule geschwänzt habe, habe ich meist keine Noten im Zeugnis bekommen, sondern nur Striche.“

(Zuruf von der CDU: Das haben wir uns gedacht!)

So erinnert sich ein heute 36 Jahre alter Mann, den wir als Analphabeten bezeichnen würden, an seine Jugend. „Niemanden hat das wirklich interessiert,“ erzählt er. „Ich habe mich oft gefühlt wie ein Wilder, der im Busch lebt.“ Wie gesagt, das sind die Worte eines heute 36-jährigen funktionalen Analphabeten, wie wir das nennen. Er verdient sein Geld als Lkw-Fahrer. Die Führerscheinprüfung kann man auch mündlich machen. Er ist seit drei Jahren Mitglied einer Lesegruppe der Volkshochschule. Das ist eine der ganz typischen Karrieren eines Analphabeten. Ich meine, darüber sprechen wir heute.

Solche Karrieren fangen meist an mit Misserfolgserlebnissen oder Schwierigkeiten in der Schule. Das hat manchmal auch etwas mit Sprach- oder Hörstörungen zu tun, mit Legasthenie, mit Dyskalkulie, hat auch etwas mit Schulschwänzen oder mit häufigem Schulwechsel zu tun. Es ist auch, so sagt uns die Forschung, ein Fall der sozialen Umgebung. Oftmals kommen solche Personen aus sozial sehr schwachen Milieus, aus Familien, in denen es überhaupt keine große Rolle spielt und es nicht wichtig ist, Lese- und Schreiberfahrung zu haben und zu verwerten. Da sind dann oftmals auch Schicksale mit Heimunterbringung zu finden und wieder der häufige Ortswechsel. So wachsen diese Jugendlichen auf. Sie haben vielleicht mal das Lesen und Schreiben gelernt. So habe ich es auch von meinen Vorrednerinnen gehört. Aber sie haben es auch wieder verlernt.

Diese Erwachsenen versuchen nun, ihre Schwäche zu verstecken und zu vertuschen. Analphabeten sind nicht behindert. Sie haben zum Teil eine Lebensleistung vorzuweisen, auf die sie auch stolz sein können. Aber sie müssen ihre Schwäche, ihren Analphabetismus verstecken, weil sie sich schämen. Sie entwickeln allerdings erhebliche Fähigkeiten, um dies zu verstecken, und kompensieren damit ihre Schwächen. Sie suchen sich oftmals für die ganz unumgänglichen Schreib- und Lesevorgänge Vertrauenspersonen. Aber sonst versuchen sie, das wirklich zu verstecken.

Nur eine geringe Anzahl oder nur ein gewisser Prozentsatz dieser Analphabeten traut sich in einen Alphabetisierungskurs. Sie gehen in Lesekurse oder in entsprechende Angebote der Erwachsenenbildung. Diese Anzahl steigt allerdings, weil die Anforderungen und der Druck der Öffentlichkeit

im Beruf z. B. erheblich gestiegen sind. Es gibt auch durchaus diejenigen, die sicherer werden wollen und sich deswegen trauen, Kurse mitzumachen; oder sie wollen den Führerschein auf die ganz normale Art machen, oder der Grund ist, dass es in der Öffentlichkeit inzwischen deutlich mehr zum Thema geworden ist, dass es auch Hilfe für Erwachsene gibt, die weit über das Schulalter hinausgewachsen sind.

Trotzdem ist die Angst vor der Entdeckung groß. Diese Erwachsene haben auch Angst, in den Alphabetisierungskursen ebenfalls wieder zu versagen, wie sie in der Schule versagt haben, oder zumindest Misserfolge zu erleben. Sie haben - was bei Erwachsenen durchaus auch in anderen Bereichen zu erkennen ist - eine gewisse Scheu vor der Lernanstrengung.

In diesen Kursen sind übrigens 60 % Männer. Das liegt vielleicht auch daran, dass Männer den höheren Anteil von Hauptschul- und Sonderschulabgängern stellen, sodass also der Nachholbedarf dort vielleicht auch höher ist. Bei den Alphabetisierungskursen für Ausländer sieht das anders aus. Da gibt es einen ganz deutlichen Anteil der Frauen. Aber das nur am Rande.

Der Blick ist bei diesem Thema sehr stark auf das Problem bei den Erwachsenen zu richten. Sie haben in Ihrer Anfrage allerdings sehr stark auf Kindergarten und Schule hingewiesen.

Ich möchte das ergänzen, was von den Vorrednerinnen auch angeführt worden ist. Von der deutschen UNESCO-Kommission gibt es nur sehr schwammige Prognosen über Analphabetismus. Sie haben gesagt, Frau Mundlos, auf 0,75 % bis 3 % schätzt man den Anteil der Analphabeten. Das liegt daran, dass man erst einmal definieren muss, was man darunter versteht. Sie haben schon gesagt: Analphabeten sind diejenigen, die keine Buchstaben kennen. Ihr Anteil ist von der UNESCOKommission auf weniger als 1 % geschätzt worden. Aber dann geht es um die schon oft zitierten funktionalen Analphabeten. Da liegt die Schätzung bei etwa 2 bis 7 %. Was heißt das? Das sind Leute, die ein wenig lesen und schreiben können. Sie können auch ihre Unterschrift geben. Aber ihre gesamte Lese- und Schreibfähigkeit liegt unter dem Abschlussniveau der Hauptschule. Wir sprechen auch von Illiteraten. Das heißt, sie können lesen, aber nicht flüssig. Sie können mühsam Gebrauchstexte lesen, aber, wie gesagt, nicht so, dass sie zufrieden stellend am Leben teilnehmen

können. Da spricht man von einer Quote von 10 bis 15 % der Bevölkerung.

Schließlich können wir dann auch noch die Aliteraten dazu nehmen. Das sind diejenigen, die lesen können, aber es so gut wie nicht nutzen. Sie lesen Gebrauchstexte da, wo es sein muss. Sie nehmen aber in ihrem Leben kein Buch in die Hand. Ihr Anteil - das sollte uns alle neben dem Thema ein wenig erschrecken - wird auf 25 % der Bevölkerung geschätzt. Insgesamt - so sagen ernst zu nehmende Forschungen und Untersuchungen - liest ein Drittel unserer Bevölkerung kein Buch.

Wir haben gesagt, dass die Ursachen dafür nicht so einfach zu benennen sind. Sie sind vielschichtig. Sie liegen in den persönlichen Veranlagungen. Aber Forschungen und Erkenntnisse hierüber sind sehr wenig vorhanden. Ich habe es gesagt: Es liegt an Lese- und Sprachstörungen, an Legasthenie, es liegt aber auch am Umfeld.

Aber nun zu Ihrer Anfrage. Sie haben sich auf den Schul- und Kindergartenbereich bezogen. Ich meine, dass die Landesregierung hierzu eine umfangreiche Auskunft gegeben hat. Ich empfinde die Auskunft keineswegs als Armutszeugnis, sondern als eine Bilanzlegung, die sich sehen lassen kann.

(Frau Mundlos [CDU]: Wo ist denn die Prävention im Kindergartenalter?)

Wenn Sie diese Anfrage aus Schleswig-Holstein bemühen, dann müssen Sie natürlich auch damit rechnen, dass Sie mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein ausgerechnet die Spitzenreiter in der Bekämpfung des Analphabetismus als Vorbilder herangezogen haben.

(Frau Mundlos [CDU]: Wo ist denn die Prävention im Kindergarten?)

- Ich meine, dass wir den Kita-Bereich nicht mit Anforderungen überfordern dürfen. Diagnose- und Spezialförderung kann dort ohnehin nur in einem gewissen Umfang betrieben werden.

(Frau Mundlos [CDU]: Dann lassen wir die Kinder im Regen stehen!)

Ich habe großes Vertrauen in die Grundfähigkeit und die Kompetenzen von Erzieherinnen, die sehr wohl die gesamte Persönlichkeit und die Schwächen eines Vier- bis Fünfjährigen - -

(Das Licht im Plenarsaal geht aus - Zurufe: Oh! - Wer war das? - Hier vorn gibt es keinen Druckknopf, um solche Effekte auszulösen. Ich kenne ihn nicht. Ich meine, dass im Kindertagesstättenbereich sehr wohl die Fähigkeit vorhanden ist, Persönlichkeiten von 4- bis 5-jährigen Kindern zu erkennen, und die Einsicht in ihr soziales Umfeld, um entsprechende Reaktionen auszulösen oder Anstöße für Förde- rung bzw. begleitende Jugendhilfe zu geben. (Frau Mundlos [CDU]: Die Fähigkeit habe ich doch gar nicht abgestritten!)

Ich freue mich, dass Niedersachsen im Rahmen der PISA-Untersuchung mit 83 Schulen dabei ist, Lesefähigkeiten abzufragen und nach meinem Dafürhalten auch zu stärken. Ich teile die Auffassung der Ministerin in Bezug auf die positiven Auswirkungen, die die Verlässliche Grundschule mit sich bringen wird. Ich finde auch das lobenswert, was insbesondere für die schwächeren Jugendlichen im Berufsausbildungsbereich an Ausbildungsstärkung und Ausbildungsfähigkeit in Jugendwerkstätten und in den Projekten, die die Ministerin genannt hat, zu sehen ist. Das ist also eine Bilanz, die sich sehen lassen kann.

Ich komme zurück auf den Punkt, der meines Erachtens der Schwerpunkt ist. Das ist der Bereich der erwachsenen Illiteraten der funktionalen Analphabeten.