Protokoll der Sitzung vom 17.11.2000

Vorbemerkung, Herr Schwarzenholz. – Ihr Einwand legt nahe, dass wir erst durch Ihre Anfrage überhaupt auf den Gedanken gekommen sind, diesem Sachverhalt nachzugehen. Dieser Eindruck ist rundherum falsch. Ich habe mit Landesbischof Krause in den letzten Monaten mehrmals wegen des Vorgangs telefoniert. Es bedurfte nicht Ihrer Mündlichen Anfrage, um uns zu veranlassen, dieser Sache intensiv nachzugehen.

(Zuruf von Schwarzenholz [frakti- onslos])

- Ich nehme Ihre spielerischen Unterstellungen ja auf, Herr Schwarzenholz

Richtig ist, dass die Schreiben der DBE von 1997 und auch vom Frühsommer dieses Jahres die Klausel beinhalteten, dass Betriebsgeheimnisse natürlich zu beachten seien. Darüber hinaus ist bei Herr Eyssen der Eindruck vorhanden gewesen, dass die Geschäftsführung des Unternehmens nicht hinreichend legitimiert ist, ein solches Schreiben zu schicken. Mit dem jetzt vorliegenden Schreiben, auf das der Antragsteller, das Bundesamt für Strahlenschutz, eingewirkt hat, sind sämtliche schadenersatzrechtlichen Anforderungen und Ansprüche der DBE gegenüber Herrn Eyssen für nichtig erklärt worden, sodass es überhaupt keine Situation mehr gibt, die ihn jetzt daran hindern könnte, seine Kenntnisse zu offenbaren. Dass sich zur Darlegung dieser Kenntnisse gegenüber der Planfeststellungsbehörde der Ressortminister zu einem Termin begeben muss, halte ich allerdings für ziemlich abwegig.

Frau Harms hat noch eine Zusatzfrage.

Herr Minister, nachdem Sie vor kurzem erklärt haben, dass Sie nach der möglichen Stilllegung des Atomkraftwerks Stade im Jahr 2003 für einen zügigen Abbruch, einen zügigen Rückbau der Atomanlage sind, nachdem Sie sich in der letzten Woche auch zum Thema Morsleben eingemischt haben, frage ich Sie, ob Sie im Zusammenhang mit diesen Positionen auch einen neuen Bedarf für das Endlager Schacht Konrad sehen.

Herr Jüttner!

Frau Kollegin Harms, die Planrechtfertigung für Schacht Konrad hat die Landesregierung in den letzten Jahren kontinuierlich bestritten. An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert.

Die zweite Zusatzfrage!

Herr Minister, sind Sie denn nicht der Auffassung, dass Ihre Position zum Thema „zügiger Rückbau“ und Ihre Position zum Thema „Lagerung des dann anfallenden Mülls“ in Einklang gebracht werden müssen?

Herr Minister, bitte!

Frau Harms, ich verstehe Ihre Einlassung überhaupt nicht.

(Frau Harms [GRÜNE]: Das glaube ich!)

Ich habe vor wenigen Monaten das frühere Atomkraftwerk Würgassen besucht, mir bei der Gelegenheit angesehen, welche Konsequenzen der Ausstieg aus der Atomenergie hat, und zwar sowohl unter Sicherheits- als auch unter beschäftigungspolitischen Gesichtspunkten, aber auch hinsichtlich der regionalen Wertschöpfung. Ich bin der festen Überzeugung, dass man nicht einhausen und 15 Jahre nichts machen sollte, sondern dass es das sinnvollste Konzept ist, sofort mit dem Rückbau zu beginnen, weil das Beschäftigung sichert, weil das die intellektuellen Kapazitäten, die bei den Beschäftigten in den Regionen vorhanden sind, in angemessener Weise nutzt. Obwohl Würgassen schon eine geraume Zeit im Rückbau ist, sind Sie und ich bisher immer der Meinung gewesen, dass der Bedarf für ein Endlager im Betrieb frühestens ab dem Jahr 2030 vorhanden ist. Mir ist nicht einsichtig, wieso bei Ihnen neue Kenntnisse dazu führen, dass Sie augenscheinlich für eine frühere Inbetriebnahme eines Endlagers plädieren.

(Frau Harms [GRÜNE]: Planlosig- keit!)

Herr Kollege Schwarzenholz zur zweiten Zusatzfrage!

Herr Minister, vor einigen Wochen ist Ihnen von den Initiativen, die von der IG Metall aus Salzgitter koordiniert werden, ein Fragenkatalog zu Schacht Konrad übergeben worden. Können Sie

uns sagen, wie weit die Bearbeitung dieses Katalogs zwischenzeitlich fortgeschritten ist?

Herr Jüttner, noch einmal!

Herr Kollege Schwarzenholz, ich habe das, wie das bei derartigen Schreiben üblich ist, ins Haus gegeben. Das ist – wie bei uns üblich – in zügiger Bearbeitung und wird denjenigen, die den Brief geschrieben haben, ziemlich umgehend zugestellt.

Herr Hagenah stellt die nächste Zusatzfrage.

(Unruhe)

Herr Minister, ich möchte von Ihnen gern wissen, wo die schwach- und mittelradioaktiven Stoffe aus Würgassen gelagert werden.

Weiß man das?

(Mühe [SPD]: Fragen Sie Frau Harms!)

Herr Hagenah, diese Frage können wir Ihnen schriftlich im Detail beantworten. Die Antwort kann ich Ihnen jetzt nicht geben. Ich kann Ihnen nur sagen, dass bei solch einem Kraftwerk ungefähr 98 % freigemessen und wieder verwertet werden und von daher sich die Kapazität, die übrig bleibt und irgendwann eingelagert gehört, in diesem Rückbauverfahren drastisch reduziert. Unbeschadet dessen gibt es ein Entsorgungskonzept des Bundes, der davon ausgeht, dass bis 2030 ein Endlager gebraucht wird.

Mir ist die Vokabel „freigemessen“ nicht bekannt.

(Frau Harms [GRÜNE]: Strahlen- schutzverordnung! - Adam [SPD]: Herr Präsident, dafür haben wir Sie studieren lassen? - Heiterkeit bei und weitere Zurufe von der SPD)

Darf der Präsident, ohne sich zu melden, nachfragen?

(Heiterkeit)

Herr Präsident, das ist ein Fachbegriff,

(Heiterkeit)

den die Techniker im Bereich des Strahlenschutzes benutzen. Wir hatten diese Debatte, als es 1998 die Auseinandersetzung um die Transporter gab. Damals war die öffentliche Meinung, dass so lange gemessen wird, bis nichts mehr gefunden wird, weil vorher auch gewischt wird. Das ist so nicht richtig. Richtig ist aber, dass es in diesem Bereich Halbwertszeiten gibt, dass die Strahlenschutzgesichtspunkte zu berücksichtigen sind und dass, wenn bestimmte Grenzwerte unterschritten sind und es keine Gefährdungen mehr gibt, Materialien freigemessen und damit in den normalen Verwertungskreislauf eingeschleust werden. Das ist der Hintergrund. Es ist ein Begriff aus dem Strahlenschutzrecht.

(Zustimmung bei der SPD)

Ich bedanke mich für die Erläuterung. Ich habe aber gar keine Frage gestellt, sondern nur eine Bemerkung gemacht.

(Heiterkeit)

Damit sind alle Fragen beantwortet.

Wir kommen zur

Frage 2: Kulturvertrag des Landes mit der Stadt Hannover

Diese Frage wird vom Abgeordneten Golibrzuch gestellt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Kulturvertrag hatte sich Niedersachsen als wichtigste Maßnahme verpflichtet, die Oper, das Schauspielhaus und das Theater am Ballhof in die Regie des Landes zu übernehmen. Für diese Betriebe der Staatstheater GmbH muss das Land

seitdem in voller Höhe das jährliche Defizit von ca. 90 Millionen DM abdecken. Auch Investitionen wie die fast 88,6 Millionen DM teure Erneuerung der Bühnentechnik im Opernhaus wurden vom Land übernommen.

Im Gegenzug musste sich die Landeshauptstadt bereit erklären, eine jährliche Ausgleichszahlung von 5 Millionen DM als eigene Interessenquote an das Land abzuführen. 1998 wurde dann ein erster Vorstoß unternommen, um sich seitens der Stadt auch von dieser Last zu befreien. Die Regierung hatte bereits eingewilligt, doch dann unterband der damalige SPD-Landtagsfraktionschef und heutige Ministerpräsident Sigmar Gabriel diese Absprache.

Gabriel wies seinerzeit darauf hin, dass die Förderung des Staatstheaters einen „stolzen Betrag“ darstelle, „dessen Erhöhung schon sehr gut begründet werden muss“. Auch vor dem Hintergrund der enormen Finanzleistungen aus anderen Regionen des Landes für die EXPO in Hannover, so Gabriel damals, sei es „niemandem zu erklären, wenn einerseits in Hannover zusätzliche Finanzmittel für die Staatstheater zur Verfügung gestellt würden und gleichzeitig in anderen Städten das Land seine Kulturförderung absenkte“.

Zwischenzeitlich hat man sich jedoch in Regierungskreisen eines anderen besonnen. Im Haushaltsplan findet sich im Kleingedruckten ein Hinweis, wonach das Land bereit sei, auf die jährliche Einnahme von 5 Millionen DM zu verzichten, wenn die Landeshauptstadt im Rahmen der Nachnutzung des EXPO-Geländes dort „in Abstimmung mit dem Land“ eine Medienberufsschule errichte.

Wohl wissend, dass die SPD-Landtagsfraktion in ihrem Änderungsantrag zum Haushaltsplanentwurf 2001 diesen Vermerk ersatzlos streichen möchte, frage ich die Landesregierung:

1. In welcher Weise glaubt sie mit der geplanten Medienberufsschule eine überregionale Wirkung zu erzielen, die eine finanzielle Beteiligung des Landes durchaus rechtfertigen könnte?

2. Wie begründet sie rückblickend die Verknüpfung des so genannten Kulturvertrages mit der Errichtung einer Medienberufsschule auf dem EXPO-Gelände?

3. Wie beurteilt sie die Auffassung, wonach es eine Ungleichbehandlung bedeuten würde, der Landeshauptstadt Hannover jeden Eigenbeitrag zur Finanzierung des Staatstheaters zu erlassen, während

Braunschweig und Oldenburg für ihre Staatstheater jährlich 20 bis 30 Millionen DM aufbringen müssen?

Die Antwort erteilt der Finanzminister Aller.