Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

Nun zum Hochschulbau, meine Damen und Herren: Auch dazu habe ich von Frau Mundlos kein Wort gehört. Wir bauen auf dem EXPO-Gelände zur Nachnutzung der EXPO das Kurt-SchwittersForum: 137 Millionen DM. Das ist wahrlich kein Pappenstiel, sondern ein Innovationssprung für das kulturelle und wissenschaftliche Angebot in Niedersachsen und speziell in Hannover.

Wir bauen auch noch vieles andere, z. B. den Fachbereich Physik in Göttingen für 97 Millionen DM. Insgesamt stehen im Hochschulbauplafond von 2000 bis 2004 1,2 Milliarden DM zum Bau wichtiger Einrichtungen zur Verfügung.

Auch im Großgerätebereich gibt es neue Investitionen, und zwar da, wo sie wichtig sind: z. B. für einen Hochleistungsrechner für das Land Niedersachsen, der uns in der Informatik, in der EDV weiterbringt. Kostenpunkt: 24,9 Millionen DM.

Nun komme ich zu den Studierenden. Dazu habe ich vorhin auch nichts gehört bzw. habe, weil das Adrenalin nicht hochgekommen ist, geschlafen. Für das BAföG, das dankenswerterweise von der Bundesregierung, vom Bundestag aufgewertet wird, stellen wir natürlich die notwendige Gegenfinanzierung bereit. Das sind 23,3 Millionen DM. Die müssen erst einmal im Haushalt erwirtschaftet werden.

(Beifall bei der SPD)

Wir bezahlen in Clausthal und Göttingen modellhaft Intensivstudiengänge, um einmal auszuprobieren, ob wir unseren Studierenden damit ein neues Angebot machen können, das es ihnen erlaubt, noch schneller fertig zu werden. 2 Millionen DM stehen dafür zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, ein Personalproblem will ich auch noch ansprechen, weil mir das auf der Seele liegt. Wir schieben seit Jahren ein ungelöstes Problem bei der Besoldung der lehrenden Sozialarbeiter an den Fachhochschulen vor uns her. Das wird in diesem Haushalt gelöst, und ich bin allen, die daran mitgewirkt haben, dafür dankbar, dass das gegen Grundsätze, die eigentlich gegen Stellenerhöhungen sprechen, durchgesetzt werden konnte.

An den Hochschulen befinden sich die Globalhaushalte sozusagen im progressiven Werdegang. An den Fachhochschulen haben wir die formelgebundene Mittelzuweisung. Immerhin werden im Haushaltsjahr 2001 15 % des Finanzvolumens

bereits nach Formel bemessen. Es ist für die Fachhochschulen - jedenfalls für die eine oder andere eine schwierige, aber auch eine reizvolle Aufgabe, mit dem Geld, das dort vorhanden ist, dann auch wirklich freier umgehen zu können.

Für die kirchlichen Fachhochschulen, die uns ebenfalls sehr am Herzen liegen und die in Niedersachsen ein hervorragendes Angebot vorhalten, stellen wir im Haushaltsjahr 2001 600.000 DM zusätzlich zur Verfügung.

Nun möchte ich mit einigen Zahlen eine etwas längerfristige Betrachtung anstellen, weil mich der Herr Kollege Wulff gestern mit seiner einäugigen Sicht auf die möglicherweise beengte Situation an den Universitäten wirklich auf die Palme getrieben hat. Meine Damen und Herren, wir haben nicht nur Universitäten, wir haben auch Fachhochschulen. Niedersachsen hat bei seinem beengten Finanzrahmen seit 1990 - ich will es Ihnen genau sagen an den Fachhochschulen 43 % mehr Studienplätze geschaffen. - Frau Müller nickt, in Lingen profitiert sie davon. - Wir haben an der Universität ohne Lehramt 3 % und im Lehramtsbereich 15 % Zuwachs gehabt. In der Summe sind das 2.654 Studienplätze an den Fachhochschulen, 600 an den Unis und 530 zusätzlich im Bereich Lehramt. Die sind geschaffen worden, ohne dass dafür in gleichem Umfang Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden mussten. Die sind durch intelligente Bewirtschaftung geschaffen worden. Und da sage ich Ihnen klipp und klar: Wenn Sie dies kleinreden, wenn Sie sagen „Da seht ihr mal, in welche Situation ihr die Universitäten bringt“, dann ist das Quatsch. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns, dass wir Studienplätze schaffen. Sie erwarten nicht, dass wir bedingungslos Geld irgendwo hinpumpen. Sie erwarten, dass wir Studienplätze schaffen - so preiswert wie möglich und mit dem Geld, das uns zur Verfügung steht. Und genau dieser Aufgabe haben wir uns gestellt.

(Beifall bei der SPD)

Zur Frauenförderung: Wir betreiben eine intensive Frauenförderung - das wissen die Hochschulen mit allen möglichen ordnungspolitischen Maßnahmen. Dort wird sehr gute Arbeit geleistet. Eines haben wir im letzten Jahr gemacht, was noch auf unsere ehemalige Wissenschaftsministerin Frau Schuchardt zurückging: die Internationale Frauenuniversität, ein Semester lang. - Eine tolle Einrichtung! Ich war bei der Abschlussveranstaltung und kann nur jedem empfehlen, in Zukunft einmal

dahinzugehen. Eine tolle Veranstaltung! Für die Fortsetzung dieses Themas sind 500.000 DM im Haushalt abgesichert. - Auch dazu haben wir von Ihnen kein Wort gehört.

Abschließend zur Forschung: Natürlich werden unsere exzellenten Forschungseinrichtungen weiter gefördert. 1,9 Millionen DM stehen für die CUTEC zusätzlich zur Verfügung und 550.000 DM für das OFFIS.

Damit haben wir trotz beengter Haushaltslage einen Schwerpunkt im Bereich der Bildungspolitik gebildet und hier insbesondere im hochschulpolitischen Bereich. Ich danke allen, die daran mitgewirkt haben, dass das so umgesetzt werden konnte.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Golibrzuch hat jetzt das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Oppermann ist ja mit dem erklärten Ziel angetreten, den Hochschulen mehr Autonomie, mehr Eigenverantwortung zu geben. Ich stelle fest, dass nach zweieinhalb Jahren, zur Mitte der Legislaturperiode, die Hochschulautonomie in Niedersachsen noch nie so stark eingeschränkt war wie unter diesem Minister.

(Beifall bei der CDU)

Die Hochschulleitungen selbst sprechen von zentralistischen Tendenzen und unterstellen eine ReVerstaatlichung quer durch alle Bereiche: ob es die Telekommunikationsleistungen sind, ob es der Strombezug ist, ob es die Stellenpläne oder das Liegenschaftsmanagement sind. Das geht bis hin zum Führen eines Girokontos. So war es der Universität Oldenburg nur nach einer Ausnahmegenehmigung des Finanzministeriums möglich, bei der alten Hausbank zu bleiben. In all diesen Bereichen sind die Hochschulen in ihrer Eigenverantwortung eingeschränkt worden. Deshalb, Herr Minister, sagen wir: Sie reden zwar sehr viel von Amerika, aber in diesen Bereichen praktizieren Sie Preußen.

Deswegen wollen wir den Hochschulen in diesen Bereichen deutlich mehr Handlungsspielraum einräumen. Wir wollen ihnen, übrigens auch mit der NHG-Novelle, eine deutlich größere Autono

mie geben. Wir wollen mehr Wettbewerb zwischen den einzelnen Hochschulen. Wir sagen aber auch, dass man auf staatliche Steuerungsinstrumente nicht wird verzichten können, jedenfalls nicht vollständig.

Ich meine, wir sind uns einig, dass für das Studium Hochschulstandorte in Ballungsräumen gegenüber Hochschulstandorten in geographischen Randlagen einen natürlichen Vorteil haben. Wenn man das weiß, dann kann man natürlich nicht auf eine Hochschulentwicklungsplanung verzichten. Deswegen, Herr Minister, können wir schwer nachvollziehen - weil wir nämlich für einen effizienten staatlichen Mitteleinsatz sind -, dass in der Vergangenheit insbesondere dort, wo staatliche Hochschulen schon ein bestimmtes Studienangebot vorgehalten haben, gleichzeitig private Hochschulangebote genehmigt worden sind. Das ist aus unserer Sicht kein effizienter staatlicher Mitteleinsatz.

So sehr wir begrüßen, dass in einem ersten Schritt die leistungsbezogene Mittelvergabe für die Fachhochschulen eingeführt worden ist, so haben wir doch Zweifel daran, ob die gefundene Formel tatsächlich allen Belangen Rechnung trägt, insbesondere den Belangen des ländlichen Raums. Es kann ja nicht richtig sein, dass eine Fachhochschule im Nordwesten selbst dann, wenn sie ihre Studiengänge zu 100 % - man hat dass ja ausgerechnet - auslasten würde, bei einer leistungsbezogenen Mittelvergabe von 35 % 4 Millionen DM verliert, bei 60 % entsprechend mehr. Solche Verluste kann eine Hochschule mit Einsparungen allein im Verwaltungsbereich natürlich nicht auffangen. Deswegen erwarten wir, dass diese Formel dringend überarbeitet wird.

Im Übrigen fragen wir uns natürlich auch, warum hier allein die Fachhochschulen quasi als Versuchskaninchen für diese leistungsbezogene Mittelvergabe herhalten müssen, warum jetzt nicht auch eine leistungsbezogene Mittelvergabe für Universitäten erfolgt. Die Frage ist, was der Grund dafür ist, ob hier der Einfluss einzelner Hochschulstandorte, die besonders betroffen wären, seinen Niederschlag findet, warum das also nur bei Fachhochschulen exekutiert wird.

Herr Minister, wir wollen deshalb nicht ausschließlich auf Wettbewerb der Hochschulen setzen, weil wir glauben, dass das bedeutete, auf strukturpolitische Gestaltungen zu verzichten. Wir

meinen, dass man sich das in einem Flächenland wie Niedersachsen nicht leisten kann.

In Ihrem Zweitberuf, Herr Oppermann, sind Sie ja, auch wenn man es manchmal nicht merkt, Kulturminister. Dazu hat Kollege Domröse gerade einiges gesagt. So sehr es mich freut, dass Sie durch eine vertragliche Absicherung staatlicher Zuschüsse der Ostfriesischen Landschaft Planungssicherheit geben, so sehr es mich auch freut, wenn Sie versuchen, durch eine vertragliche Absicherung dem Göttinger Symphonie-Orchester Planungssicherheit zu geben, so sehr muss ich mit Bedauern feststellen, dass das natürlich diejenigen Leistungsempfänger benachteiligt, die nicht über eine solche vertragliche Absicherung der Mittel verfügen. Deswegen, Herr Minister, erwarten wir von Ihnen an dieser Stelle eine klare Entscheidung: Entweder betreiben Sie diese Form der Kulturförderung auf vertraglicher Grundlage mit allen Empfängern staatlicher Zuschüsse oder aber mit keinem Empfänger staatlicher Zuschüsse. Wir erwarten eine klare Richtungsentscheidung. Im Zweifel sind wir für diese Vertragsabschlüsse. Wir können es aber nicht hinnehmen, dass es zu einer solch groben Ungleichbehandlung kommt, bei der nach wie vor ein Schwerpunkt auf dem Bereich der klassischen Kulturförderung gesetzt wird und bei der insbesondere die freien Kulturträger in diesem Land benachteiligt werden. Das ist jedenfalls aus unserer Sicht nicht akzeptabel.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung von Frau Mundlos [CDU] und von Frau Trost [CDU])

Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Trost.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hochschulpolitik spielt sich nicht ausschließlich in Göttingen, Hannover, Braunschweig und den umliegenden Dörfern ab.

(Frau Dr. Andretta [SPD]: Richtig!)

Hochschulpolitik ist auch in der Fläche. Es mag sein, dass Sie, Herr Minister Oppermann, das zum Teil als Provinz und das, was dort passiert, als Provinzpossen abtun. Aber ich möchte jetzt einmal explizit Beispiele aus diesem Bereich bringen, die zeigen, wie sich Ihre Hochschulpolitik dort vor Ort auswirkt.

Am 23. November waren Sie, Herr Minister Oppermann, in Osnabrück, und zwar zur „Open Science 2000“ an der Fachhochschule. Wunderbar. Es gab eine Podiumsdiskussion, auf der darüber diskutiert wurde, wie Hochschule und Wirtschaft zusammenarbeiten können. Es wurden Ideen entwickelt. Es wurde gesagt, was man alles machen könnte. Aber: Es passiert nichts.

Wenn ich im IT-Bereich aber etwas erreichen will, dann muss ich handeln. Da ist eine Großrechenanlage, Herr Dr. Domröse, zwar eine Möglichkeit, einen ersten Schritt zu tun. Aber was wir brauchen, sind IT-Fachkräfte jetzt.

(Mühe [SPD]: Ihr wollt immer alles gleich und jetzt!)

Die Wirtschaft handelt, und zwar ohne den Hochschulbereich. In der Stadt und im Landkreis Osnabrück wurde jetzt ein Förderverein gegründet, der gemeinsam mit der örtlichen Industrie IT-Kräfte ausbildet und damit gleichzeitig eine Arbeitsplatzgarantie verknüpft. Dort werden sie also nach Bedarf ausgebildet. Ich frage mich nur: Warum muss das Ganze in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und einer Consulting GmbH erfolgen? Warum sind Hochschulpolitiker von der SPD nicht in der Lage, das gemeinsam mit Fachhochschulen, Universitäten - da ist doch im Grunde das Potenzial vorhanden - vor Ort hinzubekommen?

(Frau Körtner [CDU]: Das hätte sein sollen, ja!)

Eine zweite Sache: der Innovationspakt II. - Die 50 Millionen DM, die Sie den Hochschulen in dem Rahmen gestrichen haben, haben massive Auswirkungen vor Ort. Ich bin mir nicht sicher, dass Ihnen das wirklich bis ins letzte Detail bewusst ist.

An dem 23. November sollten Sie dann anschließend bei der Hörsaaleinweihung anwesend sein. Diese Einweihung fand nicht statt. Sie waren wohl etwas überrascht darüber, dass dort 200 streikende Studenten auftauchten.

(Frau Körtner [CDU]: Peinlich, pein- lich!)

Die Hochschule hatte nämlich folgendes Problem: 3 Millionen DM waren gekürzt worden. Irgendwoher muss das Geld aber kommen, um den Hochschulbetrieb aufrechtzuerhalten. Da hat die Hochschulleitung im Rahmen des operativen Geschäfts einen Förderverein gegründet und über diesen

Förderverein Gebühren für die Sprachkurse für Studierende eingefordert.

(Frau Körtner [CDU]: Ja, so machen die das!)

Das sind versteckte Studiengebühren. Ich stimme mit Ihnen darin überein, dass diese Einführung von Studiengebühren für die Sprachkurse nicht in Ordnung ist.

Dann haben Sie, Herr Oppermann, gesagt – und das vor dem Hintergrund eines gekürzten Haushalts -: Ich stelle dieser Hochschule 100.000 DM zur Verfügung, unter den Vorgaben, erstens dass eine zweite Sache dieser Art nicht passiert und zweitens dass sich der AStA so etwas nicht mehr bieten lässt. - Ich frage Sie allen Ernstes: Woher nehmen Sie diese 100.000 DM, wenn wir denn tatsächlich einen so engen Haushalt haben? Kann jetzt jede Hochschule einen ähnlichen Weg gehen, um ihre Defizite auszugleichen?

Eine Sache noch in diesem Zusammenhang, Herr Oppermann: Ich hatte das Gefühl, es war Ihnen gar nicht recht, dass Sie dort nicht schön einweihen konnten, ein Glas Sekt trinken konnten,

(Frau Leuschner [SPD]: Das macht er gern!)

sondern sich wirklich intensiv mit der Politik vor Ort auseinander setzen mussten.

Ein Versprecher bei Ihrer Diskussion mit den Studierenden war ja noch ganz nett; Sie haben die Studierenden mit „liebe Genossen“ angesprochen. Überhaupt nicht schön fand ich im Nachhinein allerdings, dass Sie dem Präsidenten der Hochschule mehr oder weniger unterstellt haben, in diese Streiks involviert gewesen zu sein. Das, Herr Oppermann, sollte eigentlich unter Ihrem Niveau sein. Die Studierenden wissen schon selber, wie sie dort agieren müssen.