Protokoll der Sitzung vom 15.12.2000

Hierzu möchte ich ein paar Beispiele geben: Verkäuferin, ledig, ein Kind, 20 km mit dem Auto bis zur Arbeit, 36.000 DM Brutto-Jahreseinkommen Entlastung durch die Entfernungspauschale: 30 DM pro Jahr. Man kann sich ja einmal ausrechnen, wie viel Belastung durch die Ökosteuer entsteht. Facharbeiter, ledig, 20 km mit der Bahn bis zur Arbeit, 50.000 DM Brutto-Jahreseinkommen Entlastung durch die Entfernungspauschale: 48 DM. Techniker, verheiratet, zwei Kinder,

15 km mit dem Auto bis zur Arbeit, 70.000 DM Brutto-Jahreseinkommen - Entlastung durch die Entfernungspauschale: 32 DM. Das geht so weiter.

(Frau Pawelski [CDU]: Riesig!)

Ein leitender Angestellter - das ist ja die Gruppe, für die Ihr Herzblut schlägt -, 50 km mit der Bahn bis zur Arbeit, 120.000 DM Brutto-Jahreseinkommen - Entlastung durch die Entfernungspauschale: 3.659 DM. Ein Radfahrer, der sechs Kilometer von der Dienststelle entfernt wohnt und das gleiche Einkommen wie diejenigen hat, die mir als Beispiel vorliegen, hat Null DM Entlastung, weil er unter der Arbeitnehmerpauschale bleibt. Das bedeutet: Es ist eine große Täuschung, wenn man den Leuten vormacht, dass sie eine Entlastung haben. Ein Bahnfahrer hat nach einem Beispiel, das mir vorliegt, eine Entlastung in Höhe von 951 DM. Ein Autofahrer, der jeden Tag 50 km bis zu seinem Arbeitsplatz fährt, hat nach einem mit vorliegenden Beispiel eine Entlastung in Höhe von 298 DM.

Meine Damen und Herren, dass sind diejenigen, die berufstätig sind und durch die Entfernungspauschale eine Entlastung im Verhältnis von 1 : 6 erfahren. Sechs Teile Belastung, ein Teil Entlastung. Die Frau, der Mann im ländlichen Raum, die bzw. der ihre bzw. seine Kinder zur Musikschule, zum Sport oder zum Theater fährt, hat sechsmal Belastung und Null DM Entlastung.

(Beifall bei der CDU)

Gleiches gilt für Rentner, Studenten und diejenigen, die durch die Ökosteuer in unzumutbarer Härte belastet werden.

(Schack [SPD]: Du kannst nicht rech- nen!)

Nun will ich einmal sagen, was die Niedersächsische Landesregierung nächste Woche im Bundesrat beschließen soll. Es gab ja die Diskussion um die Verteilung des EXPO-Defizits. Bereits vor einigen Monaten gab es den Hinweis darauf, dass man sich vielleicht auf den Anteil zwei Drittel/ein Drittel einigen könnte, wenn die Landesregierung eine entsprechende Kompromissbereitschaft zeigt. Damals wurde empört gesagt: Das hat nichts miteinander zu tun. - Man hat gesagt: Wenn der Bund die Ökosteuer kassiert und das voll in die Kassen des Bundes geht, dann wollen wir als Land nicht die Entfernungspauschale zur Hälfte mitbezahlen. Das war damals die selbstverständliche Position.

Jetzt haben wir ja das Ergebnis über die Verteilung des EXPO-Defizits und allerorts eine große Kompromissbereitschaft in Sachen Entfernungspauschale. Ein Schelm, der Böses dabei denkt!

Ich kann nur sagen: Dieser Antrag muss natürlich im Ausschuss beraten werden. Wir wären aber auch bereit, ihn, so wie ihn die Grünen vorgelegt haben, heute abzulehnen. Wir können jedem empfehlen, die nächste Stufe des Flickwerks Ökosteuer auszusetzen, das Flickwerk Entfernungspauschale abzuschaffen und neu darüber nachzudenken, wie man zu einer durchgreifenden Entlastung der eben genannten Personengruppen kommen kann. Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Schwarzenholz, wenn Ruhe im Plenarsaal herrscht, haben Sie das Wort für bis zu zwei Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich verstehe die Aufregung gar nicht, denn mit einer Ökosteuer hat diese so genannte Ökosteuer nichts zu tun.

(Mühe [SPD]: Es regt sich niemand auf!)

Sie hat keinerlei ökologische Lenkungswirkung, sie wird nicht im ökologischen Bereich eingesetzt, sondern sie ist eine Rentenfinanzierungssteuer. Außerdem ist zu sagen, dass die Einführung der Verkehrsmittel unabhängigen Entfernungspauschale ein altes Wahlversprechen von einer ganzen Reihe von Parteien ist, das auch im rot-grünen Koalitionsvertrag steht, jedoch bis jetzt nicht umgesetzt wurde. Der Versuch, die Entfernungspauschale als Rechtfertigung, sozusagen als Schmiermittel für die nächste Stufe dieser Rentensteuer, die am Jahresanfang wieder einmal um sechs Pfennig erhöht wird, zu benutzen, ist natürlich durchsichtig, weil wesentliche Bevölkerungsteile überhaupt nicht entlastet werden.

Die Verkehrsmittel unabhängige Entfernungspauschale wird ja nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, von denen gezahlt, die die Einnahmen aus der Ökosteuer haben, sondern sie wird überwiegend über die Landeshaushalte finanziert. Das heißt also, Sie versuchen bestimmte

Dinge, die Sie versprochen haben, über die Länder zu finanzieren. Die Verkehrsmittel unabhängige Entfernungspauschale muss kommen. Sie ist richtig, notwendig und längst überfällig, aber sie hat nicht das Geringste mit einem Ausgleich für die so genannte Ökosteuer zu tun. Wenn Sie in dieses Politikfeld Glaubwürdigkeit hineinbringen wollen, dann muss diese so genannte Ökosteuer abgeschafft werden. Es muss eine Primärenergiesteuer eingeführt werden, deren Einnahmen - das sagt selbst Ihr umweltpolitischer Sprecher im Bundestag, Herr Loske, das sagt der Bundesfinanzminister, und auch Herr Gabriel äußert sich in der Richtung – für einen ökologischen Umbau und für einen sozialen Ausgleich und nicht zweckentfremdet für die Renten verwendet werden. Dann werden Sie Akzeptanz in der Bevölkerung bekommen. Bis dahin ist diese Akzeptanz nicht erreichbar.

(Zuruf von Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE])

Herr Kollege Wenzel, Sie haben noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön!

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Alle Argumente sind genannt. Deswegen will ich nur noch etwas zum Verfahren sagen. Der Bundesrat wird am kommenden Freitag über den Vorschlag des Vermittlungsausschusses entscheiden.

Wir haben vorgeschlagen, zu beschließen:

a) Der Landtag begrüßt das im September dieses Jahres vorgestellte Vorhaben der Bundesregierung zur Einführung einer einheitlichen Entfernungspauschale für alle Berufspendler.

b) Der Landtag fordert die Landesregierung auf, allen Vorschlägen, die eine einseitige Schlechterstellung von Bus- und Bahnkunden bzw. von Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern vorsehen, die Zustimmung zu verweigern.

Der letzte Punkt könnte sogar die Zustimmung der CDU-Fraktion finden, entspricht er doch dem Passus in der alten Vorlage zur Steuerreform. Die ersten beiden Vorschläge müssten die Zustimmung der SPD-Fraktion finden, es sei denn, Sie wollen im Vermittlungsausschuss nachverhandeln. Das würde aber dazu führen, dass die Entfernungspauschale nicht am 1. Januar in Kraft treten könnte,

weil dann noch einmal der Bundestag zusammentreten müsste. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor. Ich schließe daher die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung.

Der Kollege Wenzel hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sofortige Abstimmung beantragt. Entsprechend unserer Geschäftsordnung frage ich zunächst einmal, ob Ausschussüberweisung beantragt wird.

(Möhrmann [SPD]: Ja!)

Ausschussüberweisung wird beantragt. Darum frage ich weiter, wer für die Ausschussüberweisung stimmen möchte. Ich bitte um das Handzeichen. – Danke schön. - Ich stelle fest, dass sich das erforderliche Quorum von 30 Mitgliedern des Landtages für eine Ausschussüberweisung ausgesprochen hat.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen und die Ausschüsse für Umweltfragen sowie für Wirtschaft und Verkehr mitberaten zu lassen. Wenn Sie dieser Empfehlung folgen möchten, bitte ich um ein Handzeichen. - Dankeschön. Stimmt jemand dagegen? Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest: Sie haben so beschlossen, meine Damen und Herren.

Es wird Sie sicherlich sehr traurig stimmen, meine Damen und Herren, dass wir

Tagesordnungspunkt 27: Erste Beratung: Gefährdete Wohnquartiere stärken - Verwaltungsaufwand reduzieren - Fehlbelegungsabgabe abschaffen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/2045

nicht mehr diskutieren können. Es ist nämlich Direktüberweisung beantragt worden.

(Beifall)

Ich bitte um Ihr Handzeichen, wenn Sie den Ausschuss für Städtebau und Wohnungswesen mit der federführenden Beratung beauftragen wollen und den Ausschuss für Haushalt und Finanzen mitberaten lassen wollen. - Stimmt jemand dagegen? Oder möchte sich jemand der Stimme enthalten? – Das ist nicht der Fall.

Damit ist unsere Sitzung beendet.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, so viel Zeit muss sein! Der nächste, der 28. Tagungsabschnitt ist für die Zeit vom 24. bis zum 26. Januar 2001 vorgesehen.

Der Präsident wird den Landtag einberufen und im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den Beginn und die Tagesordnung der Sitzungen bestimmen.

Ich wünsche Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in das Jahr 2001.

(Beifall)

Ich schließe die Sitzung und wünsche Ihnen einen guten Heimweg.

Schluss der Sitzung: 18.02 Uhr.

Anlagen zum Stenografischen Bericht

noch:

Tagesordnungspunkt 16:

Mündliche Anfragen - Drs. 14/2077

Anlage 1

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