Erstens: Der Antrag der CDU-Fraktion beinhaltet im Kern eine tarifpolitische Forderung und in der Begründung die gesamte Beamtenpolitik und den öffentlichen Dienst schlechthin in Niedersachsen. Herr Sehrt hat dies in dieser Form auch noch einmal vorgetragen. Er hat einige Fragen an die Landesregierung formuliert. Sie können sicher sein, dass Sie auf Ihre Fragen, wenn Sie sie im Ausschuss oder wo auch immer ordnungsgemäß einbringen, die entsprechenden Antworten bekommen. Damit Sie aber auch selbst gewisse intellektuelle Vorarbeiten leisten können, gebe ich Ihnen jetzt zwei oder drei kleine Hausaufgaben mit auf den Weg:
Zunächst die Frage, wie groß Sie den Ansatz, der in Ihrer Begründung auf 82 Millionen DM beziffert worden ist - Einsparungen bei der Beihilfe oder Heilfürsorge -, bei den nächsten Haushaltsberatungen wieder kompensieren wollen. Das werden Sie ja tun, wahrscheinlich mit Nachzahlung auf die Jahre, in denen das gegolten hat.
Das zweite ist die indirekte Forderung in Ihrer Begründung, die 40-Stunden-Woche für Beamte in Niedersachsen wieder abzuschaffen und die Arbeitszeit auf die Tarifarbeitszeit von 38,5 Stunden zu senken. Nur um das Kopfrechnen leichter zu machen: Fangen Sie erst einmal mit 1 000 Beamten an. Das sind 1,5 Stunden in der Woche, mal vier - das sind sechs Stunden im Monat, mal zwölf - das sind die entsprechenden Stunden im Jahr, und
dann müssen Sie das in Personalstellen umrechnen. Schließlich müssen Sie das Ihren Forderungen gegenüberstellen: Einsparungen beim Personal im Landesdienst. - Ich gehe davon aus, dass Sie den Antrag stellen werden, die entsprechenden Personalstellen in den Bereichen, die Sie angesprochen haben, wieder einzuführen und auch zu finanzieren.
Der dritte Punkt betrifft die zweigeteilte Laufbahn, die wir in der Tat so finanzieren, wie sie konzipiert ist. Das ist mit den Gewerkschaften, mit den Personalräten so als niedersächsisches Konzept zur Durchsetzung einer Reform, die auch von der Polizei durchaus gewollt gewesen ist, abgesprochen worden. Auch hier werden Sie in der Lage sein, die Berechnungen selbst anzustellen. Ich sehe Ihren Ergebnissen mit großem Interesse entgegen.
Meine Damen und Herren, es ist, nachdem jetzt mehrere Kolleginnen und Kollegen den Saal betreten haben, zu unruhig geworden. Ich bitte Sie, dafür Sorge zu tragen, dass wir die Beratungen in Ruhe fortsetzen können. - Bitte sehr, Herr Minister!
Zu der Auseinandersetzung über die Tariferhöhung für die Beamten des Landes Niedersachsen und des öffentlichen Dienstes schlechthin: In der Tat ist es so, dass das Land Niedersachsen, vertreten durch die Landesregierung, bei allen Verhandlungspartnern für eine andere Lösung als die, die seinerzeit vom Bundesrat mit Mehrheit beschlossen worden ist, geworben hat. Um die Kompliziertheit des Sachverhaltes einmal deutlich zu machen, möchte ich Folgendes anmerken: Der Gesetzentwurf muss von der Bundesregierung kommen. Der Bundesrat muss sich mehrheitlich dazu verhalten. Wenn sich beide nicht einigen können, gibt es gar nichts. Das ist die Realität. Das, Herr Sehrt, muss man als
Sprecher für solch komplizierte Fragen aber auch wissen, wenn man die Situation beurteilen will, in der sich die Landesregierung befunden hat.
Diese Landesregierung hat eindeutig gesagt, dass sie einen Kompromiss zwischen den beiden Extremvorstellungen - Nullrunde auf der einen Seite, volle Übertragung des Tarifergebnisses für Arbeiter und Angestellte auf der anderen Seite - anstrebt. Wir haben zwei Varianten in die Diskussion gebracht. Die erste Variante war: für alle ab 1. November 2000 im Sinne des Tarifvertrages. Die zweite Variante war: Wir wollen einen Sockelbetrag, durchgetragen für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Diese Variante hätte auch eine soziale Komponente gehabt. Beide Varianten haben in allen Vorgesprächen keine Chance auf eine Mehrheit gehabt. Auf der einen Seite waren die dagegen, die den 100-prozentigen Übertrag des Tarifergebnisses haben wollten. Auf der anderen Seite wurde gesagt: Vieles von dem, was Ihr fordert, ist schon zu teuer. - Dann macht es Sinn, für Mehrheiten zu ringen, um überhaupt ein Ergebnis zu bekommen.
Das Kompromissergebnis ist in drei Stufen entwickelt worden. In der ersten Stufe ist dem Bundesinnenminister und dem Bundesfinanzminister durch die Fraktion der SPD und die GrüneFraktion der Sockelbetrag in Höhe von 400 DM für vier Monate im Jahr 2000 bis Besoldungsgruppe A 9 abgetrotzt worden. Nach einer Mehrheitsbildung im informellen Bereich im Bundesrat hat sich dann, weil keine Mehrheit zustande kommen würde, eine Mehrheit für einen Sockelbetrag bis Besoldungsgruppe A 11 gebildet. Dieser Beschluss steht nun beim Bundestag zur Entscheidung an. Wenn der Bundestag dem zustimmt, hat der eine Teil der Zustimmungspflichtigen dann eine Mehrheitsbildung herbeigeführt, und dann wird der Bundesrat noch einmal beteiligt.
Ich sage Ihnen ganz eindeutig: Diese Landesregierung hat Stellung bezogen. Sie hat gesagt, was sie wollte. Sie hat keine Mehrheiten für die beiden Vorschläge gefunden, die wir angestrebt haben. Aber sie hat das Ergebnis „Nullrunde“ deutlich in dem Sinne verbessert, wie ich es dargestellt habe. Wir werden uns bemühen, überhaupt ein positives Ergebnis zustande zu bringen. Nach Lage der Dinge ist im Bundesrat mehrheitsfähig, was mit A 11 400 DM für vier Monate im Jahre 2000 derzeit Beschlusslage ist. Bevor gar nichts zustande kommt, werden wir diesen Beschluss unterstützen.
Herr Minister, können Sie bestätigen, dass Sie selbst die Möglichkeit zur Bundesratsinitiative nicht genutzt haben? Können Sie auch bestätigen, dass Sie eigentlich dann, wenn das Land Brandenburg eine Initiative - das war geplant - unternommen hätte, zugestimmt hätten? So wurde es zumindest im Ausschuss begründet.
Herr Althusmann, Sie sind ein Spezialist für hypothetische Fragen und Wunschantworten. Die Realität in der Welt ist aber anders. Wir hätten natürlich können. Aber wir unterscheiden uns im Gegensatz zu manch anderen im Showgeschäft. Wir machen bei Dingen, von denen wir wissen, dass sie keinen Sinn bringen, im Interesse einer Mehrheitsbildung lieber einen Kompromiss. In dem Sinne habe ich eben auch meine Einlassung gemacht. Ich kann mir vorstellen, wenn Sie dort gesessen hätten, hätten Sie 17 Anträge gestellt und hinterher dokumentiert, wie aktiv Sie seien, wären aber mit nichts nach Hause gekommen. Das hätte den Menschen in diesem Lande überhaupt nicht geholfen.
(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU: Sie haben doch auch noch kei- nen Antrag im Bundesrat gestellt!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Rednerinnen und Redner von SPD und Grünen haben versucht, den Eindruck zu erwecken, als gehe es bei dieser Auseinandersetzung um Privilegien für Beamte. Das ist völlig falsch.
- Nein, das ist völlig falsch. - Zu dem Zeitpunkt, als z. B. die Tarifverträge über Arbeitszeitverkürzung abgeschlossen worden sind, war ich Mitglied der Großen Tarifkommission der ÖTV und auch gleichzeitig niedersächsischer Landesbeamtenausschussvorsitzender. Ich kann Ihnen aus dieser Zeit sagen, liebe Kollegen - ich weiß nicht, ob Ihr Gedächtnis so weit zurückreicht -, dass die damalige Arbeitszeitverkürzung wie viele andere Fragen auch im Tarifbereich verhandelt worden sind, durch Lohnabschläge von den Beschäftigten selbst finanziert worden sind, die also auf Lohnzuwächse verzichtet haben. Genau diese Zuwachsverluste sind auch von den Beamten getragen, weil sie auf sie übertragen worden sind.
Es ist also nicht so wie der Eindruck, den der CDU-Antrag in der Begründung erweckt. Es geht nicht um eine ständische Auseinandersetzung des Beamtenbundes. Hier geht es darum, dass der Tarifbereich der DGB-Gewerkschaften massiv darauf drängt, dass das Vorgehen gebrochen werden kann und muss, das Sie in Niedersachsen gewählt haben, nämlich beamtenrechtliche Bestimmungen zu verschlechtern, um anschließend den Tarifbereich zu knacken. Bei der Arbeitszeitverkürzung war das Ihr erklärter Wille. Es ist natürlich das Ziel der DGB-Gewerkschaften, dass die Übernahme der Tarifbeschlüsse auf die Beamten erfolgt, damit die Tarifbeschlüsse nicht ausgehöhlt werden.
Sie sehen an dieser ganzen Geschichte heute, dass Ihre Versuche gescheitert sind, den Tarifbereich an dem Punkt weich zu kriegen. Aber Sie haben heute zwei verschiedene Beschäftigtengruppen mit unterschiedlichen Arbeitszeiten, die die gleichen Funktionen wahrnehmen. Das ist Unsinn, das ist Quatsch. Deshalb ist Gleichbehandlung dringend erforderlich. Das Beste wäre, wir hätten ein einheitliches Personalrecht. Das haben wir gegenwärtig nicht. Was wir brauchen, ist wenigstens Gleichbehandlung - keine Privilegien, aber Gleichbehandlung! Deshalb ist der Antrag der CDU in seinem Beschlusstext in Ordnung und ist auch aus dem Grunde natürlich zustimmungsfähig, auch wenn Sie dazu intern jetzt nicht die Kraft haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Aller, Sie haben uns hier eine Schulaufgabe gegeben und haben gesagt, wir sollen 82 Millionen DM einsparen. Wir sollen also darüber nachdenken, wie reduziert werden kann. Ich will nur an eines erinnern. Die meisten Ausgaben, die wir haben, sind die Personalkosten. Etwa die Hälfte unseres Etats sind allein Personalkosten. Im Augenblick machen die Personalkosten genau 45 % aus. Ich kann mich daran erinnern, als Albrecht noch Ministerpräsident und Frau Breuel Finanzministerin waren, hatten wir das Ziel angestrebt, bei den Personalkosten auf 39 % zu kommen. Wir hatten es geschafft, von 44 % auf 41,3 % herunterzugehen. Das hat sich nach Ihrem Regierungsantritt dramatisch verschlechtert. Sie haben von 1990 bis 1998 10 000 Leute zusätzlich eingestellt,
aber keine Lehrer, nicht die Lehrer, wie Sie jetzt immer behaupten! Sie haben die Leute in die Bezirksregierung, in die Regierung, in die Ministerien hereingebracht.
Das hat genau den Personalkostenanteil so verschlechtert, dass er heute bei 45 % liegt. Da müssen Sie sich an die eigene Nase fassen und selbst die Lösung suchen.
Herr Sehrt, vermutlich mussten Sie eben noch einmal in die Bütt, damit sich Ihre Fraktion für die Abstimmung auffüllen kann. Sonst wird es ja richtig peinlich bei der Einstellung.
Herr Sehrt, das mit den 9 000 Stellen haben wir schon drei-, vier-, fünfmal diskutiert, immer mit demselben Ergebnis. Mir geht es bei der ganzen Geschichte um eines: Wer hier glaubwürdig als
Interessenvertreter der Beamten auftritt, hat auch einen Anspruch darauf, ernst genommen zu werden. Sie haben eben diesen Anspruch verspielt.
Ich sage Ihnen ganz deutlich, grob überschlagen: Sie fordern gleiche Arbeitszeit für Angestellte und Beamte, Sie suggerieren hier, wenn Sie es könnten, würden Sie die Arbeitszeit senken. Dann müssten Sie über den Daumen zwischen 3 750 bis 4 000 zusätzliche Stellen im Landesdienst einrichten. Die würden Sie wahrscheinlich alle bei den Lehrern einrichten. Damit würden Sie die Personalkosten hochtreiben. Das ist der eine Punkt.
Der zweite Punkt: Wir haben mehrfach deutlich zu machen versucht, dass die Personalkostenquote etwas damit zu tun hat, wie der Haushalt insgesamt gefahren wird. Im Zusammenhang mit der EXPO haben wir kurz hintereinander zwei Debatten über den Haushalt gehabt. Herr Wulff hat uns für die niedrige Investitionsquote des Landeshaushaltes 2001 gegeißelt, und er hat uns für die hohe Personalkostenquote im gleichen Haushalt gegeißelt. Dann haben wir die EXPO-Defizite veranschlagt. Daraufhin steigt die Investitionsquote und sinkt die Personalkostenquote.
Die Spielchen, die Sie hier machen, Herr Sehrt, machen Sie bitte schön auf jeder Veranstaltung beim Beamtenbund, bei der ÖTV, bei der DAG. Die merken das. Sie haben es gemerkt, und deshalb dringen Sie mit diesen Spielchen auch nicht durch.
Da die Situation des Landeshaushaltes so ist, wie sie ist, haben wir von Anfang an gesagt, eine 1 : 1Übertragung des Tarifabschlusses kann sich Niedersachsen nicht leisten. Wir haben gesagt, wir müssen im Laufe dieser Wahlperiode 5 500 Stellen abbauen, nicht netto. Wir müssen abbauen, weil wir gleichzeitig andere an anderer Stelle einstellen werden. Nach Ihrer Rechnung werden Sie uns wieder vorwerfen, dass wir möglicherweise netto nicht abgebaut haben. Wir sind teilweise Ihren Forderungen nach Neueinstellungen im Bildungsbereich gefolgt. Hätten wir 3 000 Stellen auf einen Schlag besetzt, wie Sie vor kurzem gefordert haben, wären die Personalkosten um ein paar Prozent hochgegangen.
Herr Sehrt, lassen Sie dieses Wechselspiel der Argumente sein. Es hilft dem gemeinsamen Ziel der Haushaltskonsolidierung nicht, und es verunsichert die Betroffenen. Bei Ihrer Personalwirtschaft kann man auch keine klare Konzeption für das Land Niedersachsen erkennen.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht in der Drucksache 2142 zustimmen möchte und damit den Antrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 1988 ablehnen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich frage nach Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, das Erste war die Mehrheit.
Tagesordnungspunkt 19 Zweite Beratung: Unverzüglicher Autobahnlückenschluss der BAB 39 bei Braunschweig - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/1586 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr - Drs. 14/2143