Protokoll der Sitzung vom 21.02.2001

und dadurch mit dafür gesorgt haben, dass das Liegenschaftsmanagement für die EXPO so organisiert worden ist, wie es organisiert worden ist, zum Guten, Herr Hagenah, aber auch zum Schlechten. Ich sage das in dieser Deutlichkeit, weil mir diese Abmeldung aus der kollektiven Verantwortung nicht gefällt, schon gar nicht, wenn es die Grünen machen.

(Beifall bei der SPD)

Sie lesen ja die hannoverschen Tageszeitungen. In der „Neuen Presse“ stand heute im Zusammenhang mit dem „EXPO-Journal“, das der Verlag Madsack herausgegeben hat, eine Antwort auf all Ihre Fragen.

(Beifall bei der SPD)

Dort war zu lesen, dass 60.000 Bücher innerhalb weniger Stunden verkauft wurden - ein klares Bekenntnis derer, die die EXPO lieb gewonnen haben -, und es hieß weiter:

„Julius Hoffmann (84) aus Godshorn erwarb acht Bände und begründete den Hamsterkauf eigenwillig: ‚Ich will Leute ärgern. Sie sollen sehen, wie schön die EXPO war, was sie verpasst haben.‘ Lächelnd schiebt er nach, dass die Bücher für Kinder und Enkel in Süddeutschland sind.“

Er hätte eines für Sie kaufen sollen, Herr Hagenah. Dann hätten Sie sich die Bilder anschauen und sich freuen können.

(Beifall bei der SPD - Hagenah [GRÜNE]: Ich habe schon eines!)

Ich sage das in dieser etwas süffisanten Art, weil ich nicht zulassen werde, dass die gemeinsame Verantwortung des Bundes, der deutschen Wirtschaft, des Landes Niedersachsen und der kommunalen Gesellschafter bei der EXPO im Nachhinein auf Folgendes reduziert wird: Die Landesregierung hat die Bereiche der EXPO zu verantworten, in denen es nicht so gut geklappt hat, und wir haben uns über das gefreut, was uns gefallen hat. - Diese Aufteilung in Gut und Böse funktioniert nicht.

Aber richtig ist auch: Die Landesregierung steht zu ihrer Verantwortung, die sie für das Land mit der Gesellschafterrolle bei der EXPO übernommen

hat. In der Tat ist die schwarze Null, die am Anfang diskutiert worden ist, eine klare Ansage gewesen, die aus dem Gesamtkonzept herauszurechnen war. Es war nämlich nicht wie bei früheren Weltausstellungen so, dass man vorher kalkulieren und ein klares Bekenntnis für eine öffentliche Auftragsgestaltung organisieren musste, sondern man musste eine Gesellschaftsregelung im privatwirtschaftlichen Recht treffen, und daraus ergibt sich eine Umkehrung der Verhältnisse. Was bei den anderen Weltausstellungen vorher in das Projekt investiert worden ist, investieren wir im Nachhinein.

Sie können rechnen, wie Sie wollen – Betriebswirtschaft gegen Volkswirtschaft, Steuern gegen Sozialtransfers, die eingespart worden sind -, dabei wird die Unsauberkeit Ihrer Argumentation deutlich. Wenn die Steuermehreinnahmen in der Tat 1,5 Milliarden betragen werden, dann werden wir die über den Länderfinanzausgleich in das System geben müssen. Das ist bei allen Steuermehreinnahmen so, die wir haben. Dagegen werden wir uns nicht wehren können. Die verminderten Sozialtransfers, von denen wir hier unmittelbar profitiert haben, die zusätzlichen Arbeitsplätze und die verminderten Ausgaben in den Sozialstatistiken lassen Sie weg. Die wirken aber unmittelbar vor Ort, in der Region und an den dezentralen Standorten. Die Arbeitsplätze, die durch Investitionen geschaffen worden sind, sind in Niedersachsen und nicht in einem anderen Bundesland geschaffen worden.

Deshalb war es auch vernünftig zu sagen: Der Bund hat eine übergeordnete Verantwortung hinsichtlich der Defizitabdeckung in einem angemessenen Umfang, und wir haben verhandelt mit dem Ergebnis: ein Drittel zu zwei Dritteln. Das war unser Verhandlungsergebnis. Wir hätten gerne mehr erreicht, Herr Hagenah. In Bonn bzw. in Berlin regieren Sozialdemokraten und Grüne. Wenn Sie gewollt hätten, dann hätten Sie Ihren Kollegen in Berlin erklären können, dass uns nicht nur zwei Drittel, sondern drei Viertel oder von mir aus 100 % erstattet werden sollen.

(Zustimmung von Behr [CDU] - Frau Harms [GRÜNE]: Das ist doch lä- cherlich!)

So stark waren Sie offensichtlich auch nicht, und Ihr Engagement im Landesinteresse in diese Richtung hat dabei offensichtlich nicht durchgeschlagen.

(Frau Harms [GRÜNE]. Jetzt sagen Sie an der Stelle einmal keine Un- wahrheiten! Es wird echt unsachlich! Wir haben unsere Gespräche geführt! Das wissen Sie!)

Ich sage es noch einmal in aller Deutlichkeit, Frau Harms: Die EXPO war für Niedersachsen ein riesiger Erfolg.

(Beifall bei der SPD)

Das, was Sie an Negativimagepolitik für Niedersachsen machen, hat die EXPO - zumal im Ausland - mit Vorschuss auf mehrere Jahre wettgemacht.

Wer bei den Veranstaltungen war, bei denen ausländische Besucherinnen und Besucher ihr Bekenntnis zur EXPO abgegeben haben, hat gehört, was Bundestagspräsident Thierse am letzten Tag der Veranstaltung richtig zusammengefasst hat. Er hat gesagt, er brauche die Rechnung und die Fragestellung der Grünen nicht, um zu erklären: Man braucht nicht die endgültige Bilanz abzuwarten, um sagen zu können, dass die EXPO ein Erfolg war.

(Beifall bei der SPD)

Das hat er unter dem Beifall aller anwesenden internationalen, deutschen, niedersächsischen und hannoverschen Gäste gesagt.

Ich sage abschließend zu dem, was die Grünen in ihrer Großen Anfrage deutlich gemacht haben, Herr Hagenah: Wir werden unabhängig von dem, was Sie gefragt haben, nachträglich eine Reihe von Fragen aufklären müssen - auch in der EXPO i. L, der EXPO in Liquidation, die bestehende zusätzliche Defizite bzw. positive Entwicklungen aufarbeitet -, und es wird eine Abschlussbilanz geben, die deutlich machen wird, welche positiven bzw. negativen Effekte es gegeben hat.

Aber eines wird nicht funktionieren, nämlich dass Sie den Erfolg der EXPO nur am betriebswirtschaftlichen Ergebnis messen, das volkswirtschaftliche außen vor lassen und die immateriellen Vorteile, die die EXPO gebracht hat,

(Zuruf von Hagenah [GRÜNE])

völlig wegdrücken, weil die die nicht bezifferbaren, aber die wertvollsten bei der gesamten EXPO sind, die wir für unser Land Niedersachsen und für

die Region haben erwirtschaften können. – Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der CDU spricht die Kollegin Pawelski.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Aller hat es eben schon gesagt – ich will es wiederholen -: Die EXPO war und ist ein Erfolg und ein großer Gewinn für die Landeshauptstadt Hannover, für das Land Niedersachsen und für die Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der CDU)

Darum sollten wir jetzt darüber nachdenken, was noch getan werden kann und muss, damit wir die mit der Weltausstellung geschaffenen Potentiale für die Zukunft optimal nutzen, damit Niedersachsen real zur europäischen Wachstumsregion Nr. 1 wird. Es gilt, die unendlichen Zukunftschancen, die wir mit der ersten Weltausstellung in Deutschland bekommen haben, aktiv zu nutzen. Aber, meine Damen und Herren, nutzen wir diese Chance?

Beginnen wir mit den volkswirtschaftlichen Effekten. Die Antwort der Landesregierung hierzu ist fast EXPO-typisch: viel zu defensiv und fast ängstlich. Es gibt mehrere Gutachten, die feststellen: Es gibt ein Plus von 2,7 Milliarden DM bis 4 Milliarden DM - Steuermehreinnahmen; der Minister hat es eben schon gesagt -, dazu zigtausende Arbeitsplätze und unendliche Wertschöpfungseffekte, die mit der EXPO 2000 erzielt werden konnten.

Das, meine Damen und Herren, sind die direkten monetären Effekte der Weltausstellung, und es sind gerade nicht die in der Vergangenheit so oft auch von Ihnen, Herr Hagenah, thematisierten Szenarien wie Verkehrschaos, Umweltzerstörung, Wohnungsnot, Beeinträchtigung der Lebensqualität und was nicht sonst noch alles. Die Bedenkenträger und Miesmacher sind durch die Entwicklung in vollem Umfang widerlegt worden.

Schauen Sie als Hannoveraner, Herr Hagenah, sich doch einmal an, was in dieser Region geschaffen worden ist - ich wage es gar nicht, alles aufzuzäh

len, weil ich weiß, dass meine Kollegen aus der Fläche sagen: ja, wieder ihr in Hannover –: Pferdeturm-Kreuzung, Hauptbahnhof Hannover, Bahnhof EXPO, Regenwaldhaus, Zoo, Innenstadtrenovierung, Flughäfen, Autobahnen, Bebauung der Arena, Europahaus, Fachhochschulen, Medienunternehmen, Bertelsmann-Pavillon.

(Zuruf von der CDU)

- Ja, ich höre es schon. Dazu kommen Grünanlagen auf dem höchsten Niveau. – Meine Damen und Herren, das alles gehört doch auch zur Geschichte der EXPO.

Von dem Bekanntheitsschub für Hannover und Niedersachsen habe ich noch gar nicht gesprochen, ebenso wenig von dem Zeichen, meine Damen und Herren, das Deutschland mit der Weltausstellung für die Welt setzen konnte: ein international aufgeschlossenes, tolerantes, freundliches und farbenfrohes Deutschland, in welchem die Welt willkommen ist, in dem Menschen Menschen sind.

„Fremde werden Freunde“ – das ist doch der wahre Slogan dieser EXPO gewesen, meine Damen und Herren. So haben sich afrikanische Nationen, bei denen zu Hause alles andere als Frieden herrscht, nebeneinander dargestellt. Palästinenser und Israelis arbeiteten nebeneinander. Rechtsradikale hatten auf der EXPO ebenso wenig wie Autonome auch nur den Hauch einer Chance, zu provozieren. Die Liste des Positiven, das wir mit dieser Ausstellung verbinden, ist sehr, sehr lang.

Jetzt kommt es darauf an, meine Damen und Herren, die geschaffenen Potentiale zu nutzen. Da bestehen in der Tat deutliche Verbesserungsmöglichkeiten.

Ich will nur einige Beispiele nennen, wo Stadt und Land mehr tun könnten oder bisher sogar ganz versagt haben.

(Vizepräsident Jahn übernimmt den Vorsitz)

Es war schon eine Glanzleistung, wie es der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt geschafft hat, den zur Weltausstellung höchst engagierten Konzern Bertelsmann zu verärgern – ganz nach dem Motto: Kommen Sie zu uns. Wir werden auch mit Ihnen fertig. - Bekanntlich haben sich die Stadt Hannover und das Congress Centrum mit Bertelsmann zu einem Gemeinschaftsunternehmen zusammengetan, welches dann während der EXPO

leider gescheitert ist. Die Rede ist von der Privatzimmervermittlung Easy Room, die 3 Millionen DM Defizit hinnehmen musste. Das ist schlimm genug, meine Damen und Herren. Aber in Hannover ging es noch schlimmer. Die Landeshauptstadt verabschiedete sich ganz gelassen aus dieser Gemeinschaft und ließ Bertelsmann mit 3 Millionen DM im Regen stehen – drei teure Millionen, wie sich zeigte. Denn seitdem ist die Euphorie aufseiten Bertelsmanns verständlicherweise verflogen, und statt, wie ursprünglich geplant, im eigenen Pavillon noch einmal richtig zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen, denkt man jetzt an einen Rückzug.

Ich kann nur allen wünschen, dass die Folgen nicht so sein werden, wie es gegenwärtig den Anschein hat. Die Landeshauptstadt Hannover – Herr Hagenah, Sie sind ja in Hannover mit in der Verantwortung – hat es doch tatsächlich fertig gebracht, erst zwei Wochen vor Ende der Weltausstellung über einen möglichen Erwerb von Teilen des Themenparks nachzudenken. Das war natürlich viel zu spät. Ich meine, das ist an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten.

Was, so fragen wir uns alle, haben die Verantwortlichen eigentlich zwischen 1990 und dem Jahr 2000 getan? Ich kann nur sagen: Glückwunsch an Nordrhein-Westfalen und die Käufer, dass sie fast generalstabsmäßig die schönsten Teile des Themenparks sozusagen für einen Appel und ein Ei erstanden haben. Das hätten Hannover und Niedersachsen auch haben können. Aber da hat man richtig schön gepennt.

Da kommt natürlich auch die rechtzeitig nach der Weltausstellung gegründete städtische Marketinggesellschaft gerade recht. Aber, so fragen wir uns, warum erst nach der Weltausstellung?

(Frau Lau [SPD]: Das frage ich Sie jetzt auch!)

Hat die Stadt tatsächlich, wie behauptet, vor und während der Weltausstellung ihren Werbeetat so gut wie gar nicht erhöht? Wollte man nicht von der EXPO profitieren?

Die Geschichte mit dem Goldenen Buch kennen Sie alle, aber man weiß dann, welch Geistes Kind dies war. Es bedurfte nach der Weltausstellung einer intensive Aktion der „Neuen Presse“ und massiver Leserbriefe, ehe endlich auch die Stadt begriff, dass ein Platz der Weltausstellung in Han