Lieber Kollege, dann will ich Ihnen auch noch etwas zu den deutschen Soldaten im Kosovo sagen. – Als deutsche Soldaten in Somalia tätig waren, hat Herr Rühe fleißig ihre Standorte gekürzt. Als sie von ihrem Einsatz in Somalia zurückkamen, wussten sie wahrlich nicht, wohin sie mussten - anders als jetzt.
Meine Damen und Herren, wir diskutieren über Sicherheitspolitik und nicht über Strukturpolitik; das ist, glaube ich, sehr wichtig.
Meine Damen und Herren, es ist heuchlerisch, wenn hier so diskutiert wird, als ob niemandem bekannt war, dass die Bundeswehr neu strukturiert wird. Dass die Bundeswehr neu strukturiert wird, war lange bekannt und politisch gewollt.
Meine Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass sich die sicherheitspolitische Lage in Mitteleuropa grundlegend verändert hat. Es besteht Einvernehmen darüber, dass die Bundeswehr modernisiert und ihre Struktur den neuen Gegebenheiten angepasst werden muss. Das kann aber nicht so geschehen, wie Herr Althusmann das einfordert,
Meine Damen und Herren, Verlegungen und Neuaufstellungen von Einheiten und Dienststellen, aber auch Standortschließungen und Personalreduzierungen sind unumgänglich. Das war bekannt. Sie sind natürlich auch schmerzhaft. Dass Niedersachsen von Standortschließungen nicht ausgespart bleiben konnte, ist allen bekannt.
Im Übrigen, meine Damen und Herren: Viele der nun umgesetzten Entscheidungen für Niedersachsen waren Planungen bereits von Herrn Rühe und nichts anderes.
Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung, dass alle Bundesländer die sich aus der neuen Struktur der Bundeswehr ergebenden Konsequenzen gemeinschaftlich tragen müssen. Aus diesem Grunde halten wir den Einsatz unserer Landesregierung für erfolgreich.
Das Land Niedersachsen, viele Kommunen und deren Einwohner haben in den vergangenen Jahrzehnten einen großen Beitrag zur Verteidigungspolitik des Bundes erbracht. In den betroffenen Regionen unseres Landes wurde dadurch auf andere wirtschaftliche und strukturpolitische Schwerpunktsetzungen verzichtet. Zudem war Niedersachsen – der Minister hat darauf hingewiesen – vom ersten Bundeswehrreformschnitt der früheren Bundesregierung durch die Schließung von 51 Bundeswehrstandorten und dem Abzug von 34 000 Soldaten aller Teilstreitkräfte sowie weiterer 20 000 Soldaten der NATO-Streitkräfte überproportional betroffen. Darüber hinaus mussten seinerzeit mehr als 12 000 Mitarbeiter der Bundeswehrverwaltung ihren Dienst quittieren. Jetzt müssen Sie uns einmal erklären, meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wo Ihr messbarer Erfolg damals lag!
Was haben Sie bei der CDU-geführten Bundesregierung erreicht? – Deshalb ist es Hohn, wenn heute ausgerechnet Sie der SPD-Landesregierung in Niedersachsen vorwerfen, sie habe sich nicht eingesetzt.
Im Gegenteil, meine Damen und Herren: Die SPDLandesregierung hat bei der jetzigen Bundesregierung viel mehr erreicht, als Sie damals nur erhofft haben.
Wenn man die Ergebnisse der damaligen Reform von Herrn Rühe kennt und das jetzt vorliegende Ergebnis würdigt, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass diese Einschnitte, so schmerzhaft sie auch sein mögen, vertretbar sind,
Niedersachsen wird anders als bei der CDUReform nicht überproportional belastet. Allerdings, meine Damen und Herren - ich sage es noch einmal -, müssen und werden auch wir unseren Beitrag leisten.
- Niedersachsen auch, Herr Kollege. - Durch den Einsatz des Ministerpräsidenten und des Innenministers halten wir trotz aller schmerzhaften Einschnitte das vorliegende Ergebnis im Vergleich zu anderen Bundesländern für tragbar. Ich gebe gerne zu, dass ich mir gewünscht hätte, dass die Öffentlichkeitsarbeit des Bundesverteidigungsministeriums konstruktiver und informativer für die betroffenen Länder und Kommunen gewesen wäre und dass wir die ersten Informationen nicht aus Presse oder Internet erhalten hätten.
Aber, meine Kolleginnen und Kollegen, wir wollen hier keine unseriöse und sicherheitspolitische Debatte aufziehen, die wieder ein Feindbild im Hinterkopf hat. Wir wollen in die Zukunft schauen. Denn in der Sicherheitspolitik können wir alles gebrauchen, nur keine Polemik.
Natürlich ist uns klar: Die sich für den Bund aus den Standortschließungen und -reduzierungen ergebenden erheblichen Einsparungen dürfen nicht allein zulasten der betroffenen Gemeinden gehen. Die Niedersächsische Landesregierung hat deshalb auf die Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums mit zwei Zielrichtungen umgehend reagiert, und wir unterstützen diese.
Erstens. Die Bundesregierung ist gefordert, die negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und auf die kommunalen Finanzen durch ein Konversionsprogramm zu begrenzen und Folgenutzungen aufgegebener Standorte zu erleichtern. Konkrete Maßnahmen könnten nach unserer Meinung z. B. Umschulungsmaßnahmen für Zivilbedienstete, die Erarbeitung von Nachnutzungskonzepten für die aufgegebenen Liegenschaften und eine Verbesserung der verkehrlichen Erschließung zur Attraktivitätssteigerung der Gemeinden für die Wirtschaft sein.
Zweitens. Eine Initiative des Landes - der Minister hat darauf hingewiesen - ist in der vergangenen Woche vom Bundesrat einstimmig angenommen worden. Mit diesem jetzt in den Bundesrat eingebrachten Antrag hat die Landesregierung erste Schritte eingeleitet. Auch Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, sind gefordert, diese Initiative mit Ihren politischen Möglichkeiten auch in anderen Bundesländern zu unterstützen.
Auch auf Landesebene haben wir schnell gehandelt, wenngleich ich noch einmal sagen will, dass es für viele Standorte natürlich schmerzhaft ist. Wir haben gehandelt und unverzüglich mit den Überlegungen begonnen, wie den betroffenen Kommunen für die Zeit nach dem Truppenabzug geholfen werden kann. Neben der Erarbeitung von Planungen und Umnutzungskonzepten will die Niedersächsische Landesregierung - das ist gesagt worden - den strukturschwachen Regionen Hilfen in Höhe von 25 Millionen DM zur Verfügung stellen.
Meine Damen und Herren, das von mir Aufgezeigte macht deutlich: Erstens. Wir Sozialdemokraten stehen zur Zukunft der Bundeswehr in Niedersachsen. Zweitens. Wir werden unseren positiven Beitrag dazu leisten, dass die Bundeswehr ein wichtiges Standbein in Niedersachsen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Verkleinerung der Bundeswehr führt notwendigerweise zu Standortschließungen. Auch wenn die Landesregierung in der Debatte mit dem Bund zeitweise sehr unglücklich und ungeschickt ausgesehen hat - das hat ja auch etwas mit dem Umgang des Bundesverteidigungsministers mit den Ländern zu tun -, gilt auch aus Sicht unserer Fraktion, dass das Land bei der Verringerung der Dienstposten besser weggekommen ist als andere Bundesländer. Das ist aus meiner Sicht ein angemessener Ausgleich für die Benachteiligung bei früheren Reduzierungsschritten.
Es ist allerdings für uns ganz und gar unakzeptabel, dass das Land trotz Truppenabbau keine Verringerung der militärischen Übungsflächen erreicht hat. Ich meine, dass gerade Niedersachsen während des Kalten Krieges in weiten Teilen des Landes ein waffenstarrendes Manövergebiet gewesen ist. Einen angemessenen Ausgleich für diese Belastungen, die wir über viele Jahrzehnte haben ertragen müssen, hat es bis heute nicht gegeben. Meine Befürchtung ist, dass dies die Landesregierung in der Debatte mit dem Bund über die Reduzierung der Truppenstärke auch nicht eingefordert hat. Ich bedauere das. Wir werden das ja heute Abend noch am Beispiel der Schließung des Luft-/Bodenschießplatzes Nordhorn-Range weiter diskutieren.
Die Liste der Standortveränderungen liegt jetzt vor. Ich sage ausdrücklich, dass für uns die Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums nicht in allen Fällen nachvollziehbar ist. Beispielsweise ist es am Standort Stadtoldendorf, wo seit 1998 11,1 Millionen DM in die Modernisierung der Liegenschaft investiert worden sind, geradezu eine öffentliche Geldvernichtung, wenn man diesen Standort ersatzlos aufgeben will. Vielleicht sind zumindest an dieser Stelle noch militärische Folgenutzungen durch Verlagerung möglich.
Auch wenn ich nicht die Hoffnung habe, dass noch in großem Umfang Nachbesserungen möglich sind, sage ich trotzdem: Vor dem Hintergrund möglicher Perspektiven der Standorte sind wir erfreut darüber, dass die Landesregierung - das Land ist ja nicht derjenige, der durch Reduzierungen des Bundes in diesem Bereich Einsparungen hat, sondern es ist der Bund, aus dessen Haushalt das entsprechende Geld bereitgestellt wird – immerhin 26 Millionen DM bereitstellt, um wenigstens gemeinsam mit den Kommunen Konzepte erarbeiten zu können, die geeignet sind, insbesondere die kleinen Kommunen bei möglichen Alternativplanungen zu unterstützen. Das kann natürlich nur ein erster Schritt sein. Deshalb ist es richtig, wenn das Kabinett beschlossen hat, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, um den Bund, der in diesem Bereich die Einsparungen erzielt, mit einem solchen Konversionsprogramm in die Pflicht zu nehmen.
Ich will Ihnen nun sagen, was für uns die wichtigsten Punkte eines solchen Konversionsprogramms sein müssten: Wir erwarten vom Bund - auch wenn es den Haushaltspolitikern dort sehr schwerfallen wird -, dass die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen - das muss eben im Haushaltsgesetz vermerkt sein - geschaffen werden, um z. B. die Liegenschaften der Bundeswehr erheblich unter dem Verkehrswert an die Kommunen oder an zivile Interessenten abgeben zu können. Wir meinen, dass der Preisnachlass auf den Verkehrswert abhängig von der Folgenutzung und der finanziellen Leistungskraft einer Kommune zu gewähren ist. Es darf also nicht nur für sozial- und gemeinnützige Folgenutzungen, sondern es muss z. B. auch für Freizeit- und Erholungszwecke einen solchen Nachlass geben, insbesondere im ländlichen Raum.
Wir erwarten, dass, beschränkt auf Regionen, die es wirklich nötig haben, höhere Fördersätze bereitgestellt werden und ein Sonderprogramm, um zusätzliche Mittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ zu bekommen, aufgelegt wird. Es hat bereits in früheren Jahren Sonderprogramme gegeben. Das ist mittlerweile aufgrund der Notifizierungspflicht gegenüber der EU-Kommission etwas schwieriger geworden. Aber es ist nicht unmöglich, und es muss im Zweifel zulasten anderer Gebiete gehen. Der Schwerpunkt muss in den besonders betroffenen Gebieten gesetzt werden.
Wir erwarten ein städtebauliches Entwicklungsprogramm und hoffen, dass sich das realisieren lässt. So wie wir Anfang der 90er-Jahre nach den ersten großen Reduzierungsschritten im Rahmen des Programms für den experimentellen Städteund Wohnungsbau ein Programm aufgelegt haben, bei dem insbesondere eine Folgenutzung für diese Liegenschaften, die ja zum Teil auch aufgrund ihrer baulichen Konzeption für zivile Folgenutzungen sehr unattraktiv waren, erarbeitet wurde, müssen nun Programme aufgelegt werden, im Rahmen derer mit den Gemeinden Umnutzungskonzepte erarbeitet werden. Ich finde, dass auch die NILEG, aber auch die niedersächsischen Banken und ihre Töchter einen wichtigen Beitrag leisten können und eine wichtige Hilfestellung anbieten sollten.