- Hört einmal zu! - Während den gut gehenden und mit satten Gewinnen ausgestatteten Konzernen durch die Steuerreform weitere Unterstützung gegeben wird - Steuer 25 %, Mittelstand 48,5 %, das wissen wir ja alle, steuerfreie Verkäufe, man kann die Anteile hin- und herschieben, ist ja alles wunderbar -, wird es um unseren Mittelstand - -
Ich habe ja nur fünf Minuten, lieber Freund. Wir können uns nachher gern unterhalten. - Dagegen wird die Situation für unseren Mittelstand, der immer noch 70 % der Arbeitsplätze aufweist - darin sind wir uns ja einig - und mit 80 % der Ausbildungsplätze eine Vorbildfunktion hat - das ist ja unbestritten -, immer bedrohlicher. Ich will dazu ein paar Beispiele aus der Wirtschaft nennen, die sicherlich allen bekannt sind.
In der Autoindustrie haben die Konzerne Milliardengewinne, aber das Fahrzeughandwerk und der Fahrzeughandel werden mit immer mehr Auflagen und Anforderungen sowie durch Konzentrationsvorgaben immer mehr in die Enge gedrängt, und immer mehr Arbeitsplätze gehen dort verloren. Das können Sie alle bei Ihrem Autohändler erfahren. Wenn man dann bedenkt, dass gerade die Autokonzerne in Deutschland die höchsten Preise
erzielen, ist dies umso bedauerlicher. Denn am Ende werden wieder bei den Mittelständlern die Arbeitsplätze abgebaut.
Jetzt nenne ich das Beispiel der Mineralölkonzerne. Kleine freie Tankstellen geben auf, weil es die Konzernpolitik so will. Sie werden mit solchen Preisen bedacht, dass sie nicht weiter existieren können.
Nehmen Sie doch auch einmal die Handwerksbetriebe. Lieber Kollege Wolf, ich bin ja auch der Meinung, dass die Zahlungsmoral verbessert werden muss, aber auch die der öffentlichen Hand. Wie z. B. bei der Firma Holzmann wird der kleine Mittelständler erst einmal geknebelt und muss zu Preisen einsteigen, die er gar nicht mehr verantworten kann, und am Ende macht der Subunternehmer Kasse und bezahlt die Handwerker nicht. Wir haben ja bei der Samii-Klinik erlebt, dass, wie der Kollege Stolze richtig festgestellt hat, ein Heizungsbauunternehmer mit 35 Leuten seit September auf 1,8 Millionen DM wartet. Meine Damen und Herren, hier müsste sich unsere Wirtschaftsministerin einmal einschalten und sagen: Wenn Subunternehmer so verfahren, dann muss doch geregelt werden, dass der Handwerksmeister, der die Arbeit gemacht und gute Arbeit abgeliefert hat, dafür auch sein Geld bekommt. Auch diese Forderung sollte man einmal mit aufnehmen.
- Nein, mehr Sicherheit für die, die die Arbeit machen, und nicht für die Vermittler. Das könnte man durchaus machen.
Frau Ministerin, vielleicht haben Sie von dem Leitartikel in der „DVZ“ gehört, den Professor Abele von der Uni Gießen, der als Verkehrsrechtler bekannt ist, geschrieben hat. Danach wird in den nächsten Jahren jedes dritte Unternehmen im Verkehrsgewerbe aufgeben, obwohl das zu befördernde Volumen ständig steigt. Das hat auch die Pällmann-Kommission erkannt.
- Hören Sie einmal zu. - Unsere nationalen Steuern, wie die Ökosteuer, nationale Auflagen, jetzt die Mehrbelastungen durch das Betriebsverfassungsgesetz, Bürokratie und Auflagen geben unseren deutschen Unternehmen im internationalen
Wettbewerb keine Chance mehr. Die Folge sind doch immer mehr Insolvenzverfahren. Während wir in Niedersachsen eine Zunahme bei der Zahl der Insolvenzen um 11,5 % zu verzeichnen haben, hat alleine das Verkehrsgewerbe 69,2 % zu beklagen, und in den ersten sechs Wochen dieses Jahres, meine Damen und Herren, haben wir eine Steigerung um sogar 90 % zu verzeichnen. Wenn deutsche Großunternehmen wie die Firma Betz in Reutlingen, die 4 900 Fahrzeuge hat, mit Georgiern oder Bulgaren für ein Zehntel des Lohnes fahren, unseren deutschen Unternehmern die Arbeit wegnehmen und die deutsche Rechtsprechung keine Möglichkeit sieht, einzugreifen, dann ist das doch bedauerlich. Hier müssten wir, Frau Ministerin, eingreifen, damit wieder eine Politik gemacht wird, die dazu führt, dass auch deutsche Unternehmen ihre Arbeitsplätze halten können. - Danke.
Herr Kollege Heineking, Sie haben sicherlich bemerkt, dass die Damen in Ihrer Fraktion Ihnen lebhaft zugewinkt haben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Solche Rituale beleben Debatten ungemein, vor allem dann, wenn sie engagiert vorgetragen werden: Die Regierungsfraktion jubelt in höchsten Tönen über das gelungene, erfolgreiche, wunderbare Mittelstandkonzept.
Das kann ja gar nicht anders sein. Seitdem ich in diesem Landtag bin, höre ich das gleiche Lied. Die Opposition malt hoch dramatische Szenarien - der Untergang des Mittelstandes ist nahe -, und antikapitalistische Töne tauchen auf, zumindest in dem Beitrag von Herrn Kollegen Heineking. Das Ganze muss jetzt bei der CDU-Fraktion wieder unter einen Hut gebracht werden. Aber wo dabei der rote Faden ist, ist die zweite Frage.
Auch wir bekommen nach den alten Klischees natürlich einen ab: Grüne und der Mittelstand, das kann ja gar nicht sein. Lieber die Graswurzelgrü
nen beschwören, auch wenn es vielleicht schon 20 Jahre her ist. Aber das macht ja nichts. Für Sie ändert sich doch nichts.
Wenn man sich einmal bemüht, sich auf die tatsächliche Situation zu konzentrieren, dann erkennt man - darin werden mir die Kollegen von der SPD-Fraktion und Frau Ministerin Dr. Knorre wohl Recht geben müssen -, dass es in puncto Mittelstand Handlungsbedarf gibt. Sämtliche Mittelstandsorganisationen konstatieren das. Ich verweise Sie einmal auf die Diskussionen mit den vereinigten Handwerkerschaften etc. Übrigens, Herr Kollege Wolf - ich sehe ihn gerade nicht möchte ich einmal daran erinnern, dass es in unserem ersten Antrag in dieser Wahlperiode zum Thema Wirtschaft und Mittelstand um die Unterstützung des Generationswechsels im Handwerk ging. Damals haben Sie sich geweigert, auch nur 5 000 DM für eine Betriebsübergabe herauszurücken.
Es ist also festzustellen: Handlungsbedarf gibt es, es muss etwas verändert werden. Ich erwarte, dass die Ausschussberatungen in dieser Atmosphäre zu dem Thema die notwendigen Orientierungen entwickeln.
Frau Ministerin Knorre, Sie sagen, dass Sie bereits die Wirtschaftsförderung überprüfen. Uns brannte dieses Thema schon länger auf den Nägeln. Es ist ja schön, wenn wir uns zeitgleich in der Diskussion darüber treffen. Aber noch muss ich feststellen: Es sind Ankündigungen. Wenn Sie sagen, dass das und das beraten wird, warten wir erst einmal ab, wie die Ergebnisse aussehen. Dann werden wir die Ergebnisse bewerten, und danach werden wir sagen: Es ist etwas herausgekommen, oder das Ergebnis ist noch verbesserungsfähig. Wir befinden uns also im Moment noch im Stadium der Ankündigungen Ihrerseits und nicht der Taten.
Ich muss noch etwas sagen. Bei Ihrer Rede erkannte ich Elemente, die ich schon früher in Reden im Plenum gehört habe, als die Grünen eines draufgekriegt haben und ihnen ideologische Fixierung auf die Ökologie untergeschoben wurde. Wenn Sie sich unseren Antrag ansehen, dann sehen Sie, dass dort steht: schwerpunktmäßige Berücksichtigung von ökologischen Innovationen und umweltgerechter Entwicklung. Ich warne davor, so etwas lächerlich zu machen. Das wäre sonst eine
Schwäche. Denn auch wenn die Wertschöpfung und die Schaffung von Arbeitsplätzen das wesentliche Kriterium sind, schaffen ökologische Innovationen Werte, sie erhalten - nebenbei bemerkt auch Werte, und sie schaffen Arbeitsplätze. Sie sollten dies nicht so leichtfertig abtun.
Nachhaltige Entwicklung bedeutet nicht nur wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung, sondern auch umweltgerechte nachhaltige Entwicklung. Ich könnte eine ganze Menge von Beispielen in puncto Ressourcenschonung, Umweltmanagement und Wasserverbrauch aufzählen, die wirtschaftlich von Nutzen sind, Arbeitsplätze schaffen, aber vor allem für eine zukunftsgerichtete Organisation der Produktion wichtig sind. Das möchte ich auch bei diesem Antrag mit beraten wissen. Dahin will ich die Förderung orientiert haben. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wolf, Sie haben hier einen langen Vortrag zur Mittelstandspolitik gehalten. Ich war aber ein bisschen enttäuscht, dass Sie in der Zeitachse nicht auch noch auf Hinrich Wilhelm Kopf zurückgegriffen haben. Sie haben zwar alles aufgearbeitet, aber es war rückwärts gewandt und wenig zukunftsorientiert. Das habe ich insofern sehr bedauert.
Ich habe mich aber auch richtig gefreut, weil zwischendurch bei Ihnen ein Lächeln auf den Lippen war. Das war für mich der Beweis dafür, dass Sie Ihre eigene Aussage streckenweise nicht ganz ernst genommen haben.
Jetzt möchte ich auf den Beitrag des Kollegen Schurreit eingehen. Herr Kollege Schurreit, ich kann Ihnen nur empfehlen, bei Anträgen der CDU auch die Begründungen zu lesen. Sie haben beispielsweise gesagt, die SPD-Fraktion habe das Thema Basel II aufgegriffen und in den Antrag hineingeschrieben. Lesen Sie doch einmal die Begründung des CDU-Antrages. Dort steht dies
sehr ausführlich drin. Dies war übrigens bei dem Thema Bahn auch so. Das war der Beweis dafür, dass Sie nicht die Begründung, sondern nur die Seite 1 diagonal gelesen haben.
(Zuruf von Schurreit [SPD] In der Sache gebe ich Ihnen Recht. Wir werden Probleme haben, wenn es wirklich dazu kommt, was im Hinblick auf die Auswirkungen von Ba- sel II diskutiert wird. Nach meiner persönlichen Auffassung führt das zu einer Revolution auf dem Bankensektor. Das ist überhaupt keine Frage. Ich sehe auch die Probleme im Hinblick auf die Exis- tenzgründer, um die es in unserem Antrag geht und die auch Sie aufgegriffen haben. Die Gefahr ist riesengroß, dass alle, auch die Banken, nachher sagen: Die Existenzgründer werden mit offenen Armen aufgefangen, ihnen wird geholfen. In Wirklichkeit sind das aber quasi „Aussätzige“. Man sagt ihnen zwar "Wir wollen euch helfen", aber in Wirklichkeit sieht man sie künftig am liebsten überhaupt nicht mehr. Das wird die Reali- tät sein! Darauf muss die Politik schlüssige Ant- worten finden! Herr Schurreit, Sie bitten in Ihrem Antrag noch einmal ganz höflich um einen Bericht. Ich muss dazu auch bei diesem Thema sagen: Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, dass wir im Fachaus- schuss einen Bericht bekommen. Dafür brauchen wir keinen Beschluss im Plenum herbeizuführen. Nun zur Wirtschaftsministerin Frau Dr. Knorre. Sie haben heute wieder signalisiert, dass Sie bereit sind, auch in wesentlichen Bereichen der Politik Dinge zu verändern. Sie haben von der Änderung von Regeln gesprochen. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Das passt nicht ganz zusammen. Sie haben da einen gewissen Konflikt - nicht nur mit der SPD-Fraktion; die ist ja flexibel; das haben wir ja schon oft gemerkt -: Jede Ankündigung einer Veränderung in der Wirtschaftspolitik ist auch das Eingeständnis, dass in der Vergangenheit etwas falsch gelaufen ist. Darüber müssen Sie sich im Klaren sein. (Zustimmung bei der CDU)
Deshalb will ich noch einmal auf Ihren Vorwurf eingehen, wir hätten jetzt hinterher „geklappt“; die Landesregierung sei schon viel weiter. Ich sage in aller Klarheit: Die CDU-Fraktion war die „schnellere Fraktion“. Wir haben das Mittelstandsförderkonzept bereits vor Wochen in einer Pressekonferenz vorgestellt. Wir haben auch die Verbände
angehört. Die ersten Stellungnahmen der Verbände liegen mir vor. Ich könnte sie jetzt zitieren, aber leider reicht meine Redezeit dafür nicht mehr. Das sind aber eindrucksvolle Bestätigungen unserer Positionen, Frau Ministerin Knorre. Insofern war das nichts mit dem „Zuspätkommen“.
Frau Steiner - auch auf Sie möchte ich kurz eingehen -, Politik ist ja oft das Bohren von dicken Brettern. Ich weiß nicht, wie oft ich im Wirtschaftsausschuss gesagt habe: Hebt die Trennung von Ökofonds und gewerblichem Fonds auf! Das ist nur eine Reminiszenz an die rot-grüne Zeit 1990/1994! - Das wurde immer vehement abgelehnt. Das sei überhaupt nicht möglich. Dass Sie jetzt endlich so weit sind, das selbst zu beantragen, zeigt, dass nach einer gewissen Denkpause auch CDU-Forderungen durchaus auf fruchtbaren Boden fallen. Insofern kann ich nur sagen: Herzlichen Dank!
Meine letzte Bemerkung: Herr Wolf, wenn Sie hier die Mittelstandspolitik der Landesregierung im Glanzlicht erscheinen lassen, dann möchte ich Ihnen abschließend Folgendes sagen: Die Landesregierung hat auf der Ebene der Kommunen etwas völlig anderes gemacht. Sie hat die kommunalen Finanzen an die Wand gefahren, die Finanzausstattung der Kommunen ruiniert, sodass sie nicht mehr in der Lage sind, vielen Handwerksmeistern und mittelständischen Betrieben in Niedersachsen Aufträge zu geben. Das ist eine „negative Wirtschaftspolitik“.
Hier besteht Handlungsbedarf. Insofern kann auch eine gute Finanzausstattung der Kommunen Bestandteil einer erfolgreichen Mittelstandspolitik sein. Bei diesem Punkt liegen bei Ihnen - Sie haben Glück, dass ich keine Redezeit mehr habe - riesige Defizite vor.