Protokoll der Sitzung vom 23.02.2001

- so sagt dies unsere Geschäftsordnung -, die ihm zugewiesen werden. Der Fachausschuss weist also dem Unterausschuss Themen zu, die der Fachausschuss dann zurückbekommt und wieder beraten muss.

Meine Damen und Herren, wenn das Verwaltungsvereinfachung und Bündelung von Arbeit ist, dann frage ich mich, was Sie im Übrigen überhaupt mit Verwaltungsreform bezwecken wollen.

(Beifall bei der CDU)

Wir beantragen, diesen Antrag noch einmal im Fachausschuss zu beraten. Wir sollten lieber auf der Grundlage unserer fachlich guten Beratungen unter Einbeziehung der Erkenntnisse aus der Wissenschaft, Herr Klein, zu Entscheidungen gelangen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Schwarzenholz! Drei Minuten!

Herr Präsident! Eine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, ich habe mich über die Rede des Kollegen Stolze gefreut. Aber was ist das eigentlich für eine Dramaturgie, die Sie uns heute geboten haben? Der Kollege Stolze stellt fest, wo die Defizite und wo die Veränderungsbedarfe liegen. Dann kommt der Kollege Brauns gewissermaßen als Bauchrednerstimme von Landwirtschaftsminister Bartels und erklärt, dass alles in Ordnung sei. Ich weiß nicht, wo bei Ihnen die Fraktionstrennungslinie verläuft. Wahrscheinlich mitten in der Fraktion. Was ist denn das für ein Herangehen an Politik? Auch als politischer Konkurrent von Ihnen möchte ich doch den Menschen im Lande erklären können, welches die sozialdemokratische Position ist. Ich begreife das nicht. Wo ist die politische Richtung erkennbar? Was ändert sich in Ihrer Landwirtschaftspolitik real? Gilt das, was der Kollege Stolze gesagt hat, oder das, was der Kollege Brauns ausgeführt hat? Ich weiß es nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie haben hier von Tierethik gesprochen. Ich finde, Tierethik ist ein sehr wesentlicher Punkt. Aber ich habe aus Ihren Reihen keine Kritik daran gehört, dass Riesenrinderbestände durch die Europäische Union aus Marktbereinigungsgründen vernichtet

werden sollen. Sie sollen aus dem Markt genommen werden. Sie sollen aus rein ökonomischen Gründen ums Leben gebracht werden. Da wird nicht über Tierethik gesprochen.

(Möllring [CDU]: Natürlich!)

- Nein, da wird nicht über Tierethik gesprochen! Die CDU trägt dieses Programm insgesamt mit.

Aus Verbraucherschutzgründen – das ist letztendlich auch das langfristige Interesse der landwirtschaftlichen Produzenten – brauchen wir Rindfleisch, auf das das Gütesiegel „garantiert BSEfrei“ geklebt werden kann. Diese Situation müssen wir haben. Wir haben diese Situation aber nicht. Warum haben wir sie nicht? Wir haben sie nicht, weil wir keine Testverfahren haben, weil wir die Übertragungswege nicht richtig kennen, weil wir nicht sicher bestimmen können, wie BSE in die Bestände hineinkommt. Wir können heute nicht sicher bestimmen, ob ein Tier wirklich BSE-frei ist.

(Eveslage [CDU]: Natürlich!)

- Nein, das können wir nicht! Sie können für kein einziges Rindvieh sagen, dass es garantiert BSEfrei ist. Das können wir leider nicht. Folglich können wir es noch nicht verantworten – das ist die logische Konsequenz -, bei den Beständen, in denen es BSE-Fälle gibt, davon abzugehen, den gesamten Bestand zu töten. Das kann man unter diesen Voraussetzungen nicht machen. Das wissen Sie ganz genau. Gleichwohl sagen Sie, das einzige Kriterium für Sie sei, dass die Tiere vermarktet werden könnten. Das kann doch wohl nicht wahr sein! Die Tests sind keine Garantie dafür, dass die Tiere BSE-frei sind.

(Zuruf von der CDU: Natürlich!)

- Nein, das sind sie nicht! Wir brauchen hier doch wohl nicht das Einmaleins zu wiederholen. Sie können nicht garantieren, dass die Tiere BSE-frei sind. Folglich müssen Sie die gesamten Bestände vom Markt nehmen. Das ist auch Verbraucherschutz. Diese Sicherheit für den Verbraucher können Sie gegenwärtig durch keine andere Maßnahme erreichen.

Herr Kollege Schwarz, Sie haben noch knapp drei Minuten. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will versuchen, die Verwirrung aufzulösen, die es eben gegeben hat, für die aber eigentlich kein Grund bestand. Herr Brauns hat zum Thema BSE und Herr Stolze zum Thema Antibiotika geredet. Was zum Thema Antibiotika gesagt wurde, ist die Position der SPD-Fraktion, genauso wie das, was Herr Brauns zum Thema BSE gesagt hat.

Wenn die CDU hier sagt, dass auch sie den Verbraucherschutz entdeckt habe und dass dieser bei ihr im Mittelpunkt stehe, dann verstehe ich nicht, warum sie die Einsetzung des Unterausschusses heute verzögert. Dafür kann ich überhaupt keinen Grund erkennen.

Als jemand, der nicht aus dem landwirtschaftlichen Fachbereich kommt, als ganz normaler Verbraucher, der früher relativ gerne Fleisch gegessen hat, muss ich sagen: Die Verunsicherung des Verbrauchers ist so immens, die Leute haben im Unterbewusstsein zwischenzeitlich eine solche Angst davor, bestimmte Produkte zu kaufen und zu verzehren, dass hier dringend eine Umkehr erforderlich ist. Die Bundesregierung hat ebenso wie Uwe Bartels hier in Niedersachsen in diesem Sinne einiges auf den Weg gebracht.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Es gibt die klare Aussage – das hat Sigmar Gabriel in einer der letzten Plenarsitzungen gesagt -: Wir wollen mit Ausnahme der Einzeltierbehandlung keine Medikamente mehr in der Tierhaltung und in der Tiermast haben.

Herr Kollege, eine Sekunde! - Meine Damen und Herren, es gibt hier ein starkes latentes Gemurmel. Lassen Sie das doch bitte draußen stattfinden, und hören Sie dem Redner jetzt einmal zu. Es ist ein wichtiges Thema.

Bitte, fahren Sie fort!

Wir wollen generell keine Antibiotika mehr in der Tiermast. Wir wollen von dieser unsinnigen Einstallungsprophylaxe weg. Wer käme denn eigentlich auf die Idee, dann, wenn einer von uns Schnupfen hat, den gesamten Landtag mit Antibiotika zu versorgen? Dies ist bei der Tiermast bis

lang gang und gäbe. Das ist eine Situation, die man ernsthafterweise nicht wollen kann. Wir wollen von diesem Ferkeltourismus wegkommen, der dazu führt, dass die Ferkel nach wenigen Wochen von der Muttersau weg und in eine Zwischenmast kommen, dort erst einmal Einstallungsprophylaxe bekommen, aufgepäppelt werden, mit Medikamenten vollgepfropft werden, weil unter Umständen unterschiedliche Bakterienstämme eingeschleppt werden. Die Tierhaltung, die sich in den letzten Jahren entwickelt hat, hat eine Form angenommen, die im Sinne des Verbrauchers niemand ernsthaft fördern und haben will.

(Beifall bei der SPD)

Insofern meine ich schon, dass hier einiges an Umkehr notwendig ist. Es kann auch nicht richtig sein, dass für den Transport zusätzlich Beruhigungsmittel gegeben werden, weil die Schweine zwischenzeitlich so sensibel sind, dass sie anderenfalls umfallen.

(Eveslage [CDU]: Das stimmt alles, aber das lösen Sie doch nicht mit ei- nem Unterausschuss!)

- Ja, das stimmt alles. Das ist etwas, was wir politisch nicht mehr unterstützen können. Das sind alles Themen, die wir im Land voranbringen wollen, und zwar mit einem Unterausschuss, dessen Institutionalisierung Sie hier verhindern. Wenn Sie das gemeinsam mit uns wollen, dann stimmen Sie heute dafür, dass dieser Unterausschuss auf den Weg gebracht wird.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich meine, es gibt gute Gründe, auch dafür zu sorgen – deshalb unsere Forderung, einen niedersächsischen Tiergesundheitsplan vorzulegen -, dass die Kontrolle verstärkt wird und dass sichergestellt wird, dass der Verbraucher zukünftig nur vernünftige Produkte auf den Tisch bekommt. Das hat auch etwas damit zu tun, dass die Landwirtschaft einen Weg geht, der nichts mehr mit dem bisherigen zu tun hat.

Lassen Sie mich zum Schluss mit einer gewissen Ironie sagen: Es kann nicht sein, dass der Verbraucher zukünftig in die Apotheke geht und sich ein halbes Pfund Mettwurst besorgt, wenn er seine Halsentzündung bekämpfen will.

(Oestmann [CDU]: Demagogie!)

Das ist ein Problem, das von der Lobby zum Teil nicht gesehen wird. Deshalb bin ich dafür, dass wir mit Nachdruck diese Entschließungen beraten, und bitte Sie, dafür zu sorgen, dass der Unterausschuss heute auf den Weg gebracht wird.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Bartels, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich hier vor etwa drei, vier Wochen zum illegalen Einsatz von Tierarzneien in Österreich und in Bayern Rede und Antwort gestanden habe, habe ich von dieser Stelle aus deutlich gemacht – das habe ich gestern in Erinnerung gerufen -, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass in Niedersachsen ähnliche Situationen, ähnliche Vorkommnisse auftreten. Bei aller Kontrolle, die wir organisieren, bei allem Überwachungsdruck, den wir haben, können wir nicht ausschließen, dass es solche illegalen Praktiken auch in Niedersachsen gibt. Es wäre ein Wunder, wenn es anders wäre. Wunder aber passieren immer weniger in dieser Welt. Deshalb ist es ja so wichtig, dass man sich entsprechend positioniert.

Ich habe auch gesagt – ich glaube, das ist auch eine Erkenntnis, die wir mitnehmen müssen -, dass wir es trotz aller Vorsorge in den unterschiedlichsten Bereichen nicht verhindern können, dass Tierseuchen zu uns hineinschwappen. Wir erleben es aktuell gerade bei der MKS. Wir können tun, was wir wollen - angesichts einer arbeitsteilig organisierten Welt und der weltweiten wirtschaftlichen Verflechtung können wir eben nicht verhindern, dass auch uns solche Ereignisse irgendwann einmal treffen. Gerade bei MKS haben wir feststellen müssen, dass das Virus vor einigen Jahren im asiatischen Bereich aufgetreten und langsam gewandert ist. Nun ist es zu unser aller Überraschung urplötzlich in Großbritannien aufgetaucht. Ich sage Ihnen ganz offen: Wir sind aufgrund dieses Geschehens höchstgradig alarmiert; denn nach den Berichten, die wir bekommen haben, hat es sich bei den Tieren, die auf einem Schlachthof ermittelt worden sind, um hochgradig mit Viren befallene, hochgradig infektiöse Tiere gehandelt. Jeder, der MKS kennt, weiß, dass MKS bei Schweinen sehr schwach beginnt und damit schwer diagnostizier

bar ist, dass aber dann, wenn das im Schlachthof auftritt, schon ein Durchseuchungsgrad da ist, der uns alle alarmieren muss. Diese Situation haben wir.

Wir haben in Deutschland, in Niedersachsen sehr schnell das Animo-System aktiviert und haben festgestellt – darüber will ich Sie an dieser Stelle gern informieren -, dass wir in dem fraglichen Zeitraum von acht Wochen mehr als 2 800 Zuchttiere und Masttiere aus Großbritannien erhalten haben. Aufgrund des Durchseuchungsgrades, den wir ermittelt haben, und der Inkubationszeit habe ich den Zeitraum für die Rückverfolgung im Gegensatz zum Bund auf acht Wochen ausgedehnt. Wir müssen alle Risiken erfassen und deshalb prüfen, was in den letzten acht Wochen gewesen ist.

Wir haben also bis gestern Abend 2 800 Tiere in niedersächsischen Betrieben feststellen können, aber auch ermittelt, dass in den fraglichen zwei Wochen vorher 132 t Fleisch in Zerlegebetriebe nach Niedersachsen gegangen ist. Wir haben dieses Fleisch festgehalten. Sofern es noch vorhanden ist, wird es nach Großbritannien zurückgebracht. Wir werden es in Tübingen untersuchen lassen. Wir haben entsprechende Proben gezogen. Wir wollen prüfen lassen, ob dieses Fleisch Viren enthält. Alle Tiere, die wir ermittelt haben, sind untersucht worden bzw. werden untersucht. Gott sei Dank gibt es bisher keinerlei Auffälligkeiten und Hinweise darauf, dass ein Virus vorhanden ist. Wir werden diese Tiere aber weiterhin unter Kuratel halten und auch weiterhin untersuchen, um alle Risiken auszuschließen, die in Verbindung mit dieser Krankheit stehen.

Wir haben die nachgeordneten Behörden, die unteren Veterinärbehörden, angewiesen, uns bis heute Mittag 15 Uhr die Alarmbereitschaft ihrer Krisenzentren und darüber hinaus ihre personelle Ausstattung und die Sachmittelausstattung zu melden. Wir alle müssen Gewehr bei Fuß stehen und für den Fall gewappnet sein, dass hier etwas auftritt und die Infektion zu uns kommt. Dann müssen wir sofort zuschlagen können; denn der erste Schlag ist der entscheidende, wenn es dann nicht auch schon zu spät ist. Ich hoffe jedoch, dass es nicht zu spät ist. Wir jedenfalls haben sofort alles Notwendige veranlasst. Ich wollte das noch einmal deutlich erwähnen, weil wir uns immer wieder Folgendes vergegenwärtigen müssen: Auch alle Vorkehrungsmaßnahmen können uns angesichts der internationalen Arbeitsteilung und der

wirtschaftlichen Verflechtungen nicht davor schützen, dass so etwas zu uns kommt. Wir müssen dann aber eben schnell darauf reagieren und entsprechend handeln können.

Wir verfügen über eine effektiv strukturierte Überwachung, wie ich schon gestern deutlich ausgeführt habe. Gleichwohl stehen wir aber auch in der Pflicht zu überprüfen, ob wir den Überwachungsdruck nicht noch weiter erhöhen müssen. Dazu dienen uns immer auch die aktuellen Geschehnisse.

Herr Schwarzenholz, es gibt keinen Unterschied zwischen dem, was Abgeordnete der SPD-Fraktion gesagt haben, und dem Regierungshandeln. Um das klar zu sagen und um die Positionen noch einmal in Erinnerung zu rufen:

(Zurufe von der CDU)

- Ruhe! - Wir haben schon immer und nicht erst seit dem Auftreten von BSE - das sage ich einmal glasklar - die Forderung erhoben, dass Antibiotika als Futtermittelzusatzstoffe aus der Produktion, aus der Verfütterung herausgenommen werden. Dazu gibt es im Deutschen Bundestag eine Fülle von Anträgen. Wir haben nicht erst jetzt den zugelassenen anerkannten Tierarzt in den landwirtschaftlichen Betrieben gefordert, der in den Betrieben konkrete Überwachungspflichten hat, womit er ein ganz wichtiger Faktor dafür ist, dass auch die Eigenkontrollverpflichtung der landwirtschaftlichen Betriebe wahrgenommen wird. Ein entsprechender von uns vor fünf Jahren eingebrachter Antrag hat leider Gottes keine Mehrheit gefunden. Wir haben diesen Antrag erneut gestellt. Ich gehe davon aus, dass wir jetzt die Chance haben, dafür eine Mehrheit zu bekommen.

Meine Damen und Herren, das ärztliche Dispensierrecht habe ich im Bundesrat als Problem dargestellt. Wir werden auch hier zu Veränderungen kommen, um ein höheres Maß an Sicherheit zu erhalten.

Ich sehe gerade, dass die rote Lampe aufleuchtet. Ich muss aber noch etwas zu dem Antrag der CDU-Fraktion sagen.

(Frau Litfin [GRÜNE]: Haben Sie das an der roten Lampe gesehen?)