Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD-Fraktion, ich frage mich, warum wir die Ältestenratssitzungen so intensiv durchführen, wenn die Mehrheit in diesem Hause seine Empfehlungen hinterher doch wieder nur schlichtweg überstimmt. Dieses macht keinen Sinn. Ich glaube, das ist auch ein Punkt für die EnqueteKommission, dass man hier auch wirklich Minderheitenschutz hat.
Dieses sollten wir auf jeden Fall besprechen. Wir haben in der Geschäftsordnung doch die Regelung enthalten, dass Anträge zunächst einmal nach Eingang behandelt werden. Wenn Sie diese Regelung jetzt aber einfach überstimmen können, macht es überhaupt keinen Sinn. Also: Bündnis 90 und CDU sind sich hier völlig einig. Es geht hier darum, ein völlig anderes Thema separat zu behandeln.
- Herr Vorsitzender der SPD Fraktion, Herr Plaue, Sie sollten sich dieses Thema noch einmal genau angucken. Hätten Sie sich die Anträge durchgelesen, hätten Sie einen solchen Vorschlag überhaupt nicht gemacht.
(Plaue [SPD]: Das habe ich getan! Denken Sie, wir machen hier Unsinn? Sie sollten sich lieber hinsetzen! Das ist absolute Arroganz!)
Meine Damen und Herren, der Sache nach handelt es sich hier um eine Abweichung von der Tagesordnung, was den Inhalt dieses Geschäftsordnungsantrages angeht. Danach kann der Landtag, sofern nicht andere Vorschriften entgegenstehen, auf Vorschlag der Präsidentin/des Präsidenten oder auf Antrag einer Fraktion beschließen, dass verschiedene Punkte der Tagesordnung zusammen beraten werden. Das ist hier exakt der Fall. Ich muss jetzt darüber abstimmen lassen.
Wer dem Antrag der SPD-Fraktion, die Tagesordnungspunkte 21 und 32 zusammen zu beraten, zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Das Erste war die Mehrheit. Das ist dann so beschlossen worden. Ich gehe davon aus, dass bei Aufruf des Tagesordnungspunktes 21 auch der Tagesordnungspunkt 32 beraten wird.
Meine Damen und Herren, nun noch ein paar Informationen zur Tagesordnung. Zur Aktuellen Stunde liegen drei Beratungsgegenstände vor. Für morgen gibt es drei Dringliche Anfragen, die ab 9 Uhr behandelt werden.
Die Redezeiten sind gemäß § 71 in der Ältestenratssitzung beschlossen worden, wie das die Geschäftsordnung vorsieht. Ich gehe davon aus, dass es dagegen keinen Widerspruch gibt. - Ich stelle fest, dass das Haus mit diesem Verfahren einverstanden ist.
Meine Damen und Herren, ich empfehle zwei Veranstaltungen bzw. Ausstellungen Ihrer Aufmerksamkeit: In der Portikushalle ist die vom Norddeutschen Zentrum für Materialkunde von Kulturgut e. V. am Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege konzipierte Ausstellung „Graffiti - Nein Danke!“ zu sehen. In der Wandelhalle wird die Ausstellung „Zufällig Kunst? - Auszubildende des Maler- und Lackiererhandwerks im Kreativitätstraining“ der Berufsbildenden Schule 3 in Hannover gezeigt. Ich empfehle beide Ausstellungen Ihrer Aufmerksamkeit.
An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst - bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr - wird erinnert.
Es haben sich entschuldigt für den heutigen Tag von der Landesregierung Herr Ministerpräsident Gabriel ab 16 Uhr, Herr Finanzminister Aller ab 16.30 Uhr, von der Fraktion der SPD für den ganzen Tag Frau Bührmann und Frau Lau und Herr Meier von der Fraktion der CDU.
Meine Damen und Herren, der Ausschuss für Haushalt und Finanzen kommt heute nach Eintritt des Plenums in die Mittagspause im Raum 236 zu einer kurzen Sitzung zusammen. Ich bitte das zu beachten.
Es liegen drei Beratungsgegenständen vor: a) Gorleben - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/2311 -, b) Arbeitsplätze in Gefahr - Betriebe vor dem Ruin: Landesregierung lässt Bauwirtschaft im Stich! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 14/2312 -, c) Mehr Wettbewerb auf der Schiene - Neue Weichenstellung durch die Bundesregierung - Antrag der Fraktion der SPD Drs. 14/2315.
Insgesamt stehen 60 Minuten Redezeit zur Verfügung, die gleichmäßig auf die drei Fraktionen aufzuteilen sind. Das heißt, jede Fraktion kann über höchstens 20 Minuten verfügen. Wenn mehrere Themen zur Aktuellen Stunde vorliegen, wie heute, bleibt es jeder Fraktion überlassen, wie sie die 20 Minuten verwendet.
Jeder Redebeitrag, auch von Mitgliedern der Landesregierung, darf höchstens fünf Minuten dauern. Nach vier Minuten Redezeit werde ich durch ein Klingelzeichen darauf hinweisen, dass die letzte Minute der Redezeit läuft.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Binnen weniger Tage werden wir uns in Niedersachsen, sicherlich wieder unter den Augen einer großen Öffentlichkeit, wahrscheinlich unter den Augen der Weltöffentlichkeit, erneut mit einem traurigen Höhepunkt einer unendlichen Geschichte auseinander setzen müssen. Vor dieser erneuten schlimmen Konfrontation zwischen Bürgern und Staat, die bisher politisch nicht vermieden werden konnte, möchten wir diese Aktuelle Stunde im Niedersächsischen Landtag nutzen, um hier noch einmal daran zu erinnern, was eigentlich der Anlass dieser Auseinandersetzung war und was die Perspektive dieser Auseinandersetzung sein kann.
März 1977 - März 2001: Vor genau 24 Jahren, fast auf den Tag genau, wurde eine folgenschwere und falsche Entscheidung getroffen. Ohne Eignungskriterien benannt zu haben, wurde ein Salzstock zum Endlagerstandort gemacht, der auch nach Meinung der damaligen zuständigen Landesgeologen lediglich dritte Wahl unter verschiedenen Salzstöcken war. Für Gorleben sprachen ganz andere Gründe, sprachen politische Gründe. Die Region galt als konservativ, strukturschwach, also arm. Die Region war dünn besiedelt. Damals war sie abgelegen. Das waren die Eignungskriterien, nach denen Gorleben ausgewählt wurde.
Bis heute ist es so, dass ökonomische Interessen, die Macht des Faktischen und auch das Unvermögen der Atomindustrie, Fehler einzugestehen, diesen Standort zementiert haben. Bis heute ist es aber auch so, dass dieser Irrtum, dieser Fehler bei der Standortauswahl folgenschwere Auswirkungen auf die Politik und auch für die Menschen in dieser Region hat. Es war nämlich ein Irrtum, der Ministerpräsident Albrecht damals davon ausgehen ließ, diese Region sei politisch stabil. Diese Region war in keiner Weise politisch stabil. Diese nukleare Bedrohung machte im Landkreis LüchowDannenberg aus Konservativen Revolutionäre.
Das klingt zwar widersprüchlich, ist aber bis heute das Fundament einer der stabilsten Protestbewegungen mit einer nur positiven Orientierung. Schlicht heißt dies, von damals bis heute: Gorleben soll leben! - Positiver geht es nicht mehr.
Gutes zu bewahren, Lebensgrundlagen zu bewahren - also „conservare“ für die Konservativen -, falsche Entwicklungen umzukehren, herumzudrehen – „revolvere“ für die Revolutionäre -, dieser Anspruch hat die Menschen in der Region, egal welcher Herkunft, welcher Weltanschauung, welcher Klassen, welcher Parteien, ganz neu verbunden. Ich möchte, dass Sie sich das bewusst machen, dass diejenigen, die da auf die Straße gehen, ein guter Niedersachsen-Querschnitt sind, der sich auch hier in diesem Parlament so finden könnte.
Dieses gemeinsame Bekenntnis zum gewaltfreien Widerstand, zu Aktionen, die immer wieder zu Blockadeaktionen wurden, ist bis heute ungebrochen. Die Zustimmung dazu in der Region ist über die Jahrzehnte gewachsen. Ministerpräsident Gabriel hat bei seinem letzten Besuch in der Region sehr gut bewertet, was das eigentlich heißt. Er hat klargestellt, dass die Menschen in Lüchow-Dannenberg, wenn sie auf die Straße gehen und blockieren, wenn sie zivilen Ungehorsam leisten, zu einem letzten Mittel greifen, um eine Entwicklung zu unterbrechen, die für die Region eine unumkehrbare Gefährdung darstellen würde, wenn man sie nicht stoppte.
Meine Damen und Herren, als ich gestern die Allgemeinverfügung der Bezirksregierung Lüneburg mit Demonstrationsverboten gelesen habe - Einschränkungen von Bürgerrechten stehen ja wieder auf der Tagesordnung -, ist mir ausgesprochen beklommen zumute geworden, und zwar deshalb, weil in der Gefahrenprognose, die dieser Allgemeinverfügung zugrunde liegt, aus einem aufrichtigen Eintreten für die Welt, in der man lebt, eine Hinterhältigkeit konstruiert wird, die den couragierten Bauern und den couragierten Bürgerinitiativlern überhaupt nicht gerecht wird.
Wer meint, dass der zivile Ungehorsam dieser revolutionären Konservativen nichts anderes sei als eine Kulisse für einige gewaltbereite Demonstranten, der ist tatsächlich ausgesprochen arm an politischem Gespür, und der wird perspektivisch nicht in der Lage sein, für eine verantwortbare politische Lösung des Gorleben-Konflikts zu arbeiten. Diese politische Lösung ist seit vielen Jahren überfällig!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Harms, es ist nicht ungefährlich, wenn Sie hier eine schlimme Konfrontation in Bezug auf eine Veranstaltung herbeireden, die erst in zwei Wochen stattfindet. Ich sage Ihnen das.
Ich meine, es wäre Aufgabe der Politik, mäßigend einzuwirken. Die grüne Bundesdelegiertenkonferenz hat das erkennbar besser hinbekommen, als Sie das eben hier formuliert haben.
Für die Region den Notstand für sich zu reklamieren bringt sämtliche Prinzipien des demokratischen Rechtsstaates in große Probleme.
Aber, meine Damen und Herren, wir sollten den Zusammenhang von einer anderen Seite herstellen. Die Landesregierung hat seit 1990 eine strikte atomkritische Position bezogen, häufig gegen die politischen Mehrheiten in Bonn. Wir haben heute die Situation, dass seit Juni 2000 mit dem Atomkonsens ein erkennbarer politischer Fortschritt erzielt worden ist.
Erstmals sind die Restlaufzeiten klar. Die Zahl der Transporte wird dramatisch reduziert, die Wiederaufarbeitung wird beendet, und, was für Niedersachsen sehr wichtig ist, ein neues Entsorgungskonzept wird erarbeitet.
Wir sind nicht mit allem zufrieden, was in diesem Konsenspapier steht; daraus haben wir nie ein Hehl gemacht. Aber es ist doch erst einmal zuzugestehen, dass hier wirklich ein Fortschritt eingetreten ist, dass eine Umkehr praktisch eingeleitet wird.