Wir sind nicht mit allem zufrieden, was in diesem Konsenspapier steht; daraus haben wir nie ein Hehl gemacht. Aber es ist doch erst einmal zuzugestehen, dass hier wirklich ein Fortschritt eingetreten ist, dass eine Umkehr praktisch eingeleitet wird.
Meine Damen und Herren, die Frage der Transporte der Glaskokillen ist unabhängig von dem Konsens. In jedem Fall gibt es eine politische und rechtliche Verpflichtung, diese Altlasten nach Deutschland und damit nach Gorleben als einzi
gem Ort der Einlagerung zurückzunehmen. Das wissen Sie, Frau Harms. Das beschließt aus guten Gründen Ihre Bundesdelegiertenkonferenz. Wir wären falsch beraten, gegenüber der niedersächsischen Bevölkerung einen anderen Eindruck zu erwecken. Wir müssen diese Altlasten zurücknehmen. Das ist richtig und auch vertretbar, meine Damen und Herren.
Kein Konsens wäre an dieser Stelle zu einem anderen Ergebnis gekommen. Das hat in diesen Verhandlungen aus guten Gründen auch niemand auf Seiten der Politik gefordert. Darüber sollten Sie einmal nachdenken.
Meine Damen und Herren, es ist überhaupt keine Frage: Aus guten Gründen ist in der deutschen Verfassung das Versammlungs- und Demonstrationsrecht geregelt worden. In der Verfassung steht im Übrigen nicht, welches gute und welches schlechte Demonstrationen sind. Das bleibt denen überlassen, die das für sich in Anspruch nehmen. Daran sollten wir auch weiterhin festhalten. Daraus ergibt sich aber nicht, dass mit jeder Demonstration Gewalttätigkeiten verbunden sind. Man kann seine politische Meinung auch anders so äußern, dass sie öffentlich wahrgenommen wird. Im Übrigen wissen wir alle, dass diese Demonstrationen öffentlich wahrgenommen werden. Man kann sie gleichzeitig so organisieren, dass sie der Strategie der Polizei, deeskalierend zu wirken, helfen und ihr nicht in die Parade fahren. Darauf kommt es an.
Ich kann genau so wie Sigmar Gabriel nachvollziehen, dass es zu örtlichen und regionalen Demonstrationen kommt wegen des Zusammenhangs, der dort gesehen wird, nämlich dass das die Frage des Endlagers präjudiziert. Vor diesem Hintergrund kritisieren wir nicht, dass Leute dort öffentlich ihre Meinung äußern. Wir beanspruchen aber, dass sie wissen, wie brisant dieses Thema ist, weil es Dritte gibt, die das gerne für sich instrumentalisieren würden.
Deshalb erwarte ich, dass zu der deeskalierenden Strategie der Polizei auch eine deeskalierende Strategie derer hinzukommt, die diese Veranstaltungen dort oben organisieren.
Klar ist - auch das ist die Ansage der Landesregierung an die Region, wie es in dem Antrag der SPD-Fraktion formuliert ist, der morgen auf der Tagesordnung steht -: Diese Transporte sind notwendig. Sie sind vertretbar. Die Polizei wird gewährleisten, dass sie in das Lager kommen. Diese Transporte sind aber keine Vorentscheidung für einen Endlagerstandort Gorleben. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich war über die Überschrift des Antrags der Fraktion der Grünen ein bisschen erstaunt. Wir sind sonst immer Anträge der Grünen gewöhnt, deren Überschrift ein bisschen Prosa beinhaltet. Diesmal steht schlicht „Gorleben“ darüber. Das gibt wohl einen Hinweis auf die Gemütsverfassung.
Liebe Frau Kollegin Harms, ich meine, Gorleben, Politik und Moral sind nicht voneinander zu trennen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den viel umjubelten Ausspruch Ihrer neuen Parteivorsitzenden, Frau Roth. Die Frage, die Sie insbesondere vor dem Hintergrund der Probleme in Gorleben angehen sollten, lautet: Können Sie beim Thema Gorleben Moral und Politik miteinander in Einklang bringen?
Ich möchte jetzt in meinem kurzen Redebeitrag nicht auf die Endlagerproblematik eingehen, sondern Ihnen eigentlich nur sagen, dass Politik auch viel gesündigt hat. Die Grünen sind nicht frei davon. Das ist völlig klar. Ich sehe noch viele der heutigen Spitzenpolitiker der Grünen auf der Straße sitzen: Trittin, Fischer,
sicherlich auch die neue Landwirtschaftsministerin, wenn ich sie auch nicht persönlich gesehen habe.
Wenn man den Menschen suggeriert hat, dass man, wenn man an die Macht kommt, daran etwas ändern könne, dann kann ich die Wut und Enttäuschung der Menschen im Wendland gut verstehen. Das sehen sie ganz genau so. Das ist so.
Viele junge Menschen sind natürlich darauf abgefahren. Ich kann auch viele Menschen in meiner Heimat, die Bedenken gegenüber dieser Technologie insgesamt haben, verstehen, dass sie von dem, was insbesondere die Grünen in der Region versprochen haben, verglichen mit dem, was sie nun halten können, enttäuscht sind. Auf einmal kam in Berlin die Macht und war der Castor dann nicht mehr das Teufelswerk von Frau Merkel, sondern Jürgen Trittin sagte dann ein bisschen zynisch lächelnd: Die Castoren sind sicher. Sie müssen nach Gorleben. Woanders können sie nicht hin. Das haben wir 20 Jahre lang ganz anders gehört. Es ist klar, dass dann Enttäuschung aufkommt.
Frau Kollegin Harms, Sie wissen das ganz genau. Ich weiß auch, wie schwierig Ihre Positionen in diesem Zusammenhang sind. Ich habe mal das Wort „Trittin kommt jetzt auf der Lok nach Dannenberg“ geprägt; es ist dann von Zeichnern übernommen worden. Im übertragenen Sinne ist es auch wirklich so.
Das Allerschlimmste ist aber - nicht das, was Sie in Ihren Fraktionen mit friedlichen oder unfriedlichen Demonstrationen machen -, dass er zu feige war, in Uelzen und auch im Wendland Rede und Antwort zu stehen. Vielleicht geziemt es sich ja auch nicht für einen Minister, sich dann ausbuhen zu lassen.
Herr Kollege Plaue, auch die SPD hat in den letzten Jahren viel dazu beigetragen, dass die Menschen jetzt enttäuscht sind.
(Plaue [SPD]: Sie sollten einmal klar sagen, ob Sie der Meinung sind, dass der Castor hinein muss oder nicht!)
- Ich sage Ihnen das schon. - Ich sehe noch den Oppositionsführer Schröder hier und weiß auch noch, wie er die Menschen aufgerufen hat.
Herr Minister Jüttner, ich kann Ihnen sogar die Stelle benennen. In der 5. Sitzung der 14. Wahlperiode am 10. Juni 1998 - vor der Bundestagswahl - hat der Minister hier an dieser Stelle gesagt: Unsere ausstiegsorientierte Politik wäre in der Lage, auf Atomtransporte in Deutschland in den nächsten Jahren zu verzichten. - Bitte lesen Sie das nach! Das ist Ihr Versprechen.
Meine Damen und Herren, ich habe jetzt nicht mehr viel Redezeit und möchte Ihnen daher nur noch eines sagen: Die CDU ist an dieser Lösung insbesondere im Wendland, an dem Druck dieser Parteien und auch an der Unwahrhaftigkeit als Demokraten fast zerbrochen.
(Frau Harms [GRÜNE]: Weil Ihnen die Leute weggelaufen sind, weil die Bauern inzwischen zu 100 % an den Demos teilnehmen!)
Aber wir sehen heute, Frau Kollegin, dass ohne uns die Probleme im Wendland nicht regelbar sind. Ich fordere daher alle Parteien als Demokraten auf, mit uns zusammen ein politisches Klima zu schaffen, in dem wir mit dieser Herausforderung fertig werden. Denn eines ist klar: Dieser Staat kann einer Region nicht solche Transporte 15 Jahre lang zweimal im Jahr zumuten. Es geht auch nicht mit 18 Castoren auf einmal, Herr Bartling. Das wäre ein absoluter Ausnahmezustand. Wir müssen uns schon zusammensetzen und als Demokraten und als Bürger im Wendland eine Lösung finden. Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte drei kurze Vorbemerkungen machen. Erstens. Ich glaube, wir haben heute eine andere Ausgangssituation, Herr Wojahn. Heute ist es nicht mehr so wie zu der Zeit, als Herr Schröder hier Oppositionsführer war. Heute haben wir einen Atomkonsens. Wir haben den Ausstieg, meine Damen und Herren.
Insofern sind die Transporte jetzt natürlich in einem anderen Licht zu sehen als in der Vergangenheit.
Zweitens. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich war über Ihr Verhalten ein bisschen erschüttert, als der Minister zu Deeskalation aufgefordert hat. Da gab es von Ihnen keinen Beifall. Das hätte ich von Ihnen aber erwartet; denn das ist auch Ihre Verantwortung als Opposition, meine Damen und Herren.