den Atommüll aus Frankreich zurückzunehmen. Das haben völkerrechtlich verbindlich Dr. Helmut Kohl und auch Helmut Schmidt unterschrieben, meine Damen und Herren. Das heißt ganz klar, dass natürlich auch in den nächsten zehn Jahren die Transporte zurückgeführt werden müssen, und natürlich muss man das einer Region zumuten. Das müssen wir alle gemeinsam miteinander aushalten, meine Damen und Herren. Das haben wir so vereinbart. Das sind die Folgen dieser Politik.
(Beifall bei der SPD - Lindhorst [CDU]: Scheinheilig! - Möllring [CDU]: Schwacher Beifall bei der SPD!)
- Ich verbitte mir solche Äußerungen wie „scheinheilig“. Das ist genau die Verantwortung, in der auch Sie stehen.
Ich weiß ja, dass die Wahrheit zu ertragen für manche in diesem Haus schwer ist. Aber man muss sie trotzdem einmal aussprechen.
Meine Damen und Herren, die Realität hat in dieser Frage auch Frau Harms eingeholt. Ich kann mich noch erinnern, wie Frau Harms auf Veranstaltungen, bei denen wir auch dabei waren und auf dem Podium saßen, auch Herr Jüttner und andere, sich wirklich hingestellt und begeistert dargestellt hat, was sie alles durchsetzen könnte, wenn Sie in Berlin oder damals in Bonn an der Regierung wäre. Heute, meine Damen und Herren, muss man Frau Harms genau so deutlich sagen, dass sie von den Zusagen, die damals gemacht wurden, eingeholt worden ist.
Wir als Sozialdemokraten haben immer deutlich gesagt: Wir stehen zu der Verantwortung, wissen, dass die Transporte nach Gorleben zurückgeführt werden müssen. Ich kann mich daran erinnern, dass Frau Harms die Erwartungshaltung in der Region geweckt hat,
- Herr Wulff, da können Sie sicher sein, dass wir das vor Ort gesagt haben. Wir haben manche Diskussion geführt, in denen Frau Harms aufgestanden ist und gesagt hat: Genau das ist es, was die Grünen verhindern werden. – Heute wird sie davon eingeholt. Heute wird sie von Jürgen Trittin eingeholt, der ihr nicht mehr erlauben wollte, dort zu demonstrieren, meine Damen und Herren. Das ist die Realität der Grünen.
Dass Frau Harms dann hier so eine Rede hält, kann ich aus ihrer Sicht verstehen. Sie hat einen schwierigen Spagat zu bewältigen. Man muss festhalten, dass es nach dem Bundesparteitag wenigstens einen Erfolg in dieser Frage gibt, dass nämlich die Grünen gegen das Endlager in Gorleben demonstrieren dürfen. Das ist ja auch schon was; und sie wollen ja auch wieder ihre grünen Fahnen herausholen.
Ich sage Ihnen sehr deutlich: Wir als SPD haben hier – das hat Herr Jüttner gesagt – eine klare Position, die Sie über ein Jahrzehnt hinweg nachvollziehen können. Davon haben wir nicht einen Deut zurückzunehmen. Wir haben immer gesagt: Wir stehen zu der Verantwortung; es muss zurückgeführt werden. Wir haben aber auch gesagt: Ein faires Verfahren, und wir halten Gorleben nicht für geeignet, meine Damen und Herren.
Deswegen haben wir auch einen Entschließungsantrag eingebracht, der einen Schwerpunkt hat, nämlich den, dass nicht manifestiert werden darf, dass Gorleben der Endlagerstandort in Deutschland wird. Dazu stehen wir als SPD.
Da hoffen wir, dass nicht nur die Grünen, sondern auch die CDU an unserer Seite steht und hier nicht die Politik der süddeutschen CDU- und CSURegierungen hier vertritt. Da fordere ich Sie, Herr Wulff, auf, dass Sie sich bekennen,
dass Sie endlich niedersächsische Interessen vertreten, d. h. dass Sie mit uns gemeinsam dafür sorgen, dass Atompolitik und Entsorgung in der Atompolitik in diesem Lande nicht so aussehen, dass die im Süden fordern „Jawohl, weiter so!“ und wir in Niedersachsen die Entsorgung machen sollen. Das ist eine Art von Politik, die wir nicht mitmachen, meine Damen und Herren.
von Herrn Wojahn den Eindruck, dass hier mal wieder aneinander vorbeigeredet wird oder dass meine Beschreibung der Probleme irgendwie nicht angekommen ist. Dieser Eindruck hat sich jetzt noch einmal gesteigert, Herr Kollege Inselmann. Ich kann Ihnen zu dieser erfolgreichen Entlarvung der Abgeordneten Harms nur gratulieren. So präzise habe ich das noch nie wahrgenommen. Mal sehen, was daraus wird.
Herr Inselmann, Herr Jüttner, ich bin etwas irritiert über die Positionierung in diesem Plenum. Als ich gestern das letzte Mal in Lüchow-Dannenberg angerufen habe, hieß es, dass nun auch der Unterbezirk der SPD aufrufen wird, sich an den Protesten in Lüchow-Dannenberg zu beteiligen.
Von dieser Position hat man in Ihrer Rede nichts mehr gehört. Haben Sie mit diesem Unterbezirk etwas zu tun?
Herr Inselmann, Herr Jüttner, ich verstehe nicht, warum Sie nicht in der Lage sind, sich zu Widersprüchen und ungelösten Problemen einfach einmal offen zu bekennen, zu denen wir hier und auch vor Ort eine gemeinsame oder eine gleich lautende Sprachregelung finden müssen, wenn wir das, was Herr Wojahn zumindest am Ende seiner Ausführungen als Anspruch formuliert hat, nämlich gemeinsam niedersächsische Interessen zu vertreten, tatsächlich leisten wollen.
Herr Jüttner, ich bin über eine Äußerung von Ihnen richtig empört. Ich habe zum Thema Notstand für betroffene Bürgerinnen und Bürger mir nicht angemaßt, das noch einmal selbst zu definieren. Ich habe Aussagen zitiert, die Ministerpräsident Gabriel vor wenigen Wochen in der Region gemacht hat. Er hatte sich noch einmal mit großem Verständnis hinter diejenigen gestellt, die ihm angekündigt haben, dass sie weiter mit ihren Treckern blockieren werden, dass sie sich weiter an Sitzblockaden beteiligen müssen.
Eine Konfrontation, die sich daraus ergibt, Herr Jüttner, wird nicht von mir herbeigeredet. Diese Konfrontation zwischen Bürgern und Staat habe ich bereits dreimal in meiner Heimat erlebt. Ich möchte sie eigentlich nicht mehr erleben. Sie wird
aber derzeit vorbereitet. Wenn 30 000 Polizeibeamte und eine bisher noch nicht benannte Zahl von BGS-Leuten gebraucht werden, um diesen Transport durchzusetzen, dann ist das keine herbeigeredete Konfrontation, sondern allenfalls eine zutiefst zu beklagende Konfrontation, aus der doch wir hier als zuständige Politiker immer noch einen Ausweg finden müssen. Um diesen Ausweg müsste eine anspruchsvolle politische Debatte dann auch kreisen.
73 % – 73 %! – der Bundesbürger sind laut einer Umfrage der „Bild“-Zeitung Sympathisanten des Gorleben-Widerstandes. Das ist ein großer Arbeitsauftrag für die Politik, also auch für Sie. Delegieren Sie das nicht immer nur weg nach Berlin. Uns Niedersachsen wird in dieser Frage wirklich niemand beispringen. Das ist ein Arbeitsauftrag für Sie.
- Herr Möllring, meinetwegen können Sie das ja vergessen. Ich bin der Auffassung, dass die Atommülllagerung ein Jahrtausendproblem ist, das jetzt in dieser Generation auf eine verantwortliche Schiene geschoben werden muss. Wir sind diejenigen, die das auch in Gang bringen müssen, weil wir in Niedersachsen bisher alle Lasten allein am Hacken haben.
Entweder wir schaffen das, oder wir entziehen uns dieser politischen Verantwortung, und bezahlen müssen das kommende Generationen.
Ich möchte eine Sache, die auch zur Widersprüchlichkeit der Lage gehört, hier noch – für Sie alle auch zum Nachdenken –, loswerden. Anlässlich des letzten Kokillentransports von Frankreich nach Gorleben hat es eine Erklärung französischer Grüner gegeben, unterschrieben von Dominique Voynet, Umweltministerin in Frankreich, und Didier Anger, Abgeordneter der französischen Grünen in der Region am Cap la Hague. Nur zwei Sätze aus dieser Erklärung:
„Wir beglückwünschen die Bevölkerung des Wendlandes zu ihrer unglaublichen Mobilisierungsfähigkeit 20 Jahre nach dem Beginn des Widerstands gegen das Endlagerprojekt. Genau so wie wir uns dagegen weh
ren, dass Frankreich als Müllkippe für deutschen Atommüll herhält, so ist dessen Lagerung in Gorleben keine akzeptable Lösung und, wie man sieht, keine von den Bürgern akzeptierte Lösung, weder kurzfristig noch langfristig.“
Es ist doch interessant, dass sich Franzosen tatsächlich differenziert zu solchen Problemen auch öffentlich verhalten können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich gar nicht vor, heute zu sprechen. Aber die Rede von Herrn Inselmann hat mir nun wirklich gereicht.