Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten Jahrzehnten haben wir Frauen eine Menge erreicht. Viele Erfolge der Frauenbewegung aus den 70er-Jahren sind durchgesetzt. Es wäre müßig, alle Erfolge aufzählen zu wollen. Unsere Gesellschaft kann es sich gar nicht leisten, das geistige Potential, die Kreativität und die Initiative von Frauen brachliegen zu lassen.
Das tut sie auch nicht, jedenfalls dann nicht, wenn es um freiwillige Arbeit geht. Für andere Menschen da zu sein, sich um sie zu kümmern, zu helfen, wo sie gebraucht werden, das leisten Frauen zu tausenden. Mehr als ein Viertel aller Frauen in Niedersachsen ist ehrenamtlich tätig. Im sozialen Bereich, im Gesundheitsbereich, wo die Belastungen besonders groß sind, arbeiten zu zwei Dritteln Frauen. Ohne ihr Engagement würde vieles nicht funktionieren. Das wissen auch alle.
Gewürdigt wird dieses Engagement viel zu selten. Auszeichnungen und Ehrungen gehen zum größten Teil an Männer. Die Statistik der letzten 20, 30 Jahre zeigt eindeutig, ob Bundesverdienstkreuz oder Niedersächsischer Verdienstorden: Von zehn Orden werden acht bis neun Männern angeheftet. Es ist das übliche Bild: Frauen leisten ihre Arbeit still und im Hintergrund, den Applaus bekommen Männer.
Das hängt sicherlich auch mit der Art dieser freiwilligen Arbeit zusammen. Viele Männer wollen leiten, managen, organisieren, suchen nach Funktion und Posten: Ehre und Amt gleich Ehrenamt. Frauen dagegen leisten eher ganz praktische Dienste, bieten persönliche Hilfe, ohne nach Amt und Ehre zu streben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung möchte die herausragenden Leistungen, die Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen erbringen, sichtbar machen.
Dazu bieten Auszeichnungen und Ehrungen eine gute Möglichkeit. Der interfraktionelle Entschließungsantrag, der heute diskutiert wird, unterstützt uns dabei. Diese Unterstützung werden wir brauchen; denn wir werden dicke Bretter bohren müssen. Das Problem ist nicht, dass es nicht genug Frauen gäbe, die eine Ehrung verdient hätten. Aber wir erfahren viel zu selten von ihnen.
Die meisten Vorschläge für Ehrungen benennen Männer. Ihre Arbeit ist mehr im Blick, und das genießen sie auch. Frauen neigen leider immer noch dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen, ihre Arbeit nicht so wichtig zu nehmen.
Die Regularien, nach denen Ehrungen und Auszeichnungen verliehen werden, sind - das müssen wir feststellen – auch eher auf Männer ausgerichtet. Wer Posten und Funktionen vorzuweisen hat, wird eher bedacht als Menschen, die sich jahrelang ganz praktisch um ihre Mitmenschen gekümmert haben.
Meine Damen und Herren, lassen wir uns von Gegenwind nicht beeindrucken. Es sind genug Orden und Medaillen da für alle die, die sie verdienen. Suchen wir gemeinsam nach den vielen Frauen, die sich engagieren für unser Land und für die Menschen, die hier leben. Wenn jede Abgeordnete und jeder Abgeordnete in den jeweiligen Wahlkreisen die Augen offen hält und wir Vereine, Verbände, Parteien, Kommunen, Wirtschaft, Gewerkschaften und Kirchen ermutigen, Frauen vorzuschlagen, dann finden wir sie auch. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als Minister Senff im Januar die Kleine Anfrage der Grünen zur Beteiligung von Frauen an Orden hier beantwortet hat, wurde sehr deutlich, dass diese Landesregierung über zehn Jahre ihre Bemühungen um die Ehrung von Frauen mehr als in Grenzen gehalten hat. Es hat sich auch nichts
durch die Tatsache geändert, dass es in dieser Regierung seit zehn Jahren eine Frauenministerin gibt. Ob das zunächst Frau Schoppe war, ob Frau Bührmann, ob Frau Merk, sie alle haben die Wirkung davon, Leistung nach außen vorzuzeigen, absolut unterschätzt.
Frau Merk hat zwar 1999 über die Universität Hannover eine Bürgerumfrage zur Beteiligung am Ehrenamt gestartet, hat sie pressewirksam veröffentlicht, hat dann aber sonst nichts auf den Weg gebracht. So blieb Minister Senff im Januar tatsächlich nichts anderes übrig, als einen Hilferuf loszulassen,
indem er sagte: Jetzt benennt mir doch Leute, helft mir doch; wir haben doch alles versucht; wir haben über Jahre hinaus an alle Möglichen appelliert. – An wen auf welchem Wege haben wir leider nicht erfahren.
Insofern bin ich froh, dass wir es jetzt hoffentlich gemeinsam schaffen, dass die Landesregierung, insbesondere die Landesverwaltung, schneller handelt. Wir haben nämlich fraktionsübergreifend beschlossen, dass wir der Landesregierung dabei behilflich sein wollen. Wir haben zum 8. März, zum Internationalen Frauentag, eine gemeinsame Entschließung verfasst und wollen damit in der Tat die Landesregierung unterstützen.
Die Frauenministerin hat vorhin das richtige Bild gebraucht, als sie sagte, Frauen stellten ihr Licht unter den Scheffel. Es ist in der Tat so, dass Frauen das viel zu häufig tun. Denn Frauen und ihre Leistungen ins richtige Licht zu setzen, heißt nichts anderes, als darauf hinzuweisen, wie viele es gibt, die sich in den unterschiedlichsten Bereichen engagieren, häufig stillschweigend, ohne einen so großen Bohai davon zu machen, wie viele Männer das tun.
Ich meine, es ist an der Zeit, dass wir auch, was die Arbeit der Frauen im Ehrenamt angeht, nach dem Motto verfahren: Tue Gutes und rede darüber!
Die öffentliche Würdigung trägt dazu bei, dass sich weitere Bürgerinnen und Bürger - das gilt natürlich
für beide – in Elternverbänden, in Familienverbänden, in Sozialverbänden, in Selbsthilfegruppen, in Sportvereinen, in Kirche, in Politik, Umwelt- und Verbraucherschutz engagieren. Man könnte das endlos fortsetzen.
Wir wissen natürlich, dass sich Frauen in starkem Maße – auch das klang vorhin an – im sozialen Bereich, im karitativen Bereich engagieren. Aber deswegen sind die Leistungen ja nicht minder wertvoll. Es ist in der Tat so, dass Frauen ihr Engagement vorrangig auf die Besonderheiten der Familie und des Lebensumfelds ausrichten. Sie fangen an mit dem Engagement im Kindergarten. Über die Schule geht es dann weiter, gerade so wie die familiären Voraussetzungen, aber auch wie die zeitlichen Kontingente es zulassen. Von daher denke ich, ist es ganz wichtig, dass wir tatsächlich zu anderen Kriterien kommen; auch das klang vorhin schon einmal an. Frauen können in den seltensten Fällen über Jahrzehnte hin in ein und demselben Ehrenamt tätig sein. Sie schaffen es nicht, Familie, Beruf und Ehrenamt miteinander zu verbinden. Deswegen muss ihr Engagement entsprechend gewürdigt werden.
Ich meine, wir haben gemeinsam den richtigen Ansatz gefunden, wenn wir sagen, wir müssen Frauen und ihre ehrenamtlichen Leistungen ins richtige Licht setzen, die Präsenz von ehrenamtlich engagierten Frauen deutlich machen, die Vergabekriterien den Biografien der Frauen anpassen und mögliche Antragsteller gezielt ansprechen, Vereine, Verbände, aber auch Einzelpersonen. Ich bin sicher, dass wir es dann schaffen werden, dass sich nie wieder der Eindruck so verfestigt wie jetzt und bei der Veröffentlichung der Zahlen von 1999, dass nämlich Ordenssachen Männersache sind.
Damit wir nicht zu lange darauf warten müssen, dass sich dieser Zustand verändert, sage auch ich hier: Lassen Sie uns nicht lange palavern! Lassen Sie uns diesem Antrag heute zustimmen, ihn auf den Weg bringen! Dann lassen Sie uns von der Landesverwaltung im zuständigen Fachausschuss möglichst schnell den Bericht darüber erbitten, was jetzt wo geändert worden ist, sodass tatsächlich mehr Frauen zum Zuge kommen.
Lassen Sie mich abschließend sagen. Ich freue mich, dass Herr Minister Senff, der im Januar die Beantwortung der Frage übernommen hat, heute
hier ist. Ich habe hier einen Brief, unterzeichnet von 16 Frauen aus der CDU-Fraktion. Eigentlich wollte ich diesen Brief an den Minister weiterleiten, weil er diese Aufgabe praktisch in Vertretung des Ministerpräsidenten wahrgenommen hat. Ich erlaube mir jetzt aber, diesen Antrag, in dem es darum geht, besonders engagierte Frauen auszuzeichnen, an die stellvertretende Ministerpräsidentin weiterzugeben. - Danke.
(Lebhafter Beifall bei der CDU - Frau Vogelsang [CDU] übergibt Ministerin Jürgens-Pieper ein Schriftstück)
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie zwischendurch darauf hinweisen, dass offensichtlich auch die Landtagsverwaltung der Meinung ist, dass mehr Frauen zum Zuge kommen müssen, wie es die Kollegin Vogelsang gesagt hat. Auf der Liste der Besetzung des Präsidiums steht, dass das Präsidium zu dieser Zeit besetzt wird durch die Vizepräsidentin Litfin, durch Frau Hansen und durch Frau Wolf.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! So war das allerdings nicht gemeint, dass sich die Männer jetzt unter die Frauen schmuggeln. Wir möchten schon, dass es tatsächlich Frauen sind.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde, das allermeiste und sehr viel Richtiges ist gesagt worden. Ich möchte nur noch ein kleines Beispiel vorstellen und es zur schöpferischen Nachahmung empfehlen.
Am 7. März dieses Jahres hat der Bürgermeister der Hansestadt Bremen, Henning Scherf, den Geschäftsführer des Bremer Skatverbandes, Willi Jansen, mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
- Das vom Bundespräsidenten verliehene Bundesverdienstkreuz überreicht. Sie kennen sich aus, Herr Möllring.
In seiner Laudatio lobte Herr Scherf das ehrenamtliche Engagement dieses Geschäftsführers. Er sagte, nach einer oberflächlicher Betrachtung sei die Organisation von Skatspielen keine besonders wichtige Aufgabe. Dies sei aber falsch; denn wenn da alles sich selbst überlassen bliebe, dann würden die Menschen zu Hause Skat spielen, und mehr nicht.
Die Verbandsarbeit sorge dafür, dass es Stabilität gebe, dass Freundschaften über Jahre gepflegt würden, dass Menschen sich gegenseitig stützten.
Das meine ich ausdrücklich auch. Aber angesichts dieser Kriterien, meine Damen und Herren, kann ich überhaupt nicht mehr nachvollziehen, dass in den vergangenen Jahren nicht vorwiegend Frauen ausgezeichnet worden sind. Da gibt es doch - das sage ich ohne jede Ironie - die vielen Strick- und Häkelklubs, es gibt Frauenverbände, es gibt organisierte und unorganisierte Frauen, die mit ihrer Arbeit genau das tun, nämlich Freundschaften pflegen und Stabilität in Beziehungen bringen.