Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

nur schwer anerkennen können, ist nachvollziehbar.

Es waren - um darauf noch einmal zu sprechen zu kommen - zwei Elemente, die zu diesem Erfolg beigetragen haben. Erstens war es die Transparenz. Wir sind in eine offene Debatte gegangen, in der auf die Partner gehört worden ist.

(Oestmann [CDU]: Rosstäuscherei ist das!)

Dort hat man nicht von vornherein gesagt: So ist es. Ihr habt nichts mehr zu melden. Es war anders herum. Das ist nun erneut gemacht worden. Wenn Sie sich die Broschüre der Landesregierung einmal genau ansehen, dann werden Sie feststellen, dass sie unter folgendem Motto läuft: Unser Vorschlag, den wir zur Diskussion stellen. Dieser Dialog wird in ähnlicher Form weitergeführt wie der Erste. Dazu gehört auch - das sage ich in Richtung der Grünen -: Wenn das Ergebnis vorliegt - das wird voraussichtlich am 31. Oktober der Fall sein -, dann wird dieses Ergebnis allen Dialogpartnern offen gelegt. Wir wollen am Ende einen breiten Konsens, eine breite Übereinstimmung erzielen. Von daher sind, liebe Grüne, in dieser Frage Offenheit und Transparenz ein Gebot der Stunde. Es wird entsprechend eingeführt. Deshalb will ich aus der Begründung im Antrag der Grünen eine Passage zitieren, die unstrittig ist. Die Grünen sagen hier etwas, was sich die CDU-Fraktion einmal hinter die Ohren schreiben sollte. Wahrscheinlich aber hat sie den Antrag nicht gelesen. Hier heißt es:

„Die Veränderung von Schulstrukturen stellt jedoch einen außerordentlich komplexen und sensiblen Prozess dar, über den nicht im Schnellverfahren nicht mit Annahmen entschieden werden darf.“

(Pörtner [CDU]: Wir sind immer die Doofen!)

Deshalb sagen die Grünen zu Recht: Eine wissenschaftliche Strukturuntersuchung in Auftrag zu geben, war grundsätzlich richtig.

(Zuruf von Frau Litfin [GRÜNE])

- Das kann ich sagen, liebe Frau Kollegin. Unter Nr. 1 geht es darum, die Fragebogenaktion umgehend zu stoppen. - Sie ist heute nicht mehr zu stoppen; sie ist durch. Unter Nr. 2 fordern Sie die Landesregierung auf, die Auswertung der Befra

gung transparent zu gestalten. - Dazu habe ich mich klar geäußert. Ferner meine ich, dass die Landesregierung Ihrer Forderung unter Nr. 3, künftig entsprechende datenschutzrechtliche Prüfungen bereits im Vorfeld sicherzustellen, allemal aufgreifen wird. Aber dazu habe ich nicht zu sprechen, sondern dazu sollte besser die Ministerin etwas sagen.

Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen: Ich freue mich auf die Debatte, wenn die Untersuchungsergebnisse auf dem Tisch liegen. Denn ich gehe davon aus - ähnlich wie die Grünen -, dass eine Reihe von Vorurteilen, die die CDU pflegt, deutlich widerlegt wird. Deshalb sollte sich die CDU überlegen, wenn sie konstruktiv an diesem Prozess teilnehmen will - davon gehe ich immer noch aus, da ich einige der Kolleginnen und Kollegen aus dem Kultusausschuss kenne -, nun mit dieser Polemik aufzuhören und dem Ergebnis dieser Untersuchung gelassen entgegen zu sehen.

Noch etwas, Herr Busemann: Hören Sie auf mit der Diffamierung der Landesregierung mit Worten wie „klammheimlich“ usw.! Das sind keine Maßnahmen für den nötigen vertrauensvollen Prozess und Dialog in dieser Frage. Das war nicht hilfreich. Die Überlegungen der Grünen waren erheblich besser. Deshalb wird es in diesem Bereich sehr wahrscheinlich die spannendere Diskussion geben.

Schlussendlich: Wir werden mit unseren Vorschlägen genauso erfolgreich sein wie bei der Verlässlichen Grundschule.

(Beifall bei der SPD)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Busemann, Frau Litfin, an Ihren Reden hat mich am meisten beeindruckt, dass Sie Ihre eigenen Anträge nicht ernst nehmen. Sie haben offensichtlich nicht mehr im Kopf, was Sie in diesen Anträgen gefordert haben. Auf der einen Seite ist ein Abbruch der Fragebogenaktion gefordert worden. Auf der anderen Seite ist eine Unterbrechung gefordert worden. Der Datenschutzbeauftragte sollte das nach gemeinsamem Wunsch klären. Das hat er getan. Darüber haben Sie hier aber kein einziges Wort verloren. Das war doch Ihr Hauptwunsch! Der Datenschutzbeauftragte hat eindeutig

erklärt, dass die Gestaltung der Fragebögen - sowohl die Erhebungs- als auch die Auswertungsverfahren - den Vorschriften des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes entsprechen.

(Plaue [SPD]: Hört, hört!)

Das muss man zur Kenntnis nehmen. Dann verwundert es, dass diese Anträge überhaupt noch auf der Tagesordnung sind. Sie sind nämlich gegenstandslos.

(Zustimmung bei der SPD - Plaue [SPD]: Weil Herr Busemann mal wieder eine seiner Philippika los wer- den wollte!)

Sie wollen das wieder einmal nutzen, um das Verfahren anzugreifen, das wir gewählt haben, weil es Ihnen offensichtlich überhaupt nicht passt, dass wir mit den Menschen über die schwierigen Fragen der Schulstruktur reden wollen. Meine Mitarbeiter und ich hatten in der Zwischenzeit 60 Termine im Lande - wahrscheinlich im Gegensatz zu Ihnen, Herr Busemann.

(Zuruf von Busemann [CDU] - Wulff (Osnabrück) [CDU]: Sie haben eine Arroganz am Leibe, die ist unerträglich! Erst die Grünen, dann die SPD wo Sie wohl noch mal landen?)

Im Gegensatz zu Ihnen sitzen übrigens auch die bildungspolitischen Sprecher und Mitglieder der Fraktion im Kultusausschuss. Sie dagegen sind die „wahre Idealbesetzung“ für einen bildungspolitischen Sprecher: Sie sind an der Sacharbeit nicht interessiert und auch nicht beteiligt!

(Beifall bei der SPD - Frau Körtner [CDU]: Sie sollten erst einmal Ihr Verhältnis zum Ministerpräsidenten klären, Frau Ministerin! Das wäre die erste Voraussetzung!)

Im Übrigen haben offensichtlich auch die Befragten bei dieser Aktion anders reagiert, als Sie es sich gewünscht haben. Denn wir haben 1 700 Schulleiterinnen und Schulleiter an 300 Grundschulen, Orientierungsstufen, Hauptschulen, Realschulen, Gymnasien und Gesamtschulen gefragt. Nach Auskunft des mit der Untersuchung beauftragten Instituts in Frankfurt ist die Befragung bei dieser Personengruppe auf eine große Akzeptanz gestoßen. Bei den Schulleiter-Fragebögen gab es trotz Ihrer Aktion eine Rücklaufquote von rund 66 %.

Das Institut sagt, dass das ungewöhnlich hoch ist; bei vergleichbaren Erhebungen gibt es normalerweise deutlich niedrigere Werte, nämlich zwischen 40 und 50 %. Die Akzeptanz ist also überhaupt kein Problem gewesen.

(Frau Körtner [CDU]: Wie oft haben Sie sie denn auffordern müssen?)

Auch das haben Sie anders behauptet. Ich will Ihnen sagen, woran das liegt: Die Leute, insbesondere die Schulleiter, sind auch an den Daten interessiert. Übrigens sind auch CDU-geführte Schulträger an den Daten interessiert, die wir - ohne Frage - mit Geld erheben müssen, weil das Ganze nicht kostenlos möglich ist; das ist nämlich sehr aufwändig.

Ich habe gesagt, dass ich diese Fragen nicht beeinflussen will. Dann können Sie mir nicht gleichzeitig unterstellen, dass ich mich damit vom Institut distanziert hätte. Nein, ich habe mich immer vor die Arbeit, die Reputation dieses Institutes gestellt. Ich habe nur gesagt: Ich werde auf keinen Fall auf die Fragen Einfluss nehmen. Das sollen die Wissenschaftler tun und nicht die Politiker.

(Beifall bei der SPD)

Denn anderenfalls würden Sie mir anschließend vorwerfen, dass diese ganze Aktion vergeblich gewesen sei. Ich möchte ganz ausdrücklich die Wissenschaftlichkeit, Herr Busemann. Das müssen Sie nun mal akzeptieren.

(Busemann [CDU]: Haben Sie einen Mitarbeiter in die Arbeitsgruppe ge- schickt?)

Insofern sollten Sie sich für diese Provinzposse, die Sie hier gemacht haben, und für Ihre Beschimpfung dieses Instituts bei ihm entschuldigen.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich noch einen Satz zu den Grünen sagen.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Da waren Sie mal Mitglied!)

Frau Litfin, Sie haben an unserem Angebot teilgenommen und Auslotungsgespräche mit uns geführt im Gegensatz zur CDU-Fraktion. Sie wissen, dass wir einen klaren Vorschlag vorgelegt haben, aber dass wir auch offen sind, Gespräche zu führen. Ich habe Ihnen, glaube ich, auch genügend Offenheit

in diesen Gesprächen signalisiert. Es waren Auslotungsgespräche.

(Zuruf von Wulff (Osnabrück) [CDU])

- Von der CDU-Seite habe ich dieses Angebot leider noch nicht bekommen, Herr Wulff.

(Busemann [CDU]: Sie können immer noch in unsere Fraktion kommen!)

- Natürlich, in der gesamten Fraktion Auslotungsgespräche führen! Ich lasse mich an dieser Stelle doch nicht vorführen, Herr Busemann! Das wissen Sie ganz genau. Holen Sie sich erst einmal ein Mandat von Ihrem Fraktionsvorsitzenden, dass Sie über Bildungspolitik reden dürfen!

(Beifall bei der SPD - Busemann [CDU]: Mein Mandat ist ein besseres, als Sie es im Kabinett haben!)

- Vielen Dank!

Ich wollte aber zu den Grünen reden. Sie haben Transparenz gefordert, Frau Litfin. Wir werden sie sicherstellen. Das habe ich Ihnen auch in den Gesprächen schon gesagt. Was wir aber nicht sicherstellen werden und auch nicht sicherstellen wollen, ist, dass institutsfremde Personen an der Auswertung der Ergebnisse teilnehmen. Das gerade will der Datenschutzbeauftragte nämlich nicht, dass wir diese Ergebnisse zu sehen bekommen. Die werden nach der Auswertung vernichtet. Deshalb hat er gerade gesagt: Es entspricht dem Niedersächsischen Datenschutzgesetz. Frau Litfin, Sie werden deshalb an dieser Stelle keinen Einblick bekommen können, sondern Sie werden die Auswertungen, die Ergebnisse sehen können. Die werden wir auch Ihnen, Herr Busemann, gerne zur Verfügung stellen, obwohl Sie sie wahrscheinlich nicht lesen werden.

Wir sorgen also für höchstmögliche Transparenz, Frau Litfin. Das machen wir gerne. Sie werden dieses Gutachten rechtzeitig unmittelbar nach der Veröffentlichung bekommen. Wir werden auch gerne nochmals mit Ihnen darüber reden. Ich habe das signalisiert, und das ist auch so verabredet. Das gilt nach wie vor auch für die CDU-Fraktion.

Eines möchte ich hier noch einmal deutlich sagen: Wir wollen eine Schulstruktur, die zukunftsgerecht ist, die aber auch auf Akzeptanz stößt, die nicht nur für die nächste Woche oder für Juni gemacht ist, sondern die für die nächsten 20 Jahre trägt. Des

halb machen wir uns die Mühe, mit den Menschen, mit den Verbänden, mit den Institutionen zu reden und Daten zu erheben und Ergebnisse zu bekommen. Das geht nicht mit Ihrer schlichten Tour „Sofort abschaffen!“. Sie haben das längst gemerkt. Sie sind ja längst von der Orientierungsstufe-Debatte abgerückt in Richtung einer RealschulDiskussion. Die werden wir heute Nachmittag noch gemeinsam führen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, nach § 78 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung erhält Herr Kollege Busemann noch einmal Redezeit von drei Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, noch einmal ganz kurz: Wie auch immer die Anträge zu verstehen sind - wenn die Landesregierung etwas macht und dies datenschutzrechtlich für in Ordnung hält, dann ist es ja wohl eine Selbstverständlichkeit, dass wir das überprüft wissen wollen.