Protokoll der Sitzung vom 13.06.2001

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Schliepack, es ist manchmal gut, sich zu erinnern. Sie erinnern sich vielleicht daran, dass ich schon bei der Einbringung dieses Antrags gesagt habe, dass er in seinem ersten Punkt nicht mehr aktuell ist, weil schon eine Entscheidung gefallen ist. Ich

habe damals aber auch begründet, warum der Punkt trotzdem im Antrag beibehalten worden ist. Ich habe das nicht mit den Scheinehen begründet, wie Sie es getan haben, sondern mit den Ehen mit Pädophilen. Vielleicht lesen Sie das noch einmal im Protokoll nach und nehmen dies zum Anlass, darüber nachzudenken, ob das nicht Sinn macht.

Ich danke ausdrücklich Frau Pothmer dafür, dass sie sich dafür so engagiert eingesetzt und deutlich gemacht hat, worum es damals wirklich ging. Es ging nicht darum, dass Frauen zwei Jahre lang eine Ehe aushalten, damit sie die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen, sondern es ging tatsächlich um Gewalt. Deshalb macht es auch Sinn, dass dieser Punkt des Antrags beibehalten worden ist. Wenn Sie sich veranlasst gesehen haben, diese Stellungnahme abzugeben, hat das sicherlich zur Klärung beigetragen.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zu den erforderlichen Abstimmungen. Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Grünen und, falls dieser abgelehnt wird, über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ab. – Ich darf auch die Herren von der CDU-Fraktion um Aufmerksamkeit bei dieser Abstimmung bitten. Herr Althusmann! – Danke schön.

(Eveslage [CDU]: Was soll das denn? Die Männer der SPD-Fraktion dürfen reden! – Gegenruf von Plaue [SPD]: Die sind aufmerksam!)

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 2562 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Beschlussfassung über die Beschlussempfehlung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gleichberechtigung und Frauenfragen in der Drucksache 2510 zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das Erste war die Mehrheit.

Wir kommen jetzt zu

Tagesordnungspunkt 12: Einzige (abschließende) Beratung: Technische Modernisierung des TVKabelnetzes in Niedersachsen notwendig Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/2442 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Medienfragen - Drs. 14/2520

Der Antrag wurde in der 77. Sitzung am 17. Mai 2001 an den Ausschuss für Medienfragen zur Beratung und Berichterstattung überwiesen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Für die Fraktion der SPD hat sich zur allgemeinen Aussprache der Kollege Wolfkühler gemeldet.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kabelnetze sind die Multimediaplattform der Zukunft, und deswegen ist es völlig unverständlich, dass die Verzögerungstaktik der Telekom beim Ausbau bzw. beim Verkauf des Breitbandkabelnetzes dieses Zukunftsszenario belastet.

Deutschland verfügt mit den Breitbandkabelnetzen über eine hervorragende Infrastruktur zur Verbreitung von Fernsehen und Radio. Um noch mehr Programme, aber vor allem auch neue Dienste darüber nutzen zu können, wird leider seit Jahren heftig um den Ausbau der Netze gerungen. Milliardeninvestitionen, so die Vision, sind für den Ausbau zur Multimediaplattform notwendig. Investoren, die sich für die Übernahme von Teilen des Breitbandnetzes der Telekom interessieren oder diese bereits gekauft haben, erwerben also zunächst eine Option auf die Zukunft.

Das Potenzial des Kabels liegt darin, dass es die Anforderungen der modernen Informations- und Wissensgesellschaft umfassend erfüllen kann, erklärte vor einiger Zeit Gerd Tenzer, Vorstand der Deutschen Telekom AG und zuständig für den Bereich Netze. Das war von ihm natürlich hypothetisch gemeint, und seine Betonung lag deutlich auf „kann“. Den Tatsachen angemessen hätte er die Betonung vielleicht besser auf „könnte“ legen sollen. Denn bis das Breitbandkabelnetz der Deutschen Telekom tatsächlich seinen Vorstellungen gerecht wird, dürfte noch viel Wasser die Elbe herunterfließen – so zu lesen in einer Fachzeitschrift vor einigen Wochen. Das gilt auch, nachdem die Telekom im Februar dieses Jahres bekannt gegeben hat, ihr komplettes restliches Breitbandkabelnetz an die britisch-amerikanische Investo

rengruppe Klesch/Liberty Media verkaufen zu wollen.

Deswegen ist der Entschließungsantrag der SPDFraktion zur technischen Modernisierung des TVKabelnetzes in Niedersachsen richtig und notwendig, meine Damen und Herren. Die zügige Ausschussberatung hat bewiesen, dass die Einschätzung der Bedeutung für die Multimedianutzung gerade für ein Flächenland wie Niedersachsen zwischen den Fraktionen unstrittig ist.

Da offensichtlich die Gefahr besteht, dass nach den derzeitigen Plänen der Telekom bzw. der zukünftigen Netzeigner insbesondere für die ländlichen Räume erhebliche Nachteile entstehen, sollte die Landesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten unverzüglich tätig werden. Sonst besteht die Gefahr, dass zukünftige Investoren aus ökonomischen Gründen die Ballungsräume beim Ausbau des Kabelnetzes bevorzugen werden und das flache Land sozusagen wieder hinten herunterfällt.

Wir bitten daher die Landesregierung, mit der Telekom, aber auch mit zukünftigen potenziellen Erwerbern möglichst bald Gespräche zu führen und auf einen zügigen Ausbau der Kabelnetze einschließlich Rückkanal hinzuwirken. Außerdem ist natürlich darauf zu achten, dass auch zukünftig ein angemessener Anteil der Kapazitäten für die Verbreitung von Rundfunkangeboten und Mediendiensten zur Verfügung steht. Uns und, wie ich meine, auch Ihnen allen ist ein diskriminierungsfreier Zugang wichtig, denn es muss auch für regionale und konzernunabhängige Rundfunkanbieter in Zukunft möglich sein, Programme zu verbreiten.

Die Landesmedienanstalten haben im April ein gemeinsames Positionspapier mit dem Hauptziel verabschiedet, Vielfalt und Wettbewerb im Kabelnetz zu garantieren und Rahmenbedingungen zu entwickeln, bei denen trotz der hohen Konzentration auch zukünftig publizistischer und wirtschaftlicher Wettbewerb gesichert ist.

(Reckmann [SPD]: Sehr richtig!)

- Bringe mich nicht durcheinander, Alfred.

(Zuruf von der CDU: Das steht jetzt auch im Protokoll!)

Auch der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation - VPRT - hat im Mai unter dem Titel „Medienrechtliche Vorkehrungen unabdingbar“ ein umfangreiches Positionspapier zur Privati

sierung der Breitbandkabelnetze vorgelegt, das in Heft 40/41 von epd-medien nachzulesen ist und das ich deshalb hier nicht ausführlich vorstellen möchte. Hier kommen auf uns als Politiker wahrscheinlich auch weitere Aufgaben zu.

Die Deutsche Telekom AG muss trotz ihrer Absichtserklärung zum Verkauf nachhaltig gedrängt werden, von ihrer bisher zögerlichen Haltung abzugehen. Sollte das nicht kurzfristig geschehen, ist darauf hinzuwirken, dass die Telekom selbst den Ausbau des Kabelnetzes unverzüglich in Angriff nimmt. Abschließend ist die Telekom aufzufordern, zukünftig insbesondere - wer will uns Niedersachsen dies verübeln? - die Interessen der Flächenländer zu berücksichtigen, damit die ländlichen Räume nicht neben ihrer Strukturschwäche auch noch mit dem Problem konfrontiert werden, von dieser technologischen Entwicklung abgehängt zu werden.

Bei den Stichworten, die ich mir anlässlich der Einbringung aufgeschrieben hatte, die dann aber nicht zur Wirkung gekommen sind,

(Zuruf von der CDU: Warum?)

hatte ich am Ende stehen: Ich freue mich auf eine zügige Beratung. Diese Freude war völlig berechtigt, wie der heutige Tag beweist. Im Mai erfolgte die Einbringung im Plenum, und danach folgte eine zügige Beratung im Ausschuss für Medienfragen.

(Frau Harms [GRÜNE]: Nicht einge- bracht!)

- Eingebracht, ohne Verzögerung eingebracht und heute schon wieder auf dem Tisch des Hohen Hauses zur abschließenden Beratung und Verabschiedung.

(Zuruf von der CDU: Weltrekord!)

- Ja, es ist uns beiden zu verdanken, dass wir großzügig verzichtet haben.

(Zuruf von der CDU: Jetzt dreht er das auch noch ins Positive!)

- Kalle, ich bin gleich fertig.

Die Beschlussempfehlung, die Ihnen heute vorliegt, weicht lediglich - darauf muss man einfach hinweisen - in der Reihenfolge der Spiegelstriche von dem eingebrachten Antrag ab. Wenn ich „lediglich“ sage, will ich die Bedeutung dieser Ver

änderung nicht schmälern. Aufgrund der zeitlichen und inhaltlichen Aspekte war diese Veränderung erforderlich, um bestimmte Gewichtungen vorzunehmen. Sie wurde auch einstimmig vorgenommen.

Ich danke Ihnen abschließend für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie, der Beschlussempfehlung zuzustimmen. Was wir brauchen, ist das breite Band und nicht die lange Leitung der Telekom.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU spricht der Kollege Behr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir unterstützen den SPD-Antrag zur Modernisierung der TV-Kabelnetze in Niedersachsen und unterscheiden uns nur in einigen wenigen Details. Allerdings - hier will ich den letzten Satz des Kollegen Wolfkühler wieder aufnehmen - sind wir schon der Auffassung, dass man wesentlich früher politischen Druck auf die Deutsche Telekom hätte ausüben müssen. Es war uns schon wichtig, dass der Antrag in diesem Punkt entsprechend geändert wurde. Jetzt steht in der Tat an erster Stelle, dass die Telekom aufgefordert ist, die Verkaufsverhandlungen jetzt endlich zu einem positiven Abschluss zu führen, weil es nicht hingenommen werden kann, dass es zu weiteren Verzögerungen kommt. Man muss diese Kritik an der Deutschen Telekom in der Tat sehr deutlich unterstreichen, weil man jahrelang verhindert hat, dass die Kabelnetze an einen privaten Betreiber veräußert wurden.

(Plaue [SPD]: Da hat Schwarz- Schilling ganze Arbeit geleistet!)

Damit ist man letztlich nicht den Auflagen nachgekommen, die der Telekom bei der Privatisierung gemacht wurden, weil man Konkurrenz verhindern wollte und dadurch auch verhindert hat, dass der Endverbraucher niedrige Preise realisieren konnte.

Meine Damen und Herren, allerdings muss auch die Bundesregierung kritisiert werden, denn nach wie vor ist die Bundesregierung Mehrheitsaktionär der Deutschen Telekom. Von der Bundesregierung

ist in der Vergangenheit kaum politischer Druck ausgeübt worden. Man hat sich in dieser Frage im Gegenteil leider eher ängstlich zurückgehalten, weil man - das ist unsere Vermutung - kein Konzept für die digitale Zukunft in Deutschland hat. Wenn man nicht weiß, was man will, kann man eben leider auch keinen politischen Druck ausüben.

Damit ist in Deutschland ein Stück weit Entwicklung verschlafen worden. Andere Länder haben in der Zwischenzeit aufgeholt und sind zum Teil sogar schon weiter als wir hier in der Bundesrepublik. Dabei liegt - das hat der Kollege Wolfkühler angesprochen - in Deutschland ein Riesenpotenzial in der Erde. Wir haben die schnellsten Netze, die zurzeit verfügbar sind, mit 18 Millionen Haushalten, die bundesweit angeschlossen sind. Damit sind wir nach den USA weltweit die Nr. 2. Wenn die Netzkapazitäten, wie beabsichtigt, ausgebaut sind, würde sich die Übertragungskapazität des Netzes im Vergleich zu den bisherigen ISDN-Leitungen um dem Faktor 500 erhöhen. Wir haben bei ISDN eine Übertragungsgeschwindigkeit von 78 Kilobit in der Sekunde. Bei den Kabelnetzen würde die Übertragungsgeschwindigkeit auf 38 Megabit pro Sekunde anwachsen. Der Rückkanal hätte immerhin noch 3 bis 6 Megabit pro Sekunde aufzuweisen. Dies wäre ein Quantensprung, was zukünftige Dienstangebote anbelangt. Das heißt, wir können parallel superschnelles Internet, digitalen interaktiven Rundfunk, interaktive Datendienste, Video on demand etc. zur Verfügung stellen. Deswegen ist es höchste Zeit, dass die Netze endlich ausgebaut werden und es in der Tat zu einer Änderung der Betreiberstruktur kommt. Deswegen ist es wichtig, dass die Landesregierung intensive Gespräche mit der Telekom und auch mit der entsprechenden Bewerbergruppe führt.

Dabei sind drei Punkte wichtig. Der erste Punkt ist der Ausbau, den ich eben bereits angesprochen habe. Der zweite Punkt ist die Frage der Angebote. In diesem Bereich wird es in der Tat ein bisschen schwierig, weil sich schon die Frage stellt, inwieweit wir hier überhaupt politisch Einfluss nehmen können. Wir sind der Überzeugung, dass sich das Angebot in den Kabelnetzen letztendlich über die Nutzung regeln wird. Das heißt, die Nutzer bzw. die Endverbraucher werden das Angebot bestimmen. Wir sind aber auch davon überzeugt, dass es richtig ist, dass es Raum für Nischenangebote geben muss. Das heißt nicht, dass jede Nische ausgefüllt werden muss. Es muss aber immer ein Stück weit Vielfalt gewährleistet werden. Aufgerüstete

Kabelnetze können natürlich über die zusätzliche Mengenkapazität hier eine entscheidende Chance bieten. Der dritte Punkt ist die flächendeckende Versorgung. Uns ist es wichtig, dass keine Netzinseln entstehen. Das wäre technisch kein Problem, sondern eher sogar von Vorteil. Wir wollen also keine Netzinseln in den Ballungszentren. Wir wollen, dass es keine Zweiklassenversorgung gibt. Deswegen ist es so wichtig, dass der ländliche Raum auch eine Chance bekommt, diese Infrastruktur zu nutzen, und dass der ländliche Raum nicht wieder einmal in seiner Entwicklung behindert wird.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ist es gut, dass dieser Antrag eine breite politische Unterstützung erfährt und dass wir in dieser Frage auch Einigkeit demonstrieren. Es bleibt die Hoffnung, dass es etwas nützt, dass sich die Telekom jetzt endlich bewegt und dass sich auch die neue Betreibergruppe gegenüber unseren Wünschen offen zeigt. Wir hoffen, dass wir in Niedersachsen in Sachen IT und neue Medien nicht noch mehr ins Hintertreffen geraten, sondern dass wir für unsere Bürgerinnen und Bürger und die Entwicklung des Landes etwas positiv in Bewegung setzen können. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)