Dieser Dialog kann gar nicht konstruktiv sein, wenn wir nicht wissen, was denn die Regierung und die sie angeblich tragende Fraktion überhaupt wollen. Aus einem Dialog, der nicht konstruktiv geführt werden kann, kann am Ende nichts herauskommen.
Nun möchte ich etwas zu den großartig herausgestellten finanziellen Leistungen sagen, die die Landesregierung zum Wohle des Schulwesens erbringt. 3 100 zusätzliche Lehrkräfte soll es im Laufe dieser Legislaturperiode geben. Einen Teil davon gibt es bereits. Abzuziehen hiervon sind die 1 000 Stellen, und zwar nicht Stellen für Lehrerinnen und Lehrer, sondern die Stellenäquivalente für die Verlässliche Grundschule für Betreuung und Vertretungsreserve - eine neue Maßnahme, die außerhalb dieser ganzen Geschichten steht, weil es eben nicht um die Einstellung zusätzlicher Lehrkräfte zur Sicherung der Unterrichtsversorgung geht.
Bleiben also noch 2 100 zusätzliche Lehrkräfte. Das, meine Damen und Herren, ist noch nicht einmal die Anzahl der in den Jahren von 1994 bis 1998 durch die SPD-Regierung gestrichenen Lehrerinnen- und Lehrerstellen.
seit 1994 105 000 zusätzliche Schülerinnen und Schüler an niedersächsischen Schulen unterrichtet werden.
Deshalb - Frau Ministerin, nehmen Sie mir das nicht krumm - hält sich meine Dankbarkeit in ganz, ganz engen Grenzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte eine Behauptung korrigieren, die meine Kollegin Litfin eben hier aufgestellt hat. Es hat keine Erklärung von SPD-Bildungspolitikern dahin gehend gegeben, eine Mehrheit dafür herstellen zu wollen, dass die Orientierungsstufe nicht abgeschafft werde.
Vielmehr werden wir den Dialog darüber intensiv führen. Von Ihnen lassen wir uns nicht provozieren. Wir werden den Verfahrensprozess ganz eindeutig abschließen:
Im November wird es die entsprechende Diskussion dazu geben. Nach der Vorlage des Untersuchungsberichts zur Orientierungsstufe werden wir einen Leitantrag vorlegen. Am 2. März nächsten Jahres wird die SPD auf einem Landesparteitag eine eindeutige, klare und mehrheitsfähige Position dazu verabschieden.
Mit diesem Positionspapier, das wir dann verabschieden, werden wir deutlich machen, was in der Bildungspolitik das Ziel der sozialdemokratischen Partei ist: Wir wollen das Niveau unserer Schulen steigern, und wir wollen die Zahl der höheren Bil
dungsabschlüsse deutlich erhöhen. Das werden Sie sehen. Weil wir dies tun werden, bauen Sie diesen Popanz auf, aber wir werden Ihnen zeigen, dass wir diejenigen sind, die mit dieser Politik die Mehrheit innerhalb der Bevölkerung erreichen werden. - Danke.
b) Ausverkauf deutscher Unternehmen verhindern - Angriff auf VW-Gesetz abwehren! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 14/2536
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Europäische Union will im Jahre 2005 einheitliche Regelungen für grenzüberschreitende Firmenübernahmen festlegen. Im Kern werden damit die Vorstände in bedrohten Unternehmen im Falle eines Übernahmeangebotes zur Neutralität verpflichtet, d. h. sie müssen künftig zuerst das Placet ihrer Aktionäre einholen, wenn sie den Angriff eines Bieters abwehren wollen. Dann ist das aber oftmals schon nicht mehr möglich, weil es zu spät ist. Eine Harmonisierung dieses Rechts ist notwendig. Das wollen alle Länder, und auch der Bundesverband der Deutschen Industrie verfolgt dies als seine Position.
Unsere Position im Lande Niedersachsen ist die Folgende: Solange es in Europa keine gleichwertigen Übernahmebedingungen gibt, soll die Bundesregierung deutschen Unternehmen weiterhin die Möglichkeit geben, Vorratsbeschlüsse zu fassen. In anderen europäischen Staaten gibt es nach wie vor die Möglichkeit zur Abwehr solcher Übernahmen, die das deutsche Recht nicht kennt. Die Regierungen Spaniens, Italiens und Großbritanniens können mit dem Vetorecht aufgrund ihrer goldenen Aktien bestimmte Übernahmen verhindern.
Mit unserem Thema zur Aktuellen Stunde „Ausverkauf deutscher Unternehmen verhindern - Angriff auf VW-Gesetz abwehren!“ wollen wir uns darum bemühen, ein einheitliches Vorgehen aller im Landtag vertretenen Parteien zu erreichen mit dem Ziel, gemeinsam zu organisieren, dass VW weiterhin erfolgreich ist und Entscheidungen bei VW nicht gegen die Interesses des Landes Niedersachsen getroffen werden können.
Vodafone und die Übernahme Mannesmann haben deutlich gemacht, dass nach der Übernahme am Ende die Filetstücke bleiben und der Rest verramscht wird, und zwar immer zulasten der Standorte und der Menschen dort. Das ist die bisherige Erfahrung.
Auch VW ist ein potentieller Übernahmekandidat, wenn man weiß, dass Ford in der Portokasse insgesamt 54 Milliarden Dollar angehäuft hat. Hier bedarf es also schon einer Sensibilität für den Standort Niedersachsen. Mit einer solchen Übernahme würde sicherlich u. a. einhergehen, dass einige der fünf Standorte in Niedersachsen zur Disposition stünden, was zulasten der jeweiligen Region und vor allem zulasten der Arbeitnehmer dort ginge. Dies bitten wir zu verhindern. Wir bitten um eine endgültige Aussage von Ihrer Seite, vor allem vonseiten der Christdemokraten, zu Ihrer Industriepolitik in Bezug auf die Sicherung des Einflusses Niedersachsens auf VW und damit auf das zentrale Industrieunternehmen Niedersachsens. Bisher habe ich von Ihnen noch keine eindeutige Position gehört. Heute erwarten wir eine klare Äußerung zum Erhalt der Arbeitsplätze und zum Erhalt von VW insgesamt.
Die neue EU-Richtlinie hat ohne Zweifel eine Schwerpunktsetzung in der Unterstützung der Shareholder. Das, was Wendelin Wiebeking als Vorstand von Porsche im Prinzip deutlich macht, nämlich dass das Interesse eines Unternehmens nicht nur an der Gewinnausschüttung gemessen werden kann, sondern dass im gleichen Sinne der Kunde und vor allem die Menschen in der jeweiligen Region, in der das Produkt hergestellt wird, im Mittelpunkt stehen, ist genau unsere Position.
Ich bitte Sie also, vor allem die Christdemokraten, um eine klare Positionsbestimmung zur diesem Thema. Deshalb haben wir dieses Thema zu der heutigen Aktuellen Stunde beantragt. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich weiß auch meine Fraktion um die Bedeutung des VW-Konzerns für Niedersachsen. Die Vielzahl der Arbeitsplätze an den verschiedenen Standorten hier wird aber nicht allein durch das VW-Gesetz gesichert, sondern diese Arbeitsplätze müssen selbstverständlich immer wieder auch im konzerninternen Wettbewerb erarbeitet werden, was Mosel gegen Wolfsburg oder Ungarn gegen Salzgitter oder Brüssel gegen Emden betrifft. Die Arbeitnehmer an den betroffenen Standorten wissen das. Das VW-Gesetz verhindert also keinen Wettbewerb, sondern es sichert dem Land einen beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen.
Dass das Land Niedersachsen mit 18,8 % der Anteile mehr als 60 % der Stimmen in der Hauptversammlung hat, wie es in der vergangenen Woche der Fall gewesen ist, war auch in den vergangenen Jahren nicht die Ausnahme, sondern war die Regel. Das alles verdanken wir dem VW-Gesetz. Dieses Gesetz hat sich deshalb aus unserer Sicht bewährt. Es hat sich aber vielleicht, Herr Kollege Schurreit, auch überlebt. Der Konzern scheint das ähnlich zu sehen. Während er in der Vergangenheit immer auf die Sicherung des VW-Gesetzes und der Landesanteile vertraute, schlägt er jetzt eine neue Strategie ein - eine Strategie, die von uns begrüßt wird und nach der durch strategische Partnerschaften aufgrund der angekündigten neuerlichen Kapitalerhöhung und des Aktientauschs mit Conti oder anderen Partnerunternehmen eine feindliche Übernahme verhindert werden soll. Ich halte es für vernünftig, das so zu machen, d. h. wir halten es für vernünftig, eine freundliche Übergabe zur Abwehr einer feindlichen Übernahme zu planen.
Man könnte also sagen, dass VW insgesamt auf einem guten Weg ist und dass VW darum bemüht ist, die niedersächsischen Standorte auch nach dem absehbaren Wegfall des VW-Gesetzes zu sichern. Aber gerade weil das so ist, wird es Ihnen in der SPD und in der Landesregierung, so meine ich, schwer fallen, zu begründen, warum sich das Land Niedersachsen auch bei künftigen Kapitalerhöhungen am Zukauf neuer VW-Aktien beteiligen soll.
Wer einen solchen Aktienkauf kreditfinanzieren will in der Hoffnung, dass die Dividendenerträge künftig dauerhaft höher sein werden als der Kapitaldienst, der gehört nach meiner Auffassung nicht an den Kabinettstisch, sondern an einen Rouletttisch.
Nach unserer Auffassung wird der Einfluss des Landes auf VW nicht geringer, wenn der Aktienanteil von 18,8 % auf dann 17,5 % sinkt. Allerdings fällt das Risiko für den Landeshaushalt dann erheblich kleiner aus.
Ich meine - das als letzte Anmerkung -, dass solche Entscheidungen auch nicht allein von der Landesregierung getroffen werden dürfen. Bei VW handelt es sich nicht um eine Beteiligung der Landesregierung, sondern um eine Beteiligung des Landes. Deswegen ist meine dringende Bitte an die Landesregierung bzw. an die SPD, solche weit reichenden Entscheidungen nicht die Landesregierung treffen zu lassen, sondern damit den Landtag zu befassen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schurreit, Sie haben die Position der CDU-Fraktion nachgefragt. Das hätte nicht Not getan, weil es sich bei dem VW-Gesetz ja um ein Gesetz handelt, das im Jahre 1960 von einer CDU-geführten Bundesregierung in Kraft gesetzt wurde und das seit 41 Jahren segensreiche Wirkungen entfaltet. Mir liegt hier der Brief des Gesamtbetriebsrats von VW vor, in dem sich dieser bei uns ausdrücklich dafür bedankt, dass wir über all die Jahrzehnte unverbrüchlich zu diesem VW-Gesetz gestanden haben. Ein Blick in die Zeitungen hätte ausgereicht, um zu sehen, dass wir zu dem VW-Gesetz stehen und dass wir nicht möchten, dass dies EU-rechtsdogmatischen Überlegungen zum Opfer fällt.
Es geht ja hier um hunderttausende von Arbeitsplätzen - wenn man die 3 000 Zulieferer sieht -, es geht um das Schicksal vieler hunderttausender Menschen und ihrer Familienangehörigen, die sich darauf verlassen wollen, dass wir die Standorte in Niedersachsen sichern, erweitern und ausbauen. Dazu hat das VW-Gesetz eine gute Wirkung entfaltet.
Allerdings hat der deutsche Bundeskanzler vor wenigen Tagen in Luxemburg bei der Vermittlungsausschusssitzung eine gigantische Niederlage bei der Ablehnung der EU-Übernahmerichtlinie erlitten. Er ist damit gescheitert. Das stellt uns jetzt vor die Notwendigkeit, neu darüber nachzudenken, wie diese Gefährdung des VW-Gesetzes abgewandt werden kann. Wir als CDU wollen die Beibehaltung des Vollmachtsstimmrechtes; wir wollen die Beibehaltung des limitierten Höchststimmrechts, und wir wollen die Beibehaltung einer notwendigen Zweidrittelmehrheit im Aufsichtsrat, damit gegen Arbeitnehmer und Land Niedersachsen Standortentscheidungen nicht getroffen werden können.
Das setzt allerdings seitens der Landesregierung voraus, dass man dieses in Europa auch durchsetzt, wie das frühere Bundesregierungen geschafft haben. Es setzt voraus, dass Niedersachsen bei Grundkapitalerhöhungen wieder mitgeht, wie das unter Albrecht-Regierungen in Niedersachsen üblich war, und dass man nicht so sehr von Vorzugsaktien Gebrauch macht, die uns ja bei der Europäischen Union in diese Schwierigkeiten gebracht haben. Schließlich setzt es voraus, dass die Landesregierung mit ihren beiden Sitzen im Aufsichtsrat bei VW darauf achtet, dass bei VW die Börsenwertkapitalisierung stimmt - sie ist das beste Abwehrmittel gegen feindliche Übernahmen -, und es setzt voraus, dass wir den Einfluss des Landes auf unternehmerische Entscheidungen behutsam wahrnehmen, damit eben bei den Analysten an den Börsen nicht der Eindruck entsteht, dass VW quasi Staatsunternehmen, quasi volkseigener Betrieb sei und damit einen Makel hätte, sondern dass auch an der Börse begriffen wird, dass diese Verantwortlichkeit des Landes Niedersachsen für VW eine besondere Chance des Unternehmens und keineswegs eine Belastung für das Unternehmen VW darstellt.