Protokoll der Sitzung vom 14.06.2001

Meine Damen und Herren, bei selbstverständlicher Anerkennung der Tatsache, dass es sich bei der Bundesbank und ihren Landeszentralbanken um

eine Institution des Bundes handelt, ist die Neuregelung aus Sicht des Landes so nicht akzeptabel, da sie die föderalen Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt und auch sachliche Erwägungen außer Acht lässt, die uns unverzichtbar erscheinen.

Eine Änderung des Bundesbankgesetzes ist notwendig; das wird nicht bestritten. Mit dem Fortfall der währungspolitischen Aufgaben der Bundesbank nach Gründung der Europäischen Zentralbank entfällt selbstverständlich auch die Mitwirkungsmöglichkeit der Präsidenten der Landeszentralbanken in diesem Bereich. Damit ändern sich aber nicht zwangsläufig die Kernaufgaben der Landeszentralbanken. Diese zu erhalten ist uns ein wichtiges Anliegen. Zu diesen Kernaufgaben gehören bisher die Bargeldversorgung der Wirtschaft, die Beteiligung an der Bankenaufsicht und die Regelung der Refinanzierung der Geschäftsbanken. Wir halten es für unverzichtbar, diese Aufgaben bei den Landeszentralbanken zu belassen.

(Zustimmung bei der SPD)

Weitere wichtige Aufgaben, deren Erhaltung aus regionaler Sicht unbedingt notwendig erscheint, sind die regionale Wirtschaftsberichterstattung, die sachgerecht nur aus den Erkenntnissen vor Ort zu erstellen ist, und die Erstellung regionaler Branchenberichte, ebenfalls aus den Erkenntnissen vor Ort entstehend.

Auch im Interesse der kleineren Banken ist die Beibehaltung der Regionalisierung von besonderer Bedeutung. Dies gilt auch für die Bankenaufsicht. In diesem Aufgabenbereich ist es notwendig, einen regionalen Ansprechpartner zu erhalten - eine Funktion, die bisher die Landeszentralbanken wahrnehmen. Diese sollen sie auch behalten. Sie erbringen damit eine wichtige und unverzichtbare Dienstleistung im Interesse der regionalen Wirtschaft. Die Beibehaltung der bisherigen Struktur soll helfen, Wettbewerbsnachteile regionaler Banken und Sparkassen zu vermeiden.

Zur Erfüllung dieser Aufgaben gehört aber nach unserer Überzeugung auch unbedingt die Entscheidungskompetenz. Die Landeszentralbanken müssen selbst Verwaltungsakte erlassen dürfen, statt nur Ausführungsinstitut für höheren Ortes getroffene Entscheidungen zu sein. Das bedarf einer Regelung im neuen Gesetz mit genauer Festlegung von Aufgaben und Kompetenzen der Landeszentralbanken.

Wegen der so beschriebenen, nach wie vor gegebenen wichtigen Aufgabenstellung der Landeszentralbanken halten wir eine gleichberechtigte Mitwirkung der Präsidenten der Landeszentralbanken im Vorstand der Bundesbank für notwendig, und zwar mit Sitz und Stimme.

(Zustimmung bei der SPD)

Regelmäßige Treffen zur Beratung mit dem Vorstand mindestens zwei Mal im Jahr sind kein angemessenes Instrument, um regionale Gesichtspunkte und Erkenntnisse in die Entscheidungen der Bundesbank einzubringen.

(Bontjer [SPD]: Das ist ungenügend!)

Namens der SPD-Fraktion sage ich deshalb den anderen Fraktionen Dank dafür, dass wir die niedersächsischen Forderungen an ein künftiges Bundesbankgesetz durch diesen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen darstellen können und unserem Anliegen damit das notwendige Gewicht verleihen.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir empfehlen wegen des Zeitablaufs sofortige Abstimmung am heutigen Tage.

(Zustimmung bei der SPD und von Frau Körtner [CDU])

Für die Fraktion der CDU spricht der Kollege Wiesensee.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wegen der enormen Auswirkungen des Gesetzentwurfs zur Zukunft der Deutschen Bundesbank auf die föderale Struktur in der Bundesrepublik besteht für uns als Landesparlament dringender Handlungsbedarf. Herr Lestin hat schon einiges dazu gesagt.

Auf den ersten Blick klingt es im Gesetzentwurf und in der Begründung recht harmlos, wenn ich auf Seite 13 der Begründung lese:

„Das vorliegende Gesetz stellt ein in der Fläche präsentes, effizientes Bankensystem sicher, das die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt und weiterhin eine

dezentrale Aufgabenwahrnehmung fördert.“

Diese Behauptung aufzustellen, nachdem beschrieben wurde, welche Machtbefugnisse der Bundesbank-Präsident zukünftig haben wird - u. a. Weisungsbefugnis gegenüber den LZB-Präsidenten, die aus dem Zentralbankrat herausgeworfen werden sollen -, dann ist die Begründung irreführend und mehr als frech und stellt die Dinge auf den Kopf.

Diese Weisungsbefugnis gegenüber den Landeszentralbank-Präsidenten, die dann lediglich noch angestellte Befehlsempfänger sind und weder Sitz noch Stimme im Leitungsgremium der Bundesbank haben, hat mit Föderalismus nichts, aber auch gar nichts zu tun, sondern ist Zentralismus pur.

Nach dem Entwurf des Bundesfinanzministeriums werden der Präsident und Vizepräsident von der Bundesregierung vorgeschlagen und vom Bundespräsidenten bestellt. Vier Vorstandsmitglieder werden vom Bundesbank-Präsidenten im Einvernehmen mit der Bundesregierung vom Bundespräsidenten für acht Jahre bestellt. Dieser sechsköpfige Vorstand als zentrales Gremium soll dann die Bundesbank führen. Bisher hat der Zentralbankrat das mit 15 Köpfen - sechs aus dem Direktorium und neun Landeszentralbank-Präsidenten - getan. Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses, der Plankostenrechnung und des Investitionsplans sowie bei der Verteilung der Zuständigkeiten innerhalb des Vorstandes und der bankinternen Aufgabenverteilung kann nicht gegen den Präsidenten entschieden werden. So ist es in dem Entwurf zu § 7 Abs. 5 vorgesehen.

Diese Vorschrift bedeutet im Klartext: Die Bundesregierung kann sich einen ihr genehmen stromlinienförmigen Vorstand der Bundesbank zurechtschneidern, und gegen den Präsidenten der Bundesbank kann praktisch nichts von Bedeutung entschieden werden. Damit werden allein Machtfragen geregelt und wird Zentralismus zementiert. Die politische Kultur der Förderung des Wettbewerbs der Ideen und Gedankenvielfalt herauszufordern, um mehr Effizienz zu erhalten, bleibt gänzlich auf der Strecke.

Hinzu kommt, dass darüber hinaus noch versucht wird, in § 26 Abs. 6 dem Bundestag das Recht auf Empfehlungen für Verbesserungen der Effizienz bei der Deutschen Bundesbank zu geben. Damit wird zum einen gegen die bisherige absolute Un

abhängigkeit der Bundesbank und gegen Artikel 107/108 des Vertrages zur Gründung der EG verstoßen. In Artikel 107, letzter Satz, heißt es unmissverständlich:

„Die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichten sich, diesen Grundsatz zu beachten und nicht zu versuchen, die Mitglieder der Beschlussorgane der Europäischen Zentralbank oder der nationalen Zentralbanken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.“

Wenn wir uns dann noch ansehen, wie die vorgesehene Allfinanzaufsicht installiert werden soll, wird einmal mehr klar, wie zentralistisch in Berlin gedacht und gehandelt wird. In dieser Allfinanzaufsicht soll die Banken-, Versicherungs- und Wertpapierhandelsaufsicht in einer rechtlich selbständigen Bundesanstalt unter der Aufsicht des Finanzministeriums zusammengefasst werden. Ein föderaler Schelm, der dabei Böses denkt, kann man dazu nur sagen.

So ganz nebenbei wird dann noch die Vorschrift abgeschafft, dass die Bundesregierung nur im Benehmen mit der Bundesbank Anleihen ausgeben darf. Dabei ist daran zu erinnern, dass die Bundesbank in der Vergangenheit durch ihre Unabhängigkeit zur Stabilität unserer Währung wesentlich beigetragen hat. Wir müssen dabei auch bedenken, dass die Bundesregierung - damals unter Kanzler Kohl - dafür gesorgt hat, dass die Europäische Zentralbank so unabhängig wird, wie es die Bundesbank bisher noch ist. Das würde dadurch ausgehöhlt.

(Bontjer [SPD]: Das war wohl mehr Chirac!)

Ich freue mich, dass hier im Landtag alle Fraktionen der Meinung sind, dass dieses Gesetz so nicht verabschiedet werden darf, und die Landesregierung mit diesem Entschließungsantrag massiv aufgefordert und darin unterstützt wird, für mehr föderale Elemente im Gesetz einzutreten.

Im Bundesrat wird am 28. Juni 2001 über dieses Gesetz beraten und entschieden. Dieses Gesetz muss dann wenigstens mit zwei Drittel der Stimmen abgelehnt werden, damit im Verfahren zur Änderung des Gesetzes die föderalen Gesichtspunkte zum Tragen kommen, damit dieses Gesetz

dann nicht mit einfacher Mehrheit im Bundestag noch einmal bestätigt werden kann.

Die Parteien insgesamt haben natürlich auch die Möglichkeit, auf ihre Vertreter im Bundestag einzuwirken, damit der Bestand der Landeszentralbanken durch gesetzlich zugewiesene Aufgaben abgesichert wird und die neuen Präsidenten der Landeszentralbanken im Leitungsgremium der Bundesbank Sitz und Stimme behalten. Das widerspricht in keiner Weise dem europäischen System der Zentralbanken.

Hierzu kann auch darauf verwiesen werden, dass z. B. die für uns zuständige Landeszentralbank einen größeren Lebens- und Wirtschaftsraum vertritt als so manche nationale Zentralbank, die im Entscheidungsgremium der Europäischen Zentralbank Sitz und Stimme hat. Ich denke an Luxemburg und Österreich. Wenn die gewichtigen Regionen, die bei uns durch Landeszentralbanken vertreten werden, in der Europäischen Zentralbank keinen direkten Einfluss haben, ist es umso wichtiger, dass die Belange unserer Regionen zumindest in der Bundesbank mit Stimmrecht vertreten werden können.

Wir stimmen dem vorliegenden Entschließungsantrag zu und unterstützen die sofortige Abstimmung.

(Beifall im ganzen Hause)

Kollege Golibrzuch, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Fraktion stimmt dem Antrag aus allen hier genannten Gründen zu.

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Minister Aller, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass alle drei Fraktionen der Argumentationslinie der Landesregierung und insbesondere des Finanzministers von Niedersachsen gefolgt sind, der auf der Basis dessen, was hier gesagt worden ist, die Verhandlungen geführt hat.

Stellvertretend argumentieren vier Finanzminister in dieser Frage sehr kontrovers mit dem Bundesfinanzminister. Ich will ausdrücklich zum Ausdruck bringen, dass die breite Unterstützung aus diesem Parlament uns auch im Bundesrat stark macht, Herr Wiesensee. Wir brauchen die Zweidrittelmehrheit dort, um das, was hier gesagt worden ist, umzusetzen. Wir brauchen auch die Unterstützung der heimischen Wirtschaft, insbesondere des Mittelstandes, die uns in dieser Sache sehr stark unterstützen.

Ich will darauf hinweisen, dass die Auseinandersetzung um Zentralismus und Föderalismus nicht nur in dieser Frage, sondern in vielen Fragen noch auf uns zukommen wird. Deshalb ist dies eine beispielhafte Demonstration niedersächsischer Geschlossenheit in dieser Sachfrage. - Herzlichen Dank.

(Beifall im ganzen Hausen)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Die Fraktionen sind übereingekommen, tatsächlich die sofortige Abstimmung durchzuführen, sodass ich Sie jetzt fragen kann: Wollen Sie der Entschließung zustimmen? Dann bitte ich um Ihr Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? - Auch nicht. Sie haben einstimmig so beschlossen.

Damit sind wir für heute am Ende unserer Tagesordnung angelangt. Der Antrag unter

Tagesordnungspunkt 30: Informationskampagne Altbausanierung ein Beitrag zum Klimaschutz und für Beschäftigung im Baugewerbe - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2549

wird direkt an den Ausschuss für Städtebau und Wohnungswesen überwiesen.