Protokoll der Sitzung vom 14.06.2001

Meine Damen und Herren, Niedersachsen wird sich weiter in einem Zentrum der erneuerbaren Energien entwickeln mit seinen Herstellern, seinen vielen Betreibern und dem riesigen Potenzial vor der Küste, was es zu erschließen gilt. Dann liegt es auf der Hand, dass hier auch die Grundlagenforschung weiter ihren Platz haben muss. Deswegen freue ich mich, dass dieser interfraktionelle Antrag vorliegt und wir zusammen ein deutliches Zeichen für unsere Windenergie setzen können, indem wir dem Antrag zustimmen. Ich beantrage sofortige Abstimmung. - Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Minister Jüttner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niedersachsen war gut beraten, als es 1990 voll auf die Karte Windenergie gesetzt hat.

(Oestmann [CDU]: Warten wir es mal ab!)

Wir haben in den ersten Jahren knapp 100 Millionen DM Landesmittel aus dem Ökofonds für die Entwicklung dieser Branche zur Verfügung gestellt. Daraus sind inzwischen 2 000 Megawatt installierte Leistung und annähernd 10 000 Arbeitsplätze in Niedersachsen geworden.

Also ein Erfolg in klimapolitischer, regionalwirtschaftlicher und beschäftigungspolitischer Hinsicht.

Klar ist, dass die Perspektive an Land begrenzt ist. Aber es gibt zwei Optionen für die Zukunft. Die eine heißt „internationaler Markt“, und die zweite heißt „offshore“. Für beide Bereiche braucht man Einrichtungen, die Türöffner und Dienstleister sind, die über Forschungskapazitäten verfügen und die internationale Reputation haben. All das trifft für das DEWI zu.

Vor dem Hintergrund kann man sich schon kritisch fragen, ob die Diskussion dazu an einigen Stellen des Landes - nicht im Landtag - ganz klug war. Richtig ist, dass es am Anfang haushaltsrechtliche Probleme gegeben hat. Die sind aber aus der Welt geräumt worden. Was jedoch der Landesrechnungshof inhaltlich über die Überflüssigkeit des DEWI aus Sicht des Landes geäußert hat, ist schon höchst merkwürdig, um es einmal vorsichtig zu formulieren. Gerade die Unabhängigkeit und die Tatsache, dass das Land der Gesellschafter ist, verschaffen überhaupt erst die notwendige Reputation. Wenn dieses Unternehmen DEWI Privaten, insbesondere den Windenergieherstellern, gehörte, würde es genau diese Reputation verlieren, und es würde als Vorhof der jeweiligen einzelnen Unternehmen begriffen. Dies wäre eine Gefährdung der internationalen Perspektiven der deutschen Windenergie. Das muss man wissen. Vor diesem Hintergrund hat das Land ein eminentes Interesse daran, dass dieses DEWI in Deutschland und weltweit gut arbeiten kann.

Natürlich kann man darüber diskutieren, ob das Land zu 100 % Gesellschafter sein muss. Deshalb hat der Landtag beschlossen, Dritte zu suchen. In den letzten Monaten hat es derartige Gespräche gegeben. Entweder sind diese Beteiligungsprojekte Dritter nicht finanzierbar, oder aber sie gefährden die politischen Ziele, die wir mit dem DEWI verfolgen. Ich möchte nicht, dass das nationale Windenergieinstitut nicht mehr in Wilhelmshaven ist. Ich möchte nicht, dass das nationale Windenergieinstitut seine Reputation und seine Unparteilichkeit verliert. Um all das zu gewährleisten, muss das Land Mehrheitsgesellschafter sein.

Wir würden auf der Basis des Beschlusses des Landtages auch dafür streiten, andere Gesellschafter ins Boot zu bekommen. Im Juli dieses Jahres werden Vertreter des Finanzministeriums und des Umweltministeriums nach Navarra in Spanien

fahren. Dort besteht Interesse, mit Niedersachsen zu kooperieren. Nordspanien hat eine hohe Windhöffigkeit. Man will sich in diesem Projekt engagieren. Das scheint schlüssig zu sein.

Wenn den politischen Belangen des Landes weiterhin Rechnung getragen werden kann, werden wir gerne weitere Gesellschafter in dieses DEWI aufnehmen. Aber vorrangig ist: Es muss finanziell in Ordnung sein. Der Standort muss in Niedersachsen bleiben. Das DEWI muss auch seine Chance als Türöffner für die Branche in Niedersachsen erfüllen und seine Dienstleistungs- und Forschungskapazität sowohl für die internationale Debatte als auch für die Offshore-Entwicklung bereitstellen können.

Vor dem Hintergrund freue ich mich über die einstimmige Zustimmung des Landtages und auch über die Tatsache, dass wir heute gleich darüber abstimmen können. Das ist ein kluger Beschluss.

(Beifall bei der SPD)

Den können wir fassen, wenn ich zunächst einmal feststelle, dass die Beratung abgeschlossen ist und noch einmal darauf hinweisen darf, dass die Fraktionen übereingekommen sind, über den Antrag sofort abzustimmen. - Dazu höre ich keinen Widerspruch.

Wer der Entschließung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich frage nach Gegenstimmen. - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass der Landtag es einstimmig so beschlossen hat.

Damit kommen wir zu

Tagesordnungspunkt 22: Einzige (abschließende) Beratung: Europaweiter autofreier Tag am 22. September 2001 - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 14/2516 – Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Drs. 14/2563

Der Kollege Wenzel begründet den Antrag.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, im Saal zu bleiben, weil man noch nicht weiß, ob nicht gleich wieder eine Abstimmung folgt. Ich klingele nicht

noch einmal. Im Augenblick sind alle da, und ein weiteres Klingeln zwischendurch würde nur stören.

Der Präsident hat schon eine Ahnung, meine Damen und Herren. Es könnte zutreffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Der Aktionstag "In die Stadt ohne mein Auto" ist eine freiwillige Aktion. Niemand wird zu irgendetwas gezwungen. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betonen, weil es immer wieder zu Missverständnissen kommt.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Einen Augenblick! - Einige haben nicht verstanden, dass ich Ihnen das Wort erteilt habe. Damit wir es alle verstehen, will ich es noch einmal sehr deutlich sagen. Es hat nur der Kollege Wenzel jetzt das Wort. - Bitte schön!

(Oestmann [CDU]: Strenger Hausherr heute!)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Dieser Aktionstag ist eine Werbeaktion für umweltfreundliche Mobilität. Er soll Menschen Gelegenheit geben zur Nutzung attraktiver Angebote von Bus- und Bahnunternehmen in Niedersachsen. Er soll Menschen Gelegenheit geben, die Stadt, die dort lebenden Menschen und das kulturelle Erbe neu zu entdecken. Er soll den Kommunen Gelegenheit geben, ihre Planungen und Konzepte für umweltfreundliche Mobilität öffentlich vorzustellen und zu diskutieren.

Sie alle wissen aus Ihrer täglichen Arbeit, wie wichtig es oft ist, ein Problem einmal mit verschiedenen Sichtweisen und aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, um etwas beurteilen zu können. Dieser Aktionstag soll Gelegenheit dazu geben, die gewohnte Perspektive zu verlassen, vielleicht einmal das Fahrrad zu benutzen

(Decker [CDU]: Aktionismus!)

oder vielleicht einmal mit Chauffeur unterwegs zu sein, nämlich im Bus oder in der Bahn, oder Stra

ßen und ausgewählte Plätze aus einer ganz neuen Perspektive zu betrachten.

(Decker [CDU]: Das ist der mündige Bürger!)

- Ja, der mündige Bürger entscheidet, ob er an diesem Tag teilnehmen will oder nicht. Das ist der mündige Bürger, und dazu ist er sehr wohl in der Lage.

Im letzten Jahr haben sich 760 Kommunen aus 17 Ländern in ganz Europa an diesem Tag beteiligt. Diese außergewöhnliche Resonanz zeigt die zunehmende Sensibilität für das Thema Mobilität in weiten Teilen der Bevölkerung.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Immer schneller, immer weiter, immer höher liegt denn hier das größte Glück der Erde, fragten sich nicht nur der kleine Bär und der kleine Tiger in dem beliebten Kinderbuch von Janosch, als sie auf der Suche waren. Seit 100 Jahren, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat sich die Zahl der Wege, die ein Mensch tagtäglich zurücklegt, überhaupt nicht oder nur minimal verändert. Verändert haben sich die Länge und die Geschwindigkeit, mit der diese Wege zurückgelegt werden. Es gibt eindeutige Statistiken, die das belegen, die sehr eindrucksvoll nachweisen, dass der eine oder andere natürlich morgens zur Arbeit geht und abends wieder nach Hause kommt, dass er abends noch einmal in die Kneipe oder ins Kino geht. Er macht aber nicht fünf oder 15 Wege, sondern die Zahl ist relativ stabil. Deshalb haben wir hier eine Konstanz.

Der Aktionstag schafft Raum, über diese Entwicklung nachzudenken und neue Wege auszuprobieren. Ein "Weiter so", eine Übertragung unseres Mobilitätsverhaltens auf 6 Milliarden, vielleicht bald auf 8 oder 10 Milliarden Menschen auf dieser Erde ist meines Erachtens unmöglich. Das gilt vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Klimaveränderungen ebenso wie vor dem Hintergrund von Lärmbelastung, Artensterben, Raumanspruch oder auch Unfallgeschehen. Immer mehr Menschen spüren, dass neue Wege beschritten werden müssen, um zukunftsfähig zu werden.

Deshalb freue ich mich, dass sich heute hier im Landtag eine Mehrheit abzeichnet, die den Kommunen, die sich für die Teilnahme an diesem Aktionstag entscheiden, an diesem Tag den Rücken stärken will. Die CDU, so habe ich im Vorfeld gehört, hat noch Bedenken, weil es sich um einen

Samstag und nicht um einen Sonntag handelt. Aber vielleicht, may be, next year. Wir haben ja kein Schaltjahr. Nächstes Jahr wird es sich um einen Sonntag handeln, denn der autofreie Tag fällt immer auf den 22. September. Zu diesem Datum ruft die Europäische Kommission alljährlich diesen Tag aus. Vielleicht kommen wir nächstes Jahr noch einmal in dieser Frage zusammen.

Ich beantrage zu unserem Antrag sofortige Abstimmung. - Vielen Dank fürs Zuhören.

Vielen Dank. - Frau Kollegin Rühl hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Europaweiter autofreier Tag am Samstag, dem 22. September. Wie Sie schon sagten, Herr Wenzel: Wir hätten lieber gehört: freiwilliger autofreier Sonntag - von mir aus auch am 23. September.

Es ist so, Herr Wenzel, wie Sie vermuten: Ihren Antrag können wir auch in der geänderten Fassung, wie sie heute vorliegt, nicht mittragen. Meine Fraktion hat mich gebeten, dies in aller Kürze zu begründen. Dazu will ich drei Punkte anführen, die uns nach ernsthafter Diskussion letztlich gegen den Antrag stimmen lassen.

Ich sagte es schon: Wäre es doch ein Sonntag, ein Familienfeiertag, an dem man in aller Freiwilligkeit - das war das Wichtige daran -, ohne Zwang und Verbote, das Autofahren betreffend, auf andere Fortbewegungsmittel aufmerksam machen könnte, ein Familientag für Vereine, Verbände, für die Kirche vielleicht sogar als Aktionstag, an dem man wieder einmal Wanderungen, Fahrradtouren oder Busfahrten in den Vordergrund gestellt wüsste! Könnte es nicht schon ein Abenteuer sein, sich eines dieser wenigen Ressourcen schonenden umweltfreundlichen 3-Liter-Autos zu mieten? Das gibt es nämlich seit neuestem. Einen Versuch wäre es vielleicht wert. Auch eine Fahrempfehlung im Interesse des Umweltschutzes wäre nicht nur bedenkenswert, sondern könnte auch ein wirklicher Erfolg werden.

Aber, meine Damen und Herren, es ist ein Samstag. Die Geschäfte sind geöffnet. Lebensmitteleinkäufe für das Wochenende müssen getätigt werden. Die Vereine haben festgelegte Spiele, vielleicht hier und da sogar ein Turnier, die ohne Auto

nicht zu erreichen sind, von den Zuschauern einmal ganz zu schweigen. Das kann unserer Meinung nach nicht funktionieren.

(Beifall bei der CDU)

Punkt 2 kann ich ganz kurz und knapp benennen. Dieser Antrag gehört unser Meinung nach nicht unbedingt in den Landtag. Effektiver und vielleicht auch leichter umzusetzen wäre er im Kreistag, Gemeinderat oder Stadtrat. Aber Vorsicht, Herr Wenzel, denn dann würde man sehr schnell feststellen, dass dieser Antrag auf Großstädter zielt und damit in der Fläche sehr schlecht umzusetzen ist.

(Zustimmung von Frau Trost [CDU])

Wenn die SPD an diesem Tag, wie ich hörte, durch Zustimmung das Bewusstsein für andere öffentliche Verkehrsmittel schärfen will, dann seien Sie sich bitte darüber im klaren, an einem solchen Tag auch dramatisch offen zu legen, dass wir keinen funktionsfähigen ÖPNV in der Fläche haben.