3. Welche neuen Erkenntnisse haben die Vertreter der Landesregierung vor der Abstimmung über die Wirtschaftspläne 1999 und 2000 der EXPO GmbH aus den Aussagen und Erläuterungen der Geschäftsführung ziehen können, sodass sie entgegen der kritischen Stellungnahme der Clearingstelle im Wirtschaftsministerium dem vorgelegten Plan dennoch jeweils zustimmten?
Die lebhafte Diskussion über mögliche Besucherzahlen und den möglichen wirtschaftlichen Erfolg der Weltausstellung wurde bereits im Vorfeld der Veranstaltung bereichert durch eine Vielzahl mehr oder weniger präziser und mehr oder weniger qualifizierter Meinungen, Prognosen und Schätzungen. Hierbei gab es naturgemäß eine große Bandbreite optimistischer wie pessimistischer Einschätzungen. Dadurch wurde ein sehr weiter Einschätzungsspielraum eröffnet. Auch den qualifizierteren Untersuchungen, zu denen beispielsweise der Bericht des Landesrechnungshofes oder die von der Geschäftsführung der EXPO in Auftrag gegebenen Gutachten zählen, haftet dabei der Makel an, die Zukunft nicht exakt und verlässlich vorhersagen zu können. Der gleiche Mangel prophetischer Gaben muss bis auf weiteres auch den Vertretern des Landes im Aufsichtsrat der EXPO-Gesellschaft unterstellt werden.
Der in der Anfrage enthaltene Vorwurf, der EXPOAufsichtsrat habe entgegen „besserer Erkenntnisse“ über die Besucherzahlen und wirtschaftlichen Aussichten der EXPO 2000 auf Vorschlag der Geschäftsführung an „längst widerlegten“ Planzielen festgehalten, geht insofern in die Irre. Für alles, was man zu Recht auch nur annähernd als „bessere Erkenntnis“ bezeichnen könnte, fehlte zum in Frage stehenden Zeitpunkt jede ausreichende empirische Grundlage. Schon gar nicht konnten die bis dahin der Planung unterlegten Prognosen im Sinne sichererer Erkenntnisse widerlegt werden.
Aufsichtsrat und Geschäftsführung sind der Aufgabe, die unterschiedlichen Einschätzungen sowie kritischen Stimmen zur Kenntnis zu nehmen und in die eigene Bewertung einfließen zu lassen, nach Einschätzung der Landesregierung angemessen nachgekommen. Dass sie im Ergebnis gemeinsam daran festhielten, bei entsprechenden Anstrengungen die optimistischen und zweifellos ehrgeizigen Planziele erreichen zu können, war eine nicht vorwerfbare Ermessensentscheidung innerhalb des gegebenen Entscheidungsspielraums.
Bezogen auf das betriebswirtschaftliche Ergebnis der EXPO-Gesellschaft haben sich zwar bedauerlicherweise die pessimistischen Prognosen als zutreffend erwiesen. Eine Prognose ist aber keine Erkenntnis. Die nachträgliche Behauptung, dieses Ergebnis habe bereits zwei Jahre vor Eröffnung der Weltausstellung zwingend festgestanden, erscheint der Landesregierung schon aus geschichtsphilosophischer Sicht als gewagt. Den Vertretern des Landes im Aufsichtsrat kann nicht vorgeworfen werden, etwas nicht besser gewusst zu haben, was im Vorfeld des EXPO niemand objektiv zu beurteilen vermochte, sondern was erst aus der ex-postBetrachtung einige in den zweifelhaften Stand zu versetzen scheint, es schon immer besser gewusst zu haben.
Hierzu bleibt allerdings auch anzumerken, dass nicht allein die positiven Prognosen von der Realität überholt wurden. Gleiches gilt auch für eine Reihe von Prophezeiungen angeblich zwangsläufiger EXPO-Folgen wie Verkehrschaos und Wohnungs-, Kriminalitäts- oder Müllnotständen, wie sie auch von jener Fraktion abgegeben worden, zu der der Fragesteller zählt. Auch hier zeigt sich, dass nicht jede Prognose eine „bessere Erkenntnis“ war.
Im Anfragetext wird zudem übersehen, dass die Weltausstellung – abgesehen vom rein betriebswirtschaftlichen Ergebnis – durchaus zu einem gesamtwirtschaftlichen Erfolg geworden ist. Sie hat darüber hinaus massiv zur Steigerung des Ansehens von Land und Region beigetragen und bis zum heutigen Tag eine überwältigende Akzeptanz in der Bevölkerung gefunden, wie sie auch die erfolgreiche Revival-Feier auf dem EXPO-Gelände eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Diese positiven Ergebnisse der Weltausstellung konnten auch durch die einschlägigen Bemühungen des Fragestellers nicht geschmälert werden.
Zu 1: Auch wenn die von der Landesregierung entsandten Aufsichtsratsmitglieder an den Sitzungsterminen zum Teil verhindert waren, war regelmäßig sichergestellt, dass die Aufsichtsverantwortung des Landes wahrgenommen wurde. In jeder Sitzung waren Vertreter des Landes zugegen, teils als Vertreter mit Stimmbotschaft, teils der Finanzminister als Gast.
Die ganz wesentliche Arbeit der Vorbereitung der Aufsichtsratssitzungen anhand der zuvor verschickten Unterlagen erfolgte für alle vom Land entsandten Vertreter einheitlich durch die beim Wirtschaftsministerium eingerichtete sogenannte Clearing-Stelle. Das Abstimmungsverhalten bzgl. der zu fassenden Beschlüsse wurde ausführlich vorbesprochen und vorabgestimmt; entsprechende Voten wurden in Sitzungsprotokollen festgehalten, die allen Aufsichtsratsmitgliedern des Landes vor den jeweiligen Sitzungen übersandt wurden. Die Wahrnehmung der Interessen des Landes war damit stets gewahrt.
Zu 2: Über die Besucherzahlen der Weltausstellung in Sevilla hat es in der Vergangenheit eine Vielzahl von Aussagen gegeben, die jedoch undifferenziert blieben und nach hiesiger Kenntnis unverifiziert blieben. Nach den neuesten Informationen des Bureau International des Expositions (B.I.E.) vom April 2001 waren bei der Weltausstellung in Sevilla knapp 42 Millionen Eintritte zu verzeichnen. Die niedrigeren Zahlen des Landesrechnungshofs beruhen auf Verwechslungen der Zählung nach den Kategorien Eintritte, Besucher oder aber verkaufte Eintrittskarten, die je nach Kartensystem und Anzahl der Mehrfacheintritte erheblich voneinander abweichen. Konsequenz aus den Daten der EXPO in Sevilla war also allenfalls eine Bestärkung der optimistischen Prognose.
Der Landesrechnungshofbericht von 1998 stellt eine kritische Stellungnahme dar, liefert jedoch keinen konkreten Erkenntnisgewinn, da der LRH in seinem Bericht keine eigene Prognose hinsichtlich der Besuchszahlen und des betriebswirtschaftlichen Erfolges abgegeben hat. Er hat sicherlich durch die Hinweise auf bestehende Risiken dazu beigetragen, das Risikobewusstsein des Aufsichtsrates zu schärfen und gegensteuernde Maßnahmen zu ergreifen. Angesichts der allgemeinen Prognoseunsicherheit bei einem solch singulären Ereignis wie der erstmaligen Weltausstellung in Deutsch
land war diese Kritik jedoch nicht geeignet, das Planungs- und Einschätzungsermessen von Geschäftsführung und Aufsichtsrat so weit einzuschränken, dass es schlechterdings nicht mehr zu verantworten gewesen wäre, an der Erreichbarkeit der gesetzten Ziele festzuhalten. Sogar im Laufe der Weltausstellung gab es noch eine Reihe von durchaus substantiierten, aber gänzlich unterschiedlichen Prognosen über die Besucherzahlen der EXPO.
Ähnliches gilt auch für die aus dem 1998er Gutachten der Unternehmensberatung Roland Berger zu ziehenden Konsequenzen. Das Gutachten war in erster Linie dazu bestimmt, aus kritischer Sicht den Prognosespielraum auszuleuchten und zu verdeutlichen, wo Chancen und Risiken zu sehen sind. Dass – entsprechende Anstrengungen nach dem Erkennen des Risikos vorausgesetzt – der obere Rahmen des Spielraums mit 40 Millionen Eintritten zu erreichen sei, war auch nach Auffassung der Unternehmensberatung Roland Berger eine durchaus vertretbare Annahme.
Zu 3: Dass eine Veranstaltung wie die Weltausstellung mit Risiken behaftet ist, wie sie auch von der Clearing-Stelle beschrieben wurden, ist eine Selbstverständlichkeit. Konkrete Anzeichen für einen betriebswirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg konnte es aber letztlich bis zu den konkreten Erkenntnissen über die tatsächliche Besucherentwicklung, die den wesentlichen Faktor für das betriebswirtschaftliche Ergebnis der Weltausstellung darstellt, nicht geben. Die Unsicherheit bezüglich der Erfolgsprognosen von 1998 blieb folglich auch im weiteren Verlauf der EXPO-Planung bis deutlich nach Eröffnung der Weltausstellung bestehen. Mithin gab es keinen zwingenden Grund für den Aufsichtsrat, von der von der Geschäftsführung beibehaltenen positiven Einschätzung Abstand zu nehmen. Diese Einschätzung wurde übrigens den Vertretern des Bundes und des Landes einvernehmlich geteilt.
Wie der Pressemitteilung des Niedersächsischen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales vom 14. Mai 2001 zu entnehmen ist, hat die Jugendministerin Frau Dr. Trauernicht im Rahmen der Großen Arbeitstagung der Arbeitsgemeinschaft der Jugendämter der Länder Niedersachsen und Bremen in Celle an die Kommunen appelliert, Einsparungen im Kinderbetreuungssystem zu lassen. Sie hat dabei u. a. ausgeführt, in den nächsten acht bis zehn Jahren würde die Zahl der niedersächsischen Kinder zwischen drei und sechs Jahren um etwa 16 % abnehmen. Dadurch würden finanzielle Ressourcen frei. In einigen Kommunen würden bereits Kindergartengruppen geschlossen. Wörtlich hat sie hinzugefügt: „Ich appelliere an Sie, setzen Sie Ihre ganze Kraft dafür ein, dass das eingesparte Geld im ‚System‘ bleibt. Das Geld wird für Familien und Kinder gebraucht. Für Ganztagsplätze, die Versorgung der 0- bis 3-Jährigen und der Schulkinder.“
Berücksichtigt man, dass mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1999 zunächst die Finanzhilfen des Landes nach § 16 des Kindertagesstättengesetzes um 20 % gekürzt wurden und anschließend in den kommunalen Finanzausgleich überführt worden sind, und die nach der Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich unzureichende Finanzausstattung der Kommunen, so ist nicht nachvollziehbar, dass ein Mitglied der Landesregierung den Kommunen für die Verwendung ihrer Mittel im eigenen Wirkungskreis derartige Ratschläge erteilt.
1. Wird sie nunmehr den Kommunen die im kommunalen Finanzausgleich vorenthaltenen 500 Millionen DM zur Verfügung stellen, damit diese ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen können und insbesondere nicht gezwungen sind, möglicherweise bei der Kinderbetreuung erzielbare Einsparungen zum Ausgleich von Haushaltsfehlbeträgen zu nutzen, sondern sie im „System“ Betreuung von Kindern und Jugendlichen zu erhalten?
2. Welche finanziellen Maßnahmen wird sie ergreifen, um das von ihr gewünschte Bündnis für ein Leben mit Kindern in gemeinsamer Verantwortung von Land, Kommunen, Wirtschaft, Verbänden und Kirchen zum Leben zu erwecken?
3. Will sie sich das vom Herrn Ministerpräsidenten verkündete Modell der Ganztagsbetreuung in den Schulen durch die Kommunen finanzieren lassen?
In den letzten zehn Jahren ist in Niedersachsen die Betreuungssituation für Kinder nachhaltig verbessert worden. Daran haben alle, die für diese Aufgabenbereiche Verantwortung tragen, ihren Anteil – vor allem auch die Kommunen. Dies verdient
ausdrücklich festgestellt zu werden, auch wenn in der aktuellen familienpolitischen Diskussion weitgehend Einvernehmen besteht, dass noch weitere Schritte notwendig sind. Dies gilt vor allem für eine Verbesserung in der ganztägigen Betreuung von Schülern und für einen Ausbau des Angebotes für die 0- bis 3-jährigen.
Die Landesregierung hat am 15. Mai Landesmittel – damit nehme ich zugleich die Antwort auf die Frage 3 vorweg – in Höhe von 70 Millionen DM bereitgestellt, um einen flächendeckenden Ausbau von Ganztagsangeboten in Schulen zu erreichen.
Die notwendige Erweiterung des Betreuungsangebotes für die 0- bis 3-jährigen ist und bleibt Aufgabe der Kommunen. Allerdings wollte ich mit meinem von Ihnen zitierten Beitrag schon zum Ausdruck bringen, dass es in den kommunalen Haushalten durchaus auch die Möglichkeit gibt, ohne Erhöhung des jetzt für die Kinderbetreuung eingesetzten Budgets eine Verbesserung des Angebotes vor allem für diese Kinder zu erreichen.
Zu 1: Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hat mit seiner Entscheidung vom 16. Mai 2001 bestätigt, dass die Zuweisungen im kommunalen Finanzausgleich eine gerechte Lastenverteilung zwischen Land und Kommunen waren und hat damit diese Diskussion beendet.
Zu 2: Die Landesregierung ist der Auffassung, dass die Unterstützung der Familien ein gesamtgesellschaftliches Anliegen ist und plant daher die Gründung eines „Bündnisses für ein Leben mit Kindern“. Sie wird dazu u. a. die Kirchen, die Kommunen, die freien Träger, die Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften einladen. Als eigenen Anteil wird sie ihre Leistungen für Kinder, Jugendliche und Familien in dieses Bündnis einbringen; darüber hinaus sind zusätzliche Haushaltsmittel vorgesehen, die aber – wie Sie wissen – unter dem Vorbehalt der Gesetzgebungskompetenz dieses Hauses stehen. Die Diskussion im Einzelnen werden wir dazu bei den Haushaltsberatungen führen.
Dem „Entwurf einer Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Sportstättenbaus“ ist zu entnehmen, dass es eine Mindestvolumenregelung gibt, wenn es sich nicht um überregionale Projekte handelt, an deren Errichtung ein besonderes Landesinteresse besteht. Demzufolge werden die 20prozentigen Landeszuwendungen nur dann gewährt, wenn das Investitionsvolumen mindestens 250 000 DM (für Gebietskörperschaf- ten) oder 25 000 DM (für Vereine und Ver- bände) beträgt. Kommunen mit kleinen Sportstätten könnten damit von der Sportstättenförderung des Landes weitgehend abgeschnitten werden.
1. Teilt sie die Einschätzung, dass es bei dem Festhalten an der jetzigen Mindestvolumenregelung dazu kommen wird, dass Kommunen mit kleinen Sportstätten benachteiligt werden, da sie von der Sportstättenförderung des Landes ausgeschlossen sind?
2. Wird sie in ihrer endgültigen Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Sportstättenbaus von dieser Mindestvolumenregelung Abstand nehmen, um Kommunen mit kleinen Sportstätten von der Sportstättenförderung des Landes partizipieren zu lassen?
3. Wird sie bei Festhalten an dem jetzigen Entwurf der Richtlinie ein weiteres Sanierungsprogramm für „Sonstige Sportstätten“ auflegen, um nicht nur größere Projekte in Oberzentren und Neubauten für Sportstätten mit überörtlicher Bedeutung zu fördern, sondern auch kleinere Sportstätten auf dem Lande?
Der Landesrechnungshof hat in seinem Jahresbericht 2001 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung – Bemerkungen und Denkschrift zur Haushaltsrechnung des Landes Niedersachsen für das Haushaltsjahr 1999 – u. a. die sog. Kleinstförderung kritisiert. Zuwendungen belaufen sich in diesen Fällen auf Kleinstbeträge, bei deren Gewährung der Verwaltungsaufwand deutlich höher ist als die Förderung selbst.
Die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Sportstättenbaus, Rd.Erl. d. MI vom 30. Mai 2001 – Nds. MinBl. S. 397 - trägt diesem Umstand Rechnung und orientiert sich in ihrer Ziff. 5.1 an den in den VV zu § 44 LHO vorgesehenen Zuwendungsmindesthöhen, die Aufwand und Nutzen des gesamten Zuwendungsverfahrens in ein angemessenes Verhältnis zueinander stellen.
Zuwendungen sollen danach grundsätzlich im Einzelfall für Gebietskörperschaften mehr als 50 000 DM/25 500 Euro und für Vereine und Verbände mehr als 5 000 DM/2 550 Euro betragen. Die Richtlinie sieht allerdings Ausnahmen vor, so dass Anträge auf niedrigere Zuschüsse nicht generell ausgeschlossen sind oder allein aus diesem Grunde zurückgewiesen werden.
Zu 3: Wie in der Vorbemerkung bereits dargelegt, ermöglicht die Richtlinie in Einzelfällen auch die Förderung kleinerer Sportstätten auf dem Lande. Die Landesregierung sieht daher keinen Bedarf für ein gesondertes Sanierungsprogramm.