Protokoll der Sitzung vom 15.06.2001

3. Wie will der Bundesrat öffentliche Beteiligungsrechte nach der europäischen UVPRichtlinie sichern, wenn bei Vorhaben nach dem Bundesfernstraßengesetz lediglich das Institut der Plangenehmigung angewandt werden würde?

Mit dem Planungsvereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1993 ist die Plangenehmigung in das Verkehrsplanungsrecht für das gesamte Bundesgebiet eingeführt worden und wurde dabei mit den selben Rechtswirkungen wie die Planfeststellung ausgestattet. Die Plangenehmigung ist im Gegensatz zum Planfeststellungsverfahren jedoch nicht förmlich; es entfällt bei ihr insbesondere aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung die Öffentlichkeitsbeteiligung. Zudem macht das derzeitige Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nur von der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens, nicht aber von der Plangenehmigung abhängig.

Die EU-Kommission sieht hierin und in dem Verzicht auf die Öffentlichkeitsbeteiligung eine Verletzung der UVP-Richtlinie 85/337/EWG vom 27. Juni 1985. Sie hatte deshalb bereits im Jahre 1994 das Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und erhob schließlich unter dem 29. Januar 1999 vor dem EuGH gegen die Bundesrepublik Deutschland eine Vertragsverletzungsklage.

Mit dem Gesetz zur Änderung verkehrswegerechtlicher Vorschriften soll dieser Mangel ausgeräumt werden. Nach dem Gesetzentwurf kann anstelle eines Planfeststellungsbeschlusses eine Plangenehmigung nur dann erteilt werden, wenn das Vorhaben weder ein Projekt gemäß Anhang I der UVP-Richtlinie ist und auch keine nachhaltigen Auswirkungen auf eines der im § 2 UVPG genannten Schutzgüter haben kann. Der Gesetzent

wurf ändert das Bundesfernstraßengesetz, das Allgemeine Eisenbahngesetz, das Personenbeförderungsgesetz, das Bundeswasserstraßengesetz, das Luftverkehrsgesetz sowie das Magnetschwebebahngesetz. Mit diesem Gesetzentwurf wird zwar eine vollständige förmliche Umsetzung der obigen Richtlinie vollzogen, er berücksichtigt allerdings noch nicht die zwischenzeitlich erfolgte Änderung der UVP-Richtlinie durch die Richtlinie 97/11/EG vom 3. März 1997. Dieses soll einem gesonderten Gesetz (Gesetz zur Umsetzung der UVP- Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weite- rer EG-Richtlinien zum Umweltschutz) vorbehalten werden.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu 1: Niedersachsen hat dem Gesetzentwurf zugestimmt und eine Anrufung des Vermittlungsausschusses im Bundesrat abgelehnt.

Zu 2: Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 10. November 2000 mehrheitlich beschlossen, den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Zu 3: Der Bundesrat will - wie der Bundesratsdrucksache 641/00 zu entnehmen ist - im Falle einer Plangenehmigung für die eine UVP durchzuführen ist, die Öffentlichkeit entsprechend des § 9 Abs. 3 UVPG mit einbeziehen. Das bedeutet, dass das Vorhaben öffentlich bekannt gemacht wird, die erforderlichen Unterlagen während eines angemessenen Zeitraums eingesehen werden können und Betroffenen somit die Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird. Anschließend wird die Öffentlichkeit über die Entscheidung über die Einwendungen unterrichtet.

Anlage 12

Antwort

des Umweltministeriums auf die Frage 20 der Abg. Frau Ortgies, der Abg. Frau Pruin und des Abg. Dinkla (CDU):

Weideverbot im Deichvorland bedroht Rastvögel in ihrer Existenz

Nach einem Bericht der Zeitung Ostfriesischer Kurier vom 25. April 2001 haben nach Angaben der Interessengemeinschaft „OstfrieslandNordwest“ Wissenschaftler der Universität Osnabrück festgestellt, dass die stark eingeschränkte bzw. eingestellte Beweidung im

Deichvorland den Rastvögeln schadet. Durch die Nichtbeweidung werde das Gras zu lang und werde deshalb von den Vögeln verweigert. Vor allem Ringel- und Nonnengänse würden unter dem Beweidungsstopp leiden. Die Tiere seien aber auf die Nahrung in den Salzwiesen angewiesen. Das Fehlen dieser in den Salzwiesen vorhandenen wichtigen Nährstoffe hätte einen schlechteren Bruterfolg und eine erhöhte Sterblichkeit zur Folge.

Die Fachleute hätten zudem festgestellt, dass das gesamte Ökosystem Salzwiese durch die Einstellung der Beweidung umgekippt sei. Weiter sei wissenschaftlich erwiesen, dass das Land Niedersachsen im Vorland durch seine Misswirtschaft der Tier- und Pflanzenwelt den „Garaus mache“ und die Rastvögel in ihrer Existenz bedrohe, weil die Nahrungsaufnahme im Binnenland kein vollwertiger Ersatz sei. Nun soll das Deichhinterland auch noch zum Vogelschutzgebiet erklärt werden, obwohl die hier gesichteten Rastvögel sich nur der Not gehorchend in diesem Gebiet aufhalten würden und es sich daher keinesfalls um das „geeignetste Gebiet“ handele, wie die Bezirksregierung behauptet habe.

Niederländische Wissenschaftler hätten ebenfalls erkannt, dass die Null-Nutzung des Deichvorlandes, wie sie seit Bestehen des Nationalparkes „Wattenmeer“ inzwischen fast überwiegend praktiziert werde, auf eine „ökologische Katastrophe“ zusteuere: Mehrere Vogelarten seien inzwischen existentiell bedroht.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie bewertet sie die Erkenntnisse der Wissenschaftler der Universität Osnabrück?

2. Ist sie bereit, aus den Erkenntnissen der Wissenschaftler, insbesondere den Erfahrungen in Holland, Konsequenzen zu ziehen?

3. Wann und in welchem Umfang wird sie das Beweidungsverbot im Deichvorland aufheben?

Die Anfrage bezieht sich auf einen Zeitungsartikel, der sich wiederum auf Angaben der Interessengemeinschaft „Ostfriesland-Nordwest“ über Forschungsergebnisse von Wissenschaftlern der Universität Osnabrück bezieht. Offensichtlich ist das von Prof. Dr. Bergmann, Universität Osnabrück, betreute Forschungsvorhaben „Auswirkungen von Bewirtschaftungsveränderungen auf die Habitatwahl, Raumnutzung und das Verhalten von Nonnengans und Ringelgans am Beispiel der Leybucht im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“ gemeint. Dieses Projekt wird durch die Niedersächsische Wattenmeerstiftung gefördert und wurde von der Nationalparkverwaltung „Niedersächsisches Wattenmeer“ sowie der Staatlichen Vogel

schutzwarte im Niedersächsischen Landesamt für Ökologie mit initiiert. Das Forschungsvorhaben ist noch nicht abgeschlossen. Es liegt bisher weder ein Zwischenbericht noch ein Schlussbericht vor. Eine im Rahmen des Forschungsprojektes bislang abgeschlossene Diplomarbeit behandelt lediglich Teilaspekte; eine Prüfung der Gesamtfragestellung ermöglicht sie nicht.

Nach den der staatlichen Vogelschutzwarte sowie der Nationalparkverwaltung vorliegenden Daten hat sich der Bestand der rastenden Nonnengänse auf den Außendeichsflächen der Leybucht seit Gründung des Nationalparkes vermehrt. Er ist von rund 3 000 Exemplaren im Jahre 1986 auf über 25 000 Exemplare im Jahre 1999 angestiegen. Von einer Vertreibung der Vögel aus dem Nationalpark kann somit keine Rede sein.

Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Anzahl nahrungssuchender Nonnengänse auf den binnendeichs gelegenen landwirtschaftlichen Nutzflächen in Westeuropa in den letzten 10 bis 20 Jahren generell zugenommen hat. Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielschichtig. Sie liegen in einer Bestandszunahme der hier überwinternden sibirischen Population, einer Veränderung der landwirtschaftlichen Nutzflächen (heute nährstoffreichere Grünland- und Ackerflä- chen - also hochwertigeres Futter) sowie einem besseren Schutz vor Verfolgung. Insofern kann eine Kausalität zwischen der Nichtbeweidung von Außendeichsflächen und der Zunahme der Nonnengans auf Binnenlandsflächen nicht hergeleitet werden, zumal dieselbe Tendenz auch am Dollart festzustellen ist, dessen Außendeichsflächen nach wie vor beweidet werden.

Der angeblich niedrigere Bruterfolg von Gänsen, die Binnendeichsnahrung aufnehmen, ist, soweit hier bekannt, nur in einer einzigen Studie am Beispiel der Ringelgans auf der niederländischen Wattenmeerinsel Texel aufgezeigt worden. Ob die ökologischen Rahmenbedingungen, die zu diesen Hinweisen geführt haben, überhaupt mit den Verhältnissen in unseren Regionen vergleichbar sind, ist offen. Mehr als fraglich ist weiter, ob die Effekte, die auf Texel als Überwinterungsgebiet für die Ringelgans beobachtet worden sind, auch für den Leybuchtraum zu erwarten sind, da die Ringelgans nur auf dem Frühjahrszug in größerer Zahl im Gebiet rastet. Belege für eine Übertragbarkeit gibt es nicht.

Schließlich ist festzustellen, dass eine geringere Nutzung ungenutzter Salzwiesen durch Nonnengänse nicht im Widerspruch zu den Zielen des Vogelschutzes im Wattenmeer steht, da der Schutz neben den Gänsen auch andere Wat- und Wasservogelarten sowie die gesamte natürliche Artengemeinschaft der Salzwiesen umfasst. Dazu gehören auch Singvogelarten, die nach der Einstellung der Beweidung wieder Lebensräume zurückerhalten haben, die sie vorher durch die z. T. sehr intensive landwirtschaftliche Nutzung verloren hatten. Die natürliche Dynamik von Lebensräumen ist gerade in Nationalparks ein sehr wichtiges Naturschutzziel.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt:

Zu 1: Eine Bewertung ist erst nach Abschluss des Forschungsprojektes und Vorlage des Zwischenbzw. Abschlussberichtes möglich.

Zu 2: Aus abgesicherten, übertragbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen würde die Landesregierung Konsequenzen ziehen. Derartige Erkenntnisse liegen jedoch zumindest z. Z. nicht vor.

Zu 3: Es besteht im Nationalpark kein Beweidungsverbot im Deichvorland. Es ist jedoch durch den Schutzzweck des Nationalparkes begründet, natürliche Abläufe in den Lebensräumen des Nationalparkes abzusichern.

Anlage 13

Antwort

des Finanzministeriums auf die Frage 21 des Abg. Möllring (CDU):

Wahrnehmung der Aufsichtsratsmandate durch Minister/Ministerinnen und Staatssekretäre/Staatssekretärinnen der Landesregierung

Nach Zeitungsberichten hat der Landesrechnungshof in seinem Prüfbericht zur EXPO scharfe Kritik an der Wahrnehmung der Aufsichtsratsmandate des Landes im Aufsichtsrat der EXPO-Gesellschaft geübt.

So sollen die beiden von der Landesregierung berufenen Mitglieder nur an sechs von 14 Aufsichtsratssitzungen teilgenommen haben.

Die jeweiligen Ministerpräsidenten des Landes sollen ebenfalls nur bei acht von 14 Aufsichtsratssitzungen anwesend gewesen sein.

Die Minister/Ministerinnen und Staatssekretäre/Staatssekretärinnen der Landesregierung sind in einer Vielzahl von Aufsichtsräten vertreten. Angesichts der mangelnden Präsenz - selbst der jeweiligen Niedersächsischen Ministerpräsidenten - im EXPO-Aufsichtsrat ist es für das Landesparlament von Interesse, inwieweit die Landesregierung ansonsten ihre Aufsichtsratspflichten ernstgenommen hat.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Aufsichtsratsmandate haben die jeweiligen Minister/Ministerinnen und Staatssekretäre/Staatssekretärinnen seit 1998?

2. Welche Aufsichtsratssitzungen haben die einzelnen Minister/Ministerinnen und Staatssekretäre/Staatssekretärinnen seit 1998 versäumt?

3. Für welche Aufsichtsratsmandate wird Sitzungsgeld (Entgelt) gezahlt?

Zu 1: Aus der beigefügten Übersicht ergeben sich die zurzeit von Ministerinnen/Ministern bzw. Staatssekretärinnen/Staatssekretären wahrgenommenen Mandate in Aufsichtsräten und anderen Gremien auf Veranlassung des Landes Niedersachsen.

Zu. 2: Die hierzu von den Gesellschaften bzw. im Beteiligungsreferat angestellten Erhebungen haben hinsichtlich der aus der o. a. Liste ersichtlichen Aufsichtsratsmandate zu folgenden Ergebnissen geführt. Nicht aufgenommen wurde die EXPO 2000 Hannover GmbH, da die diesbezüglichen Daten Grundlage der Anfrage sind.

Gesellschaft ARVertreter Anzahl der AR-Sitzungen ab 1998

Anzahl der Nichtteilnahmen

Volkswagen AG MP Min MW 19 19 6 6

NORD/LB Min MF Min MW 14 14 1 2

Bremer Landesbank Min MF Min MFAS 8 7 3 3