Protokoll der Sitzung vom 15.06.2001

Wenn, wie jetzt geschehen - was nach der Einbringung unseres Antrages sehr wohl beachtenswert ist -, Minister Oppermann ankündigt, dass für 2002 bei der Musikförderung 800 000 DM zusätzlich eingesetzt werden, dann ist das sehr wohl zu begrüßen. Man muss dabei aber auch im Auge behalten, das das Land Niedersachsen seit 1990 seinen finanziellen Verpflichtungen zur Förderung der Musikkultur nicht nachgekommen ist. Im Haushaltsjahr 2001 musste die Musikförderung eine weitere Kürzung hinnehmen.

(Mühe [SPD]: Ihr werdet das mit eu- ren Haushaltsanträgen alles richten!)

Gegenüber dem Haushaltsjahr 1990 ergibt sich eine Kürzung um 13,5 %. Wenn man die Preissteigerungsrate von 12 % noch hinzu zählt, kommt ein erklecklicher Betrag dabei heraus.

Schauen wir doch einmal, wie es in Bayern aussieht. Dort hatte kürzlich, nämlich im April, Minister Zehetmair gesagt, dass aus kulturpolitischer Sicht im übergeordneten staatlichen Interesse ein staatlicher Zuschuss von ca. 25 % für die Musikschulen angemessen wäre. Das sieht man sehr deutlich bei den einzelnen Zuweisungen. Bayern hat für 2001 mit mehr als 18 Millionen DM die Sing- und Musikschulen unterstützt. Man mag zwar vielleicht nicht alles, was in Bayern üblich ist, hier umsetzen können, aber positive Beispiele, meine Damen und Herren, sollte man sehr wohl aufzeigen dürfen.

Herr Minister, die Arbeit zwischen den Musikschulen und den Vereinen muss entsprechend harmonisiert werden. Die Einrichtung von Kontaktstellen, die Sie mit 800 000 DM mit finanzieren wollen, ist sehr wohl zu begrüßen. Diese positiven Erfahrungen wurden in den CDU-Landkreisen Grafschaft Bentheim und Emsland gemacht. Dort bestehen diese Kontaktstellen schon seit zehn Jahren und arbeiten erfolgreich. Sie haben etwas länger gebraucht, um das für das Land in Aussicht zu stellen.

(Beifall bei der CDU)

Gerade im ehrenamtlichen Bereich werden diese Kontaktstellen in positivem Sinne wirken können. Positiv ist dabei auch, dass Sie den ländlichen Raum entdecken, Herr Minister. Das gilt nicht für alle Ihre Kabinettskollegen. Gerade dort ist nämlich das ehrenamtliche Engagement im Musikbereich eindeutig stärker entwickelt als in städtischen Bereichen. Es ist davon auszugehen, dass die

Kulturangebote der Laienvereinigungen eine originäre und zugleich kompensatorische Rolle in der kulturellen Versorgung insbesondere des ländlichen Raumes einnehmen. Von daher ist es nicht zu unterschätzen.

Verwundert hat mich allerdings, dass der Ministerpräsident kürzlich, was Ehrenamt angeht, in Hameln nur den Feuerwehren und Schützengemeinschaften, die sehr wohl anerkennenswert sind, eine entsprechende Rolle eingeräumt hat. Die Musik ist ihm dabei nicht eingefallen.

(Beckmann [SPD]: Oh Gott!)

Gerade vor dem Hintergrund des Internationalen Jahres der Freiwilligen sind nachdrückliche Maßnahmen zur Förderung des Ehrenamtes einzulösen. Über 20 niedersächsische Verbände haben im Rahmen des Aufrufs zum freiwilligen Engagement zum 1. März 2001 notwendige Weichenstellungen schon angemahnt. Das muss endlich umgesetzt werden. Das gilt natürlich letztendlich auch hinsichtlich der bürokratischen Hemmnisse bei den geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen und hinsichtlich der Anerkennung und Würdigung im Ehrenamt erworbener Kenntnisse und Verdienste als Qualifikation im Arbeitsleben.

Herr Minister, ich möchte Ihnen in diesem Zusammenhang nur noch eines in Erinnerung rufen, was die Finanzen angeht. Ein leidiges Thema und ein unendliches Lied – so kann man fast sagen – ist das der Landesmusikakademie. Sie haben jetzt bei der Ankündigung der Finanzmittel für die Musikförderung darauf hingewiesen, dass die Planungen erst einmal voranschreiten müssen. Aber wir dürfen die Landesmusikakademie nicht aus den Augen verlieren, denn da ist letztendlich genauso viel Handlungsbedarf gegeben. Wir können nicht warten, bis sie sich schier von selbst erledigt hat.

Ich möchte abschließend eines sagen: Am Geld sollte es nicht scheitern. Man sollte letztendlich auch überlegen, ob man die Laienmusiker nicht in den Kreis der Destinatäre des Niedersächsischen Gesetzes über das Lotterie- und Wettwesen mit aufnimmt.

(Beckmann [SPD]: Wir warten auf eure Vorschläge!)

- Herr Beckmann, Sie sind anscheinend damit einverstanden. Das freut mich, denn Investitionen in die musikalische Ausbildung unserer Kinder sind

keine Almosen, sondern es sind Investitionen in die Zukunft unserer Kinder.

(Beifall bei der CDU)

Dafür, meine Damen und Herren, treten wir als CDU-Fraktion hier im Landtag ein. Es würde mich, aber mit Sicherheit die im Musikbereich als Erzieher, als haupt- und ehrenamtlich Tätige, die Eltern und Kinder noch weitaus mehr freuen, wenn hier in der weiteren Beratung ein konstruktiver und den Erfordernissen gerecht werdender Dialog geführt würde.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Bührmann.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Herr Oppermann ist schon zurückgetreten und setzt sich in die Abgeordnetenreihen zurück! – Zuruf von der CDU: Herr Oppermann überlegt, ob er gleich singt! – Gegenruf von Oppermann [SPD]: Wir können ja zusammen singen!)

Würden Sie vielleicht so lange warten, bis ich mit dem Reden fertig bin, bevor Sie anfangen zu singen, Herr Minister? – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Entschließungsantrag der CDU-Fraktion, Frau Schwarz, nimmt im Wesentlichen Gedanken und Forderungen des Landesmusikrates auf und münzt diese um in Forderungen an die Landesregierung.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das ist ja auch vernünftig!)

Lassen Sie mich doch einfach einmal ausreden. – Wir haben damit wieder den klassischen Fall der Instrumentalisierung bzw. des Versuchs der Instrumentalisierung eines Verbandes, eines Vereines – wir kennen das in den Debatten.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das ist doch unmöglich! Das sind doch die Fachleute!)

Ich will nicht darauf verzichten, darauf hinzuweisen, weil in dem Wortbeitrag von Frau Schwarz

sehr deutlich wurde, dass sie sich im Wesentlichen auf den Landesmusikrat gestützt hat.

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: So was machen Sie ja nie! Sie machen ja immer das Gegenteil von dem, was die Verbände wollen!)

Unter dem Druck, sich als die eigentlichen Wahrer der Musikkultur darstellen zu wollen, hat die CDU-Opposition einen Antrag formuliert, der unter „Rundumschlag“ - der Wortbeitrag von Frau Schwarz ist sicherlich auch so zu interpretieren – zu subsumieren ist und frei nach dem Motto formuliert wurde:

(Wulff (Osnabrück) [CDU]: Das war nun wirklich eine hervorragende Rede!)

Was wir schon immer einmal zur Musikförderung sagen wollten. – Sei es drum, sehr geehrte Damen und Herren. Ich will gern auf einige Punkte eingehen, wobei ich mich im Wesentlichen auf die Punkte konzentrieren werde, die den Wissenschafts- und Kulturausschuss betreffen.

(Möllring [CDU]: Sagen Sie doch mal was zu Herrn Schily!)

Da dieser Antrag von Ihnen ja nun wirklich ein Antrag ist, der alles beinhaltet, macht es - glaube ich - Sinn, diese Arbeitsteilung vorzunehmen.

(Zuruf von Frau Trost [CDU])

Obwohl wir uns in diesem Hause alle darüber einig sind, Frau Trost, dass die Zeiten vorbei sind, in denen sich Qualität im Wesentlichen über Quantität messen ließ, d. h. dass nur mehr Mittel der Gradmesser für Qualität waren, freut es mich dennoch, dass mit dem Haushalt 2002/03 800 000 DM mehr für die Musikförderung zur Verfügung stehen werden.

(Hoppenbrock [CDU]: Ein Groschen pro Einwohner!)

Damit gelingt es uns, die über die Jahre von 1991 an – darauf hat Frau Schwarz zu Recht hingewiesen – zurückgenommene Förderung wieder anzuheben und auf einen Ansatz von rund 10 Millionen DM zu kommen. Die Landesregierung und die SPD-Fraktion entsprechen damit auch einer Forderung der Niedersächsischen Musikkommission, die die Musikförderung analog zu der gesamten Kulturförderung wieder verstärkt berücksichtigt

haben möchte. Mit dieser Erhöhung um 800 000 DM gelingt es uns also nicht nur, die zuletzt gesunkenen Musikmittel zu kompensieren, sondern wir können mit diesen zusätzlichen Mitteln auch neue Vorhaben angehen.

Die SPD-Fraktion, meine sehr verehrten Damen und Herren, und die Landesregierung brauchen keine Belehrung von der Opposition hinsichtlich der Bedeutung der Musikkultur in unserem Land, Herr Wulff.

(Frau Vockert [CDU]: Dann machen Sie doch mal was dafür!)

Wir kennen die Leistung von immerhin 500 000 Menschen in Musikorganisationen, wie Chören, Orchestern, Musikvereinen usw. für unsere Gesellschaft. Zu ergänzen ist die Zahl um 80 000 Schüler und Schülerinnen in den Musikschulen, um die vielen freien Gruppen, Initiativen und Bands, die wir im Lande haben. Sie alle, sehr geehrte Damen und Herren, sind der Beweis für die lebendige Musikkultur in unserem Land.

Vor diesem Hintergrund der großen Bandbreite ist es wichtig und für einige Musikkulturschaffende im innovativen und experimentellen Bereich überlebensnotwendig, ihre Vermittlung im Sinne von Akzeptanz und Vermarktungsstrategien zu stärken. Die SPD-Fraktion kann sich durchaus vorstellen, den Aspekt Marketing –vielleicht erinnern Sie sich an unsere Debatte zum Thama „Kulturwirtschaft“ – stärker in die zukünftige Förderung mit einzubeziehen. Es ist eine Vergeudung von Ressourcen, das Potenzial der neuen Musik nicht zu nutzen, nur weil es schwierig ist – wie wir alle wissen –, für zeitgenössische Musik entsprechendes Interesse zu wecken. Wir gehen in der Musikförderung schon seit einigen Jahren –darauf bin ich sehr stolz – neue Wege, und wir haben uns glücklicherweise in der Förderungsmentalität davon verabschiedet, dass nur tote Künstler und Künstlerinnen - oder in diesem Fall Komponisten - gute Künstler sind. Marketing ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Wahrnehmung anspruchsvoller moderner Musik.

Ich bin davon überzeugt, dass auch Musikförderung getragen werden muss von der Leidenschaft der Akteure.

(Busemann [CDU]: Wussten Sie, dass Dieter Bohlen Niedersachse ist?)

Dies gilt auch für die, die im politischen Raum agieren, Frau Schwarz. Das buchhalterische Aufrechnen – wenn ich darauf noch einmal zurückkommen darf – von 3,50 DM zu 3,50 DM ist nach meiner Meinung der falsche Ansatz und wird dem Thema leider nicht ganz gerecht. Gleichwohl wissen wir natürlich, dass Leidenschaft ohne finanzielle Förderung relativ wenig erfolgreich ist.

(Zurufe von der CDU)

Sie sollten sich einfach einmal darauf einlassen, Herr Wulff. Ich fände das richtig gut, wenn Sie sich einfach einmal auf die Musikförderung einlassen würden.

Es kommt auch in Zukunft darauf an, Spitzenförderung mit der Förderung von Amateuren zu verzahnen. Hervorragende Beispiele dafür sind die Projekte wie „Band factory“ – die einige von Ihnen kennen, sicherlich nicht alle -, die „LAG Rock“ zur Qualifizierung junger Nachwuchstalente mit professionellem Anspruch. Für alle diejenigen, die sich überzeugen möchten, über welch hervorragende Qualität wir in diesem Rahmen verfügen, empfehle ich heute Nacht –ich gehe davon aus, dass Sie alle in Lüneburg sein werden – den Wettbewerb und das Finale der „New Sensation“ in Lüneburg.

(Unruhe)

- Ich finde, es kann auch einmal ein bisschen anders sein. – Dieser Wettbewerb ist ein klassisches Beispiel dafür, wie Förderung und Marketing ineinander greifen, wenn man bereit ist - wie wir das in Niedersachsen tun -, sich intelligente Förderung auf die Fahne zu schreiben.

Ähnliches gilt für unsere Orchester im Bereich Jazz. Mit dem Landesjugend-Jazz-Orchester und dem Jazz-Orchester Niedersachsen haben wir - das werden Sie alle bestätigen – hervorragende Botschafter unserer Musikförderung.