Protokoll der Sitzung vom 25.10.2001

Die Haushaltsberatungen für die Haushaltsjahre 2002 und 2003 laufen auf Hochtouren. Ist für die Umsetzung der Richtlinie überhaupt eine Haushaltsstelle geschaffen worden? Herr Minister Jüttner, Sie erwähnten bei der Einbringung des Umwelthaushaltes zwar, dass im Zuge der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in Niedersachsen noch weitere Änderungen bei der Unterhaltung der Gewässer in den nächsten Jahren zu erwarten sind, an denen gegenwärtig gearbeitet wird. Leider ist aber von Finanzierungsplänen oder -vorhaben nichts zu finden.

Für uns stellen sich grundsätzlich die Fragen a) nach der Finanzierung überhaupt und b) wer die Umsetzung bezahlen muss. Hier steht auch die Frage im Raum, wer die dynamische Folgeplanung finanziert und ob es hier bereits Konzepte gibt oder ob diese angedacht sind.

Wir stimmen Ihrer Aussage in der Begründung, dass die Wasserrahmenrichtlinie künftig deutliche Akzente in der Wasserwirtschaft Niedersachsens setzen wird, zu. Hier fehlt uns aber jeglicher Hinweis auf diese Akzente und hätten diese durchaus etwas konkreter erläutert werden können.

(Reckmann [SPD]: Das kommt doch noch!)

Richtig ist, dass die eigentliche Herausforderung das Management innerhalb der gegebenen Flussgebietseinheiten ist. Auch dies ist nur für den statischen Bereich der Erstellung der Planungen dargelegt worden. Viel wichtiger ist unserer Auffassung nach die Handhabung der Folgen der Richtlinie nach der Umsetzung des Maßnahmekatalogs und das hierfür notwendige operative und Planungsmanagement. Hierüber sind leider keine Aussagen zu finden. Die Einbeziehung der Öffentlichkeit und der erwähnten Institutionen und Organisationen ist die Grundvoraussetzung zur Umsetzung der Richtlinie,

(Reckmann [SPD]: Ja!)

wie schon zu Beginn meiner Ausführungen erwähnt. Aber auch hierfür fehlt bisher ein Managementkonzept.

(Reckmann [SPD]: Das kommt doch noch!)

Es besteht noch sehr großer Informationsbedarf, der hoffentlich im Laufe der nächsten Zeit befriedigt wird.

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie ist beschlossen. Niedersachsen muss sie umsetzen. Wir sind guten Willens, daran mitzuarbeiten. Bislang fehlt aber noch sehr viel Butter bei die Fische. Hoffentlich erreichen wir zum Wohle aller Betroffenen ein gemeinsames positives Ergebnis. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Der Herr Kollege Schwarzenholz möchte zu diesem Thema sprechen und hat dafür zwei Minuten Zeit.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ausgehend von der Analyse, die Frau Steiner vorgetragen hat, möchte ich die Konfliktstellung etwas zuspitzen. Herr Reckmann, Sie haben hier beantragt, der Umweltausschuss soll federführend sein. In der Vorlage steht: Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.

(Reckmann [SPD]: Ich habe gesagt, das ist falsch!)

Wenn ich mir die Ursache für die Wasserverschmutzung in Niedersachsen angucke, stelle ich fest, dass der Vorschlag, der in der Tagesordnung steht, logischer ist. Denn diejenigen, die den Schaden anrichten, müssen auch darüber diskutieren, wie sie den Schaden wieder in Ordnung bringen.

(Zuruf von Reckmann [SPD] - Weite- re Zurufe von der CDU)

- Jawohl, das ist so! Wir haben in Niedersachsen ein einziges zentrales Hauptproblem für unsere Wasserverschmutzung. Das sind die landwirtschaftlichen Einträge, nachdem die Fragen der Kläranlagen im Großen und Ganzen fast vollständig gelöst worden sind.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Ich gucke mir einmal meine Landschaft an. Wenn ich bei mir zu Hause den Wasserhahn aufdrehe

(Zurufe von Frau Harms [GRÜNE])

- Frau Harms, hören Sie ruhig einmal zu -, dann kann ich das Wasser nur trinken, weil das lokale Wasserwerk nicht allein liefert. Das lokale Wasserwerk bekommt Wasser aus der Zuckerrübensteppe, wie wir die Landschaft manchmal nennen. Wenn das liefert, habe ich eine so hohe Nitratbelastung, dass das Wasser als Trinkwasser nicht eingeleitet werden darf. Dieses Wasser wird trinkbar gemacht, indem Harzwasser zugespeist wird, indem es vermischt wird, damit überhaupt erst trinkbares Wasser entsteht.

In der Vorharzregion kann man den Kiesabbau nicht mehr verantworten, weil offene Wasserflächen entstehen

(Frau Harms [GRÜNE]: War das nicht die Flachwassergeschichte?)

und diese Wasserflächen dazu führen, dass über die Nitrateinträge in das Grundwasser eine starke Belastung entsteht.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Da frage ich allen Ernstes - wir haben hier Diskussionen über Agenda 21, über die Rio-Verträge, über Nachhaltigkeitsprinzipien geführt und wohlklingende Resolutionen verabschiedet - die Landwirtschaftspolitik: Wo ist die Konzeption, mit der eine nachhaltige Situation geschaffen wird, in der nur so viel eingetragen wird, dass keine Erhöhung der Belastung, sondern eine Reduktion eintritt? Da gibt es keine Antwort.

(Zurufe von der CDU)

Da wird dann von Wirtschaftlichkeit, von Konkurrenzfähigkeit gesprochen. Sie verbrauchen unsere Landschaft. Der Verbrauch dieser Landschaft zerstört das Wasser. Sie haben keine Konzeption. Das, was Sie hier beantragt haben, Herr Reckmann, ist Schön-Wetter-Politik, aber nicht die Realität.

(Reckmann [SPD]: Es geht um die Richtlinie, Herr Kollege!)

Herr Minister Jüttner, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Frau Kultusministerin, die bekanntermaßen Chemikerin von Beruf ist,

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

hat mir einen guten Ratschlag auf den Weg gegeben.

(Zuruf von den GRÜNEN: Ich finde, das sollten Sie ihr nicht vorwerfen!)

- Nein! - Sie hat mir einen guten Ratschlag zur Frage der Wasserqualität mit auf den Weg gegeben:

(Frau Harms [GRÜNE]: Flachwas- ser!)

Im Kern - sie hat natürlich Recht - ist alles eine Frage der Verdünnung.

(Zuruf von den Grünen: Gehen Sie in die Niederlande! Sie wissen, was für eine Qualität da ist!)

Zum Ernst des Themas, meine Damen und Herren. Ich bin der SPD-Fraktion sehr dankbar, dass Sie hier diesen Antrag eingebracht hat. Denn aus der Debatte ist deutlich geworden, dass es dringend notwendig ist, dass sich auch der Niedersächsische Landtag mit diesem Thema befasst.

In der Tat ist das eine der zentralen europäischen Vorgaben für die nächsten Jahre. Mit der EUWasserrahmenrichtlinie wird ein Umweltmedium vollkommen neu strukturiert, indem - darauf haben Frau Steiner und Herr Reckmann schon hingewiesen - das gesamte Thema und der Gesichtspunkt der Qualität und der Menge neu organisiert wird und sich damit sämtliche Fragen, inklusive der Organisation von Verwaltungen, für diesen Bereich neu stellen.

Weil das so brisant ist, hat das Niedersächsische Umweltministerium in den letzten Jahren vor allem daran mitgewirkt, die Vollzugstauglichkeit dieser Richtlinie herbeizuführen. Denn wir hatten ja hinreichend Erfahrungen mit anderen Vorgaben aus Europa, was die Umsetzungsprobleme angeht.

Ich glaube, hier ist etwas gelungen, was sich als praktikabel erweisen wird. Nachdem im Dezember letzten Jahres die Richtlinie in Kraft getreten ist, ist jetzt die Zeit, im Lande Niedersachsen konkret an der Umsetzung zu arbeiten.

Eine der Maßnahmen wird beispielsweise sein, einen Managementplan auf den Tisch zu legen, aus dem hervorgeht, wie diese Arbeit abgewickelt wird. Frau Ortgies, in der nächsten Umweltaus

schusssitzung, in der Sie diesen Antrag im Detail behandeln, werden Sie diesen Managementplan von uns vorgelegt bekommen.

Die vielen offenen Fragen, die Sie angesprochen haben, sind in der Tat da. Aber diese Richtlinie sieht vor, dass wir in den nächsten Jahren genau diese einzelnen Schritte abarbeiten, indem wir jetzt eine Bestandsaufnahme zu machen haben. Wir haben das am Beispiel der Großen Aue für einen kleinen Teilbereich ausprobiert und auch gleich die Länderkooperation mit Nordrhein-Westfalen gesucht, um zu sehen, wie beispielsweise die Datenerhebung aussehen kann und welche inhaltliche Herausforderung das für Niedersachsen bedeutet.

Ich will das relativieren, was Herr Schwarzenholz eben ausgeführt hat. Richtig ist, Herr Schwarzenholz, dass die Qualität der deutschen und der niedersächsischen Gewässer weitestgehend den Zielen entspricht, die die EU-Wasserrahmenrichtlinie verfolgen wird. Wir sind also im internationalen Vergleich nicht so schlecht.

(Schwarzenholz [fraktionslos]: Das habe ich aber auch nicht gesagt!)

Richtig ist aber auch - da stimme ich Ihnen zu; ich hoffe, dass Sie das nicht überrascht und gleichzeitig erschreckt -, dass innerhalb des Spektrums von Belastungen in der Tat die Ein-Punkt-Quellen hinsichtlich ihres Schadstoffaustrages weitestgehend eliminiert sind und uns das Pilotprojekt signalisiert, dass es vor allem die diffusen Quellen sind, die Schwierigkeiten machen werden, den guten ökologischen Zustand der Gewässer herbeizuführen. In der Tat wird es in den nächsten Jahren eine zentrale Debatte hinsichtlich der Weiterentwicklung z. B. in der Landwirtschaft geben müssen. Es ist überhaupt keine Frage, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Realisierung der Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie und der Entwicklung landwirtschaftlicher Produktionen gibt, gerade was Intensivformen angeht. Das zeigt dieses Pilotprojekt „Große Aue“ deutlich. Wir werden das aufzunehmen haben. Wir sind also jetzt in der Situation, in den nächsten Monaten und Jahren die Bestandsaufnahme vornehmen zu müssen und dann auf dieser Basis die entsprechenden Bewirtschaftungsprogramme zu bearbeiten.

Auf eines will ich hinweisen - deshalb hat Frau Ortgies völlig Recht, wenn sie die vielen offenen Fragen anspricht -: Erstmalig wird ein Zusammenhang zwischen dem Gewässer selber und dem

Flussgebiet konstruiert. Deshalb ist die herkömmliche Art der Bewirtschaftung ebenfalls auf dem Prüfstand. Aus diesem Grunde reden wir nicht nur über die Organisation staatlicher Wasserwirtschaftsverwaltung, sondern wir reden auch über eine Kooperation mit der gesamten Verbandsstruktur der Wasserwirtschaft in Niedersachsen. Darauf hat heute niemand Antworten. Wir werden verstärkt Kooperationsstrategien entwickeln müssen, um die bestehenden Verbände zu stärken und in dieses Modell einzubeziehen. Das halte ich durchaus für sinnvoll. Das alles wird jedoch erst möglich sein, wenn wir den Bestand kennen, wenn sich daraus Bewirtschaftungspläne entwickeln lassen, wenn auf dieser Basis auch Kostenberechnungen möglich sind und wenn wir eine Zuordnung dieser Kosten nach Verursachung oder aber auch nach dem Gemeinlastenprinzip zu organisieren haben werden.

Ich freue mich, dass der Landtag diese Debatte parallel zur Arbeit der Umweltverwaltung führt, und ich bin sicher, dass wir in der nächsten Wahlperiode das Thema der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie noch einige Male im Plenum zu diskutieren haben werden. - Herzlichen Dank.