- Herr Kollege Hagenah, wir haben doch, als wir in Wilhelmshaven waren, selbst gesehen, was die Wohnungsbaugesellschaft Jade macht. Die Mieter wollen heute eben anders wohnen als noch vor 50 Jahren. Der Kollege Decker hat schon vor einigen Jahren beklagt, dass man Fehler gemacht hat. Aber es muss doch möglich sein, diese Fehler im Wohnungsbestand zu ändern, und zwar zum Wohle der Mieterinnen und Mieter. Das muss doch unsere Aufgabe sein.
Man muss doch die Situation bei den Arbeitsplätzen nicht durch eine solche Maßnahme, wie Sie sie wollen, angehen, sondern das geht doch so: Wenn investive Maßnahmen im Land durchgesetzt werden und eine gute Wohnungsbaupolitik betrieben wird, dann führt das auch dazu, dass es unserer Bauwirtschaft endlich wieder besser geht, weil sie dann nämlich Aufträge bekommt.
Das führt dazu, dass auch wieder mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eingestellt werden. Dann braucht man dieses Projekt nicht. Schauen Sie sich doch mal die Stadtteile oder die Städte an, wo das gemacht wird.
Sie fordern von den Kommunen eine 50-prozentige Beteiligung. Dann müssen Sie uns, der CDULandtagsfraktion, klar machen, wo das funktionieren soll. Welche Kommune hat denn das Geld, 50 % dazu zu geben? Welche Kommunen wollen Sie denn da ansprechen? Das muss doch ganz klar und deutlich gesagt werden. Fragen Sie doch mal in der Landeshauptstadt Hannover, was mit Vahrenheide gemacht werden soll! Sehen Sie sich die Wohnungsbaubestände an! Die sind über Jahre heruntergefahren worden. Es war ja schon peinlich, wie es dort ausgesehen hat, als wir dort eine Begehung gemacht haben. Wir sind ja nur im falschen Fahrstuhl gelandet und im falschen Stockwerk ausgestiegen. Schauen Sie sich die Bestände an! Fahren Sie dann auch mal zum Wohnungsbau Reichsbund. Dort erleben Sie genau das Gegenteil: Zufriedene Mieter, dort gibt es ein Mieterbüro, dort gibt es Jugendtreffs - da gibt es solche Dinge -, die Wohnungen sind in Ordnung und am Endes des Jahres wird regelmäßig abgefragt: Wie
zufrieden sind Sie? Was können wir noch für Sie tun? - Dann brauchen wir nämlich alles das, was Sie hier einfordern, nicht.
Herr Kollege Hagenah, Sie selbst waren ja auch in Göttingen dabei, wo man ein Projekt anfahren will - ich dachte, ich höre nicht richtig -, das 250 000 DM kostet - wenn ich die Summe noch richtig in Erinnerung habe -, nur um darüber nachzudenken, wie man einen Spielplatz verändert. Das können Sie in diesem Stadtteil anders haben. Rufen Sie die Eltern zusammen,
machen Sie eine Bürgerversammlung und fragen Sie nach, wie dieser Spielplatz gestaltet werden kann! Dann haben Sie mit wenig Geld viel Eigeninitiative dieser Eltern, die natürlich wollen, dass sich ihre Kinder wohlfühlen, dass sie sehen, wo ihre Kinder spielen, und dass sie einen sicheren Spielort haben. Das ist genau die Maßnahme, die wir brauchen. Aber wir brauchen auf gar keinen Fall diesen Antrag, der 1,5 Millionen Euro kostet und im Endeffekt nicht das bringt, was er bringen müsste. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich muss leider ein bisschen drastisch werden, Herr Hagenah. Ich glaube, wir beschäftigen uns hier heute Abend im Parlament mal wieder mit einer typischen Luftnummer.
Das beziehe ich jetzt gar nicht mal unbedingt auf den inhaltlichen Teil des Antrages, sondern vor allen Dingen zunächst einmal auf den formalen Teil. Das ist deshalb eine Luftnummer, Herr Hagenah, weil Sie innerhalb der laufenden Haushaltsberatung einen Antrag mit einer finanziellen Forderung einbringen wohlwissend, dass dieser Antrag nicht mehr während der laufenden Haushaltsbera
Herr Hagenah, warum haben Sie nicht im Rahmen der Haushaltsberatung, die wir bis jetzt geführt haben, die Forderung nach einem solchen Programm erhoben? Davon habe ich zumindest bis jetzt nichts gehört. Auch meinen Kollegen ist das nicht bekannt. Ehrlicherweise hätten Sie dazu auch gleich einen Deckungsvorschlag vorlegen sollen. So, wie es im Moment läuft, geht das schlicht und einfach nach dem Strickmuster: Eins rechts, zwei links und dann wieder eine fallen lassen. Sprich: Ich halte Ihren Antrag letztlich für eine ShowVeranstaltung.
Nun zum inhaltlichen Teil des Antrages. Wir reden hier über die gemeinsamen Anstrengungen des Bundes und der Länder, Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf zu helfen. Wir reden hier über meist hoch verdichtete, einwohnerstarke Stadtteile in städtischen Räumen mit einer schwierigen Sozialstruktur. Ich halte es für wichtig, festzustellen, dass sich in den letzten Jahren zunehmend gezeigt hat, dass nicht nur hoch verdichtete städtische Räume davon betroffen sind, sondern auch Wohngebiete im ländlichen Raum massiv davon betroffen sind.
Allein mit städtebaulichen Maßnahmen ist diesen Problemen nicht beizukommen. Das haben wir gemerkt. Deshalb haben wir ja auch Initiativen ergriffen. Herr Hagenah hat in der Begründung des Antrages ja auch auf die Verwaltungsvereinbarung hingewiesen und dazu Erläuterungen gemacht.
Herr Krumfuß, ich möchte ein Stichwort aufgreifen, das ich für ganz wesentlich halte. Sie haben das an dem Beispiel des Spielplatzes und der Eigeninitiative festgemacht. Was ist bei der „Sozialen Stadt“ denn so wichtig? - Wichtig ist vor allen Dingen, dass die Bewohnerinnen und Bewohner eines Stadtteils auch gefragt sind und gefragt werden müssen, wie sie sich die Entwicklung vor Ort vorstellen. Hier geht es wirklich um die Eigeninitiative, die in diesen Bereichen entwickelt werden muss. Das ist ja das Kernstück, die Philosophie, die hinter der ganzen Geschichte steht. Das Stadtteilmanagement vor Ort soll letztendlich dabei helfen, diese Initiativen zu entwickeln, umzusetzen und auch den Bewohnern zu helfen, sie umzusetzen, weil sie dabei in großen Teil hilflos und überfordert sind. Das ist so weit richtig.
Die Schaffung von Arbeits- und Qualifizierungsmaßnahmen vor allem auch in dem betroffenen Gebiet, die dabei eingesetzt werden, sollen ja nicht nur der allgemeinen Verbesserung, sondern auch der direkten Verbesserung innerhalb des Gebietes dienen. Darauf hat Herr Krumfuß auch hingewiesen.
Die Förderung dieser beschäftigungspolitischen Maßnahmen ist in der Arbeit der Landesregierung als Schwerpunkt vorgesehen, Herr Hagenah. Das müssten Sie eigentlich wissen. Im Mittelpunkt der Arbeit und der Maßnahmen steht dabei auch immer - das möchte ich in diesem Zusammenhang noch einmal erwähnen - die Integration von Immigranten und Aussiedlern. Alle diese Maßnahmen werden über bestehende Förderprogramme finanziert. Das ist eigentlich das, was neu ist an der ganzen Geschichte - nicht nur die Bündelung von Maßnahmen und Initiativen, sondern vor allem auch der gebündelte Einsatz von Förderprogrammen für einen Teil, ganz massiv. Das ist das, was wichtig und eigentlich neu ist.
Das Handbuch „Soziale Stadt“, das die LTS in Zusammenarbeit mit dem Verband der Wohnungswirtschaft in Niedersachsen und Bremen herausgegeben hat, ermöglicht die auch von Herrn Krumfuß geforderte Übersicht über sämtliche Förderprogramme, die in Zusammenarbeit mit dem Programm für die Soziale Stadt zu nutzen sind. Das Programm bzw. das Buch liegt ja jetzt schon längere Zeit vor. Danach haben wir ja wieder neue Programme - auf die ich gleich noch sprechen komme -, die da sicherlich noch einmal ergänzt werden müssen.
Ich gebe Ihnen Recht, Herr Krumfuß: Diese Bestandsaufnahme und Zusammenfassung, die auch in den anderen Ländern zuvor passiert ist, ist eigentlich das Elementare an der ganzen Geschichte.
Herr Hagenah, von Ihnen wird kritisiert, dass für nichtinvestive Maßnahmen, z. B. für einige sozialund jugendpolitische Vorhaben sowie aktivierende gemeinwesenorientierte Maßnahmen - wie Sie das so schön beschreiben -, nur geringfügige oder keine Fördermittel vorhanden seien. Ich muss Ihnen ganz deutlich sagen: Dem ist offensichtlich nicht so. Denn zum Beispiel das Präventions- und Interventionsprogramm der Landesregierung, dieses PRINT-Programm, hat ja die Zielsetzung, ganz massiv zur Verbesserung der Infrastruktur sozialer Brennpunkte beizutragen. Das ist kein Programm, das letztendlich nur über Ziel 2 zu finanzieren ist.
Dieses PRINT-Programm ist vor allen Dingen auch dazu da, auffällige Verhaltensweisen von gefährdeten jungen Menschen zu mindern.
Im Übrigen: Die Einrichtung der Jugendbüros, die jetzt durch die Landesregierung vorgenommen wird, ist ebenso wie das PRINT-Programm nicht nur für Ziel-2-Gebiete vorgesehen. Die kann man ebenso auch in anderen Gebieten einplanen.
Es ist ganz unterschiedlich - das ist vielmehr das Problem -, wie offensiv und wie erfolgreich bestehende Fördermöglichkeiten von Kommune zu Kommune und von Projekt zu Projekt eingesetzt und vernetzt werden. Das liegt schlicht und einfach auch am Engagement vor Ort. Das muss man hier auch mal ganz deutlich sagen.
Nun zum Stichwort „50 % Beteiligung der Kommunen“. Das halte ich für ganz wesentlich. Es ist doch feststellen, dass Kommunen vor allem in der Verantwortung sind, wenn es um Maßnahmen im Rahmen der Jugendhilfeplanung geht. Die haben Sie ja gerade auch angesprochen. Hier ist die Kommune in der Pflicht, und aus dieser Verantwortung kann man sie auch nicht entlassen.
Ich weiß aus eigener leidvoller Erfahrung, dass es in Kreistagen, Städte- und Gemeinderäten leichter ist, Mittel für Straßenbau, Radwegebau und für wirtschaftliche Fördermaßnahmen locker zu machen als zum Beispiel Mittel für einen betreuten Mittagstisch in Schulen, die vornehmlich von sozial schwächeren Kindern besucht werden. Das ist leidvoll. Aber wenn ich eine 50-prozentige Beteiligung der Kommunen fordere, dann kann ich doch besser davon ausgehen und den Kommunen sagen: Setzt eure Mittel in der Jugendhilfeplanung und für Maßnahmen ein, die ihr direkt vor Ort aus euren Mitteln finanzieren könnt, und nicht schon wieder ein Programm und eine 50-prozentige Zuzahlung! Denn dann, muss ich auch ganz ehrlich sagen, kommt man ja wieder in die Zuzahlungsfalle. Letztendlich kann man Mittel für Aufgaben, die man vor Ort besser beurteilen und direkter machen kann und die man nicht einem Förderprogramm unterwerfen muss, auch intensiver einsetzen.
Das Land leistet im Übrigen auch aktive Hilfe mit Mitteln, die im Rahmen der Jugendpflege zur Verfügung stehen. Zu den Jugendbüros habe ich gerade schon etwas gesagt.
Darüber hinaus, Herr Hagenah, ist zurzeit auch ein bundespolitisches Programm mit dem Titel „Chancen im Wandel“ aufgelegt worden. Über ein Fünf
Jahres-Modellprogramm sollen Maßnahmen aus unterschiedlichen Bereichen und Strukturen abgestimmt werden. Sie sollen kombiniert und zusammengeführt werden, um die Stärken und Kompetenzen der Jugendlichen in sozialen Brennpunkten individuell zu aktivieren - also gezielte Förderung von individuellen Kompetenzen, Schlüsselqualifikationen - und die berufliche und soziale Integration der jungen Menschen zu stärken, gerade in Gebieten mit sozialen Brennpunkten.
Ich will es nun kurz machen. Wir meinen im Gegensatz zu Ihnen, Herr Hagenah - das haben Sie bestimmt meinen Ausführungen entnehmen können -, dass ein eigenes Länderprogramm zur Ergänzung des Bund-Länder-Programms nicht aufzulegen ist. Noch ein Programm und noch ein Programm - ich meine nicht, dass dies es den handelnden Personen einfacher macht, den sowieso schon großartigen Förderdschungel besser zu durchleuchten.
Viel wichtiger ist es meiner Ansicht nach, den Verantwortlichen die Arbeit zu erleichtern, Beratung zu leisten, welche Programme eingesetzt werden können, und diese dann auch zu nutzen und gegebenenfalls bei der Beantragung behilflich zu sein. Da gebe ich Ihnen Recht, Herr Hagenah: Wenn es denn so ist, dass es bei den Bezirksregierungen hakt, dann müssen wir dort tatsächlich nachforschen und dafür Kraft einsetzen, dass wir diese Häkeleien auch tatsächlich beenden können. Aber es kann nicht sein, dass wir wegen mangelnder Verständigungsschwierigkeiten letztendlich ein neues Programm auflegen. Das kann nicht Sinn und Zweck der Initiative sein.
Wir werden den Antrag natürlich im Ausschuss beraten. Aber ehrlich gesagt meine ich nach den von mir gemachten Ausführungen - vor allem im ersten Teil - nicht, dass wir dem Antrag zustimmen werden. - Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde die Zeit nutzen, um noch ein bisschen Überzeugungsarbeit zu leisten,
vor allen Dingen, weil Herr Krumfuß in seiner Stellungnahme zu dem Antrag so gute Ansätze geboten hat. Entweder haben Sie den Antrag nicht verstanden, oder wir waren auf zwei verschiedenen Veranstaltungen bei der Tagung mit dem vdw in Göttingen.
Bei der vdw-Tagung in Göttingen haben die Gesellschaften eindeutig erklärt, dass sie ein Problem mit der „Sozialen Stadt“ haben, weil die nichtinvestiven Maßnahmen nicht mitgefördert werden. Namentlich der Verbandsdirektor Meyer hat beim Ministerium und bei den anwesenden Vertretern der Verwaltung nachgehakt - auch Vertreter anderer Gesellschaften haben nachgehakt - und gesagt: Wenn wir Projekte der „Sozialen Stadt“ haben und unsere Häuser mit in diesen Gebieten liegen, dann brauchen wir auch Projektmittel, die das unterstützen; dann kann dies allein mit den Mitteln der „Sozialen Stadt“ nicht gehen.
In den Stadtteilen, in denen es die „Soziale Stadt“ gibt, scheinen das Programm PRINT und das Programm mit den Jugendbüros noch nicht angekommen zu sein. Denn dort ist nämlich das eigene Engagement nicht so groß, dass sich die Bürgerinnen und Bürger zusammen tun und die Jugendlichen sagen „Wir wollen ein Jugendbüro oder wir wollen hier vor Ort Arbeit haben“. Nein, sondern die liegen bis elf Uhr im Bett, haben keine Arbeit und gehen dann zur Bude.
Wenn es möglich werden soll, Frau Groneberg, in diese Gebiete nicht nur Geld hineinzupumpen, die Fassaden zu verschönern und die Fenster auszuwechseln, vielleicht auch noch ein bisschen Grün in den Vorgärten zu erneuern, dann ändert sich an der Struktur überhaupt nichts.
Damit hat Herr Krumfuß völlig Unrecht. Die Menschen sind noch da, die keine Arbeit haben. Auch die nicht integrierten Jugendlichen sind noch da. Wenn man sie in dieser Situation nicht mitnimmt
und ihnen eine Perspektive bietet - das beinhaltet die „Soziale Stadt“ vom Ziel her schon, aber die Mittel können nicht entsprechend eingesetzt werden -,