Menschen, die reden, haben wir in der Politik massenhaft. Diese Leute können sogar reden, wenn sie nichts zu sagen haben.
Aber Leute, die handeln, wie in den Landkreisen, die CDU-geführt sind, haben wir zu wenig. Wenn Entscheidungen getroffen würden, wenn mutig etwas durchgesetzt würde, wenn Infrastruktur gestaltet würde und wenn nicht so endlos debattiert würde, wie bei den Sozialdemokraten in Hamburg und im Elbe/Weserraum über die A 26, hätten wir das BMW-Werk - das mag Herrn Thierse ärgern nicht nach Sachsen, sondern nach Niedersachsen in die Nähe von Stade bekommen. Das war der Grund, warum BMW nicht nach Stade gegangen ist. Fragen Sie einmal Herrn Mehdorn, warum die nicht nach Stade gegangen sind. - Weil nämlich die A 26 nicht bis 2005 sichergestellt werden konnte!
- Fragen Sie Herrn Milberg! - Nachdem es in Hamburg eine neue Mehrheit gegeben hat und Ole von Beust die Regierungsverantwortung übernommen hat, wird die Anbindung Hamburgs an die A 26 funktionieren. Wir werden diese Region dadurch besser entwickeln können, aber leider 20 Jahre zu spät.
Sie haben immer nur eine Politik der Ankündigungen und Initiativen betrieben. Das jüngste Beispiel haben wir heute Vormittag mit Herrn Bartling
erlebt. Herr Stoiber und Ministerpräsident Müller haben mir gesagt, in dem Moment, in dem Niedersachsen mit den 31 Stimmen der CDU/CSUgeführten Bundesländer und den eigenen sechs Stimmen eine Mehrheit von 37 Stimmen hatte - zwei Stimmen mehr, als man brauchte -, hat Herr Senff im Bundesrat eine Rede gehalten, dass man nun Angst vor der eigenen Courage habe und dem Antrag nicht mehr zustimmen wolle, weil die Gefahr zu groß sei, dass man eine Mehrheit bekomme und dann allerdings in Kollision mit der Bundesregierung geriete.
Sie glauben gar nicht, welchen Ansehensverlust Niedersachsen durch ein solches Auftreten erleidet. Solche Landesregierungen gibt es relativ wenig. Die meisten Regierungen sind zumindest im Bundesrat vergleichsweise seriös bemüht, das, was sie ankündigen, auch einzuhalten. Dafür ist der Bundesrat zu überschaubar, als dass man mit einem Abstimmungsverhalten, wie Sie es als Niedersachsen an den Tag gelegt haben, nicht auffliegen würde.
Wir erwarten von Ihnen, dass Sie Ihren Einfluss auch auf Bundesebene wahrnehmen. Wenn man sich auf ein Moratorium gegen zusätzliche Abgaben und Steuererhöhungen im nächsten Jahr verständigen würde, dann würde allein in Niedersachsen eine Kaufkraft von einer Milliarde DM mobilisiert. Sie sind mit dem Versprechen angetreten, alles werde besser, nichts werde schlechter. Stattdessen haben wir steigende Sozialversicherungsbeiträge, steigende Steuern und sinkende Realeinkommen. Das wirkt sich natürlich drückend auf die Wirtschaft in Niedersachsen aus.
Ein starkes, wirtschaftlich sich entwickelndes Niedersachsen wird man nur erreichen, wenn man nicht Schlusslicht ist als Deutsche in Europa und wenn man nicht Schlusslicht ist als Niedersachsen in Deutschland. Wer sich die vorliegenden Statistiken anschaut, wird unschwer feststellen, dass wir hinsichtlich der Beschäftigung, der Verschuldung, des Wachstums - überall! - Schlusslicht in Europa sind und dass Niedersachsen gemeinsam mit Schleswig-Holstein Schlusslicht in Westdeutschland ist. Diese Entwicklung ist nicht zufällig. Sie ist nicht durch weltweite Entwicklungen bedingt, sondern beruht auf hausgemachten Fehlern. Wenn jetzt bei Wabco, bei Conti, bei Atlas, bei MAN, bei Alcatel und vielen anderen Firmen als Folge ver
fehlter Politik Arbeitskräfte freigesetzt werden, dann müssen Sie sich als Verantwortliche in Berlin und Hannover fragen, welchen Anteil an dieser Entwicklung Ihre Steuerpolitik, Ihre Arbeitsmarktpolitik, Ihre Gesetze und Verordnungen und die unterbliebenen Reformen im Sozialbereich haben.
Wir werden nicht zulassen, dass Niedersachsen weiter zu einer Werkbank anderer Zentren in der Welt wird, dass Niedersachsen den Ausverkauf erlebt. Gestern waren es Bentec und Deutag, die die Preussag für Milliarden steuerfrei nach Schottland veräußert hat. Morgen wird es Haarmann & Reimer in Holzminden sein. Haarmann & Reimer in Holzminden ist der Entwicklungsträger Südniedersachsens. Wenn sich für dieses Unternehmen die Situation, die Sie mit Ihren politischen Entscheidungen verursacht haben, so weiterentwickelt, dann werden wir dort in einigen Jahren eine verheerte wirtschaftliche Landschaft vorfinden.
Wenn Landtagswahlen anstünden, hätten Sie längst Holzminden zum Thema gemacht und einen Börsengang, eine Stand-alone-Politik, eine Aktienakquirierung organisiert. Es ist aber kein Wahlkampf, und deshalb interessiert man sich nicht dafür. Was die Preussag für Salzgitter war, ist Haarmann & Reimer für Holzminden. Natürlich muss man aufpassen, dass nicht ein Mitbewerber im Bereich der Duft- und Geschmacksstoffe dieses Unternehmen kauft, ausschlachtet und dann am Ende dort nur noch einige hundert Arbeitsplätze in der Produktion sind. Von daher erwarten wir von Ihnen aktives Tun, aber auch das Erkennen von Mitverantwortung. Wenn man nämlich von dem Bäckermeister in Holzminden Steuern erhebt, wenn er seine Bäckerei verkauft, aber die Bayer AG in Leverkusen steuerfrei für 5 bis 6 Milliarden DM Haarmann & Reimer verkaufen kann, dann darf man sich nicht wundern, dass dieser Konzern dies tut, um anderswo auf der Welt zu akquirieren - aber nicht zugunsten von Arbeitsplätzen in Deutschland.
Sie hat das einmal irritiert, Frau Knorre. Ich sage das für die Volkspartei CDU, damit das einmal ganz klar ist: Für uns bedeutet soziale Marktwirtschaft nicht, ein modernes Unternehmen so umzubauen, dass am Ende allein die Aktionäre glücklich sind, die Renditen gestiegen sind, die Gewinne exponentiell gewachsen sind, der Umsatz gestiegen ist, sondern für uns gehört zur sozialen Marktwirt
schaft die soziale Verantwortung von Unternehmern und Unternehmen für ihre Mitarbeiter, für ihre Arbeitnehmer, für die Betriebsräte, die Firmen und Standorte.
- Wenn etwas Richtiges kommt, werden Sie meistens wieder unruhig. - Wenn Sie einmal ganz ehrlich sind, dann müssen Sie doch zugeben, dass Sie die Entscheidung, die Unternehmenssteuerreform so auszugestalten, dass Veräußerungserlöse in Milliardenhöhe steuerfrei vereinnahmt werden können, während der Mittelstand geknechtet wird, nicht verantworten können und dass Sie das im Kern auch auf keinem SPD-Parteitag in Deutschland jemals beschlossen haben. Herr Schröder hat sich beim Rotwein von einigen Großen über den Tisch ziehen lassen zulasten derer, die nicht mit am Tisch saßen; das sind Mittelstand, Handel und Handwerk.
Wir stellen in aller Sachlichkeit und Schlichtheit fest, dass die Ankündigungen, dass die Versprechungen der Landesregierung nichts gebracht haben, dass sie nicht umgesetzt worden sind, dass es nur einen zusammengeschusterten Haushalt ohne Impulse für die Zukunft des Landes, für die wirtschaftliche Entwicklung, für mehr Beschäftigung und für den ländlichen Raum gibt.
Ihr Haushalt, den Sie am Freitag hier gleich für zwei Jahre durchpeitschen werden, ist ein Haushalt des Versagens, ein Haushalt des Scheiterns. Sie werden im Ernst - Herr Domröse, so ernst nehme ich Sie - nicht erwarten können, dass wir diesem Haushalt zustimmen werden.
(Stürmischer, nicht enden wollender, gegen Schluss rhythmischer Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD: Haltet durch! - Die K-Frage ist erle- digt! - Weitere Zurufe von der SPD)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute einen Etatentwurf für das Haushaltsjahr 2003, von dem jeder weiß, dass er weder in den Einnahme- noch in den Ausgabeansätzen zu halten sein wird.
Das Wirtschaftswachstum ist unrealistisch hoch, der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst ist unrealistisch niedrig angesetzt. Das Haushaltsrisiko, das als Fehlbetrag aus dem BEB-Urteil für das Haushaltsjahr 2003 resultiert, ist ganz und gar nicht veranschlagt.
All diese Punkte, Herr Aller, mögen im Einzelnen vielleicht noch nicht bezifferbar sein. Aber unstrittig ist doch, dass sie den Landeshaushalt belasten werden. Sie kündigen heute bereits einen Nachtragsetat an. Sie wollen aber diesen Nachtragshaushalt erst nach der Wahl 2003 verabschieden. Deswegen haben Sie als einziges Ziel im Auge, diesen Etatentwurf so über den Landtagswahltermin hinwegzuretten. Deswegen sagen wir Ihnen: Es gibt für diesen Entwurf heute keine aktuelle Grundlage für 2003. Es gibt nur einen einzigen Grund: Sie wollen die desaströse Haushaltspolitik, die Sie in Niedersachsen zu verantworten haben, erst nach der Landtagswahl eingestehen, Sie wollen es nicht vor der Landtagswahl tun.
Sie kalkulieren offen damit, der Öffentlichkeit vor der Wahl Versprechungen zu machen, die Sie oder andere nach der Wahl keineswegs werden halten können,
weil das dafür erforderliche Geld nicht vorhanden ist. Das wissen wir doch alle. Der weithin sichtbare Beleg für diese Wahlkampfstrategie ist Ihr Etatentwurf für das Haushaltsjahr 2003, der das Druckpapier nicht wert ist, auf dem er steht.
Meine Damen und Herren von der SPD, Ihnen gelingt es doch, den Haushalt seit Jahren nur noch dadurch auszugleichen, dass Sie Vermögensentnahmen und Veräußerungserlöse verwendet haben. Ihnen ist es gelungen, in den letzten Jahren das Vermögen der Landestreuhandstellen für Wohnungsbau, für Agrar- und Wirtschaftsförderung um insgesamt 400 Millionen Euro abzuschmelzen. Sie haben veräußert die Harzwasserwerke, die TotoLotto GmbH und die Nileg, um Haushaltslöcher kurzfristig zu stopfen. Sie wollen die Stammkapitaleinlage der Hannoverschen Beteiligungsgesellschaft im Jahre 2003 um 306 Millionen Euro senken und damit die dort gehaltenen Aktienpakete des Landes an der Volkswagen AG beleihen.
Sie haben im Ergebnis das Landesvermögen in der Substanz ausgezehrt, ohne die Nettoneuverschuldung zu senken. Das ist die miserable Bilanz von zwei Wahlperioden SPD-Alleinregierung in Niedersachsen.
Sie haben den Schuldenstand des Landes in diesem Zeitraum, in diesen dann neun Jahren, auf insgesamt 39 Milliarden Euro, also fast 80 Milliarden DM, anwachsen lassen. Wird dieser Haushaltsentwurf so, wie Sie ihn hier vorgelegt haben, verabschiedet, dann steigen die Landesschulden künftig in jeder Sekunde um rund 60 Euro oder etwa 115 DM. Sie steigen täglich um beinahe 5 Millionen Euro oder im Monat um 150 Millionen Euro oder kaum vorstellbare 300 Millionen DM aus alten und neuen Kreditermächtigungen sowie aus verdeckten Kreditaufnahmen über die HanBG und die Deutsche Ausgleichsbank.
Sie bewegen sich in einem Schuldenkreislauf, bei dem die Neuverschuldung schon gar nicht mehr ausreicht, die Zinsausgaben für Altschulden zu decken, und Sie leisten sich einen Finanzminister, der darauf auch noch stolz zu sein scheint.
Sie verweisen darauf, Herr Aller, dass der Haushalt ohne Zinsausgaben sogar einen Überschuss erwirtschaften würde, und nehmen das als Beleg für eine erfolgreiche Haushaltskonsolidierung.
doch lediglich, wie das Land von Schuldenlast und Zinsausgaben erdrückt wird. Mit 2,5 Milliarden Euro gibt das Land mehr Geld für Zinsen aus als für alle insgesamt veranschlagten Investitionen, ganz egal, ob aus Bundes- oder aus Landesmitteln. Dieses Geld steht für andere Leistungen logischerweise nicht mehr zur Verfügung.
Genau deshalb haben wir als Fraktion der Grünen seit 1998 mit unseren Haushaltsänderungsanträgen regelmäßig geringere Haushaltsvolumina vorgelegt, als sie dann hinterher von Ihnen beschlossen worden sind. Wir haben jedes Mal beantragt, die Neuverschuldung und damit die Einnahmen zu senken. Wir haben im Gegenzug Kürzungen auch auf der Ausgabenseite vorgeschlagen. Sie haben diese Anträge und damit eine echte Haushaltskonsolidierung in Niedersachsen abgelehnt.