Protokoll der Sitzung vom 12.12.2001

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir schlagen Ihnen deshalb ein eigenes Stiftungsmodell vor, das Schulen und Hochschulen in Niedersachsen gleichermaßen zugute kommen soll. Wir wollen die Landesbeteiligung an der Salzgitter AG und gegebenenfalls andere Vermögenswerte steuerfrei in eine öffentlich-rechtliche Stiftung überführen und wollen den jährlichen Dividendenertrag an Bildungseinrichtungen in Niedersachsen ausschütten. Aus unserer Sicht ist es schlichtweg unzweckmäßig, totes Kapital in der HanBG liegen zu lassen, wenn man durch eine solche Stiftung Landesvermögen für die Bildungspolitik nutzbar machen kann. Wir wollen das Geld aus Dividendenerträgen nicht nur im Falle des VW-Vorab auskehren, wie wir es an den niedersächsischen Hochschulen kennen, sondern wir wollen dies auch für andere Landesbeteiligungen durchsetzen. Außerdem wollen wir eine größere Verteilungsgerechtigkeit, als sie beim VW-Vorab zwischen den einzelnen Landesteilen in Niedersachsen praktiziert wird.

Wir dürfen in der Bildungspolitik nicht immer nur über Geld reden, sondern wir müssen auch über Qualität reden. Dennoch wäre es unehrlich, zu verschweigen, dass wir auch neue Stellen in der Bildungspolitik brauchen, vor allem dann, wenn wir das Angebot an Ganztagsschulen in Niedersachsen ausweiten wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Einnahmen von Ländern und Kommunen aber sind rückläufig oder steigen weit weniger stark an als die Steuereinnahmen des Bundes. Angesichts dieser Entwicklung kann ich das Verhalten Niedersachsens im Bundesrat und im Vermittlungsausschuss in vielen Punkten nicht nachvollziehen. Ich habe ja Verständnis dafür, wenn der Ministerpräsident einen vorläufigen Verzicht auf die Neufassung der branchenspezifischen Abschreibungstabellen fordert, um den Unternehmen zusätzliche Investitionsanreize zu geben. Nur, Herr Gabriel, dann machen Sie doch auch die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage rückgängig, und sorgen Sie

dafür, dass durch diese Form von Wirtschaftsförderung nicht die Kommunen belastet werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der CDU)

Ich kann auch nicht verstehen, warum Sie das Finanzministerium daran gehindert haben, sich im Bundesrat für die Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer einzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist doch völlig klar: Natürlich brauchen wir eine Gleichheit der Besteuerung von Kapitalvermögen und Grundbesitz sowie die dafür erforderliche Neubewertung des Immobilienvermögens. Ihre Weigerung, Herr Gabriel, hier für eine politische Mehrheit zu streiten, ist unsachgemäß und feige, und Sie laufen dadurch Gefahr, dass die Erbschaftsteuer wie schon die Vermögensteuer vom Bundesverfassungsgericht möglicherweise mittelfristig außer Kraft gesetzt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir brauchen in der Bildungspolitik auch neue Stellen, um dem dramatischen Unterrichtsausfall an Haupt-, Real- und Sonderschulen, aber auch an Orientierungsstufen zu begegnen. Die Überalterung der Kollegien führt zu wachsenden Fehlzeiten im Laufe eines Schuljahres. Wir brauchen insofern auch mehr Feuerwehrlehrkräfte, um hier überhaupt noch reagieren zu können, weil die Töpfe der Bezirksregierungen in der Regel nach zwei Monaten leer sind.

Wir unterbreiten Ihnen in unseren Änderungsvorschlägen eine Fülle von Einsparvorschlägen, die in bescheidenem Umfang auch die Schaffung neuer und zusätzlicher Lehrerstellen ermöglichen. Ich gebe zu: Mit den Forderungen der CDU-Fraktion können wir nicht ganz mithalten. Ich glaube aber, Eltern und Schülern in Niedersachsen sind 350 solide finanzierte zusätzliche Lehrerstellen allemal lieber als 2 500 virtuelle Lehrer, die als Geisterarmee durch den Wahlkampf reiten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion, ich habe Ihren Änderungsantrag mit Interesse gelesen. Sie veranschlagen bei der Förderabgabe Bruttomehreinnahmen in Höhe von 150 Millionen Euro, obwohl die Fördermenge sinkt. Sie veranschlagen eine vollständige Auflösung der

Rücklage und finanzieren damit 2 500 Lehrer ein knappes halbes Jahr lang, wohl wissend, dass diese Kreditermächtigungen nur einmalig zur Verfügung stehen und im neuen Jahr keine Finanzierung mehr möglich ist. Leider Gottes gibt es kein Gesetz, das verhindert, dass Sie so etwas in einen Haushaltsänderungsantrag hineinschreiben. Eine seriöse Haushaltsdebatte halten Sie damit aber keine fünf Minuten durch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, natürlich haben wir in unserer Fraktion intensiv darüber diskutiert, ob wir neue Stellen auch bei der Landespolizei schaffen müssen. Insbesondere unsere innenpolitische Sprecherin Silke Stokar hat immer wieder auf die katastrophale Personalausstattung im niedersächsischen Polizeivollzug hingewiesen.

(Jahn [CDU]: Was?)

Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist unser Land inzwischen so weit abgehängt, dass wir auch nach unserer Überzeugung 500 neue Polizisten brauchen. Ich sage Ihnen ausdrücklich: Wir wollen diese 500 neuen Polizeistellen. Wir schlagen Ihnen dafür aber einen besseren Weg der Finanzierung vor. Wir wollen, dass die Gegenfinanzierung dieser Stellen durch Einsparungen bei den so genannten Assistenzdiensten der Polizei bereitgestellt wird. Ebenso wie der Landesrechnungshof plädieren wir für einen Innovationspakt, der betriebsbedingte Kündigungen in Kfz-Werkstätten, in Tischlereien oder Polizeikantinen selbstverständlich ausschließt, der aber die erheblichen Effizienzreserven in diesem Bereich erschließt.

Auch das Innenministerium muss sich in Zeiten einer Haushaltsnotlage der Forderung stellen, die wirtschaftlichste Form der Aufgabenerledigung zu wählen, nicht aber eine, die es am liebsten hätte. Ich muss schon sagen, dass ich die entsprechenden Vorlagen des Innenministeriums, die zu den Ausschussberatungen vorgelegt worden sind, als Zumutung empfunden habe. Zunächst einmal wurden unvollständige Vorlagen mit nur 549 von insgesamt 3 800 Stellen geliefert. Im zweiten Rutsch wurde eine irreführende Vorlage nachgereicht, die zum Inhalt hatte, man habe unter Rot-Grün eine Polizeireform beschlossen mit dem Ziel, die Polizeivollzugsstellen von Verwaltungstätigkeit zu entlasten. Aus der Altersstruktur dieser Stellen hat sich aber klar ergeben, dass die Polizeireform, auf die hier Bezug genommen worden ist, ungefähr

1958 stattgefunden haben muss, weil nämlich nur 8 % dieser Stellen nach der Polizeireform tatsächlich besetzt worden sind. Ich muss hier also sagen: Das Innenministerium versucht seit Jahren systematisch, das Einsparpotenzial in diesem Bereich zu verschleiern. Wir greifen deshalb gern die Forderung des Landesrechnungshofs auf und sagen: Die Stellen im Polizeibereich müssen auch im Etat des Innenministerium gegenfinanziert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir brauchen solche Gegenfinanzierungen, weil wir uns in Niedersachsen immer neue Stellen für immer neue Aufgaben im Landesdienst nicht mehr leisten können. Sie wissen um die explodierenden Versorgungsausgaben im Landeshaushalt. Deshalb wollten Sie innerhalb dieser Wahlperiode insgesamt 5 527 Stellen streichen. Tatsächlich werden Sie im Jahr 2003 aber fast 2 000 zusätzliche Stellen ausweisen und werden mit Ihrem Konsolidierungsprogramm schmählich scheitern. Auch wir haben hier Jahr für Jahr für neue Lehrerstellen gestritten. Wir haben diese Forderung Jahr für Jahr aber auch mit immer neuen Einsparvorschlägen an anderer Stelle unterlegt. Das genau ist der Punkt, der uns von Ihnen unterscheidet. Sie haben immer nur zusätzliche Ausgaben beschlossen. Wir wollten zwar auch diese zusätzlichen Lehrerstellen, aber wir haben dafür Einsparvorschläge an anderer Stelle unterbreitet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Ministerpräsident hat bei seinem Amtsantritt große Ankündigungen gemacht. Er wollte einen Wettlauf der Ideen befördern, ist aber in einem Schuldenkreislauf hängen geblieben. Wir haben dies umgesetzt in unseren weihnachtlichen Bastelbogen „Super-Sigi“ - Sie müssten ihn eigentlich schon bekommen haben mit den drei Geschenkesäcken: „Small“ für Ideen, „Medium“ für Sprüche und „XXL“ für heiße Luft. Der dickste Sack freilich sind die Landesschulden. Deshalb sage ich Ihnen: Von sozialdemokratischen Bescherungen dieser Art haben wir ein für alle Mal genug.

(Starker, anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Der Fraktionsvorsitzende Plaue spricht jetzt für die Regierungsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Golibrzuch, ich habe mir einmal genau angeschaut, an welchen Stellen Ihres Redebeitrags die Kolleginnen und Kollegen von der CDU geklatscht haben und an welchen nicht. Wenn ich das zusammenzähle, kann ich feststellen, dass Sie von Ihrem Lebenstraum, der Finanzminister einer schwarz-grünen Koalition zu werden, noch meilenweit entfernt sind, Herr Kollege Golibrzuch. Das ist gut so.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe den Eindruck, Herr Kollege Wulff, dass das, was bei Ihnen eine inhaltsleere Programmatik zu werden scheint und immer durch den so genannten K-Applaus kompensiert wird, jedenfalls hier im Niedersächsischen Landtag gründlich misslungen ist. Herr Kollege Wulff, Ihre eigenen Leute halten Sie in dieser Frage nicht für fähig, die MP-Frage ungebrochen zu lösen. Auch das ist gut so, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ihre Rede - ich gebe zu, streckenweise auch die des Kollegen Golibrzuch - hat mich daran erinnert, dass eine der Delegierten auf dem Dresdner Parteitag der CDU nach der Rede von Frau Merkel ganz begeistert gesagt hat, dass das eine ganz tolle Rede gewesen sei; Frau Merkel habe alle Probleme angesprochen und nichts ausgelassen. Wie Herr Wulff. Auch er hat nichts ausgelassen und alles angesprochen. Er hat aber keinen eigenen Entwurf dagegen gesetzt. So ist das bei der CDU, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD - Busemann [CDU]: Haben Sie die Anträge nicht gelesen, oder was?)

- Darauf komme ich gleich noch, Herr Kollege. Bleiben Sie mal ganz ruhig. Natürlich haben wir Ihre Anträge gelesen. - Herr Kollege Wulff, Sie haben vorhin von irgendeinem Faktor 3 : 0 gesprochen. Ich weiß nicht, was Sie damit gemeint haben.

(Viereck [SPD]: Eigentore!)

Sie sollten einmal Ihre eigene Situation beleuchten. Bei Ihnen steht es 2 : 0. 2 : 0 gegen Sie. Zweimal verloren. Auch beim dritten Mal werden Sie verlieren. Gar keine Frage.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger in diesem Lande haben längst erkannt, wie die Gewichte verteilt sind. Sie wollen nicht nur Problembeschreibungen hören, sondern sie wollen Antworten hören und Lösungsansätze bekommen. Sie wissen, von wem sie diese Lösungsansätze hören. Von Ihnen jedenfalls nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Es war vor ziemlich genau einem Jahr, dass der Kollege Gansäuer an dieser Stelle und in seiner unnachahmlichen Art eine Laudatio auf das Haushaltsrecht des Parlaments gehalten hat. Der Anlass war, dass er sich darüber geärgert hatte, dass der Ministerpräsident es gewagt hatte, etwas zum Haushalt zu sagen. - Herr Kollege Gansäuer, Sie hätten diese Rede in Ihrer eigenen Fraktion halten sollen, damit sich Ihre Kolleginnen und Kollegen ernsthaft um einen Alternativentwurf zum Regierungsentwurf hätten bemühen können. Aber nein, nichts haben Sie zustande bekommen, meine sehr verehrten Damen und Herren, nichts!

(Beifall bei der SPD)

Ihre Schularbeiten, Herr Kollege Wulff, sahen genauso aus wie in den vergangenen Jahren - nicht ganz, aber jedenfalls von der Grundtendenz her.

(Decker [CDU]: Sagen Sie doch mal etwas zum Haushalt!)

Sie haben seit dem September Zeit gehabt, den Entwurf, den die Landesregierung vorgelegt und den meine Fraktion in der Tat ergänzt hat, gründlich zu studieren und Ihre Alternativen auf den Tisch zu legen.

(Rolfes [CDU]: Die wussten noch nicht einmal, was in ihrem eigenen Gesetz steht!)

Wie immer das gleiche Spiel: Im Haushaltsausschuss rumgenörgelt, nichts Eigenes zustande gebracht, und dann zwei Tage vor der Plenarsitzung einen Antrag auf den Tisch gelegt, den Sie zu feige waren, im Haushaltsausschuss zu diskutieren. Das, meine Damen und Herren, ist die Methode CDU!

(Beifall bei der SPD)

Kollege Plaue, Herr Busemann möchte Ihnen eine Frage stellen.

Nein, ich gestatte es nicht, Frau Präsidentin.

Nein.