- Ja. Nur glaube ich, dass wir in der Sache nur weiterkommen, wenn wir jetzt in die Details einsteigen.
Wir hatten in dem Antrag einen sehr konkreten Vorschlag unterbreitet, der zu sehr viele Fragen geführt hat und an dem sehr viel Kritik geäußert worden ist. Ich finde es dann einfach nur fair, wenn der Antrag im Ausschuss entsprechend behandelt wird. Das war leider nicht der Fall.
Ich hatte im Ältestenrat sehr dafür geworben, mit der federführenden Beratung dieses Antrages den Frauenausschuss zu betrauen. Ich kann Ihnen zusichern, dass das da ein bisschen anders gelaufen wäre, was der Sache dienlich gewesen wäre. Aber vielleicht können wir aus dieser Erfahrung auch einmal lernen. Ich finde es sehr schade, dass Sie im Ausschuss nicht die Gelegenheit genutzt haben, unseren Vorschlag und Ihre eigenen Argumente zu prüfen. Jetzt laufen Sie weiter mit Ihren Behauptungen durch die Lande. Das ist nicht gut für die Sache. Ich würde sagen: schade eigentlich!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Pothmer, Sie können am Ende meiner Rede entscheiden, ob Sie dann noch so zufrieden sind. Im Übrigen erlaube ich mir den Hinweis, dass die SPD auch auf Parteitagen in der Lage ist, ihre eigenen Anträge zu formulieren. Ich glaube nicht, dass sie dafür die Hilfe der Grünen benötigt.
Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion bringt den Ihnen vorliegenden Änderungsantrag ein, weil sich seit unserer Debatte im Juni in diesem hohen Hause Einiges getan hat, was die Förderung der Familien anbelangt. Die Koalition in Berlin hat seit dem Regierungswechsel im Herbst 1998 wichtige Schritte unternommen, um Deutschland zu einem kinder- und familienfreundlichen Land zu machen.
Bedauerlich daran ist, Herr Kollege Ontijd, dass die Verbesserungen der finanziellen Leistungen für Familien seit Herbst 1998 bereits so selbstverständlich sind, dass darüber kaum noch geredet wird. Deswegen will ich einige Leistungen in Erinnerung bringen.
Erstens. Das Kindergeld wurde von 220 DM auf 270 DM erhöht und wird ab 1. Januar 2002 für das erste und zweite Kind um 30 DM auf 300 DM erhöht.
Zweitens. Die Steuersenkungspolitik kommt insbesondere auch Familien zugute. Beispiel: Eine Familie mit zwei Kindern und 60 000 DM Jahresgehalt wird in 2005 gegenüber 1998,
Drittens. Beim Erziehungsgeld wurden erstmals seit 1986 die Einkommensgrenzen erhöht. Beim BAföG und bei der Berufsausbildungsbeihilfe steigt die unter der Kohl-Regierung jahrelang gesunkene Förderquote durch Anhebung der Eckwerte wieder an. Das Wohngeld wird erstmals seit
1990 insbesondere für Familien mit niedrigem Einkommen angehoben. Das ist Beschlusslage; das hat Gesetzeskraft.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind nur ein paar Punkte, die ich hier noch erwähnen wollte. Von den finanziellen Auswirkungen entfällt ein erheblicher Teil auf Niedersachsen. Aber im Interesse der Bürgerinnen und Bürger und der Familien tragen wir diese Belastungen gerne; denn Familienpolitik hat bei der SPD weiterhin einen hohen Stellenwert.
Der Ansatz von Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Entschließungsantrag ist die Besserstellung von Familien und ein verbessertes Betreuungsangebot. Dieser Ansatz ist im Grundsatz richtig. Dabei muss aber klar sein, dass eine völlige Abschaffung des Ehegattensplittings nicht möglich erscheint, und zwar allein schon aus verfassungsrechtlichen Gründen. Es muss darüber geredet werden, inwieweit das Ehegattensplitting mit dem Kriterium der Kinderförderpolitik in Einklang gebracht werden kann. Offensichtlich hat vor allem die CDUFraktion hier ihre Schwierigkeiten. Sie befürchtet nämlich eine Förderung aller Gemeinschaften, in denen Kinder großgezogen werden, also auch der gleichgeschlechtlichen. Diesen Wandel in der Familienpolitik wollen Sie von der CDU-Fraktion das unterstelle ich einmal - auf keinen Fall mitmachen. Sie vertreten offensichtlich die Auffassung, dass sich diejenigen, die alle Formen des Zusammenlebens zur Familie erklären, wenn Kinder dabei sind, als Zerstörer des tradierten Verfassungsansatzes betätigen. Dabei beziehen Sie sich auf Artikel 6 des Grundgesetzes.
Meine Damen und Herren, diese Haltung ist aber in der heutigen Zeit - ganz vorsichtig ausgedrückt sehr umstritten. Aufschluss darüber könnte in Kürze das Bundesverfassungsgericht geben. Das Gericht wird sich positionieren müssen, ob an eheliche Steuervergünstigungen angepasste Vorteile für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Es wäre wünschenswert, meine Damen und Herren, über diese Fragen einen gesellschaftlichen Konsens herbeizuführen.
Es ist zu hoffen, dass wir es schaffen, das Ehegattensplitting zwar nicht abzuschaffen, wohl aber einzuschränken, und dass wir die steuerlichen Einnahmen, die wir dadurch erzielen werden, zugunsten von Kindern, vor allem von Kindern, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden, ausgeben können, und zwar dadurch, dass wir vor allem Familien mit mehreren Kindern oder allein Erziehende mit geringem Einkommen unterstützen.
Meine Damen und Herren, es kann doch nicht richtig sein, dass ein kinderloses Paar, nur weil es verheiratet ist, steuerlich besser gestellt sein soll als die allein erziehende Mutter.
Deswegen könnte eine schrittweise Umwandlung oder Einschränkung des Ehegattensplittings in eine kinderbezogene Förderung der richtige Weg sein. Unser gemeinsames Anliegen muss sein, die Unterstützung stärker auf diejenigen zu konzentrieren, die mit Kindern zusammenleben. Das Geld muss dahin gehen, wo Kinder erzogen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß, dass solche Überlegungen ein heikles Unterfangen sind. Solche Überlegungen rühren nicht nur an einer wichtigen Steuervergünstigung für Eheleute. Das Ehegattensplitting garantiert in seiner maximalen Form immerhin eine jährliche Ersparnis von 20 000 DM. Es stellt sich auch die Frage, wie hoch die Einsparungen tatsächlich ausfallen können; denn das Splitting wird - ich sagte es schon - nicht gegen Null gefahren werden können, weil die gesetzliche Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten nun einmal bedingt, dass Unterhaltsaufwendungen steuerlich berücksichtigt werden müssen.
Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass die SPD-Fraktion in der nächsten Legislaturperiode eine Umgestaltung des Ehegattensplittings vorantreiben wird und dass die Bundesregierung entsprechende Vorschläge unterbreiten wird. Darauf zielt unser Änderungsantrag ab. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn dieser Änderungsantrag hier heute eine breite Zustimmung erfahren würde. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der Abschaffung des Ehegattensplittings geht es um riesige Geldbeträge.
Die Grünen haben das in ihrem Ursprungsantrag auch beziffert: Es geht um 19 Milliarden DM Jahr für Jahr, und es betrifft 90 % der Ehen in Deutschland. Ein wahrhaft wichtiges Thema!
Meine Damen und Herren, entgegen dem Gebot des Artikels 6 des Grundgesetzes soll das Zusammenleben in Form der Ehe von Ihnen, der Fraktion der Grünen und von Teilen der SPD-Fraktion, in Zukunft nicht mehr steuerlich gefördert werden. Hier wird eine gigantische Umverteilung zulasten der Menschen, die sich für die traditionelle Form der Ehe entschlossen haben, geplant. Das machen wir so nicht mit!
(Beifall bei der CDU - Frau Harms [GRÜNE]: Zugunsten der Kinder! – Frau Elsner-Solar [SPD]: Falsch ver- standen!)
Inzwischen ist die Ehe auch bei jungen Leuten wieder in. Man sieht das an den steigenden Zahlen der Eheschließungen. Deshalb ist Ihr Antrag antiquiert.
Meine Damen und Herren, bei der ersten Beratung ist ganz deutlich sowohl vonseiten der SPD als auch sogar von Herrn Schwarzenholz gesagt worden, dass in erster Linie Arbeitnehmerhaushalte betroffen sein werden. Der überwiegende Teil der 19 Milliarden DM, die Sie abkassieren wollen, wird von Arbeitnehmerhaushalten gezahlt werden müssen. Ich nenne Ihnen dazu ein Beispiel: Für ein Ehepaar, bei dem einer verdient und der andere im Haus z. B. kranke Angehörige versorgt und zusätzlich noch ehrenamtlich tätig ist, das ein steuerliches Einkommen von 45 000 DM im Jahr hat, bedeutet die Abschaffung des Ehegattensplittings – Frau Pothmer, hören Sie bitte genau zu, damit Sie die Summe behalten – einen Verlust von 4 279 DM im Jahr.
(Frau Elsner-Solar [SPD]: Es geht um eine Einschränkung! – Bontjer [SPD]: Wir reden gar nicht von Abschaf- fung!)
- Wie wollen Sie denn sonst 19 Milliarden DM zusammenbringen? Sie haben in der ersten Beratung deutlich gemacht, dass Sie sich auch mit 13 Milliarden DM zufrieden geben würden. Dann sind es immer noch mehr als 3 000 DM, mit denen Sie ein solches Arbeitnehmerehepaar zusätzlich belasten. Das wollen wir nicht!
Meine Damen und Herren, drei Viertel aller Arbeitnehmerhaushalte hätten im Gegensatz zu Selbständigen, die bestimmte Steuergestaltungsmöglichkeiten haben, eine massive Kürzung ihres Einkommens hinzunehmen. Es ist daher doppelt ungerecht, die große Mehrheit der Bevölkerung in einem solchen Ausmaß zu belasten, da sie ohnehin keine Reallohnsteuerzuwächse hat und unter der Ökosteuer leidet.
Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zu einem Thema, mit dem sich besonders die Grünen auseinander setzen sollten. Ich nenne Zahlen, die wir in der letzten Woche von der Kreissparkasse Hannover erfahren haben. Es geht um Steuergeschenke für Großbanken. 1998, im letzten Jahr der Regierung von CDU und FDP haben die Großbanken in Deutschland 5,8 Milliarden DM Steuern gezahlt.