Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Nachdem der Landtag diese Entschließung verabschiedet hatte, hat sich herausgestellt, dass die Realisierung des HN-Modells einmalige Investitionskosten von 32 Millionen DM und jährliche Unterhaltungskosten von 1 Million DM erfordert, ohne dass damit die endgültige Lösung der Verschlickungsproblematik gewährleistet ist.

Neben diesen erheblichen Kosten ist erschwerend hinzugekommen, dass im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens - im Übrigen bis heute - nicht hat geklärt werden können, ob die Verschlickung aufgrund der Weservertiefung oder der Jahrhunderte andauernden natürlichen Veränderung des Wattenmeeres eingetreten ist. Vom Ergebnis dieses Beweissicherungsverfahrens wird es abhängen, ob die Kostenlast vom Bund als dem für die Bundeswasserstraße Weser Verantwortlichen oder vom Land Niedersachsen zu tragen ist.

Im Unterschied zu den Einsendern der Eingaben, die zu diesem Antrag vorliegen, bin ich nicht der Auffassung, dass das Land dem Verschlickungsproblem untätig zugesehen hat. So hat sich das Land verpflichtet, die Hafeneinfahrten frei zu halten.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Einen Augenblick, Herr Kollege Buß. - Meine Damen und Herren, ich möchte einige darauf aufmerksam machen, dass wir noch in den Beratungen sind und dass der Kollege Buß das Wort hat, sonst niemand. Nach Abschluss der Beratungen kann ich Ihnen vielleicht noch eine etwas erfreulichere Mitteilung machen. Aber darauf muss ich Sie jetzt gespannt warten lassen. Das geht am besten, wenn Sie jetzt zuhören. - Bitte sehr!

Danke schön, Herr Präsident. - So hat sich das Land verpflichtet, die Hafeneinfahrten frei zu halten, und es ist dieser Verpflichtung auch zur Zufriedenheit der Butjadinger nachgekommen. Außerdem hat sich das Land bereit erklärt, sich mit 10 Millionen DM an dem Bau des Badepolders zu beteiligen,

(Beifall bei der SPD)

dessen Realisierung 12 Millionen DM kostet.

(Mientus [SPD] Viel zu viel!)

Die Ministerin Frau Dr. Knorre hat diese Zusagen in der vorletzten Woche im Ausschuss noch einmal bestätigt. Die Landesregierung hat sich nicht ihrer Verantwortung entzogen, sondern hat dafür Sorge getragen, dass die Zufahrt zum Hafen Fedderwardersiel erhalten bleibt. Somit wird auch die Zusage des Ministerpräsidenten vom 24. Januar 2001 umgesetzt. Jeder - ich betone es -, der nur etwas vom Wattenmeer versteht, weiß, dass sich Strömungsverhältnisse, die Wassertiefen und dadurch die Verschlickung der Priele und der Hafeneinfahrten ständig ändern und Maßnahmen deshalb immer angepasst werden müssen.

(Wegner [SPD]: Da spricht ein Fach- mann!)

Aus diesem Grund läuft der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ins Leere und wird von uns abgelehnt. Die Eingaben müssen somit mit „Unterrichtung über die Sach- und Rechtslage“ beschieden werden, wie es der Ausschuss empfohlen hat. Es ist falsch, wie Herr Wiesensee in der Presse am 21. November behauptet hat, dass die Eingaben abgelehnt wurden. Den Unterschied zwischen „Unterrichtung über die Sach- und Rechtslage“ und „Ablehnung“ oder „Erledigung“ kennen Sie ganz genau, Herr Wiesensee. Deshalb sollten

Sie solche Presseerklärungen nicht abgeben, weil sie falsch sind.

Die Opposition von CDU und Grünen war bei den Eingaben für den Beschluss „Berücksichtigung“, ohne aber zu sagen, wie und zu welchen Kosten. Das HN-Modell wird auch vonseiten der Opposition aus Kostengründen finanziell nicht für realisierbar gehalten, so wörtlich im Ausschuss für Häfen und Schifffahrt. Es gibt somit keine Alternative zur Handlungsweise der Landesregierung. Sie hat deshalb auch die Unterstützung durch die SPD-Fraktion. Wir werden den Antrag der Grünen ablehnen. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Wiesensee hat das Wort.

(Wegner [SPD]: Nach diesen Ausfüh- rungen braucht niemand mehr etwas zu sagen!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist leider nicht so, dass ich all dem zustimmen kann, was der Kollege Buß von sich gegeben hat.

(Wegner [SPD]: Das habe ich auch nicht erwartet!)

Die Politik, meine Damen und Herren, zumal die Landespolitik und die Landesregierung haben in Butjadingen nun einmal dramatisch an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Der von der CDU-Fraktion initiierte einstimmig gefasste Landtagsbeschluss vom November 1997 hatte nun einmal einige Kernpunkte. Ich will sie nicht alle wiederholen, aber einige doch noch einmal herausstellen.

So sollten vor der Erteilung des Einvernehmens zum Planfeststellungsbeschluss zur Weservertiefung die niedersächsischen Belange berücksichtigt werden. Die durch die Weservertiefung eintretende zukünftige Verschlickung sollte beseitigt werden. Die uneingeschränkte Hafennutzung wurde schon angesprochen. Es wurde auch zugesagt, dass ein moderater Eingriff in den Nationalpark, wie er sich aus dem vorgestellten HN-Modell ergibt, akzeptiert wird.

Noch im Februar 1998 hat die Landesregierung gesagt: Wir werden kein Jota vom Beschluss abweichen und uns notfalls verklagen lassen. - Bei Beschlussfassung, meine Damen und Herren, war durchaus klar, dass das Einvernehmen vom Bund gerichtlich erzwungen werden konnte, das Ausbauvorhaben aber keinen Zeitverzug vertragen konnte und damit über die Zeitschiene die Möglichkeit bestand, den Bund und das Land Bremen an der Beseitigung der Schäden an Butjadingens Küste zu beteiligen.

Der damalige Ministerpräsident Schröder hat sich dann über diesen Landtagsbeschluss hinweggesetzt und das Einvernehmen erklärt. Angeblich hat er dabei ein umfängliches Beweissicherungsverfahren ausgehandelt, was meines Erachtens in einem solchen Verfahren eine Selbstverständlichkeit ist, wahrscheinlich aber auch nichts nützt, weil hinterher noch einige Baumaßnahmen durchgeführt wurden.

Da sich die Landesregierung der Möglichkeit begeben hat, den Bund und Bremen an den Kosten für die Beseitigung der Verschlickung zu beteiligen, muss sie - das ist nur folgerichtig - allein für die Beseitigung aufkommen. Es stehen noch aus: ein ungehinderter Badebetrieb und eine uneingeschränkte Hafennutzung. Der ungehinderte Badebetrieb soll durch einen Badepolder gewährleistet werden. Für diesen Badepolder ist aber auch ein intakter Fedderwarder Priel erforderlich, der die Be- und Entwässerung des Polders sicherstellt. Dazu muss noch einiges getan werden, vor allem wenn man daran denkt, dass die Be- und Entwässerung durch den Nationalpark Wattenmeer gehen.

Die uneingeschränkte Hafennutzung in Fedderwardersiel ist zurzeit nicht möglich. Das Zeitfenster zum Aus- und Einlaufen des Ausflugsschiffes und der Fischkutter hat sich seit 1997 um insgesamt zwei Stunden vermindert. Die am 13. Oktober 1999 zwischen den Nutzern, der Gemeinde und dem Land vereinbarte 40 m breite Fahrrinne auf SKN - 1 m wird nicht eingehalten. Wenn weiter so verfahren wird, werden noch mehr Fischer aus Fedderwardersiel abwandern und damit die Attraktivität dieses Hafens weiter vermindern, nicht nur für die seebezogenen Berufe, sondern auch für den Tourismus.

Am 25. Januar 2001 konnten wir in der örtlichen Presse lesen: Ministerpräsident Gabriel hat eine schriftliche Hafenzufahrtsgarantie für Fedderwardersiel zugesichert. Oder: Das Land garantiert die

Zufahrt auch schriftlich. Das sagte Ministerpräsident Gabriel dem Bürgermeister Blumenberg und dem Landrat Zempel zu.

Mit Schreiben vom 7. Mai 2001, also nach gut vier Monaten, wird diese Zusage relativiert, indem die am 13. Oktober 1999 vereinbarte 40 m breite Fahrrinne auf SKN - 1 m als Orientierungswert, der jeweils unter Kostengesichtspunkten optimal gelöst wird, zugesagt wurde. Diese Zusage, meine Damen und Herren, hat nun nichts, aber auch gar nichts mit einer uneingeschränkten Hafennutzung zu tun.

Die Gemeinde Butjadingen, die Bürgerinitiative, die Sportschifffahrt, der Landkreis und viele Einwohner haben sich mehrfach mit Petitionen, Resolutionen und Schreiben an die Landesregierung und an den Landtag gewandt.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Die jüngsten gleichlautenden Resolutionen der Gemeinde und des Kreistages vom 11. Dezember dieses Jahres stellen einstimmig, also mit den Stimmen der SPD vor Ort, fest: Die im Beschluss vom November 1997 formulierten Zusagen sind nicht umgesetzt.

Die Bevölkerung in Butjadingen und der Wesermarsch ist mehrheitlich durchaus für einen weiteren Ausbau der Containerterminals III A und IV in Bremerhaven und den Ausbau des Weser-JadePorts. Vor Ort wird man aber nicht bereit sein, weitere Fahrwasservertiefungen hinzunehmen, die den Schlickanfall weiter dramatisch ansteigen lassen.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Es besteht dringender Handlungsbedarf. Bisher ist meines Erachtens nicht ernsthaft mit Bremen verhandelt worden, auch mit dem Bund nicht. Der Bürgermeister von Bremen, Herr Scherf, hat dem Landrat Zempel - so hat er mir heute noch einmal versichert - mehrfach Unterstützung zugesagt, die ernsthaft ausgelotet und, wie ich meine, auch eingefordert werden muss. Die Bevölkerung von Butjadingen, wo mehr als 1 400 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, wenn der Tourismus wegbricht, hat einen Anspruch auf volle Unterstützung durch das Land.

(Beifall bei der CDU)

Die Region Butjadingen steht mit dem Rücken an der Wand - an der Schlickwand, wie man hier sa

gen muss - und wird durch das Verhalten der Landesregierung gezwungen, mit allen Mitteln gegen weitere Verschlechterungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Fremdenverkehrswirtschaft, die Fischer und die Schifffahrt anzukämpfen.

(Mientus [SPD]: Können wir das nicht im Kreistag regeln?)

Wir bitten, den mehrheitlich gefassten Ablehnungsbeschluss des Fachausschusses nicht mitzutragen. Herr Buß, die Eingaben mit einer Unterrichtung über die Sach- und Rechtslage zu bescheiden, bedeutet faktisch eine Ablehnung. Wenn es keine Ablehnung wäre, dann hätten Sie empfohlen, die Eingaben der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen.

(Zustimmung bei der CDU)

Das konnten und wollten Sie nicht. Meines Erachtens ist das eine Beerdigung 1. Klasse und damit eine Ablehnung.

(Beifall bei der CDU - Wulff (Osna- brück) [CDU]: Die sind in Butjadingen richtig verladen worden!)

Das Wort hat Frau Ministerin Dr. Knorre.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung für den Priel bewusst. Wir haben uns im weitgehenden Einvernehmen mit allen Beteiligten zu folgenden Schritten entschlossen:

Erstens. Um die Schiffbarkeit der Zufahrt und damit die Funktion als Watthafen zu erhalten, bedarf es keiner großen wasserbaulichen Ausbaumaßnahme. Im Gegenteil, neueste Untersuchungen durch die Forschungsstelle Küste belegen, dass die Morphologie in diesem Teil des Watts sehr dynamisch ist und dass erhebliche Zweifel bestehen, mit dem großen Wasserbau das Problem in den Griff zu bekommen. Meine Damen und Herren, dieses Gutachten, das in Kürze fertig gestellt sein wird, wird auch in der Region präsentiert werden, um diese Ergebnisse auch dort vor Ort bekannt zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Häfen- und Schifffahrtsverwaltung hat zusammen mit den Nutzern vorzuhaltende Abmessungen als Orientierungswerte festgelegt. Hierbei wurden die Verkehrs- und Zufahrtsverhältnisse der letzten zehn Jahre zugrunde gelegt. Auf mögliche Anpassungen und Änderungen wurde immer wieder hingewiesen. Dem Zweck der Freihaltung der Hafenzufahrt diente die Baggerung im Herbst letzten Jahres.

Frau Staatssekretärin Grote hat im Mai dieses Jahres schriftlich zugesagt, dass in dem bislang verabredeten Rahmen die Zufahrt zum Hafen zu erhalten ist. Damit wird auch die Zusage des Ministerpräsidenten vom Anfang dieses Jahres umgesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Das zuständige Hafenamt ist an diese Weisung gebunden und wird auch in Zukunft alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, sofern sie wirtschaftlich vertretbar und fachlich zielführend sind.

Meine Damen und Herren, nun zum zweiten Punkt, nämlich zu den Bademöglichkeiten: Der geplante Badepolder ermöglicht - das ist das Ziel das Baden in der Nordsee zu Zeiten, in denen an anderen Stellen das Baden nicht mehr möglich ist, im Rahmen dieses Badepolders. Das ist ein echter Mehrwert für Butjadingen. Die Vorbereitungen dafür liegen im Zeitplan. Die Gemeinde Butjadingen als Auftraggeber hat das Planfeststellungsverfahren für den Badepolder eingeleitet. Die Landesregierung - ich wiederhole es - steht zu der Zusage, dass wir uns mit 10 Millionen DM an dieser Investition beteiligen werden.