Protokoll der Sitzung vom 13.02.2002

In unserem Entschließungsantrag haben wir auf die wesentlichen und tatsächlichen Fakten der öffentlichen Sicherheit hingewiesen. Wir haben in Niedersachsen eine sehr gut ausgebildete Polizei, die in den letzten Jahren mit spürbaren Erfolgen dem Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger Rechnung trägt. Die Zahl der Straftaten insgesamt ist deutlich zurückgegangen, und die Aufklärungsquote hat einen in der Geschichte des Landes einmaligen Höchststand erreicht.

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie sollten sich hüten, mit Ihren Anträgen billige parteipolitische Spielchen zu betreiben. Das funktioniert mit uns in Niedersachsen nicht.

(Beifall bei der SPD)

Dazu sind die Probleme, um die es geht, zu ernst.

Ich kann nur wiederholen: Wir werden Ihren Gesetzentwurf und Ihren Entschließungsantrag ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Buchheister. - Jetzt hat Herr Kollege Schünemann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion ist nun wirklich der letzte Beweis dafür, dass Sie eine lange Phase der Regeneration in der Opposition benötigen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Lachen bei der SPD)

Wenn das, was Sie hier aufgeschrieben haben, tatsächlich die Antwort auf die neuen Herausforderungen und Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus ist, dann - das muss man einfach einmal so feststellen - ist das der Sozialdemokratie wirklich unwürdig.

(Mühe [SPD]: Sie müssen sich nicht unseren Kopf machen!)

Sie haben in dem Antrag zehn Punkte aufgeschrieben oder aufschreiben lassen, in denen Sie lediglich feststellen, was selbstverständlich oder wirklich schlicht und einfach banal ist. Wenn man die Lyrik weglässt und Ihnen einfach einmal die Kernsätze aus Ihrem Antrag vorhält, dann wird auch für Sie sicherlich deutlich werden, dass das, was Sie aufgeschrieben haben, nichts anderes als inhaltlose Feststellungen sind.

(Beifall bei der CDU)

In der Nr. 1 fordern Sie den Landtag auf festzustellen, dass die Anschläge auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington am 11. September 2001 schrecklich waren. Damit haben Sie uneingeschränkt Recht.

(Zurufe von der SPD: Mit den folgen- den Punkten auch!)

In der Nr. 2 fordern Sie den Landtag auf festzustellen, dass Niedersachsen ein sicheres Land bleibt. Wenn es denn tatsächlich so wäre, wenn wir

das jetzt hier beschließen könnten, dann sollten wir das so schnell wie möglich tun.

In Nr. 3 fordern Sie, dass der Landtag wider besseren Wissens feststellt, dass die Polizei in Niedersachsen ausnahmslos hochmodern ausgestattet ist. Meine Damen und Herren, dann empfehle ich Ihnen wirklich einmal, zu den Polizeiinspektionen zu gehen und sich ein Bild davon zu machen, unter welchen Bedingungen viele Polizeiinspektionen und Kommissariate arbeiten müssen. Dann können Sie das wirklich nicht zur Abstimmung stellen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Ich weiß, dass es mittlerweile schwer ist, all das, was Sie aufgeschrieben haben, noch einmal zu hören.

Unter Nr. 4 fordern Sie, dass der Landtag feststellt, dass es in Deutschland auch noch weitere Personen gibt, die zur Verübung von Anschlägen bereit sind. Auch das ist allerdings leider Gottes richtig.

Unter Nr. 5 stellen Sie - das ist sehr bemerkenswert - fest, dass - gegen den langjährigen Widerstand der SPD - nunmehr die Rasterfahndung eingeführt worden ist und dass die Aufzeichnung von Videoüberwachung möglich ist. Sie wollen tatsächlich, dass wir das beschließen. Das machen wir sehr gerne mit. Aber weil wir gerade über die Rasterfahndung sprechen: Sie sehen, welche Folgen es hat, wenn man die Rasterfahndung nicht rechtzeitig in das Gesetz aufnimmt. 35 000 Daten, Herr Innenminister, sind gesammelt. Diese Daten liegen nun dort und können bis heute nicht ausgewertet werden, weil die Computerprogramme gar nicht kompatibel sind. Man muss doch rechtzeitig dafür Sorge tragen, dass das möglich ist.

(Beifall bei der CDU)

Insofern muss ich mich überhaupt nicht wundern, dass der Datenschutzbeauftragte die Erhebung von 35 000 Daten hinterfragt, die im Moment überhaupt nicht verwendet werden. Wenn im Oktober klar gewesen wäre, dass, wenn wir die Rasterfahndung beschließen, im Februar dieses Jahres mit der Auswertung der Daten noch überhaupt nicht begonnen worden ist, dann hätten wir sicherlich gesagt, dass das ein Skandal ist. Es ist heute noch ein Skandal, meine Damen und Herren, dass Sie immer noch nicht weiter sind.

(Beifall bei der CDU)

Dann wollen Sie, dass wir unter Nr. 7 feststellen, dass die niedersächsischen Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht unter Generalverdacht gestellt werden sollen. Damit haben Sie allerdings auch Recht.

Unter Nr. 8 fordern Sie tatsächlich, dass der Landtag feststellt, dass die SPD-Fraktion in Bonn und in Berlin die Kronzeugenregelung abgeschafft hat. Wir brauchen die Kronzeugenregelung doch, Herr Minister Pfeiffer. Als Sie noch in einem anderen Amt waren, haben Sie doch dafür geworben. Aber Ihre Bundesregierung in Berlin hat die Kronzeugenregelung abgeschafft. Und dann wollen Sie auch noch, dass wir das feststellen. Wenn Sie das wollen, tun wir das gerne, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Unter Nr. 9 wollen Sie auch noch festgestellt haben, dass es Gesetze gibt, die man tatsächlich in Anwendung stellen soll. Auch damit, dass man Gesetze anwenden soll, haben Sie natürlich Recht.

Jetzt wird es allerdings interessant, meine Damen und Herren. Die SPD-Fraktion will, dass der Landtag feststellt, dass er den Haushalt 2002/2003 verabschiedet hat. Der Landtag soll heute wider besseren Wissens beschließen und feststellen, dass das Land 500 zusätzliche Polizeibeamte eingestellt hat. Nicht nur wir als Opposition, sondern auch die Gewerkschaften haben Ihnen doch nun längst bewiesen, dass das Luftbuchungen gewesen sind und dass das schlichtweg nicht stimmt. Und das sollen wir heute feststellen? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall bei der CDU - Krumfuß [CDU]: Genau so ist es!)

Abschließend sollen wir nochmals feststellen, dass Niedersachsen ein sicheres Land bleibt.

Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist der Sozialdemokratie wirklich unwürdig. Sie sollten die Notbremse ziehen und diesen Antrag jetzt noch zurückziehen. Das ist schlichtweg peinlich.

(Beifall bei der CDU)

Da macht es schon mehr Sinn, sich ausführlich mit unserem Antrag und mit unserem Gesetzentwurf auseinander zu setzen. Sie werden doch nicht bestreiten, dass die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist. Allein im letzten Jahr ist durch

Organisierte Kriminalität ein registrierter Schaden in einer Größenordnung von 4 Millionen Euro bzw. 8 Millionen DM entstanden; die Dunkelziffer ist noch erheblich höher.

(Biallas [CDU]: Hundertfach!)

Meine Damen und Herren, gucken Sie sich an, was in anderen Ländern im Zusammenhang mit der Organisierten Kriminalität passiert. Dort wird massiv Einfluss auf Staat und Gesellschaft genommen. Mafiose Strukturen und Syndikate, die in unserem Land zum Glück noch nicht so ausgeprägt sind, sind in diesem Zusammenhang die Stichworte. Aber die Gefahr und der Versuch, solche Strukturen zu schaffen, sind doch vorhanden; darüber kann man doch nicht hinwegtäuschen. Deshalb müssen wir alles unternehmen, um diese Organisierte Kriminalität mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu bekämpfen.

(Beifall bei der SPD)

Organisierte Kriminalität gefährdet natürlich nicht nur den Staat oder die Gesellschaft, sondern jeder einzelne Bürger ist gefährdet. Was fällt denn unter das Stichwort Organisierte Kriminalität? Rauschgiftkriminalität, Kfz-Diebstahl, Menschenhandel und mittlerweile auch Wohnungseinbrüche. Meine Damen und Herren, diesbezüglich müssen wir doch jetzt handeln.

(Frau Wörmer-Zimmermann [SPD]: Das tun wir doch schon lange!)

Ich sage Ihnen jetzt, warum es wichtig ist, dass wir nicht nur die Polizei und die Staatsanwaltschaften einsetzen, sondern warum es auch Sinn macht, den Verfassungsschutz einzusetzen.

(Frau Stokar von Neuforn [GRÜNE]: Vielleicht noch die Bundeswehr?)

Bei Kfz-Diebstählen und anderen Diebstählen bekommen wir sicherlich den Dieb oder denjenigen, der den Diebstahl veranlasst hat, aber die Strukturen der Organisierten Kriminalität können wir eben nicht angreifen. Das ist das Problem. Der Verfassungsschutz ist prädestiniert, um in diesem Bereich einzugreifen und Vorfeldbeobachtungen durchzuführen.

(Beifall bei der CDU - Krumfuß [CDU]: Richtig! Genau so ist es!)

Welche Vorteile hat denn der Verfassungsschutz? Er hat die Kompetenz, schon allein bei der Vor

feldbeobachtung im Bereich Extremismus, Rechtsextremismus oder Linksextremismus Strukturen zu erkennen und sie auch aufzuklären. Es geht doch darum, diese Strukturen zu zerschlagen.

Außerdem kann der Verfassungsschutz noch sehr viel früher eingreifen, als dies dem Staatsschutz und der Polizei möglich ist. Der Staatsschutz kann nur eingreifen, wenn eine Gefahr vorliegt. Der Verfassungsschutz hingegen kann schon Vorfeldbeobachtungen machen, wenn Indizien vorhanden sind. Nur auf diese Weise ist es doch möglich, die Strukturen tatsächlich aufzubrechen.

Der Verfassungsschutz ist nicht in jedem Falle dem Legalitätsprinzip unterworfen. Wenn Straftaten im Anfangsstadium bzw. in kleineren Bereichen aufgedeckt werden, müssen sie vom Verfassungsschutz nicht gleich zur Anzeige gebracht werden, weil man dadurch vielleicht an Strukturen herankommt. Das ist Gott sei Dank dem Staatsschutz und der Polizei nicht möglich.

Meine Damen und Herren, auch wenn sich das NPD-Verbotsverfahren schwierig gestaltet, garantiert der Verfassungsschutz immerhin auch den Quellenschutz. Das ist bei dem Staatsschutz und auch der Polizei nicht möglich. Das zeigt, dass das Verfahren, wie es in Bayern und mittlerweile auch in Hessen und im Saarland möglich ist, sinnvoll ist, dass nämlich der Verfassungsschutz im Vorfeld beobachtet, um die Strukturen der Organisierten Kriminalität wirksam zu bekämpfen.

(Beifall bei der CDU)