Meine Damen und Herren, für mich ist diese Argumentation sehr wenig stichhaltig; denn das bisherige Vorgehen nach Bergrecht ohne jede Öffentlichkeitsbeteiligung dauert nach derzeitigen Einschätzungen mindestens bis zum Jahr 2015, und
niemand hier im Saal würde wahrscheinlich ernsthaft dafür argumentieren, dass man in Morsleben nicht nach Atomgesetz, sondern schlicht nach Bergrecht verfahren sollte.
Die zuständige Aufsichtsbehörde für dieses ganze Thema ist das Niedersächsische Umweltministerium. Meiner Meinung nach ist es an der Zeit, dass sich diese Aufsichtsbehörde dafür einsetzt, dass das Asse-Verfahren so geführt wird, wie es dem Problem angemessen ist. Erst das Vorgehen nach Atomrecht - wenn man das Kalkar-Urteil des Bundesverfassungsgerichts ernst nimmt - ermöglicht einen effektiven Grundrechtsschutz. Das Bergrecht sieht eine Öffentlichkeitsbeteiligung nicht vor. Erst - das ist noch gravierender - durch die Anwendung des Atomrechtes würden die Interessen der Anwohner angemessen berücksichtigt. Erst die Anwendung des Atomrechtes würde sicherstellen, dass der Stand von Wissenschaft und Technik, die Sachkunde der Mitarbeiter und letztlich auch die Anwendung der Atomrechtlichen Verfahrensordnung gewährleistet würden.
Unseren Antrag halte ich für in der Sache ausgesprochen angemessen. Ich bin der Auffassung, dass das Problem bisher nicht angemessen bearbeitet worden ist, und ich würde mich freuen, wenn dieses Ansinnen nicht schlicht zurückgewiesen würde, wie dies schon in einer Antwort auf meinen Brief an die zuständige Ministerin in Berlin erfolgt ist. Auf die Vorschläge des Umweltministeriums bin ich jedenfalls gespannt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche hier ein wenig auch als Betroffener, natürlich aber auch für die SPD-Landtagsfraktion. Ich wohne 10 km vom Schacht Asse, 25 km von Morsleben und 25 km vom angedachten Endlager Schacht Konrad entfernt. Wir müssen feststellen: Der Raum Braunschweig/Salzgitter/Peine/Wolfenbüttel/Helmstedt mit knapp 1 Million Menschen wird betroffen sein, wenn von den bestehenden bzw. den angedachten Endlagern schädigende Wirkungen ausgehen sollten. Insofern bin ich betroffen. Auch meine Familie ist betroffen. Große
Teile der Bevölkerung im Braunschweiger Land haben Sorgen und Ängste in Bezug auf die Zukunft und in Bezug auf negative Auswirkungen von Asse II, von Morsleben und eventuell Schacht Konrad.
Deshalb haben sich die Sozialdemokraten im Bereich von Wolfenbüttel und im Großraum Braunschweig in den vergangenen Jahrzehnten ohne Wenn und Aber entschieden gegen eine Einlagerung in Asse II, in Morsleben und in Schacht Konrad gewehrt und eine solche Einlagerung abgelehnt. Wenn man sich die in Asse II in den 60erund 70er-Jahren vorgenommene Einlagerung einmal ansieht, dann kommt man zu der Einschätzung, dass diese Einlagerung - höflich ausgedrückt - unsachgemäß ist. Die große Mehrzahl der dort eingelagerten 1 300 Fässer wurde schlicht und einfach auf einen Gabelstapler oder einen Kipplader gepackt und in der Grube einen Abhang hinuntergekippt und mit Salzmehl verdichtet. Die Fässer liegen jetzt dort, eingebacken und fest eingefügt wie Rosinen in einen Kuchen. Von Rückholbarkeit kann überhaupt keine Rede mehr sein. Es ist völlig unmöglich, diese Fässer zurückzuholen.
Insofern hat sich das Versuchsbergwerk zu einem Endlager entwickelt. Wir Sozialdemokraten in der betroffenen Region haben immer die hohe Qualität, die Fachlichkeit und die Integrität der GSF anerkannt. Dennoch müssen wir noch einige Bemerkungen zum bisherigen Ablauf der Dinge machen.
Erstens. Die mangelhafte Standsicherheit des Berges und die damit zusammenhängenden Gefahren wurden jahrelang heruntergespielt, nicht genannt oder als irrelevant abgetan. Erst Anfang 1990 wurde deutlich, dass weite Teile der Bergwerks dringend verfüllt werden müssen. Immerhin 2 Millionen m³ Salz sind dafür notwendig. Heute wissen wir, dass auch die restlichen Kavernen und Stollen mit immerhin noch einmal 0,5 Millionen m³ verfüllt werden müssen, um die Standsicherheit des Bergwerks zu gewährleisten. Das ist über Jahrzehnte nicht so gesehen worden. Die Bevölkerung wurde in dieser Frage hingehalten und nicht ordentlich informiert. Frau Harms hat in diesem Punkt absolut Recht.
Zweitens. Ursprünglich hieß es „Forschungsbergwerk“. Dann änderte sich der Name in „Versuchsendlager“. Der Versuch ist lange beendet, meine Damen und Herren, aber die Versuchsobjekte sind nicht mehr rückholbar. Das hätte bei einem wissenschaftlich ordentlich durchgeführten Versuch eigentlich nicht sein dürfen, weil schon immer klar war: Das Bergwerk ist auf Dauer für ein Endlager ungeeignet.
Drittens. Wir haben immer davor gewarnt, dass es zu Wassereinbrüchen und damit zur Laugenbildung kommen kann. Diese Warnungen wurden über viele Jahre nicht ernst genommen. Heute wissen wir: Pro Tag treten 12 m³ Wasser bzw. Lauge ein. Ich will es nur einmal auf ein Jahr hochrechnen: Das sind 4 380 m³ oder, um es bildlich zu machen, zwei Schwimmbecken in der Größe von 50 m mal 20 m mal 2 m. Berechnen Sie das einmal für einen längeren Zeitraum! Dann können Sie sich vorstellen, welche Mengen an Wasser dort einbrechen werden. Was daraus dann entstehen kann, macht uns schon große Sorgen und bereitet auch Ängste. Klar ist nämlich: Diese eingebackenen Fässer werden irgendwann von diesem Wasser erreicht. Ich meine daher schon, dass im Abschlussbetriebsplan der GSF deutlich gemacht werden muss, wie man diese Bereiche mit welchen Materialien so gut schützen will, dass am Schluss die Langzeitsicherheit auch tatsächlich gewährleistet ist.
Wir müssen darauf achten, dass das Geldargument hier keine Rolle spielt. Die GSF, die vom Bund finanziert wird, und der Bund wollen das Verfahren natürlich so schnell wie möglich beenden, um Geld zu sparen. Aber eines ist klar: Sicherheit und Zuverlässigkeit kommen in jedem Fall - das ist gar keine Frage - vor dem Geld. Deswegen habe ich großes Vertrauen in unseren Umweltminister und in unser Umweltministerium, wo ja die Fachaufsicht liegt. Sie werden darauf achten, dass die Verfahren, die im Abschlussbetriebsplan vorgeschlagen werden, auch geeignet sind, einen Zustand zu erreichen, bei dem wir wirklich von Langzeitsicherheit sprechen können.
Ich stimme den Grünen in Folgendem ausdrücklich zu: Der Landtag muss regelmäßig unterrichtet werden, die Öffentlichkeit muss umfassend unterrichtet werden, es muss zu Anhörungen kommen, es muss zu Vorträgen kommen, und es muss zu Besichtigungen kommen, um klarzumachen, dass das, was dort für die nächsten Jahre geschehen soll,
Die Frage, die die Grünen stellen, ob nämlich das ganze Verfahren zum Schluss nach dem Bergrecht oder nach dem Atomrecht abzuwickeln ist, ist für uns geklärt. Das Bundesumweltministerium und das Forschungsministerium sowohl unter der Regierung Kohl als auch unter der Regierung Schröder, also vor 1998 und nach 1998, haben deutlich gemacht, dass für sie das Bergrecht infrage kommt. Das betrifft auch Herrn Trittin, der sich für nicht zuständig erklärt. Nach wie vor ist das Forschungsministerium zuständig. Wir sind der Auffassung: Es ist korrekt, es ist in Ordnung, und es eröffnet genügend Möglichkeiten der Beteiligung der Öffentlichkeit, wenn wir nach dem Bergrecht verfahren, wonach das Bergwerk seit 1964 behandelt wird. Alle Institutionen, die beteiligt sind, sind der Auffassung: Es muss nach Bergrecht, also von Clausthal-Zellerfeld aus, beurteilt und bewertet und von Hannover aus kontrolliert werden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Harms, Ihren Antrag könnte man eigentlich relativ kurz abhandeln. Im ersten Absatz stellen Sie fest, dass derzeit ein dauerhafter Abschluss der in der Asse eingelagerten schwach- und mittelradioaktiven Abfälle von der Biosphäre nicht gegeben ist. Das ist so, und deshalb wird ja ein Abschlussverfahren eingeleitet. Diese Feststellung kann ich also nur unterstützen und unterstreichen. Das kann jeder tun, der sich mit der Sache beschäftigt.
Zweitens stellen Sie in Ihrem Antrag die Forderung, dass über das Verfahren, das nunmehr laufen wird, unterrichtet wird. Auch das ist wohl selbstverständlich. Die Praxis im Umweltausschuss bei ähnlichen Dingen in der Vergangenheit war auch immer so, gerade wenn es um Radioaktivität oder um Kernbrennstoffe ging - hierbei geht es nicht um Kernbrennstoffe, aber um Radioaktivität -, dass wir eine Unterrichtung gefordert haben und sie im Allgemeinen auch in ausreichender Form erhalten haben.
Den dritten Punkt verstehe ich nicht so ganz. Ich weiß nicht, wohin Ihr Antrag da im Detail zielt. Sie fordern ein förmliches atomrechtliches Planfeststellungsverfahren für die Anlage, obwohl Sie wissen, dass es 1967, beim Start der Einlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle in die Asse, ein Endlagerverfahren nicht gab. Der § 9 b ist bekannterweise erst 1976 mit der vierten Novelle in das Atomgesetz aufgenommen worden. Damals ist nach einem Verfahren zum Umgang mit radioaktiven Stoffen nach der Strahlenschutzverordnung gearbeitet worden. Das alles heute aufzuarbeiten hieße ja: rausnehmen, Verfahren durchführen, möglicherweise Ja sagen, alles wieder hineinbringen. Das können Sie doch wohl nicht ernst meinen!
(Frau Harms [GRÜNE]: Sie wissen doch, dass ich nicht so blöde bin, wie Sie es darzustellen versuchen, Herr Stumpf!)
Wenn Sie tatsächlich unterstellen, Frau Harms, dass das Material ausgelagert - das vermute ich beinahe hinter dem dritten Punkt Ihres Antrags;
(Frau Harms [GRÜNE]: Nein! Sie sind wirklich unsachlich! Völlig un- sachlich! Ich nehme an, Sie gehören zu denen, die das mit eingebrockt ha- ben!)
von Ihnen habe ich ja auch schon manches in dieser Richtung gehört - und nach Gorleben oder nach Konrad verbracht werden muss, dann müssten Sie zunächst einmal den Antrag stellen, das Moratorium für das Endlager Gorleben aufzuheben und das Verfahren für das Endlager Konrad zu beschleunigen.
So hätte dieser Antrag eigentlich abgehandelt werden können, und ich wäre damit am Ende meiner Rede.
Aber ein bisschen hat mich das aufgebracht, was Sie, Herr Mühe, dazu gesagt haben. Sie verteilen hier Wertungskarten. Sie müssen eines bedenken: Die Asse ist eingerichtet worden und im Wesentli
chen betrieben worden unter einer SPDLandesregierung und - das kann ich aus eigener Anschauung sagen, weil ich damals in dem Bereich tätig war - unter Einflussnahme des Bundeskanzlers Helmut Schmidt und des damaligen Forschungsministers Volker Hauff.
- Ich wollte das nur noch einmal deutlich gesagt haben, Herr Mühe. - Ernst Albrecht, der damalige Ministerpräsident, hat nämlich 1978 gegen den heftigen Widerstand des Bundeskanzlers die weitere Einlagerung in die Asse verhindert. Der Bundeskanzler und der Forschungsminister, beide SPD, wollten weiter in die Asse einlagern.
Das hat Albrecht verhindert; sonst gäbe es heute nicht 125 000 Fässer mit schwachradioaktiven Abfällen, sondern es wären sicherlich schon 400 000 oder jedenfalls in dieser Größenordnung. Hier muss man die Relationen schon richtig erkennen, und man muss auch irgendwo bei der Wahrheit bleiben.
Frau Harms, letztlich kommt es gar nicht darauf an, ein förmliches Verfahren durchzuführen, was Sie in den Vordergrund stellen. Die Form und die Aktenlage gerade zu rücken ist nicht das Entscheidende. Für uns ist entscheidend, dass das materiell Notwendige abgehandelt wird, also das, was für die Legitimierung dieses Endlagers erforderlich ist. Wir brauchen einen klaren Sicherheitsbericht. Wir brauchen eine klare Sicherheitsanalyse. Letztlich muss von Experten bestätigt werden, dass in der Asse bei entsprechenden Verfüllmethoden, die noch festzulegen sind, Langzeitsicherheit realisiert werden kann. Wenn das vorliegt, dann ist das für uns in Ordnung.
Natürlich wollen auch wir das nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit bearbeiten lassen, sondern wir wollen die Öffentlichkeit in vollem Umfang einbeziehen. Aber für ein förmliches Verfahren nach § 9 b fehlt jede Grundlage. Es ist auch nicht erforderlich. Vielmehr muss das materielle Sicherheitsdenken eingefordert werden. Soweit ich die Planungen kenne, besteht keine Gefahr, dass das missachtet wird.
daran, dass die Öffentlichkeit nicht nur über Internet oder über eine allgemeine Sachdarstellung informiert wird. Wenn schon kein förmliches Verfahren durchgeführt wird, halten wir es für ganz entscheidend, dass eine „Quasierörterung“ durchgeführt wird, um den Betroffenen, den Menschen im Umfeld, die Möglichkeit zu geben, qualifiziert Fragen zu stellen und qualifizierte Informationen einzufordern. Wenn es förmlich auch keine Bedeutung hat, so kann es materiell durchaus eine Bedeutung haben.
Ich gehe davon aus, dass sich im Ausschuss herausstellen wird, dass das Wesentliche, und zwar die beiden ersten Teile des Antrags, ohne weiteres bestätigt werden können. Hinsichtlich des dritten Teils des Antrags werden Sie sicherlich auch nicht auf die Zustimmung der CDU zählen können, Frau Harms. Für die materiellen Inhalte und die Beteiligung der Öffentlichkeit in vollem Umfang setzen wir uns jedoch vehement ein. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als ich den Antrag der Grünen-Fraktion gelesen habe, war ich etwas irritiert, Frau Harms.
- Hören Sie einmal zu. Sie werden sich vielleicht noch daran erinnern, dass das Thema Asse aufgrund der Laugeneinbrüche im Dezember auf der Tagesordnung der Landtagssitzung stand. Damals beantwortete der Umweltminister eine Landtagsanfrage, die ich zu diesem Thema gestellt hatte. Er hat damals bereits ausführlich darüber berichtet, welche Einschätzung er zu den Laugeneinbrüchen hatte. Im Rahmen dieser Anfrage war auch die Frage aufgeworfen worden, ob er bereit sei, das atomrechtliche Stilllegungsverfahren zu machen, das materiell für die Region von viel größerer Bedeutung ist. Damals hat er bereits erklärt: Nein, das machen wir nicht.
Die Bürgerinitiative für eine atommüllfreie Asse hat sich auch an die Bundesregierung gewandt. Die Bundesregierung hat geantwortet. Vor mir liegt das Antwortschreiben vom 14. April 2000. Darin
schreibt die Bundesregierung sinngemäß: Prima, wir machen ein Stilllegungsverfahren nach dem Bergrecht in enger Abstimmung mit der Landesregierung, mit der wir uns völlig einig sind. - Jetzt kommt der entscheidende Punkt: Der Bundesumweltminister stimmt völlig damit überein.
Es kann ja passieren, Frau Harms, dass die Bundesabteilung Ihrer Partei eine andere Position hat als Sie. Aber wenn ich mir dann Ihren Antrag ansehe, frage ich Sie, warum Sie so tun, als wäre das, was an Handlungsebene vorhanden ist, nicht entsprechend auszuschöpfen? Wenn der Landtag eine sinnvolle Äußerung machen will, muss er von der Bundesregierung fordern, dass sie als Verantwortliche für dieses Endlager einen Antrag auf Stilllegung nach dem Atomrecht stellt, weil - insofern hat Herr Dr. Stumpf nicht Recht - das Stilllegungsverfahren nach dem Atomrecht bei solchen Verfahren eine ganz andere Qualität bietet. Sie lassen diesen ganzen Komplex in Ihrem Antrag jedoch aus und lassen komplett weg, dass Herr Trittin Ihnen und uns voll in den Rücken fällt.