Protokoll der Sitzung vom 15.02.2002

Wir haben dann versucht, eine Brücke zu bauen, damit die kommunalen Spitzenverbände die Gelegenheit bekommen, im Innenausschuss zumindest ihre Position darzustellen. Selbst das haben Sie mit Ihrer Mehrheit abgelehnt. Meine Damen und Herren, so können wir doch nicht mit den kommunalen Spitzenverbänden in unserem Bundesland umgehen!

(Beifall bei der CDU)

Lieber Herr Kollege Endlein, ich habe sehr bedauert, dass Sie an jener Sitzung des Innenausschusses nicht teilgenommen haben. Sie hätten es vermutlich verhindert. Leider aber haben sich die anderen Kräfte um Frau Wörmer-Zimmermann und Herrn Lanclée durchgesetzt.

(Vizepräsident Jahn übernimmt den Vorsitz)

Meine Damen und Herren, wir haben dann angekündigt, dass wir uns diese Aussagen des Landkreistages bestätigen lassen werden. Selbstverständlich haben sich im Zusammenhang mit dem Aufnahmegesetz im Regierungsbezirk Hannover mehrere Landkreise beschwert.

Hinsichtlich der verzögerten Zuweisung von Mitteln zur Durchführung von Aufgaben nach dem

Pflegegesetz möchte ich aus dem Schreiben eines Oberkreisdirektors aus dem Regierungsbezirk Lüneburg wörtlich zitieren:

„Zu dem von Ihnen aufgezeigten Komplex ist darzulegen, dass unserem Landkreis die Landesmittel, die im Zusammenhang mit der Durchführung des Niedersächsischen Pflegegesetzes stehen, für das vierte Quartal 2001 erst auf Grund eines sehr deutlichen Schreibens zur Verfügung gestellt wurden. Ähnlich musste bereits im Jahr 2000 vorgegangen werden.“

So viel zur Realität bei diesem Thema.

Meine Damen und Herren, wenn Sie schon nicht bereit und nicht willens sind, den Kommunen die zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, dann zahlen Sie die viel zu niedrigen Beträge wenigstens pünktlich aus! Ist das denn zu viel verlangt in unserem Bundesland?

(Beifall bei der CDU - Adam [SPD]: Das hat er doch dreimal erklärt! Was soll denn der Blödsinn?)

Meine Damen und Herren, wir von der CDU haben in unserem Antrag fünf Sofortmaßnahmen gefordert, die dazu dienen sollen, die kommunale Finanznot zu beseitigen: erstens die Rücknahme der Erhöhung der Gewerbesteuerumlage, zweitens die Aussetzung der Gewerbesteuerfreiheit von Dividenden aus Unternehmensbeteiligungen und Veräußerungsgewinnen, drittens ein Leistungsgesetz zur Finanzierung der Dauerarbeitslosigkeit, um die Kommunen von der Sozialhilfe zu entlasten, viertens die ausreichende und zeitgerechte Kostenerstattung der Erfüllung staatlicher Aufgaben, wie eben besprochen, und schließlich fünftens die Erhöhung der Bedarfszuweisungen.

Meine Damen und Herren, nun noch ein Satz zu den Bedarfszuweisungen. Wir haben Sie im Juni 2001 mit einem Entschließungsantrag aufgefordert, den Bedarfszuweisungstopf um 100 Millionen DM zu erhöhen. Das ist wahrlich ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber das sollte ein Signal sein.

(Schurreit [SPD]: Zur Deckung musst du auch noch etwas sagen!)

Sie haben unseren Antrag jedoch abgelehnt. - Herr Kollege Schurreit, lesen Sie das Urteil des Staats

gerichtshofs vom 16. Mai 2001! Der Staatsgerichtshof hat nämlich festgestellt - ungefähr auf den Seiten 52 und 53 -, dass jede einzelne Kommune, Landkreise wie Gemeinden, nach Artikel 58 einen Individualanspruch gegenüber dem Land auf aufgabenkonforme Mindestausstattung mit Finanzmitteln hat. Das bedeutet im Ergebnis eine verfassungsrechtliche Ermessensbeschränkung bei der Bewilligung von Bedarfszuweisungen.

(Adam [SPD]: Wer hat in Bückeburg eigentlich verloren?)

Meine Damen und Herren, Sie werden das Thema Bedarfszuweisungen nicht los. Der Landkreis Cuxhaven klagt jetzt vor dem Verwaltungsgericht Stade gegen den ablehnenden Bedarfszuweisungsbescheid des Innenministeriums. Wir sind es Leid, dass Bedarfszuweisungen in Niedersachsen nach Gutdünken verteilt werden je nachdem, wo Sozis gerade als Eingleiser kandidieren.

(Beifall bei der CDU)

Sie müssen Ihre Parameter transparent und offen darlegen.

Meine Damen und Herren, es geht mit der kommunalfeindlichen Politik in unserem Bundesland ja munter weiter. Seit 1994 liegt Ihnen der umfassende Katalog der kommunalen Spitzenverbände zum Abbau von bürokratischen Hemmnissen und finanziellen Belastungen vor. Von Ihnen kommt nach wie vor keine Reaktion, Herr Innenminister. Von der Bundesebene kommen neue zusätzliche Belastungen auf uns zu. Beispielhaft erwähne ich die flächendeckende Einführung von Landschaftsrahmenplänen, die für die Kommunen eine zusätzliche Mindestbelastung in Höhe von 75 Millionen Euro bringen wird. Bei der Einführung der Grundsicherung im Alter ab 2003 lassen Sie die Landkreise und die kreisfreien Städte mit der Finanzierung allein. Die beschlossenen Steuerreformgesetze werden für die Kommunen in den Jahren 2004 bis 2006 weitere Milliardenverluste bedeuten. Ebenso geht es auch hier im Land mit Ihrer kommunalfeindlichen Politik munter weiter. Sie wollen die Kommunen ohne Grund an den Kosten des verlorenen Förderzinsprozesses beteiligen. Sie haben die Kommunen im Haushalt 2002 mit 20 % an den Kosten des Unterhaltsvorschussgesetzes beteiligt.

Schließlich, verehrte Frau Ministerin Trauernicht: Ihre Vorschläge zur weiteren Gestaltung der Kindergartenarbeit mögen in der Tat sinnvoll, gut und wünschenswert sein. Aber keiner Ihrer Vorschläge

enthält auch nur ansatzweise einen Hinweis darauf, welche Kosten entstehen werden und wer vor allem für die Finanzierung aufkommen soll.

(Beifall bei der CDU)

Ich freue mich, dass Dr. Wulf Haack heute hier ist, der Ihre Vorschläge laut rundblick zu Recht als weit vorgezogenen Aprilscherz bezeichnet hat.

Meine Damen und Herren, Ihre Politik gegenüber den Kommunen ist von einem offensichtlich gestörten Verhältnis zum Verfassungsgut der kommunalen Selbstverwaltung gekennzeichnet. Anders lässt sich Ihr Handeln leider nicht erklären.

(Beifall bei der CDU - Adam [SPD]: Das hat Ihnen Bückeburg doch ins Stammbuch geschrieben, Herr Kolle- ge!)

Sie haben am 9. September 2001 in weiten Teilen des Landes dafür eine Quittung bekommen. Die nächste Quittung folgt am 2. Februar 2003. - Vielen Dank.

Herr Kollege Plaue hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Reden der Kollegen McAllister und Schünemann waren ja interessant. Inhaltlich kam zu den Anträgen aber nur wenig bis gar nichts. Die Reden hatten ja auch eine ganz andere Funktion. Das waren die beiden Bewerbungsreden für den Generalsekretär. Mehr war das nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Wie das so ist: Herr Kollege Wulff hat dann die Wahl. Er kann sich wie immer nicht entscheiden, weil er noch nicht weiß, woher der Wind weht, in den er sein Fähnchen hängen soll. Also, Kollege Wulff, das war auch nicht so doll für Sie, was Sie heute erlebt haben.

Nun haben wir von Ihnen ja ein bisschen zur Vergangenheitsbewältigung gehört. Im Mittelpunkt stand immer die Frage: Woran liegt es eigentlich, dass die finanzielle Situation so schwierig ist? Meine Damen und Herren, Sie haben bei Ihrer Betrachtung eines völlig ausgeblendet. Dies haben Sie aber nicht nur bei diesem Punkt getan, sondern

das machen Sie in den letzten Monaten immer wieder. Sie blenden aus, dass Sie in diesem Land 16 Jahre lang regiert und zu dieser Situation beigetragen haben.

(Beifall bei der SPD)

Da Sie in den Kommunen auch Verantwortung mittragen, frage ich Sie: Wollen Sie etwa verschweigen, dass es die explorierenden Sozialhilfekosten gewesen sind, die die Kommunen abgewürgt haben? Diese Kosten sind durch hohe Arbeitslosigkeit zustande gekommen, die Sie politisch zu verantworten haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

4,9 Millionen Arbeitslose unter Kohl und Waigel, 500 000 Arbeitslose weniger als unter Schröder das ist eine vernünftige Antwort auf die Frage, wie man den Kommunen helfen kann, nicht aber das Gerede, das Sie hier organisieren, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Was ich von Ihnen höre, ist immer wieder das Gleiche. Herr Merz sagt: Wir müssen die Arbeitnehmerrechte abbauen, wir müssen die Ökosteuer senken, und wir müssen die Steuerreform vorziehen.

(Möllring [CDU]: Das ist Quatsch, was Sie da reden!)

Ihre eigenen kommunalen Spitzenverbände, die Sie hier als Zeugen aufrufen, sagen Ihnen: Das Vorziehen der Steuerreform ist für die Kommunen nicht zu finanzieren. - Dennoch fordern Sie es immer wieder. Was Sie hier organisieren, ist Scharlatanerie, meine Damen und Herren!

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Nach Ihrem Antrag soll auf die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage verzichtet werden. Meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Kollege Wulff, das sind 270 Millionen DM, also 135 Millionen Euro, Mindereinnahmen im Jahr 2003. Sagen Sie den Menschen in diesem Land, wie Sie diese 270 Millionen DM finanzieren wollen! Wenn Sie es nicht tun, sind Sie unredlich.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben durch eine Steuerreform, über deren Ecken und Kanten man streiten und diskutieren kann, jedenfalls dazu beigetragen, dass mehr Geld in die Taschen der Bürgerinnen und Bürger geflossen ist, das sie zum Investieren nutzen können. Wir haben dazu beigetragen, dass der Mittelstand spürbar entlastet worden ist.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU)

Wir haben den Spitzensteuersatz auf 48,5 % gesenkt Wir haben den Eingangssteuersatz auf 19,9 % gesenkt. Wir haben den Grundfreibetrag auf 14 000 DM erhöht. Das ist den kleinen Unternehmen, um die es uns geht, und nicht Herrn Philipp mit Ihren Spitzensteuersätzen zugute gekommen.

(Beifall bei der SPD - Frau Körtner [CDU]: Deshalb gehen die alle in die Insolvenz!)

Eines möchte ich noch zu dem Spruch sagen, den wir ständig hören - das ist wie eine Schallplatte mit Sprung, die hier abläuft -, nämlich „Raubzug durch die Kassen der Kommunen“.

(Fischer [CDU]: Ein bisschen leiser!)