Wir nehmen für uns in Anspruch, als Entscheider angetreten und als Entscheider gewählt worden zu sein, und deshalb werden wir auch Entscheider sein, wenn wir auch manchen dadurch verunsichern mögen, dass wir das, was in unserem Wahlprogramm stand, nach der Wahl auch tatsächlich tun. Es sind die Parlamente und Regierungen, die auf das Gemeinwohl vereidigt sind. Weder Professoren noch Funktionäre sind auf das Gemeinwohl vereidigt, sondern sie vertreten Partikularinteressen. Das muss hier in diesem Parlament im Wettstreit zwischen allen Fraktionen auf der einen und der Regierung auf der anderen Seite zu einem guten Ganzen zusammengefügt werden.
Obwohl wir erst zwei Stunden im Amt sind, haben wir doch schon ein Zeichen damit setzen wollen, dass wir die Regierungspräsidentenpositionen, die üblicherweise bei Regierungswechseln neu besetzt werden, nicht besetzt haben, weil wir deutlich machen wollen: Es muss gespart werden, und zwar überall. Und die Treppe wird am besten von oben gefegt, d. h. auch oben muss gespart werden und nicht nur bei den Leuten, bei denen man Arbeitsgerichte anrufen muss.
Ich wünsche mir sehr, dass sowohl von dieser neuen Landesregierung als auch in den nächsten Monaten von der amtierenden Bundesregierung Signale ausgehen, die Anhaltspunkte für Wachstum, für Aufbruch und für Optimismus liefern. Mit den Wahlergebnissen in Hessen, in Niedersachsen und jüngst in Schleswig-Holstein ist die Erwartungshaltung verbunden, gerade auch an die Bundespolitik, dass man den eingeschlagenen Kurs ändert. Die Wahlergebnisse waren ein Signal für unser Land, aber natürlich auch ein Signal nach Berlin.
Es hat den historisch einmaligen Vorgang gegeben, dass die Wirtschaftsweisen, von der Bundesregierung bestellt, bereits nach Durchsicht der rotgrünen Koalitionsvereinbarung in Berlin ihre eigene Wachstumserwartung für das laufende Jahr um mehr als einen halben Prozentpunkt abgesenkt
haben, weil sie die Aneinanderfügung von Einzelmaßnahmen, die von Berlin ausgehen, für grundfalsch halten, von der Verteuerung der Energiekosten, was uns in Niedersachsen von der Papierbis hin zur Aluminium-, Kupfer- oder Stahlindustrie den Garaus macht, über die Gefährdung der Eigenheimzulage bis hin zur Mehrwertsteuererhöhung für den Gartenbau oder zur Firmenwagenbesteuerung, die uns als Automobilland besonders trifft. Es war schon interessant zu beobachten, dass in den letzten Wochen die noch amtierende Landesregierung gegen diese Politik aus Berlin auch schon ein Veto eingelegt hat, weil sie eben in die falsche Richtung zielt. Wir stehen aufgrund des 2. Februar auch dafür ein, im Bundesrat die Interessen Niedersachsens energischer, anders zu vertreten und diesen Irrweg der Berliner aufzuhalten. Denn der führt zu nichts anderem als zu größeren Problemen.
Die beiden Koalitionsfraktionen von CDU und FDP haben sich sehr schnell verständigt, weil sie wussten: Streit ist das Letzte, was die Menschen von uns wollen und erwarten. Aber wir waren uns auch in der Sache einig, dass dieses Land ein Wachstumsprogramm braucht, das erst einmal nichts kostet, aber mehr Beweglichkeit, mehr Beschäftigung und mehr Dynamik am Arbeitsmarkt bringt. Wir brauchen die Abschaffung von Regelungen, die verhindern, dass dann, wenn in Deutschland Wachstum da ist, dies zu zusätzlichen Arbeits- und Ausbildungsplätzen führt. Wir sind das Land in der Welt, in der selbst bei anderthalb Prozent Wachstum keine zusätzliche Beschäftigung entstanden ist und damit auch kein neues Wachstum durch Beschäftigung entstehen konnte.
Die Ursachen sind seit vielen Jahren tabuisiert. Über 50 % aller Arbeitslosen – in Deutschland haben wir rund 5 Millionen gemeldete Arbeitslose – haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Ich bin der festen Überzeugung: Wir werden für diese nur dann ausreichend viele Arbeitsplätze schaffen, wenn wir bei geringeren Qualifikationsanforderungen niedrigere Löhne zulassen, wenn wir strukturelle Verkrustungen am Arbeitsmarkt aufbrechen, wenn wir bei der Tarifpolitik zu ortsund fallnäheren Entscheidungen kommen, wenn wir die Dominanz von Flächentarifverträgen aufbrechen, um individuelle Abkommen zwischen Belegschaft - mit Zweidrittel- oder Dreiviertelmehrheit – und Unternehmensleitung zu ermögli
chen, wenn wir für kleine und mittlere Unternehmen Sonderregelungen finden. Auch diese denken inzwischen daran, ihre Unternehmen ins Ausland zu verlagern. Das bedeutet in jeder Region des Landes tagtäglich Unternehmenspleiten, tagtäglich Verlust von Arbeitsplätzen.
Wir brauchen betriebliche Bündnisse für mehr und neue Arbeitsplätze, aber in der jetzigen wirtschaftlichen Situation vor allem auch zur Bestandswahrung für vorhandene Arbeitsplätze. Wir brauchen Anreize zur Aufnahme von Arbeit. Soziale Leistungen müssen denen abverlangt werden oder Beschäftigungsangebote müssen denen unterbreitet werden, die derzeit in der Arbeitslosigkeit verharren, obwohl sie arbeitsfähig wären. Das wird durch Zusammenführung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe gehen. Das wird aber nur dann erfolgreich sein, wenn wir den Kommunen, unseren Landkreisen und kreisfreien Städten, hier mehr Kompetenzen zubilligen und die, die dort erfolgreich sind, prämieren, aber nicht jene belohnen, die auf diesem Felde nichts zustande gebracht haben.
Ich glaube in aller Ernsthaftigkeit der Stunde, dass das Arbeitsrecht in Deutschland von allen Gutachtern der Welt nicht zu Unrecht als das deutsche Standortproblem bezeichnet wird. Wir sind geradezu ein Paradebeispiel für Überbürokratisierung unserer Wirtschaft. Bei uns denkt der Unternehmer dreimal darüber nach, ob er eine Neueinstellung vornehmen soll oder ob er sich nicht anders helfen sollte, notfalls durch Ablehnung eines Auftrages.
Wir müssen die Strukturen aufbrechen bei der Zeitarbeit und bei befristeten Arbeitsverhältnissen. Wir sollten älteren Arbeitsnehmern und vor allem älteren Arbeitslosen über 50 Jahren die Chance geben, dass sie wieder Beschäftigung finden – durch Optionsmodelle, dadurch dass sie auf den Kündigungsschutzanspruch zugunsten einer Abfindung verzichten. Ich bin froh, dass darüber inzwischen mit den Gewerkschaftern gesprochen werden kann, weil sie bereit sind, Signale zu setzen. Was hilft es dem, der arbeitslos ist, wenn er darauf verwiesen wird, dass er einen potenziellen Anspruch auf einen Arbeitsplatz mit wunderbar ausgestalteten Rechten hat, er diesen Arbeitsplatz aber gar nicht erst bekommt? - Dann ist es besser, befristet Arbeit zu haben, als unbefristet arbeitslos zu sein. Dem müssen wir wieder zum Durchbruch verhelfen.
Es ist wahr: Nach wie vor – der amtierende Präsident ist davon ausgenommen – haben Parlamentspräsidenten den Erfolg ihrer Arbeit daran gemessen, wie viele Gesetze, Erlasse und Verordnungen in der vergangenen Legislaturperiode auf den Weg gebracht worden sind. Heute müssen Unternehmer 6 000 Gesetze und Verordnungen mit mehr als 85 000 Einzelvorschriften beachten. Wenn man das durchbrechen würde, wenn man das vereinfachen würde, dann hätten wir eine Existenzgründungswelle, und wir hätten das Image als Musterland Niedersachsen mit der wenigsten Bürokratie, den schnellsten Verfahren und dem aufgeschlossensten Klima. Das muss das Ziel unseres Landes sein, damit die Leute sagen: Hier will ich investieren, hier will ich konsumieren.
Wir werden uns dabei nicht von Wunschträumen leiten lassen, wie man es gerne hätte, sondern wir möchten uns von der Realität leiten lassen. Gut gemeint - das unterstellen wir uns alle – ist nicht immer gut gemacht. Wir stehen als Niedersachsen im internationalen Wettbewerb, nicht nur im Wettbewerb mit Baden-Württemberg oder Bayern, sondern im internationalen Wettbewerb mit Lettland, Sao Paulo und Kentucky. Die ehemals nationalen Märkte – ob für Kapital, Güter oder Dienstleistungen – gehen in globale Märkte über. Standortqualität zu entwickeln heißt, weltweit ein Standort zu sein, an den die Firmen gerne gehen, an dem sie gerne investieren, an dem sie Standorte internationaler Arbeitsteilung errichten. Das erfordert, dass Niedersachsen auf der internationalen Bühne ankommt – auch mit seinem Selbstverständnis –, und das erfordert, mehr in Wissen, in Technologie, in Forschung und in Menschen zu investieren. Wertschöpfung in unserem Land wird dann erfolgen, wenn wir das Wissen der Menschen fördern.
Die neue Landesregierung wird gegen alle Anfeindungen, die es gegeben hat, ob man das denn umsetzen könne, diesen Schwerpunkt setzen, in Menschen, in das Erziehungs- und Ausbildungswesen zu investieren, weil dort die Zukunft unseres Landes liegt. Wer daran Zweifel hat, hätte heute Morgen im Gottesdienst nur die Kinder der LudwigWindthorst-Orientierungsstufe beobachten müssen, um zu wissen: Dort steckt die Zukunft unseres Landes,
wenn diese Kinder gut drauf sind, wenn sie fröhlich sind. Es gibt generell großartige Kinder, auch in der Orientierungsstufe. Dafür, dass das Leidensgefühl so aus Ihnen herausbricht, weil die Orientierungsstufe abgeschafft werden soll, nachdem Sie eine Förderstufe einführen wollten, hat hier jeder Verständnis. Das ändert aber nichts daran, dass wir in die junge Generation investieren müssen.
Gut für Niedersachsen wird sein, was Arbeit schafft. Nur Wachstum schafft Arbeit, Arbeit schafft Wachstum. Das werden wir aber nicht erreichen, wenn die Sozialabgaben weiter steigen. Ein Prozent mehr Sozialabgaben bedeutet 100 000 zusätzliche Arbeitslose. Höhere Steuern bedeuten mehr Arbeitslose, weniger Einnahmen, höhere Beiträge und noch mehr Arbeitslose. So - das haben die Wähler am 2. Februar gesagt - kann es mit dieser Spirale nicht weitergehen, dass jetzt wieder die Krankenkassenbeiträge steigen, dass dann wieder die Kosten für die Alterssicherung steigen, dass es dann noch weniger Arbeitsplätze gibt und die Arbeitnehmer noch mehr bezahlen müssen. Wir sind unabhängig davon, welcher Partei wir angehören, dazu aufgerufen, diese großen Reformvorhaben voranzubringen: die Alterssicherung, die Gesundheitsversorgung, die Steuerreform und den Bürokratieabbau.
Diese Landesregierung bietet jedem, egal, wo er steht, die Mitarbeit an, die Probleme zu lösen; denn das ist unser Auftrag, nicht aber übereinander herzufallen.
Dazu gehört aber auch, den Bürgern reinen Wein über die Möglichkeiten und Grenzen des Staatsauftrages einzuschenken. Die Zukunft – auch das ist kritisiert worden – erfordert Konzentration auf die Kernaufgaben. Grundlegende Reformen der sozialen Sicherungssysteme, des Steuerrechts, des Arbeits- und Tarifrechts werden nur möglich sein, wenn alle bereit sind, sich mehr zuzumuten, und wir damit Zumutung für die Bürger im Land bedeuten dürfen. Wir haben vor den Wahlen gesagt, was die Menschen zu erwarten haben, dass der Staat nicht alles richten kann, sondern dass die Bürger mittun, die Ärmel aufkrempeln sollen, dass wir aktive Bürger, verantwortliche, mündige Bür
gerinnen und Bürger in Niedersachsen brauchen. Nur gemeinsam wird der Karren aus dem Dreck gezogen, oder aber er bleibt dort, wo er ist, und versinkt noch tiefer im Morast.
Alle, die sich ein wenig für Politik interessieren, wissen, dass unser Problem kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Handlungsdefizit ist. Der Worte sind genug gewechselt. Deswegen ist es eigentlich nicht der Ort der Politik, zu reden, sondern der Ort der Politik ist, zu handeln.
Die Ziele müssten klar sein, nämlich die Staatsaufgaben zu reduzieren, das Subsidiaritätsprinzip zu beleben, damit der Staat nicht alles das an sich zieht, was der Einzelne selbst viel besser regeln kann.
Ich habe in den letzten Jahren oft – immer aus der mahnenden Rolle, die mir gar nicht lag, des Oppositionsführers – gesagt: Schaut auf die Welt!
Wir werden als neue Regierung diesen Hinweis, den ich gegeben habe, beherzigen, dass nämlich die Länder in der Welt erfolgreich gewesen sind - ob Holland, Dänemark, Amerika oder Neuseeland -, die ihre Staatsquote auf 6 bis12 % gesenkt haben und die Freiräume, die Fantasie, die Kreativität der Menschen erweitert haben. Dort hat sich Prosperität gezeigt. Davon haben alle profitiert, vor allem die Schwächsten der Gesellschaft. Denn für diese kann umso mehr getan werden, je erfolgreicher ein Land ist.
Wir haben den politischen Willen, das, was wir immer verfochten haben, auch durchzusetzen. Jede Umbruchphase kennt diejenigen, die nicht mitkönnen. Um die, die nicht mitkönnen, werden wir uns kümmern. Denen werden wir helfen. Aber es gibt in jeder Umbruchphase auch diejenigen, die nicht mitwollen. Wir werden es auch gegen die, die nicht mitwollen, durchsetzen, weil wir die Veränderung im Interesse unseres Gemeinwesens brauchen.
Ich wünsche mir, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Landesverwaltung mitmachen - jeder an seinem Platz -, damit wir die Drehzahl erhöhen können; denn das Erbe - ich will darauf
nicht allzu lange herumreiten -, das wir übernehmen, ist ein gigantisches. Das Land ist pleite. Dieter Wischmeyer hat empfohlen, Konkurs anzumelden und in der nächsten Woche unter neuem Namen neu anzufangen. Diese Möglichkeit ist uns nicht gegeben; ich sage das in aller Bedächtigkeit. Wir werden dieses Erbe annehmen, dass Sie in 13 Jahren SPD-geführter Landesregierung mehr Schulden gemacht haben, als an Schulden in den gesamten 44 Jahren zuvor aufgenommen wurden.
Ich will hier nicht alte Schlachten des Wahlkampfes neu führen, aber es gibt eine unendliche Zahl von Baustellen in unserem Land, die einer nüchternen Beschreibung unserer tatsächlichen Lage bedürfen. Ich bin hier an der Nahtstelle. Wenn Regierungschefs reden, dann wird ihnen immer vorgeworfen, sie würden schönreden; wenn Oppositionsführer reden, dann wird immer gesagt, sie würden schlechtreden. Insofern ist diese Nahtstelle eine sehr spannende, wenn man die Lage beschreibt. Ich habe wenig Veranlassung, schönzureden; ich habe als Regierungschef überhaupt keine Veranlassung schlechtzureden. Wir sind ein großartiges Land mit tollen Menschen, tollen Anlagen, tollen Chancen - keine Frage. Es wird nicht schwer fallen, auf diese Form in den nächsten Wochen und Monaten überzuwechseln.
Bevor man sich aber ans Werk macht, muss man ganz kurz Revue passieren lassen, in welcher Situation wir uns derzeitig befinden. Unter allen westdeutschen Ländern hat nur Bremen eine höhere Arbeitslosigkeit. Niedersachsen ist bei der Selbständigenquote unter allen deutschen Ländern auf den 13. Platz abgerutscht. Die Wirtschaftskraft ist in den letzten zehn Jahren im Bundesdurchschnitt weiter zurückgefallen. Der Vergleich der westdeutschen Bundesländer sieht bei uns die meisten Insolvenzen; bei den Patentanmeldungen im Bundesvergleich liegen wir an vorletzter Stelle - vor Sachsen-Anhalt.
Das ist die Beschreibung der Situation des Landes, wie sie sich im Moment darstellt, bei der Übernahme durch diese neue CDU/FDP-Landesregierung. Wir haben zwar eine wachsende Bevölkerung, aber unsere Wirtschaft wächst nicht. Wir rangieren bei Existenzgründern im Vergleich an vorletzter Stelle, und bei der Dienstleistungsentwicklung sind wir zögerlich und zäh. Unsere Abhängigkeit von der Industrie hat eher zugenommen. Das ist die Ausgangslage, weil sich Stagnation und Pessimismus über das Land hinweggelegt haben, obwohl wir in den 80er-Jahren Schritt für
Schritt aufgeholt hatten und man damals merkte: Hier in Niedersachsen brummt es; hier tut sich was. Davon kann heute keine Rede sein.
Trotz mancher guter Jahre - nach der deutschen Einheit, als die Zonengrenze wegfiel, als wir die längste innerdeutsche Grenze hatten und in Niedersachsen die Wirtschaft boomte - sind keine Rückstellungen gebildet und keine Schulden abgebaut worden. Selbst durch die Sonderkonjunktur der Weltausstellung EXPO 2000 ist die Lage nicht verbessert worden. Es ist eigentlich des Streites überflüssig, wenn man Ihren scheidenden, angesehenen Parlamentspräsidenten Herrn Professor Wernstedt richtig wahrnimmt. Ich werde Ihnen das bestimmt nicht in den nächsten Jahren ständig um die Ohren hauen - ich weiß, wie das ist -; aber es bleibt trotzdem richtig. Wenn er jetzt sagt, das Land sei pleite und in wenigen Jahren zahlungsunfähig, dann ist das ein Lamento über die Zeit Ihres Regierens in Niedersachsen, wie es schlimmer nicht ausfallen könnte. Das muss einmal gesagt werden.
Schon aus Gründen der Wahrhaftigkeit - um zu wissen, was wo getan werden muss - werden wir in den nächsten Wochen ressortmäßige Schlussbilanzen aufstellen, damit wir exakt in Euro und Cent darlegen können, welche Probleme hier aufgetürmt sind. Das ist zwei Stunden nach Amtsübernahme nicht möglich. Aber wir müssen dann darüber reden, wie wir dies verändern wollen, damit Arbeitsplätze gesichert werden und neue entstehen können. Alle Politikfelder des Landes werden sich unter diesen Gesichtspunkt zu stellen haben, dass finanzieller Konsolidierungsbedarf, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und durchgreifende Verwaltungsreform notwendigste, dringlichste sofortige Aufgaben der Regierung sind.
Die Einnahmen unseres Landes haben sich dramatisch nach unten entwickelt: Im Jahr 2001 gingen die Steuereinnahmen um 4,5 % zurück; im letzten Jahr waren es dramatische 8,3 %. Schuld daran sind eben auch Ihre Weichenstellungen in Berlin. Diese chaotische Körperschaftsteuer, die zu Einnahmeausfällen des Staates im Umfang von 25 Milliarden Euro geführt hat - mehr als der gesamte Verteidigungshaushalt -, hat unseren Gemeinden schwer zu schaffen gemacht. Das hat das Land Niedersachsen vor die Wand fahren lassen. Deswegen bedarf es der Korrektur der Politik in
Das Land Niedersachsen hat unter den westdeutschen Flächenländern das relativ höchste Haushaltsdefizit zu verkraften – gemessen am Anteil der Ausgaben. Unter allen Ländern Deutschlands hat nur Berlin ein höheres Defizit. Trotz Ausschöpfung aller Neuverschuldung, die Sie nahezu verdoppelt haben, werden wir das Jahr 2002 mit einem Fehlbetrag von 150 Millionen Euro abschließen, der spätestens nächstes Jahr ausgeglichen werden muss.
Die Erosion der Einnahmebasis hat das Land in eine dramatische finanzwirtschaftliche Situation gebracht. Um die Zahlungsfähigkeit zu sichern, wurde für 2002 und 2003 die Kreditermächtigung verdoppelt. Trotzdem werden schon dadurch 135 Millionen Euro Zinsen Jahr für Jahr nicht mehr zur Verfügung stehen.
Mit Antritt der Regierung Gabriel wurde der damals zögerlich beschrittene Pfad der Konsolidierung endgültig verlassen. Kein anderes westdeutsches Flächenland hat seine Ausgaben ohne Finanzausgleich gegenüber 1999 so stark ausgeweitet wie Niedersachsen. Deshalb haben die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes klug entschieden. Sie haben gesehen: Es gibt überhaupt keine Alternative zu einem Regierungswechsel, weil die Probleme dieses Landes, die aufgeschoben wurden, in neue Hände gehören und beherzt angepackt und gelöst werden müssen. Dazu sind wir bereit. Es gibt keine Alternative, als diese Probleme letztendlich anzupacken.