betroffen. Ich habe in den letzten Tagen persönlich mit Airbus-Mitarbeitern gesprochen, gerade gestern Abend noch telefonisch, weil viele in meinem Landtagswahlkreis leben. Dabei habe ich von den Arbeitnehmern vor allen Dingen erfahren, wie sehr die momentanen Gerüchte und Spekulationen über die zukünftigen Strukturen von Airbus den betroffenen Menschen und ihren Familien zusetzen. Das ist für die Betroffenen wahrlich nicht einfach. Deshalb sagen wir bei aller notwendigen Diskussion, die es jetzt im Konzern geben muss: Die Beschäftigten haben ein Recht darauf, so bald wie möglich zu erfahren, was die angekündigten Maßnahmen für sie konkret bedeuten.
Ich möchte zusätzlich zu dem, was der Kollege Jüttner bereits angesprochen hat, vier Anmerkungen anfügen. Erstens. Auch aus unserer Sicht wäre ein Verkauf der Airbus-Werke in Norddeutschland betriebswirtschaftlich unsinnig.
Die Werke in Norddeutschland haben eine volle Auslastung. Sie haben volle Auftragsbücher, und sie schreiben schwarze Zahlen. Der Norden ist gut aufgestellt. Gerade deshalb darf für die neue Airbus-Führung der Verkauf der vier Werke in Niedersachsen kein Thema sein. Unsere politische Unterstützung - das hat der Ministerpräsident am Sonntag mit den Betriebsräten so erörtert - muss dabei allen vier Standorten und den Standorten in Hamburg und Bremen gelten, vor allem den vier Standorten in Niedersachsen. Es dürfen jetzt keine Standorte gegeneinander ausgespielt werden.
Wir sind über das gestrige Dementi von Herrn Puttfarken, wonach ein Verkauf der niedersächsischen Werke nicht vorgesehen sein soll, erleichtert. Wir setzen auf diese Aussage von Herrn Puttfarken, und wir weisen darauf hin, dass sich auch die 12 000 niedersächsischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf diese Aussage verlassen dürfen. Die Betroffenen brauchen jetzt ein klares Bekenntnis für ihre Standorte. Die Probleme bei Airbus - da hat der Kollege ausdrücklich recht dürfen jetzt nicht auf dem Rücken der betroffenen Arbeitnehmer ausgetragen werden, weil sie am
Zweitens. Es müssen jetzt schnell Pläne auf den Tisch, die den drohenden finanziellen Schaden für das Unternehmen abwenden bzw. möglichst gering halten. Dazu gehören vor allen Dingen die Stärkung der erfolgreichen A-320-Familie und die rasche Beseitigung der Konstruktionsprobleme beim A 380.
Vorrangig ist in meinen Augen jetzt, dass der wegen der A-380-Krise gegenüber den bisherigen Planungen in den kommenden vier Jahren drohende Barmittel-Fehlbetrag von rund 4 Milliarden Euro überbrückt werden muss. Damit das gelingt, muss Airbus voraussichtlich neue Finanzquellen erschließen. Dabei sind neben dem Finanzmarkt und den Aktionären gegebenenfalls auch die beteiligten Staaten gefragt. Wir dürfen uns dabei auch nichts vormachen. Bei aller ordnungspolitischen Argumentation für die Privatwirtschaft: Große und bedeutende Luftfahrtprojekte wie der A 380 sind rein privatwirtschaftlich nicht zu managen. Für solche Vorhaben brauchen die Unternehmen die aktive politische Unterstützung. Deshalb wird man in den nächsten Wochen und Monaten bei uns im Norden, aber auch in ganz Deutschland darüber diskutieren müssen, wie ein finanzielles Engagement von Bund oder Ländern, z. B. durch den Ankauf von Anteilen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau, sinnvoll ist. Alles das wird man sehr sorgfältig prüfen müssen.
Drittens. Wir sollten auch die von der Airbus-Krise betroffenen mittelständischen Unternehmen im Blick haben, die aufgrund der aktuellen Entwicklung in Schwierigkeiten geraten sind. Es geht nicht nur um die betroffenen Airbus-Werke in Niedersachsen. Es geht auch um die vielen Zulieferer. Gerade die vielen Zulieferer machen sich besondere Sorgen um ihre Zukunft in der Zusammenarbeit mit Airbus. Deshalb wird auch hier die Politik gefordert sein, unkompliziert und schnell zu prüfen, inwieweit Maßnahmen finanzierbar sind, die im Einzelfall über temporäre Liquiditätsengpässe hinweghelfen.
Viertens. Die Politik, und zwar die Bundespolitik, muss insbesondere darauf achten, dass es keine Produktionsverschiebungen von Deutschland nach Frankreich gibt. Ich halte Versuche aus Frankreich
gerade in der jetzt schwierigen Situation, die Produktion des A 380 dort zu konzentrieren und insbesondere die Endmontage und Auslieferung von Finkenwerder nach Toulouse zu holen, für absolut unerträglich.
Es gab bei Airbus zwei entscheidende Stützen: Frankreich und Deutschland. Beide Länder sind klug beraten, gerade jetzt an einem Strang zu ziehen und sich nicht gegenseitig Vorwürfe zu machen. Das heißt, die europäische Struktur des Airbus-Konzerns muss erhalten bleiben. Das heißt auch, dass die Endmontage des A 380 in Hamburg-Finkenwerder bleiben muss; denn wir haben für den A 380 gekämpft. Ich darf daran erinnern, dass auch der deutsche Steuerzahler Hunderte von Millionen Euro in die Hand genommen hat, um gerade die Produktionsvoraussetzungen in Hamburg-Finkenwerder zu schaffen. Deshalb hat jetzt auch Airbus eine Verantwortung für den Standort in Hamburg-Finkenwerder, der nicht aufgegeben werden darf.
Abschließend: Airbus ist in einer schwierigen Situation. Aber ich hoffe und bin auch optimistisch, dass wir durch eine enge Kooperation von Konzernleitung, Betriebsräten, Beschäftigten, Management und Politik in der Lage sein werden, die aktuelle Krise zu meistern. Airbus ist ein höchst respektables Unternehmen. Airbus ist eine europäische Erfolgsgeschichte. Airbus bleibt eine Erfolgsgeschichte. Airbus ist und bleibt eine norddeutsche Erfolgsgeschichte. Wir stehen zum Luftfahrtstandort Norddeutschland. Wir in Niedersachsen stehen zu Airbus und den Zehntausenden von Beschäftigten. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Verehrte Damen, meine Herren! EADS und auch Airbus sind der EU sehr ähnlich. Beide basieren auf großen Ideen, wurden mit viel
Idealismus ins Leben gerufen und feiern immer wieder große historische Momente. Gleichzeitig malen einige gerne Krisen und das drohende Scheitern an die Wand. Doch am Ende steht der Erfolg. So ist es auch heute wieder. Probleme mit der Fertigstellung des neuen A 380 führen zu langen Lieferverzögerungen und zwingen Airbus zu Sparmaßnahmen. In einer perfekten Welt würde ich sagen: EADS ist ein Unternehmen wie jedes andere und muss sein operatives Geschäft selbstständig regeln. So ist es aber nicht. EADS ist durchaus hoch politisch. Das müssen wir anerkennen und dementsprechend Position beziehen.
Meine Damen und Herren, die Auftragsbücher für den A 380 sind prall gefüllt. Wohin sollen die Kunden auch gehen? - Die Boeing 747 ist überaltert, und der Nachfolger kommt erst zwei Jahre nach dem A 380 auf den Markt. Übrigens: Als die Boeing 747 1969 eingeführt wurde, kam sie erst mit zwei Jahren Verspätung. Ihrem Erfolg tat dies offensichtlich keinen Abbruch.
Bei Mittelstreckenflugzeugen liegen Airbus und Boeing gleichauf. Nur im Langsteckensegment hat Boeing mit dem Dreamliner einen Vorsprung von vier bis fünf Jahren. Lassen wir uns also nicht verrückt machen. Airbus ist und bleibt ein erfolgreiches Vorzeigeunternehmen mit einer gesunden Basis.
Meine Damen und Herren, dennoch gibt es Probleme. Das Management hat eine Reihe von Fehlern begangen. Die Abstimmung zwischen den verschiedenen Standorten funktioniert offensichtlich nicht reibungslos, und Entscheidungen werden zu langsam gefällt. Kurzum: Reformen sind nötig besonders, da Boeing vor Kurzem einen radikalen Umbau durchgemacht hat und nun hoch effizient arbeitet. Es gibt aber keinen einzigen Grund, dass dies auf Kosten der norddeutschen Standorte geschieht.
Wenn sofort - ich spreche aus Erfahrung - aus Frankreich zu hören ist, das Hauptproblem sei das Werk in Hamburg, habe ich schon Zweifel, wie fundiert diese Einschätzung ist. Bei einem solch komplexen Projekt haben Probleme immer viele Ursachen, die genau analysiert werden müssen, bevor weitreichende Konsequenzen gezogen werden. Unsere Werke besitzen Schlüsselkompeten
zen, die für Airbus unverzichtbar sind. Die Fertigung großer Bauteile aus CFK bekommen sie praktisch nur hier bei uns. Rund um dieses Wissen entsteht dort ein ganzes CFK-Valley. Ich kann ja verstehen, dass andere Länder dieses Wissen auch gern hätten, aber Niedersachsen wird dieses Know-how auf keinen Fall aus der Hand geben.
Im Gegenteil: Hier ist eine Bündelung sinnvoll. Dieser Bereich sollte durch Airbus eher noch gestärkt werden; denn es ist anzunehmen, dass bei zukünftigen Modellen CFK eine noch wichtigere Rolle spielen wird.
Das Gleiche gilt natürlich für alle Standorte. Jeder Standort hat sein ganz spezielles Profil und besitzt hoch qualifizierte Mitarbeiter. Daher halte ich auch die Überlegung über Ausgliederungen für völlig falsch. Bei diesen Werken geht es nicht um Standardkomponenten, sondern um hoch spezialisierte und sicherheitssensible Bauteile. Das ist nicht mit dem Autobau zu vergleichen, wo Ausgliederung durchaus oft eine erfolgreiche Strategie sein kann. Hier geht es um Kernkompetenzen von Airbus. Diese abzugeben, wäre langfristig fatal für das Unternehmen.
Kernkompetenz und Mitarbeiter - darum geht es letztendlich. Die Mitarbeiter müssen sehen, dass wir sie in dieser unruhigen Phase nicht allein lassen.
Verehrte Damen, meine Herren, es ist viel wichtiger, insgesamt eine solche Strategie zu entwickeln, als schlicht eine stärkere Beteiligung des Staates zu fordern. Aktien nutzen übrigens nichts, wenn man sich nicht engagiert um sein Unternehmen kümmert. Geld kann keine Ideen und Konzepte ersetzen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns alle verbindet der Respekt vor der Leistung des EADS-Konzerns und von Airbus, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gezeigt haben, mit welcher Innovationskraft gemeinsame europäische Industriepolitik möglich ist und wie intelligent an unterschiedlichen Standorten in Europa perfekte, sehr wartungsarme Produkte hergestellt werden können. Wir sehen keinen Grund, warum sich das nicht auch in Zukunft entsprechend umsetzen lassen soll.
Die von Airbus erreichte Marktposition - quasi aus dem Nichts an die Weltspitze im Flugzeugbau macht deutlich, dass diese Qualität vom Markt sehr wohl erkannt worden ist. Welche Branche kann schon auf Jahre hinaus auf volle Auftragsbücher verweisen, wie das bei Airbus der Fall ist?
Wir alle erinnern uns noch an die Probeflüge in diesem Frühjahr, als mit dem A 380 scheinbar der Gipfel erreicht war. Alle Analysten waren des Lobes voll ob dieser präzisen und wieder erfolgreichen Entwicklung des Konzerns. Umso mehr sind wir bestürzt darüber, wie schnell es bei diesem Konzern gehen kann, vom Überflieger scheinbar zum Sorgenkind zu werden. Ich denke, angesichts der vollen Auftragsbücher, die für die meisten übrigen Produkte des Konzerns im Augenblick völlig außer Frage stehen, sollten wir die Debatte bei uns etwas ruhiger gestalten. Unsere Solidarität, die wir in diesem Zusammenhang zeigen, ist ein Baustein, um die richtigen Entscheidungen im Konzern zu unterstützen, um die Arbeitnehmer zu unterstützen und um ein Stück weit ein Signal zu senden, dass wir uns Ruhe in einer konstruktiven Debatte und im Dialog zwischen Arbeitnehmern und Geschäftsleitung wünschen und dass wir an der Seite der Arbeitnehmer stehen, an der Seite der Arbeitnehmer hier in Norddeutschland.
Alle Analysten sind sich einig und sagen: Wir haben es hier nicht mit einer Krise in der Produktion oder am Produkt selber zu tun, sondern wir haben es hier mit Managementproblemen zu tun. Das Management hat sich verkalkuliert und ein Produkt verkauft, dessen Ausstattung in all ihren Varianten nicht zu Ende durchdacht sein konnte. 16 verschiedene Innenausbauvarianten mit extrem komplexen Verkabelungen sollen jetzt in kürzester Zeit
ausgeliefert werden. Bei einem solchen Produkt, das in der Endfertigung tatsächlich absolute Sicherheit garantieren muss, müssen alle verschiedenen Varianten zunächst einmal als Prototyp hergestellt werden. Da haben sich die Verantwortlichen vom Schreibtisch aus leider nicht die ausreichenden Gedanken gemacht und nicht den ausreichenden Sachverstand von vor Ort herangeholt. Dafür dürfen aber nicht die Arbeitnehmer, erst recht nicht die Beschäftigten an den Standorten hier in Norddeutschland, die Zeche zahlen.
Die Konzernleitung und die Beschäftigten sind jetzt gefordert, hierfür die richtigen Lösungsangebote zu machen. Anders als viele andere Unternehmen in anderen Branchen, die sozusagen immer auf den nächsten Tag hin arbeiten müssen, hat Airbus aber durch die vollen Auftragsbücher eine deutlich bessere Ausgangsposition für konstruktive Lösungen innerhalb des Betriebs, und zwar ohne drastische Personalabbauprogramme.
Wir haben auch klare Positionen zu den anderen Kernfragen innerhalb des Konzerns, beispielsweise zu der Frage, ob denn der A 380 nun nicht mehr dezentral, sondern zentral gebaut werden sollte. Wir fragen uns, wieso diese Frage angesichts der bisherigen guten Ergebnisse der dezentralen Produktion überhaupt im Raum steht. Die dezentrale Produktion hat sich bewährt. Die Qualifikationen der entsprechenden Beschäftigten sind dezentral vor Ort. Warum sollte man viel Zeit verlieren, um diese Qualifikationen an einem zentralen Ort neu aufzubauen? Das wäre geradezu widersinnig.
Auch die andere wichtige Frage muss von der Politik ebenso wie im Unternehmen geklärt werden, nämlich ob der A 350 trotz der jetzigen Liquiditätsprobleme weiterentwickelt werden soll. Wir sind eindeutig der Meinung, dass dieses mittlere Segment auf der langen Strecke im Angebot dieses Unternehmens nicht fehlen darf. Die Entwicklung sollte weiter vorangehen; denn nur dann kann man auch an der Spitzenposition festhalten.
Wir sind aber nicht der Meinung, dass wir eine Flucht in eine stärkere Staatsorientierung des Unternehmens antreten müssen, wie das Spanien offensiv erklärt hat und wie es auch einige Politiker in Deutschland im Augenblick propagieren. Wir
sollten eher darüber mit den Franzosen reden - vielleicht wird das ja heute auch in dem Spitzengespräch in Frankreich von der Bundeskanzlerin angesprochen -, dass wir insgesamt mehr Markt und mehr Orientierung hin zu privatwirtschaftlichem Unternehmertum in diesem Unternehmen brauchen, damit es auch weiterhin effizient am Markt sein kann. Dann kommt man, glaube ich, genau zu den auch von uns gewünschten Lösungen, weil einfach die Positionen in Niedersachsen so gut sind. - Vielen Dank.