Schon heute ist Niedersachsen Schlusslicht, wenn es um die Versorgung der eigenen Landeskinder mit Studienplätzen geht. In Bezug auf die Abwanderung von Studierenden in andere Bundesländer sind wir Exportmeister. 58 % aller Studiengänge an Universitäten und 89 % aller Fachhochschulplätze sind mit einem Numerus clausus belegt. Sie selbst, Herr Minister, erwähnen die Notwendigkeit des Ausbaus der Fachhochschulkapazitäten, den Sie ja wohl hoffentlich nicht als Billigmodell durch den Abbau von Universitätsstudienplätzen finanzieren wollen.
Das MWK selbst hat in der Enquete-Kommission „Demografischer Wandel“ einen mittelfristigen Mehrbedarf von 3 000 Studienanfängerplätzen genannt. Trotzdem ist ein Ausbau der Studienplatzkapazitäten weder im Zukunftsvertrag noch im Haushalt 2007 abgebildet. Nur zwölf Tage vor Ablauf der Verhandlungen um den Verteilungsschlüssel beim Hochschulpakt geben Sie eine Regierungserklärung ab mit der schlichten Ansage - ich zitiere -: Wir sind optimistisch, dass Niedersachsen seinen Anteil wird leisten können.
Obwohl der Bund nur dann den Ausbau von Studienplätzen finanzieren wird, wenn die Länder in gleicher Höhe in die Finanzierung mit einsteigen, gibt es weder bei den Regierungsfraktionen noch aus Ihrem Ministerium eine Ansage, mit welchem Angebot man in die Verhandlungen gehen will.
und zeigen, wie Sie die Hochschulen angesichts der anstehenden Herausforderungen unterstützen wollen, dann müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass Sie die Hochschulen haben im Regen stehen lassen.
Sie werden am Ende den unrühmlichen Beweis angetreten haben, dass einige Länder schlicht den Mund zu voll genommen haben, als Sie im Rahmen der Föderalismusreform die Zuständigkeit für Bildung und Wissenschaft als eine Ihrer letzten Kompetenzen einforderten.
Kommen wir nun zum dritten Teil Ihrer Rückbaukampagne, der Beschneidung der Zugangsgerechtigkeit. Mit der Einführung von Studiengebühren ab dem Erststudium, Herr Minister Stratmann, laufen Sie Gefahr, den Hochschulen einen Bärendienst erwiesen zu haben. Das wird sich mittelund langfristig als kontraproduktiv herausstellen, auch wenn die jetzigen Anmeldezahlen bisher keine gravierenden Einbrüche zeigen. Angesichts der steigenden Zahl der Abiturienten ist es erst einmal kein Kunststück, die Zahl der Anmeldungen zu halten.
Was dagegen wirklich alarmierend ist, ist die geringe Inanspruchnahme des Darlehens. Meine Damen und Herren, weniger als 4 % der Erstsemester haben einen Kredit bei der NBank beantragt.
Als Vergleichsgröße: Im Schnitt beantragen 25 % aller Studierenden Bafög. Ob Studierende aus einkommensschwachen Familien noch stärker als bisher erst gar kein Studium aufgenommen haben, werden zukünftige Sozialerhebungen zeigen müssen. Aber bereits jetzt ist klar, dass das Kreditrisiko, wie von den Kritikern immer befürchtet, von den meisten Studierenden gescheut wird. Die von den Verfassungsrichtern eingeforderte Sozialverträglichkeit ist also offensichtlich nicht durch Kreditangebote zu gewährleisten.
In der Folge ist zu befürchten, dass Studierende, deren Eltern die Gebühren nicht zahlen können, in Zukunft noch stärker als bisher auf eine Erwerbstätigkeit während des Studiums angewiesen sein werden.
Das wird die Studierdauer in der Tendenz verlängern und die Hochschulen unter dem Strich teuer zu stehen kommen.
- Natürlich ist das zu belegen. Wir haben die Zahlen über die Kreditannahme. Oder die Jugendlichen nehmen erst gar kein Studium auf, was einerseits dazu führen würde, dass die Abiturienten Real- und Hauptschüler vom Arbeitsmarkt verdrängen würden, und was andererseits die signifikante Steigerung der Absolventenquote in weite Ferne rücken lassen würde.
So oder so hat das von dieser Landesregierung aufgelegte Studiengebührenmodell mit gerechtem Zugang zu Bildung nichts zu tun. Es ist eine Binsenweisheit, meine Damen und Herren, dass man eine gewünschte Öffnung der Hochschulen für mehr Studierende nicht dadurch erreicht, dass man die Zugangsschwelle höher legt.
Ihr Studiengebührenmodell, meine Damen und Herren von CDU und FDP, rundet das Bild ab, das sich bereits bei Ihrer Schulpolitik als Leitlinie abgezeichnet hat.
Sie arbeiten an einem Bildungssystem, das konsequent dem Prinzip des Selektierens verpflichtet ist und bei dem die soziale Herkunft eine deutlich stärkere Auswirkung auf die Bildungsbiografie hat als die individuelle Befähigung.
Nun zum letzten Punkt in der logischen Reihe des Stratmann‘schen Rückbauprogramms. Es geht um den Abbau der Hochschulautonomie und der Beteiligungsrechte im Rahmen des Hochschulgeset
zes. Die Beratung der NHG-Novelle bot an vielen Stellen das Schauspiel eines Rückzugsgefechtes. Mehrmals mussten die Koalitionsfraktionen, den Einwänden der Hochschulen weichend, zurückrudern. Bisweilen wurde es tragikomisch, wenn man den geschätzten Kollegen Zielke von der FDP beobachtete, der nicht ganz unfreiwillig zum Kombattanten einer Truppe geworden war, die er an mancher Stelle, glaube ich, ganz gerne selbst geschlagen hätte.
So gibt es bezüglich der NHG-Novelle eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute zuerst: In der jetzt beschlussreifen Vorlage ist von dem, was im ursprünglichen Entwurf des Gesetzes stand, glücklicherweise nur wenig übrig geblieben. Wenn uns bei der Einbringung zumindest von der CDU und vom Minister noch suggeriert werden sollte, es handele sich um ein für die Hochschulen wegweisendes Gesamtkunstwerk, so liegt uns jetzt nach der Anhörung und Beratung im Ausschuss nur noch eine arg gerupfte Version dessen vor, was ursprünglich einmal geplant war.
Die Schwächung des Senats zugunsten des Hochschulrates bzw. Stiftungsrates, die Streichung der Abwahlmöglichkeit des Präsidiums, die Öffnungsklausel, dass Studentenwerke in Hochschulen aufgehen können, die Einführung des Straftatverdachts als Exmatrikulationsgrund - beim Gros der substanziellen Änderungen mussten CDU und FDP nach der Anhörung zum Glück zurückrudern.
Nun die schlechte Nachricht: Das, was vom ursprünglichen Entwurf noch übrig geblieben ist, ist an vielen Stellen ein Rückschritt im Vergleich zum bisher geltenden Gesetz. Lassen Sie mich das an einigen wenigen Beispielen erläutern.
Statt die mit dem geltenden Gesetz begonnene Stärkung der Hochschulautonomie fortzusetzen, wird die Entwicklung zurückgedreht. Zu diesem Punkt könnte ich mir jetzt eigentlich meine Ausführungen sparen und einfach nur die Rede des Kollegen Zielke zur Einbringung dieses Gesetzes zitieren. Recht hat er gehabt, nur recht bekommen hat er leider nicht. Bis auf die Beibehaltung des Rechts des Senates, Hochschulpräsidien abzu
Ich möchte das Beispiel Zielvereinbarungen aufgreifen. Das Ministerium wird nicht nur berechtigt, bei der Schließung oder Einrichtung von Studiengängen mitzureden - was ja im Sinne der strategischen Planung der gesamten Hochschullandschaft Sinn macht -, sondern selbst Änderungen von Studiengängen müssen jetzt mit dem MWK abgesprochen werden.
Auch in der Frage, wann das Ministerium Zielvorgaben einseitig erlassen kann, ist der Bezugsrahmen nicht mehr wie bisher die Landeshochschulplanung, sondern die Entwicklung der jeweiligen Hochschulen selbst. So, meine Damen und Herren von der CDU, regelt man das Verhältnis zu einer nachgeordneten Behörde, aber nicht zu einer autonomen Hochschule.
Hier wird ein Stück Autonomie einkassiert, anstatt dass sie gestärkt wird. Selbst dort, wo man sich traut, die Tür zur Autonomie ein kleines Stück aufzustoßen, tut man dies halbherzig und behält dem MWK vor, die Selbstständigkeit im Zweifel wieder einzukassieren - ich rede vom Berufungsrecht der Hochschulen. Das Berufungsrecht haben die Stiftungshochschulen als Kannoption bereits im geltenden Recht. Diese Option hat sich bewährt. Aber anstatt sie konsequent zum Regelfall zu machen, bleibt man beim Status quo und schafft für die Hochschulen in staatlicher Trägerschaft lediglich den Ausnahmefall einer auf drei Jahre befristeten Berufungsbefugnis. Also auch hier von Reformgeist keine Spur!
Richtiggehend rückschrittlich ist dieses Gesetz, meine Damen und Herren, wenn man sich den Umgang mit den Beteiligungsrechten anschaut. Die Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen sind nur noch im Regelfall hauptamtlich zu beschäftigen - so ist es ja schon ihren Kolleginnen in den Kommunen ergangen. Die Berücksichtigung ihres Votums bei Berufungsverfahren wird nur noch als Soll- statt als Istregelung festgeschrieben, und ihr wird die beratende Stimme im Hochschulrat entzogen. Bemerkenswert ist an diesem Punkt, dass alle Hochschulen mit den Regelungen im geltenden Gesetz durchweg positive Erfahrungen gemacht haben.
Wir haben es offensichtlich mit einem Rückfall in alte ideologische Grabenkämpfe zu tun, von denen viele geglaubt hatten, sie seien beendet. Aber diese Landesregierung belehrt eines Besseren.
Es ist makaber, aber Ihre Politik, meine Damen und Herren von CDU und FDP, ist der schlagkräftigste Beweis dafür, dass wir eine möglichst breit angelegte gesetzliche Verankerung des Aufgabenprofils der Gleichstellungsbeauftragten brauchen.
Unser Fazit zum NHG lautet: Statt die Hochschulen fit zu machen für einen Wettbewerb, in dem eigenverantwortliche Profilbildung und ein hohes Maß an Flexibilität zunehmend wichtiger werden, legen Sie den Hochschulen neue Zügel an.