Protokoll der Sitzung vom 10.11.2006

Die Betreuungsvereine sind nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs gesetzlich berechtigt, im Einzelfall Personen bei der Errichtung der Vorsorgevollmacht zu beraten. Insoweit bleibt ihre Befugnis gemäß § 1 Abs. 2 des Entwurfs eines Rechtsdienstleistungsgesetzes unberührt. Soweit sie darüber hinaus rechtlich beraten wollen, kann dies künftig unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein. Dazu gehören namentlich eine zur sachgerechten Erbringung der Rechtsdienstleistungen erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung sowie die Beteiligung eines Volljuristen. Insoweit halten der Bundesrat und die Landesregierung eine Konkretisierung der vorgesehenen Regelung hinsichtlich der Art der Beteiligung des Volljuristen für erforderlich.

Anlage 12

Antwort

des Justizministeriums auf die Frage 15 der Abg. Heike Bockmann (SPD)

Umfassendes Verbot kinderpornografischer Darstellungen

Das Bundeskabinett hat am 29. August 2006 einen Gesetzentwurf beschlossen, der den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen verbessern soll. Der Missbrauch durch pornografische Darstellungen soll noch stärker bekämpft werden. Bereits in der vergangenen Legislaturperiode wurden der Besitz von Kinderpornografie und der Austausch solcher Darstellungen innerhalb von geschlossenen Benutzergruppen im Internet unter Strafe gestellt. Mit dem neuen Gesetz soll u. a. klargestellt werden, dass auch das sogenannte Posing, also das aufreizende Zur-Schau-Stellen der Genitalien oder der Schamgegend von Kindern, den Tatbestand der Kinderpornografie erfüllt. Es besteht u. a. deshalb Regelungsbedarf, weil nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. Februar 2006 (4 StR 570/05) das bloße „Posing“ nicht mehr strafbar ist. § 176 Abs. 3 Nr. 2 StGB setzt dem

nach voraus, dass der Täter das Kind dazu bestimmt, dass es an seinem eigenen Körper sexuelle Handlungen vornimmt; es reicht nicht aus, dass der Täter das Kind lediglich dazu bestimmt, vor ihm in sexuell aufreizender Weise zu posieren. Auf diese Entscheidung reagiert der Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit dem auch das „aufreizende Zur-Schau-Stellen der Genitalien oder der Schamgegend von Kindern“ (wieder) bestraft werden soll. Durch die Neufassung wird sichergestellt, dass auch sexuelle Handlungen des Kindes bzw. des Jugendlichen ohne Berührungen als Kinder- und Jugendpornografie wieder bestraft werden können.

Mit Pressemitteilung vom 13. Oktober 2006 hat die niedersächsische Justizministerin allerdings verlauten lassen, dass ihr der Gesetzentwurf der Bundesregierung „längst nicht weit genug“ gehe. Er erfasse nicht das sogenannte Posing von Kindern.

Angesichts dieses Widerspruchs zwischen dem Gesetzentwurf der Bundesregierung und den Verlautbarungen der niedersächsischen Justizministerin frage ich die Landesregierung:

1. Wie kommt die Landesregierung zu der in der Pressemitteilung der Justizministerin verkündeten Auffassung, dass das sogenannte Posing vom Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht erfasst sei, und wie begegnet sie dem Verdacht, die Justizministerin verdrehe die Tatsachen, um sich zu profilieren?

2. In welchen konkreten Belangen geht der Gesetzentwurf nach Auffassung der Landesregierung „nicht weit genug“?

3. Welche konkreten Änderungsvorschläge wird die Landesregierung im Gesetzgebungsverfahren einbringen?

Die Landesregierung betrachtet es als zentrale Aufgabe, Kinder und Jugendliche wirksam vor Übergriffen anderer Personen zu schützen. Dies gilt nicht nur für einzelne Aspekte des Kinder- und Jugendschutzes, sondern umfassend. Besonderen Stellenwert genießt der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Übergriffen und Ausbeutung sexueller Art. In ihrer sexuellen Integrität und Selbstbestimmung sind Kinder und Jugendliche besonders verwundbar. Verletzungen haben oft lebenslange Folgen.

Die Landesregierung hat deshalb den zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates der Europäischen Union vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie (ABl. EU L 13 vom 20. Januar 2004, Seite 44) von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses

des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie als solchen begrüßt. Er verbessert den strafrechtlichen Schutz vor Verbreitung, Erwerb und Besitz von Kinder- und Jugendpornographie und erweitert den Schutz jugendlicher Opfer vor sexuellem Missbrauch.

Der Gesetzentwurf geht inhaltlich allerdings nicht weit genug. Zwar sollen die Verbreitung, der Erwerb und der Besitz kinder- und jugendpornographischer Darstellungen unter Strafe gestellt werden. Nicht geschlossen wird jedoch die sich aus der restriktiven Auslegung von § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB durch den Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 2. Februar 2006 - 4 StR 570/05 - hinsichtlich des Posierens in sexuell aufreizender Weise ergebende Strafbarkeitslücke. Außerdem erfasst der Gesetzentwurf nicht die Fälle, in denen sexuelle Handlungen Minderjähriger oder der sexuelle Missbrauch Jugendlicher durch immaterielle Vorteile gefördert werden. Diese Lücken schließt erst die auf Anträge Niedersachsens hin erfolgte Beschlussfassung des Bundesrates.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Mündliche Anfragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung lässt § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB unverändert, weshalb das Bestimmen eines Kindes, vor dem Täter oder einem Dritten in sexuell aufreizender Weise zu posieren, straflos bliebe. Diese Lücke will der Bundesrat mit seinem auf Initiative Niedersachsens zustande gekommenen Beschluss vom 13. Oktober 2006 schließen. Die Landesregierung verdreht also keine Tatsachen, sie gleicht ein Versäumnis des Bundesministeriums der Justiz aus.

Zu 2: Der Gesetzentwurf der Bundesregierung erfasst weder das Posing als solches noch die Gewährung immaterieller Vorteile zur Herbeiführung sexueller Handlungen Jugendlicher. Dadurch würden Strafbarkeitslücken entstehen, die es zum Schutze jugendlicher Opfer vor sexuellem Missbrauch zu schließen gilt.

Nicht wenige Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern beginnen mit der Überredung des Opfers zu sexuell aufreizendem Posieren. Bereits für sich betrachtet, liegt darin eine strafwürdige erhebliche Beeinträchtigung der sexuellen Selbstbestimmung des Opfers. Entsprechendes Verhalten ist darüber hinaus aber häufig auch der „Einstieg“ in eine noch

weitergehende Beeinträchtigung der sexuellen Integrität des Kindes, sei es durch körperliche Übergriffe oder durch die Herstellung pornographischer Bilder und Filme. Diese Lücke im Gesetzentwurf kann nur durch eine Änderung von § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB geschlossen werden.

Jugendliche sind häufig für immaterielle Vorteile empfänglich. Ihnen geht es um den Zugang zu bestimmten Kreisen, die Teilnahme an besonderen Aktivitäten, Akzeptanz und Anerkennung. Das kann sie auch für sexuellen Missbrauch empfänglich machen. In den Vorschriften des Strafgesetzbuches, die Jugendliche vor sexuellem Missbrauch schützen sollen, sind diese immateriellen Vorteile bisher jedoch nicht erfasst. Auch der Gesetzentwurf schließt diese Lücke nicht. Dafür will jedoch Niedersachsen mit Unterstützung des Bundesrates sorgen.

Zu 3: Die Landesregierung hat im Bundesrat konkret beantragt, in § 176 Abs. 4 Nr. 2 StGB nach dem Wort „Handlungen“ die Wörter „vor ihm, einem Dritten oder“ einzufügen. Dadurch wird das Posing als solches unter Strafe gestellt.

Weiterhin hat sie den Antrag gestellt, in den §§ 180 Abs. 2 und 182 Abs. 1 Nr. 1 StGB jeweils nach dem Wort „Entgelt“ die Wörter „oder einen sonstigen Vorteil“ einzufügen. Dadurch werden immaterielle Vorteile als Mittel zur Herbeiführung einer sexuellen Handlung Jugendlicher erfasst.

Der Bundesrat ist dem in seiner Sitzung vom 13. Oktober 2006 gefolgt und hat einen entsprechenden Beschluss gefasst (Drs. 625/06 [Be- schluss]).

Anlage 13

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 16 der Abg. Klaus-Peter Bachmann, Heiner Bartling, Sigrid Leuschner, Johanne Modder, Jutta Rübke, Monika Wörmer-Zimmermann, Susanne Grote und Ingolf Viereck (SPD)

Antisemitismus und Rassismus beim Fußball - auch in Niedersachsen?

Das Thema Rassismus in Fußballstadien ist von trauriger Aktualität. In den letzten Jahren ist ein erheblicher Anstieg von offen geäußertem Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nicht nur unter Fans, sondern auch im Jugendfußball zu beobachten. Im Umfeld von Fußballspielen werden offen fremdenfeindliche Parolen skandiert und rassistische Symbole zur

Schau getragen. Dabei werden die Formen des Rassismus subtiler, d. h. die Grauzone von Legalität und Illegalität wird zunehmend geschickter ausgenutzt. Die Botschaften sind zwar klar, die Einschreitmöglichkeiten von Polizei und Verfassungsschutz aber kaum oder gar nicht gegeben. Experten gehen davon aus, dass sich der latente Rassismus eines Teils der Gesellschaft im Fußballumfeld manifestiert.

Kenner der Szene bescheinigen dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) mit DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger an der Spitze, aber auch der Bundesliga und vielen Profiklubs Handlungswillen. Es deutet jedoch vieles darauf hin, dass sich das Problem von rechten Pöbeleien und Rassismus in die unteren Ligen verlagert zu haben scheint. Die Süddeutsche Zeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 13. Oktober 2006 von erheblichen Rassismus-Problemen in unteren Fußballligen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Entwicklung, die Häufigkeit und das Ausmaß von rassistisch motivierten Vorfällen im Zusammenhang mit Profifußballveranstaltungen in Niedersachsen?

2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Entwicklung, die Häufigkeit und das Ausmaß von rassistisch motivierten Vorfällen in unteren Fußballligen in Niedersachsen?

3. Welche Konzepte verfolgt die Landesregierung, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken?

Hooliganismus ist kein Beobachtungsobjekt der Verfassungsschutzbehörden. Allerdings richteten die Verfassungsschutzbehörden im Vorfeld der FIFA Fußballweltmeisterschaft 2006 ein besonderes Augenmerk auf dieses Thema. Dabei war seitens des Niedersächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz (NLfV) besonders der Raum Hannover mit dem FIFA-WM-Stadion Hannover im Focus des Interesses. Neben vereinzelten rechtsextremistischen Hooligans war organisierter Rechtsextremismus und damit Antisemitismus und Rassismus nicht erkennbar. Hinweise auf Hooligangruppierungen, in denen Rechtsextremisten eine entscheidende Rolle spielen und in denen die rechtsextremistische Ideologie die Gruppierung und ihre Aktivitäten prägt, lagen nicht vor.

Ein Datenabgleich hat ergeben, dass 53 Gewalttäter Rechts mit Wohnsitz in Niedersachsen auch in der „Datei Gewalttäter Sport“ gespeichert oder mit einem bundesweiten Stadionverbot belegt sind. Darüber hinaus sind dem NLfV noch ca. 50 weitere

rechtsextremistische Fußballfans bekannt. Dieser rechtsextremistische Personenkreis zeigt sich überwiegend im Zusammenhang mit Spielen der Fußballbundesliga.

Laut Angaben des Niedersächsischen Fußballverbandes sind in der Vergangenheit lediglich Einzelfälle mit rassistischem bzw. antisemitischem Hintergrund bekannt geworden. Entsprechende in den Spielberichten der Schiedsrichter gemeldete Vorfälle wurden mit den in der Spielordnung für derartige Vergehen vorgesehenen Sanktionen belegt. Darüber hinaus wurde verbandsseitig versucht, mit den betroffenen Jugendlichen einen offenen und aufklärenden Dialog zu führen. Bei gravierenden Vorfällen mit rassistischem bzw. fremdenfeindlichem Hintergrund wird neben der Bestrafung auch mit Hilfe von Mediationstechniken versucht, den Konflikt aufzuarbeiten.

Die bisherigen Erfahrungen des Niedersächsischen Fußballverbandes zeigen, dass mit den eingeleiteten Maßnahmen diese Probleme gelöst werden können.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1 und 2: Zu verübten Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund im Zusammenhang mit Fußballspielen, insbesondere aufgrund von rassistischen Vorfällen, stehen polizeiliche Datensammlungen nicht zur Verfügung. Zwar ist mit Beschluss der Innenministerkonferenz im Jahr 2001 bundesweit der „Kriminalpolizeiliche Meldedienst - Politisch motivierte Kriminalität“ zur Gewährleistung einer ganzheitlichen Lagedarstellung und Beobachtung der „Politisch motivierten Kriminalität“ eingeführt worden. Ein spezielles Themenfeld, das entsprechende Fallzahlenanalysen für Fußballveranstaltungen ermöglichen würde, existiert aber nicht. Insoweit liegen keine validen Zahlenwerte zur antisemitisch, rassistisch oder sonst politisch motivierten Kriminalität - Rechts - mit konkretem Bezug zu Fußballbegegnungen vor.

Eine zur Beantwortung der Mündlichen Anfrage vorgenommene Auswertung von Sachverhalten anhand von Hilfskriterien führte für das Jahr 2005 zu dem Ergebnis, dass etwa 30 politisch rechtsmotivierte Delikte im Zusammenhang mit Fußballveranstaltungen der 1. und 2. Bundesliga sowie den unteren Ligen in Niedersachsen begangen worden sind. Eine Zunahme solchen strafrechtlich relevanten Verhaltens im Rahmen der oben ge

nannten Fußballveranstaltungen konnte bislang für das Jahr 2006 nicht festgestellt werden. Im Wesentlichen handelt es sich bei den rechtsmotivierten Straftaten im Zusammenhang mit Fußballspielen um Propagandadelikte, wie das Skandieren von Parolen oder das Zeigen von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Daneben werden Volksverhetzungsdelikte begangen, z. B. durch das Absingen einschlägiger Lieder. Häufig stehen die Delikte im Zusammenhang mit Alkoholkonsum. Überwiegend werden diese Straftaten im Zusammenhang mit Spielen der 1. und 2. Bundesliga festgestellt. Aktuell konnten politisch rechtsmotivierte Gewaltdelikte, z. B. Körperverletzungen, nicht festgestellt werden. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Zu 3: Die in der Mündlichen Anfrage geschilderte Entwicklung ist in Niedersachsen nicht festzustellen. Gleichwohl sind auch bei Fußballspielen rassistische und antisemitische Verhaltensweisen Einzelner festzustellen, denen mit aller Entschiedenheit entgegengetreten wird. Insofern werden wir die weitere Entwicklung sehr genau beobachten. Neben dem zur Bekämpfung des Hooliganismus eingeführten „Nationalen Konzept Sport und Sicherheit“ stellt dabei insbesondere die bereits im Jahr 2001 umgesetzte und fortbestehende „Rahmenkonzeption der niedersächsischen Polizei zur Intensivierung der Bekämpfung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und sonstiger Politisch motivierter Kriminalität - Rechts“ eine wichtige konzeptionelle Grundlage dar. Die Polizei handelt auch im Bereich der Bekämpfung rechtsmotivierter Bestrebungen im Zusammenhang mit Fußballbegegnungen nach den Leitlinien dieser Rahmenkonzeption. Insbesondere haben sich polizeilicherseits gezielte Gefährderansprachen sowie die Verhängung bundesweit wirksamer Stadionverbote als effektive Präventivmaßnahmen erwiesen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Anlage 14

Antwort

des Ministeriums für Inneres und Sport auf die Frage 17 des Abg. Klaus-Peter Dehde (SPD)

Gegen die Wand IV - Lässt der Innenminister Lüchow-Dannenberg im Stich?

In diesen Tagen werden die neuen Räte im Landkreis Lüchow-Dannenberg ihre Arbeit in neuen Strukturen aufnehmen. Nachdem die ursprünglichen Pläne des Innenministers einer kreisfreien Samtgemeinde Lüchow-Dannenberg