Drittens. Herr Möllring, ich habe Ihre Verlautbarungen in der Presse nach der Steuerschätzung gelesen. Nach der Steuerschätzung haben Sie der Öffentlichkeit und den Koalitionsfraktionen den Vorschlag gemacht, den Kreditrest in Höhe von 138 Millionen Euro, der in 2005 nicht aufgenommen war, auszubuchen. Dem sind die Koalitionsfraktionen nicht gefolgt. Warum nicht? - Weil sich „Rücklage“ in der Öffentlichkeit besser anhört und weil sich eine Reduzierung der Nettokreditaufnahme um 150 Millionen Euro bezogen auf den Haushalt 2007 in der Öffentlichkeit besser darstellen lässt.
Meine Damen und Herren, so einfach ist das. Diese Wahrheit wird sich durchsetzen. Ich fühle mich durch den Finanzminister in diesem Punkt sehr bestätigt. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Möhrmann, Sie sind ja wirklich ein netter Mensch. Danke, dass Sie mir Gelegenheit geben, noch einmal etwas zu diesem Thema darzustellen. Natürlich habe ich zunächst gesagt: Lasst uns die Rücklagenentnahme von 138 Millionen Euro nicht machen. - Wir hätten sie dann für 2008 nutzen können.
Ich bin aber den beiden Fraktionen dankbar, dass sie meinem zweiten Vorschlag gefolgt sind, die Nettokreditaufnahme um 150 Millionen Euro zu senken. Das hat die schöne Folge, dass der nächste Schritt der Senkung der Nettokreditaufnahme um 350 Millionen Euro im Jahre 2008 wiederum 150 Millionen Euro niedriger ist als der Basiswert. Das heißt, diese 150 Millionen Euro sind in jedem weiteren Schritt der Rückführung der Verschuldung enthalten. Wir werden damit im Jahr 2008 eine Nettokreditaufnahme von 950 Millionen Euro haben.
Das ist nicht einmal ein Drittel Ihrer im Jahre 2002 gebuchten Nettokreditaufnahme. Das ist bei dieser Haushaltslage ein Riesenschritt nach vorne. Das ist nachhaltige Finanzpolitik!
Herr Möhrmann, Sie hätten in Ihrem Änderungsantrag ja auch vorschlagen können, die 138 Millionen Euro Rücklagenentnahme auszubuchen. Ich hätte das an Ihrer Stelle als Opposition aber auch nicht gemacht; denn dann hätten Sie ja keine Wahlversprechen machen können. Sie bauen jetzt auf unserem Haushaltsplanentwurf auf und geißeln, dass wir eine Rücklagenentnahme machen. Aber anstatt diese um die 138 Millionen Euro zurückzuführen, nehmen Sie die 150 Millionen Euro, um zusätzliche Geschenke zu machen. Man muss sich an die eigenen Anträge erinnern lassen. Sie sind sonst ein netter Kerl. Dass Sie so etwas hier vortragen müssen, ist wirklich bedauerlich.
Danke schön. - Weitere Wortmeldungen zu den Tagesordnungspunkten 10 bis 15 liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die allgemeinpolitische Debatte über die Regierungs- und Haushaltspolitik. Morgen ab 9 Uhr setzen wir die Beratung mit der Debatte über ausgewählte Haushaltsschwerpunkte fort.
Tagesordnungspunkt 5: Zweite Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Verbots, Gesamtschulen zu errichten - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Drs. 15/3201 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 15/3359
Ich eröffne die Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich Herr Kollege Meinhold von der SPD-Fraktion. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Beschlussempfehlung des Ausschusses ist ja eben bekannt gegeben worden. Ich will auf ein paar Dinge eingehen, die etwas mit der Debatte zu tun haben.
Ein Schwerpunkt in der Debatte zu diesem Gesetzentwurf war, dass ständig davon geredet worden ist, es müsse endlich einmal Schluss sein mit der Schulstrukturdebatte. Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen: Wir sind mitten drin. Die Schulstrukturdebatte beherrscht zurzeit alle wichtigen großen bildungspolitischen Veranstaltungen. Ich werde nachher noch auf eine zu sprechen kommen.
Wenn jemand der Meinung ist, er müsse den Schluss der Schulstrukturdebatte fordern, dann kann ich nur sagen: Wenn eine Fraktion in diesem Parlament eine dauerhafte Schulstrukturdebatte geführt hat, dann war das keine andere als die CDU-Fraktion.
Aber das ist auch Vergangenheit. Sie sind der Meinung, die Schulstrukturdebatte wäre aufgrund der früheren Auslese ab Klasse 4, die Sie organisiert haben, vorbei. Das ist falsch. Damit fängt sie erst richtig an. Nehmen Sie doch endlich zur Kenntnis, dass Ihre Art und Weise der Aussortierung von Kindern dazu geführt hat, dass wir heute ganz anders über die Hauptschule reden müssen, als wir es bisher getan haben.
Gleiches gilt gleichermaßen für die Realschulen. Auch dort gibt es ein Problem aufgrund der Entscheidung der Eltern und der Schülerinnen und Schüler mit den Füßen. Das heißt, wir haben objektiv die Schulstrukturdebatte. Sie ist nicht von uns gefordert worden nach dem Motto „Nun müssen wir etwas Neues erfinden“. Auf diese Debatte muss es Antworten geben.
Eine der Antworten kann durchaus sein, in diesem Schulwesen zwei Alternativen bereitzuhalten, nämlich zum einen die gegliederte und zum anderen die integrierte bzw. kooperative Form. Genau an dieser Stelle haben Sie aber nicht mitgemacht. Deshalb haben Sie auch dieses Problem. Die Strukturproblematik wäre am ehesten zu überwin
Denn eines ist doch klar: Die hohen Zahlen von weit über 2 000 abgewiesenen Anträgen bei den Gesamtschulen beziehen sich doch nur auf die Standorte, an denen eine Gesamtschule besteht. Würde es in diesem Lande ein flächendeckendes System von Gesamtschulen geben - das Sie ja bewusst verhindern -, dann wäre die Zahl der Anmeldungen erheblich größer. Das ist relativ einfach klarzumachen. Denn es kann doch nicht sein, dass lediglich in den Bereichen mit einem hohen Angebot an Gesamtschulen integrativer und kooperativer Art - z. B. in der Region Hannover - der Wille der Eltern besonders groß ist, ihre Kinder auf solche Schulen zu schicken. Nein, das hat einen guten Grund. Aber Sie wollen an der jetzigen Art des Systems festhalten und mit dem Ablehnen der Errichtung weiterer Gesamtschulen genau das zementieren, was objektiv betrachtet nicht mehr zu halten ist. Die Zahlen sind da sehr eindeutig.
Ein weiterer Punkt in der Debatte war: Dann mögen doch die Gesamtschulen ihre Zügigkeit ausbauen. - Dann wurde noch der Hinweis gegeben: Die wollen wohl klein, aber fein bleiben. - Auch wurde gesagt: Bei den Gymnasien ist es ganz anders.
Ich will Ihnen sagen, wie es tatsächlich ist. Es sieht so aus, dass beispielsweise in den 16 Gymnasien der Stadt Hannover die Drei-, Vier- und Fünfzügigkeit erhalten bleibt. Es gibt überhaupt keine Absichten des Schulträgers, Schulen eventuell zusammenzulegen und die Zügigkeit zu erhöhen. Wir halten eine überschaubare Zügigkeit an Gymnasien, an Gesamtschulen, an Realschulen oder welchen Schulen auch immer für vernünftig und richtig.
Deshalb ist es absolut falsch zu sagen, wir wollten die Zügigkeit erweitern. Wenn aber der Herr Minister Busemann sagt „Dann mögen die in Hannover doch etwas machen“, kann ich Ihnen sagen: Wir werden da etwas tun. Wir werden im Rahmen der Schulentwicklungsplanung versuchen, die vielen abgewiesenen Schülerinnen und Schüler und auch diejenigen, die zukünftig abgewiesen werden, aufzunehmen. Aber was passiert denn? Sollten wir tatsächlich das Geld für einen Anbau haben, z. B. bei der IGS List - was nicht anders
ginge -, dann gibt es einen Innenminister - er ist gerade nicht da -, der über seine Behörde den städtischen Haushalt deckeln lässt, was er jetzt ohnehin schon macht, indem er sagt „Wir deckeln die Mittel für die Sanierung von Schulen“.
Da ist die Frage zu stellen, was denn vernünftig wäre. Um es Ihnen deutlich zu sagen: Wir Sozialdemokraten wollen tatsächlich das gegliederte Schulwesen überwinden.
Am 1. Dezember hat es einen Kongress der Bertelsmann-Stiftung „Schule in der Gesellschaft“ gegeben. Dort haben namhafte Redner - einen möchte ich zitieren - darüber gesprochen. Bischof Huber hat eine Schlagzeile der Süddeutschen Zeitung wiedergegeben. Die Süddeutsche Zeitung titelte: Das planmäßige Scheitern bei uns im Schulwesen heißt frühe Auslese, geringe Durchlässigkeit, zahlreiche Abbrecher, zu viele Schüler bleiben auf der Strecke.
Als es in der Veranstaltung dann darum ging, ein Meinungsbild zum gegliederten Schulwesen oder zum integrativen Schulwesen herzustellen,
(Joachim Albrecht [CDU]: Nur zum integrativen Schulwesen, nicht zum gegliederten! Sie waren nicht da! - Ur- sula Körtner [CDU]: Sie lassen schon wieder etwas weg, das ist unredlich!)
- Herr Albrecht, wenn man über das integrative Schulwesen redet, dann ist damit indirekt auch eine Aussage über das gegliederte Schulwesen gemacht.
Aber es wird noch viel deutlicher. Das möchte ich zum Schluss sagen, weil wir diesen Streit gleich entscheiden werden. In der Zeit ist zu lesen:
„Die Anhänger des gegliederten Schulsystems müssen zur Kenntnis nehmen, dass sie keine wissenschaftlichen Argumente für die in Deutschland praktizierte Aufteilung ins Feld führen können.“
Das ist das Erste. Lassen Sie mich aber ein Zweites sagen; auch das steht darin. Nun kommt die Position zur Gesamtschule; denn ich bin nicht - wie Sie vermuten - auf dem einen Auge blind.