Walter Meinhold

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Schöner kann die Debatte zu den vorgelegten Gesetzentwürfen und dem Entschließungsantrag nicht beginnen: Drei niedersächsische Schulen sind unter den ersten zehn Schulen, die von der Robert-Bosch-Stiftung mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet worden sind. Die Hildesheimer Robert-Bosch-Gesamtschule wurde auf Platz 1 gesetzt. Deshalb von hier aus einen herzlichen Glückwunsch an diese Schule und an die Stadt Hildesheim.
Gratulation auch an die Laagberg-Schule, eine Grundschule in Wolfsburg!
Sie werden verstehen, dass ich als Abgeordneter aus dem Wahlkreis, in dem die Gesamtschule List
liegt, mich freue, dass diese Schule zu den ersten zehn gehört.
An allen drei Schulen werden Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Kompetenzen erfolgreich gemeinsam unterrichtet. Reichen diese erneuten Auszeichnungen für Gesamtschulen nicht aus, heute gemeinsam das Errichtungsverbot für Gesamtschulen zu streichen? Leider nein. Da gibt es einen Minister, der sich nicht schnell genug in das Bild mit den Gewinnern schieben konnte, aber wenige Tage vorher in einer öffentlichen Diskussion über einen möglichen Erfolg der Robert-Bosch-Gesamtschule sagte,
das sei zwar gut, aber hänge auch damit zusammen, dass sich andere Schulen nicht bewerben würden. Dieser Herr ist gleichzeitig auch noch im Beirat der Robert-Bosch-Gesamtschule. Man wundert sich also nur.
Herr Minister Busemann, ist es Ihnen nicht allmählich peinlich, dass ausgerechnet Niedersachsen durch Gesamtschulen bundesweit glänzt, wie z. B. auch im Jahr 2006, als die IGS Franzsches Feld ausgezeichnet worden ist?
Sie sind derjenige, der in den letzten viereinhalb Jahren bei den Gesamtschuldebatten hier regelmäßig die nicht genügende Leistungsfähigkeit der Gesamtschulen hervorgehoben hat. Sie haben nicht nur das getan, Sie haben der IGS Franzsches Feld an einer anderen Stelle sogar vorgeworfen, sie würde mit einem sogenannten Creaming-Effekt arbeiten, indem Hauptschülerinnen und Hauptschüler bewusst nicht zugelassen und die Erfolge auf dem Rücken dieser Schülerinnen und Schüler erzielt würden. Dabei wissen Sie ganz genau, dass sich diese Schule nach dem DreiTöpfe-Modell richten muss und das auch macht. Deshalb ist es schon etwas problematisch, wie Sie sich bisher geäußert haben. Aber Sie fahren sehr gerne nach Berlin, nehmen gerne die Preise entgegen und lassen sich gerne ablichten. Herr Minis
ter, ich glaube, das ist keine Art, wie man die Bildungspolitik in diesem Lande darzustellen hat.
Dann gibt es da noch den Ministerpräsidenten, der Gesamtschulgründungen in Zukunft für möglich hält. Aber dieser Ministerpräsident, der Landesvorsitzender der CDU ist, hat es nicht hingekriegt, diese von ihm gemachte Äußerung auf dem Landesparteitag in Oldenburg, der danach stattgefunden hatte, im Programm zu verankern.
Herr Thiele, wir haben, wie auch Herr McAllister - wir kennen uns da sehr gut -, unsere Programme gegenseitig sehr sorgfältig gelesen. Es gibt nicht ein einziges Wort in dem beschlossenen Programm Ihrer Partei, mit dem Sie eine Öffnungsklausel für Gesamtschulgründungen aufgenommen haben. Ich habe das Programm übrigens dabei, weil ich damit rechne, dass Sie gleich darauf reagieren werden. Warum hat der Ministerpräsident das nicht gemacht? - Ganz einfach! Er wusste ganz genau, dass auf diesem Landesparteitag nach diesem unerwarteten Vorstoß dafür keine Mehrheit zu erzielen wäre.
Aber nun zu den Gesetzentwürfen. Mit der Abschaffung des Errichtungsverbotes, Herr Minister, geht es nicht um eine Strukturdebatte. Warum? Schon heute gehören Gesamtschulen zur Schullandschaft Niedersachsens, also kann man keine Strukturdebatte führen, wenn man mehr Gesamtschulen haben will. Deshalb lassen Sie diese Polemik weg, wir wollten nur über Strukturen und nicht über Qualität reden. Uns geht es um etwas anderes: Uns geht es darum, dass endlich der Elternwille in diesem Lande respektiert wird.
Wir wollen, dass die Eltern zwischen dem gegliederten und dem integrierten System auswählen können.
Das ist in Niedersachsen in weiten Teilen nicht möglich, weil, wie Sie wissen, das Angebot dafür nicht vorgehalten werden kann. Die Bedingungen dafür müssten zunächst einmal hergestellt werden.
Der Wunsch nach mehr Integrierten Gesamtschulen zeigt sich nicht nur an der Zahl der abgelehnten Schülerinnen und Schüler von über 2 000, sondern zeigt sich auch an der zunehmenden Zahl an Initiativen, die Gesamtschulen in ihren Gemeinden haben wollen. Aber nicht nur diese Initiativen, sondern auch die Gemeinderäte wissen mittlerweile, warum es nötig ist, Gesamtschulen vorzuhalten. Frau Korter hat vorhin ein Beispiel aus Friesland genannt - ich will das nicht wiederholen -, wo der gesamte Kreistag einschließlich der Vertreter der CDU dies mitgetragen hat. Diese CDU-Stimmen in Friesland sind keine Ausnahme. Die klug denkenden Kommunalpolitiker der CDU vor Ort, von denen es eine ganze Menge gibt - auch ich kenne einige - vertreten eine Auffassung, die erheblich von dem abweicht, was Sie auf Landesebene machen.
Meine Damen und Herren, in Niedersachsen gibt es eine Gesamtschulbewegung, an der Sie nicht vorbeikommen. Wir - sowohl die SPD als auch die Grünen - wollen, dass zum Schuljahr 2008 weitere Gesamtschulen errichtet bzw. gegründet werden können, um dann ihre Arbeit aufzunehmen.
Hier ist der Haken an dem Vorschlag des Ministerpräsidenten zu sehen. Wenn denn überhaupt neue Gesamtschulen errichtet werden - da bin ich skeptisch, Frau Korter - bedeutet der Vorschlag des Ministerpräsidenten, dass dies frühestens 2009, aber nicht eher geschehen kann. Neue Gesamtschulen will man aber nicht einfach so zulassen. Warum blockiert man die Streichung eines Halbsatzes? Man will die Gründung neuer Gesamtschulen von Bedingungen abhängig machen. Erstens geht es um die Frage, ob die Zügigkeiten voll ausgeschöpft sind. Es geht also um große Schulen. Zweitens. Wie ist das mit der Schaffung von Außenstellen? Drittens. Wehe man kann vor Ort das gegliederte System nicht vorhalten. Auch dann kann keine neue Gesamtschule errichtet werden. Schauen Sie sich doch einmal die Strukturen in Niedersachsen an! Herr Ministerpräsident, Sie haben uns damit eine verdorbene Praline serviert nichts anderes. Glauben Sie nur nicht, dass die Eltern das nicht merken werden.
Meine Damen und Herren, wir wollen noch mehr. Wir wollen, dass alle Schülerinnen und Schüler
- wie in den meisten europäischen Ländern - noch besser gefördert werden, als dies im gegliederten Schulsystem möglich ist. Die Schwäche des gegliederten Systems - das wissen Sie - liegt eindeutig darin, dass zu früh aussortiert wird. Die Aussortierung nach Klasse 4 hier in Deutschland ist europaweit die Ausnahme und ist in Europa nicht nachvollziehbar. Sie wissen, dass wir mit der kurzen Frist von vier Jahren den fatalen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg nicht aufbrechen können. Schauen Sie sich aber einmal die Gesamtschulen an, gehen Sie an die Robert-Bosch-Schule, die gerade ausgezeichnet worden ist!
- Das ist keine Ausnahme. Sie wissen, dass es mehr solcher Schulen gibt. Längeres gemeinsames Lernen fördert Lernschwache und Lernstarke und erhöht insgesamt das Lernniveau, reduziert es aber nicht.
Es gibt noch einen ganz praktischen Grund für die Einrichtung von Gesamtschulen. Gemeinsames Lernen macht auch mit Blick auf die demografische Entwicklung Sinn. Bei sinkenden Schülerzahlen wird es insbesondere im ländlichen Raum sehr schwierig werden, das gesamte Spektrum von Bildungsabschlüssen im bestehenden gegliederten System wohnortnah vorzuhalten. Deshalb werden sich auch die Kommunalpolitiker Ihrer Partei zu dieser Frage in einer Weise verhalten, wie Sie sich dies derzeit noch nicht vorstellen können.
Mit einer Schule, in der bis zum Ende der Sekundarstufe I alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet und individuell gefördert werden, ist es hingegen möglich, alle Schulabschlüsse wohnortnah anzubieten.
Habe ich das Klingeln so zu verstehen, dass meine Redezeit abgelaufen ist?
Ich komme zum Schluss. Unser politisches Ziel ist es, bis zum Jahr 2013 im Sekundarbereich I für jedes Kind wohnortnah eine Gemeinsame Schule anbieten zu können. Die Logik der Aufhebung des Errichtungsverbotes besteht darin, dass den bestehenden Gesamtschulen und den Gesamtschulen, die dann gegründet werden, hierbei eine zentrale Rolle zukommt. Ihre pädagogische Arbeit realisiert heute schon viele Grundprinzipien der gemeinsamen Schule. Sie haben die besten Voraussetzungen diesen Weg zu beschreiten. Wir wissen aber, dass noch viel Überzeugungsarbeit auf diesem Weg nötig ist. Diese Überzeugungsarbeit wollen wir leisten. Wir werden nicht von oben verordnen, sondern bei den Eltern, bei den Schülerinnen und Schülern und in den Kommunen um nachhaltige Unterstützung werben. Die Anzeichen dafür sind ausgesprochen gut.
Frau Präsidentin, vielen Dank. Da ich wusste, dass das kommen würde, habe ich mich darauf vorbereitet. In dem Entwurf, der dem Landesparteitag vorgelegt wurde, stand, bevor der Ministerpräsident diese Äußerung gemacht hatte, folgender Satz: Bestehende alternative Schulformen in Niedersachsen, die unser gegliedertes Schulsystem ergänzen, stellen wir auch weiterhin nicht in Frage. Das war die Aussage, bevor der Ministerpräsident einen weiteren Schritt getan hat.
Ich habe gedacht, Sie würden an diesen Satz eine Ergänzung anfügen. Das haben Sie aber nicht getan. Ich sage Ihnen, was Sie gemacht haben. Sie hatten den Mut, zwei Begriffe in das Programm zu schreiben. Sie haben den Mut gehabt, zu sagen: Neben den Hauptschulen und den Realschulen schreiben wir jetzt auch - das stand vorher nicht darin, das ist das Wahnsinnsergebnis Ihres Parteitages - Kooperative Gesamtschulen und Integrierte Gesamtschulen hinein.
Sie beschreiben, was wir in Niedersachsen seit Jahren haben. Sie haben aber nicht die Äußerung Ihres Ministerpräsidenten aufgenommen, dass Sie für die Zukunft, wenn Sie denn die Wahl gewinnen, weitere Gesamtschulen zulassen wollen. Das macht deutlich, dass Sie den Ministerpräsidenten an dieser Stelle zunächst einmal haben vorlaufen lassen, um hinterher zu sehen, wie es sich entwickelt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf die Anmerkung von Herrn Schwarz eingehen, wir sollten nicht über Schulstrukturreformen reden. Herr Schwarz, ich wiederhole: Sie haben zu Beginn der Legislaturperiode eine entscheidende Schulstrukturreform durchgeführt. Diese Schulstrukturreform, die Sie durchgeführt haben, hat eine Nachwirkung. Die Folge war sozusagen eine Abstimmung der Eltern und ihrer Kinder mit den Füßen. Insbesondere für zwei Schulformen ergab sich eine Folgewirkung, nämlich für die Hauptschule, die ausblutet, und für die Realschule. Das Gymnasium hat dabei gewonnen.
Da sich dieser Prozess zurzeit fortsetzt und die Hauptschulen aufgrund Ihrer Maßnahme zunehmend ausbluten, muss man doch eine Antwort finden. Darum drücken Sie sich aber. Wir haben es aufgrund der Elternentscheidung objektiv mit Schulstrukturfragen zu tun, jedoch nicht etwa deshalb, weil die SPD über Schulstrukturen diskutiert.
Herr Schwarz, lassen Sie uns über eines klar werden. Wenn Sie das Programm der FDP interpretieren, sind Sie für mich das Original, nicht ich. Das gilt für mich im Blick auf die SPD umgekehrt genauso. Wenn wir unser Programm der Öffentlichkeit darlegen und etwas dazu sagen, gelten unsere Aussagen und nicht die Interpretationen von anderen.
Ich will Ihnen hier einen Satz vorlesen, damit die Diskussion über diese Frage endgültig beendet ist. In unserem Programm steht: Die SPD setzt sich deshalb für die Durchlässigkeit und Kooperation aller Schulformen der Sekundarstufe ein und wird als neues Angebot die gemeinsame Schule als Regelschule in das System aufnehmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ja irre - das sage ich noch einmal -, wie ein solcher Antrag zu dieser Stunde zu solch leidenschaftlich langen Reden führen kann. Aber das nur am Rande.
Heute ist im Rahmen der Debatte zum Thema Gesamtschulen immer wieder, besonders von der FDP, gesagt worden, es muss um Inhalte und um Qualität gehen.
Wenn das so ist, Herr Schwarz - ich teile sogar Ihre Auffassung an dieser Stelle -,
dann ist doch die Frage zu stellen, warum man sich mit dem, was zurzeit läuft, zufrieden gibt. Denn für uns Sozialdemokraten heißt Verbesserung der Schul- und Unterrichtsqualität, dass wir uns mit bestimmten Zielen auseinandersetzen wollen und müssen, die uns bedrücken. Tun wir - zusammen mit den Lehrerinnen und Lehrern - in den Schulen genug, um die hohe Abbrecherquote, also die Quote derjenigen in den Griff zu bekommen, die die Schule ohne Abschluss verlassen, oder aber die Quote der Kinder zu erhöhen, bei denen wir das Gefühl haben, sie könnten einen
höheren Abschluss erreichen, als es tatsächlich der Fall ist?
Das sind die Dinge, um die es geht, wenn man über Schul- und Unterrichtsqualität reden will.
Nein, ich möchte zu Ende reden, weil ich meine, in einem Zug kriegt man das vielleicht besser hin.
Das sind die Punkte, auf die es ankommt. Im Hinblick darauf, dass das Modell der Eigenverantwortlichen Schule dazu beitragen soll, dass sich die Schulen bestimmte Dinge genauer anschauen und kritischer mit sich umgehen, ohne dass sie gleich bloßgestellt werden, stellt sich die Frage, ob das ausreicht, was die derzeitige Landesregierung den Schulen dafür zur Verfügung stellt. Ich muss Ihnen sagen, die Summe von 3,6 Millionen Euro ist nicht unbedingt überzeugend.
Wir haben bei dem Modell der Eigenverantwortlichen Schule eine andere Befürchtung. Sie setzen hierbei auf die Eigenverantwortlichkeit und sagen, die Lehrer werden sich dann unter bestimmten Bedingungen noch mehr in die Geschichte hineinhängen und da wird dann einiges durch sogenannte Selbstfinanzierung - so will ich es einmal nennen -, durch entsprechende Tätigkeiten in den Schulen laufen. Da gibt es eine Ähnlichkeit mit den Ganztagsschulen, die Sie gemacht haben. Auch bei den Ganztagsschulen haben Sie das Modell verfolgt: Wir sind dafür, aber die entsprechenden Mittel dafür stellen wir nicht ein. - Das ist ein Punkt, den man bei der Debatte über die Schul- und Unterrichtsqualität deutlich ansprechen muss. Das heißt, die Eigenverantwortliche Schule darf nicht zu einem Modell werden, bei dem man sagt „Eigenverantwortung ja“, aber bei dem der staatlichen Verantwortung nicht in genügendem Maße Rechnung getragen wird. Um es deutlich zu sagen: Wenn im Rahmen der Schulinspektionen bei der Überprüfung von 1 000 Schulen eine Zahl von 10 % ermittelt wird, so ist das besorgniserregend.
Aber es geht nicht nur darum zu sagen: Wenn in den Schulen festgestellt worden ist, dass es nicht
optimal läuft, ist ein Qualifizierungsbedarf vorhanden. Vielmehr müssen wir den Lehrerinnen und Lehrern grundsätzlich die Möglichkeit geben, sich auf die veränderten Bedingungen einzustellen. Liebe Frau Bertholdes-Sandrock, Sie haben davon gesprochen, dass da 400 Leute im System geblieben sind. Das ist aber nicht der Punkt. Der Punkt ist, ob wir die 400 und all die anderen Lehrer in die Lage versetzen, dass sie Unterricht erteilen, der bei den Kindern ankommt, der die Sprache spricht, die im Moment angesagt ist.
Das heißt, es geht bei der Qualifizierung nicht nur darum, dann zu qualifizieren, wenn an einer Schule Schwierigkeiten vorhanden sind, sondern es geht bei der Qualifizierung grundsätzlich darum zu sagen, die Lehrer brauchen - wie es auch in der Wirtschaft üblich ist, weil sich die Bedingungen auch dort verändern - ständige Qualifizierungen, ständige Möglichkeiten zu überprüfen, ob sie noch auf der Höhe der Zeit sind oder ob sie hinterherhinken. Darauf zielt der Antrag der Grünen ab, der sagt: Liebe Landesregierung, der Weg ist schon richtig, aber ihr könntet ihn mit einem etwas anderen Tempo versehen.
Wenn Sie sagen, liebe Frau Bertholdes-Sandrock - wie Sie es im Ausschuss getan haben -, es sei alles easy, es sei alles bestens, so können Sie das jedem erzählen, aber das wird Ihnen angesichts der tatsächlichen Zahlen niemand glauben.
Man kann also eine Sache, die gut ist, noch besser machen. Darauf zielt dieser Antrag ab. Deshalb werden wir Sozialdemokraten der ablehnenden Empfehlung des Ausschusses nicht folgen und dem Antrag unsere Zustimmung geben. - Vielen Dank.
Herr Minister - erste Frage -, Sie haben eben auf die Frage der Kollegin Bertholdes-Sandrock zum Leistungsstand der Gesamtschulen gesagt, dass sie zwischen den Haupt- und den Realschulen liegen. Trifft das aus Ihrer Sicht auch auf die Gesamtschulen in Niedersachsen zu?
Zweite Frage. Glauben Sie tatsächlich, dass eine solch große Zahl von Eltern ihre Kinder bewusst an eine minder leistungsfähige Schule entsenden möchte?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der von den Grünen eingebrachte Antrag weist auf die Notwendigkeit einer gelingenden Schulinspektion hin. Hierüber muss intensiv diskutiert werden, da die Fragen zur Verbesserung der Schul- und Unterrichtsqualität von zentraler Bedeutung sind. Das ist wohl für alle hier im Hause klar. Der Hinweis, dass den Schulen die Verantwortung für die Qualitätsentwicklung übertragen worden ist - das ist richtig im Rahmen der Eigenverantwortlichen Schule -, entlässt die Politik allerdings nicht aus ihrer zentralen Verantwortung für die Rahmenbedingungen bei der Umsetzung dieser Aufgabe, wenn sie denn gelingen soll.
Die Schulinspektion wird bei ihrer Arbeit auf Faktoren stoßen, die nicht von der Schule und den Lehrerinnen und Lehrern beeinflusst werden, aber eine nicht unerhebliche Wirkung auf ihre Unterrichtspraxis ausüben werden. Als Beispiel will ich die Klassenfrequenz nennen; denn man muss darüber reden, ob das Produkt, nämlich Schule, das überprüft werden soll, möglicherweise bestimmte Systemfehler hat, die eine Schulinspektion auch dann nicht wegbekommt, wenn sie hundertmal in die Schulen geht.
Die Klassenfrequenzen wurden zu Beginn der Amtszeit der jetzigen Regierung um zwei - für die Realschule, das Gymnasium und die Gesamtschule - erhöht. Für die Hauptschulen wurden sie um zwei gesenkt, was aber nur für knapp 10 % der Hauptschulen zutrifft.
- Nein, die anderen sind schon lange unter diesem Wert, Herr Kollege Albrecht. - Jetzt sieht die Situation so aus, dass manchmal nicht nur 32, sondern manchmal auch 33 oder 34 Schüler in einer Klasse sitzen. Konkret heißt dies: Wenn jeder Schüler pro Stunde eine Minute lang zu Wort kommt, sind zwei Drittel der Unterrichtsstunde vorbei. Wie soll da - das soll überprüft werden; deshalb machen wir Inspektionen - eine angemessene Förderung des Einzelnen stattfinden? Was soll die Schulinspektion außer „so und so“ denn dazu sagen? Ich meine nicht die Förderung unter dem Gesichtspunkt von Defiziten, sondern es muss dafür gesorgt werden, dass jeder Schüler angemessen am Unterrichtsgeschehen teilhaben kann.
Ich möchte hier aus einem Brief zitieren, den wir heute Morgen - vielleicht auch schon gestern wohl alle von der Landtagsverwaltung erhalten haben. Darin heißt es:
„Sehr geehrter Herr Busemann, ich schreibe diesen Brief als betroffener Vater von zwei schulpflichtigen Kindern, CDU-Mitglied und ehemaliger Kommunalpolitiker im Schulausschuss der Gemeinde Edewecht.
... Nach dem gestrigen Zeitungsartikel in der Nordwest-Zeitung habe ich nur noch Wut im Bauch. Sie werden dort mit den Worten ‚Busemann sprach von einem heilsamen Schock für die Schüler‘ zitiert.“
Das betrifft die Deutsch- und Mathearbeiten. In dem Brief wird auch auf den Punkt eingegangen - das hat mich sehr gewundert, aber der Brief ist ja auch sehr lang -, den ich eben genannt habe, und dort steht:
„Mein Sohn z. B. ist in der 5. Klasse auf dem Gymnasium in einer Klasse mit 34 (!) Schülern gestartet und wird seitdem mit Stoff nur so zugeschüttet. Sechs Kinder sind schon dabei auf
der Strecke geblieben, und weitere folgen mit Ablauf dieses Schuljahres. Nicht immer war der Grund die Nichtbeachtung der Schulempfehlung.“
Wenn es im Schulsystem einen solchen Strukturmangel gibt, kann die Schulinspektion machen, was sie will. Sie kann nur feststellen, dass sich die Kolleginnen und Kollegen nach Kräften bemühen. Wenn die Schulinspektion dazu beitragen soll, dass sich die Schule Stück für Stück entwickelt, dann muss die Politik zuvor solche Strukturmängel beseitigen. Das ist ihre zentrale Aufgabe. Nur dann kann die Schulinspektion auch über etwas anderes als Defizite schreiben. Einen solchen Strukturmangel kann auch eine noch so gute Schulinspektion nicht beseitigen.
Ich will ein weiteres Beispiel nennen, das zeigt, dass Strukturmängel etwas mit der Frage zu tun haben, ob die Schule einen qualitativ guten Unterricht gewährleisten kann. Wir alle, die wir regelmäßig an Abschlussfeiern in Schulen teilnehmen, freuen uns über die kulturellen Darbietungen. Ich kenne niemanden, der das nicht gut findet. Gerade deswegen müssen wir fragen, wie die musische und die kulturelle Bildung sowie der Sport im Unterricht berücksichtigt werden. Wir wissen, dass diese Bereiche immer hinten runterfallen, wenn es Probleme mit der Unterrichtsversorgung gibt. Das ist ein zentrales Problem. Wir müssen in diesem Bereich mehr tun. Wir alle wissen doch, dass der Musikunterricht bei der Entwicklung der Intelligenz - darüber gibt es Untersuchungen - eine zentrale Rolle spielt. Diejenigen, die musizieren, sind nachweislich intelligenter. Das ist im Zusammenhang mit der Unterrichtsgestaltung nicht unwichtig.
Die Landesregierung setzt aber auf die sogenannten Kopffächer, weil diese angeblich für das Lernen entscheidend sind. Man ist offensichtlich der Meinung, dass man nur einen Teil der Persönlichkeit der Schüler ansprechen muss, vergisst dabei aber, dass es darum geht, die Schüler ganzheitlich anzusprechen. Das wird - das muss die Landesregierung wissen - von der Schulinspektion zur Kenntnis genommen. Daran kann sie wenig ändern. Die Schulinspektion wird aufgrund dessen Probleme feststellen, die wir lieber nicht hätten. Die Schulinspektion sollte doch nicht in erster Linie Defizite aufspüren, sondern auch deutlich machen, an welchen Stellen etwas gelingt, wo man sich etwas abgucken kann und welche Dinge man vorantreiben könnte. Ich jedenfalls habe die Erwartung, dass die Schulinspektion das Positive her
vorhebt. Die Mitarbeiter der Schulinspektion sollten nicht nur nach Fehlern suchen und sich daran festbeißen. Das Gespräch, das wir von der SPD vor Kurzem mit Vertretern der Schulinspektion geführt haben, hat deutlich zutage gebracht, dass die Schulinspektion prozessorientiert arbeiten und nicht einzelne Punkte bewerten will. Es wäre sehr schön, wenn die Schulinspektion in den Schulen einen Unterricht erleben könnte, in dem die Kinder in angemessener Art und Weise gefördert werden.
Herr Minister, ich muss immer wieder feststellen, dass inhaltliche Fragen von Ihrem Haus und Ihnen viel zu wenig bearbeitet werden. Damit habe ich ein Problem. Ich habe nichts gegen die Maßnahmen, die Sie im Zusammenhang mit der Eigenverantwortliche Schule durchgeführt haben; das ist gar keine Frage. Diese Maßnahmen sind aber nicht mit qualitativen Elementen verbunden worden, und das kritisieren wir. Wir sind der Meinung, dass auf diesem Gebiet etwas anderes eingeleitet werden muss. Die SPD will, dass die Schülerinnen und Schüler endlich in den Mittelpunkt der Förderung gestellt werden. Uns reicht es langsam. Wir kriegen ständig mit, dass Ihnen die Förderung einzelner Schulformen wichtiger ist als die Förderung der einzelnen Schülerinnen und Schülern.
Die Debatte von heute Morgen hat deutlich gemacht, dass Sie für den Erhalt der einzelnen Schulformen kämpfen, aber nicht für die Verbesserung der Unterrichtsbedingungen. Uns fehlt eine Aussage von Ihnen, die zeigt, dass Sie die Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt stellen wollen.
Wir wollen - ich sage das in aller Klarheit - nicht nur eine gemeinsame Beschulung in den Klassen 1 bis 4 der Grundschulen. Wenn sie dort gelingt, ist die Frage zu stellen, warum sie nicht auch in der weiterführenden Schule gelingen sollte.
Dem Problem des vorzeitigen Trennens und Sortierens wird sich auch die Schulinspektion stellen
müssen. Die Schulinspektion muss nämlich feststellen, dass weiterhin 10 % der Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen.
Die Ursachen dafür liegen im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern. Es macht einen Unterschied aus, ob man sie ganzheitlich fördert oder nicht.
Unseres Erachtens ist es wichtig, dass an den Schulen ein integrativer Unterricht stattfindet. Der Umstand, dass Kinder mit Handicaps getrennt von den anderen Kindern unterrichtet werden, muss endlich ein Ende haben. Sie alle gehören zusammen. Sie können wunderbar voneinander lernen. Vielfalt ist Stärke und nicht Schwäche.
Wir wollen, dass im Lernprozess jedem Kind sein eigenes Tempo zugestanden wird. Nicht alle Kinder sind Schnelllerner. Das ist aber noch lange kein Grund, sie im Schulsystem sozusagen auf die hinteren Plätze zu verweisen.
Wegen der neun Minuten habe ich mich schon gewundert. - Der Schlusssatz lautet: Wir wollen einen Lernprozess organisieren, in dem eine Lerngruppe durch ein Pädagogenteam begleitet und gefördert wird. Dieses Team sollte Eltern und Kinder beraten und für die Unterstützung durch andere Fachkräfte sorgen. Dafür wollen wir uns einsetzen. Wenn solche Verhältnisse vorherrschen, kann auch die Schulinspektion gelingen. Dann kommen wir voran, und dann werden nicht mehr nur Defizite konstatiert. - Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Minister, gestern und heute haben Sie die positive Bedeutung der Stadtwerke für die Entwicklung des Strom- und Gaspreises in Niedersachsen dargestellt, an der die Stadtwerke einen nicht ganz unerheblichen Anteil haben. Diese Position ist in Gefahr, obwohl wir alle insbesondere im Interesse der Verbraucher dafür plädieren, dass es weiterhin günstige und wettbewerbsfähige Preise gibt. Die Sondervertragskunden sind in einer anderen Situation. Deshalb die ganz konkrete Frage an Sie und an die Landesregierung: Wenn dieser Prozess, der jetzt eingeleitet wird, nicht gestoppt wird, wird es zu einem Stadtwerkesterben kommen. Deshalb folgende Frage an die Landesregierung: Welche Bedeutung messen Sie dem kommunalen Vermögen zu, und welchen Schutz hat dieses kommunale Vermögen verdient?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erstens. Politische Debatten über unser Schulsystem richten sich nie gegen diejenigen, die in den Einrichtungen arbeiten, d. h. gegen die Lehrerinnen und Lehrer, gegen die pädagogischen Mitarbeiter
und alle weiteren, die in dem Schulgeschehen tätig sind.
Kritik an der Landesregierung ist Kritik an der Landesregierung und an dem, was sie vorlegt.
Zweitens. Die Große Anfrage hat mit Sicherheit erhebliche Arbeit im Kultusministerium ausgelöst. Ich kann nur sagen: Respekt und Achtung gegenüber denjenigen, die diese Vielfalt von Fragen so beantwortet haben, dass man die Antwort als ein kleines Nachschlagewerk im pädagogischen Bereich zur Hand nehmen kann. Diejenigen, die nicht aus dem pädagogischen Bereich kommen, können es ebenfalls zumindest an der einen oder anderen Stelle verwenden.
Drittens. Nun bin ich ganz oben gelandet. Was hat denn der Minister in diesem Zusammenhang getan?
Hat er die Fragen und Antworten überhaupt gelesen?
Herr Minister, diese despektierliche Anmerkung habe ich sehr bewusst gemacht, weil ich den Eindruck habe, dass Sie tatsächlich das Haus haben arbeiten lassen, ohne sich selbst einzuschalten.
Ich werde nachher versuchen, das an vier aufgeworfenen Fragen und an den vier Antworten deutlich zu machen.
- Er muss aber zumindest die politische Richtung deutlich machen. Dafür ist er da.
Dies ist nicht geschehen.
Was ist die politische Richtung? Wovon hat er auszugehen? - Auszugehen hat der Minister von § 4 des Schulgesetzes und von nichts anderem. Und darin heißt es:
„Schülerinnen und Schüler, die einer sonderpädagogischen Förderung bedürfen, sollen an allen Schulen gemeinsam mit anderen Schülerinnen und Schülern unterrichtet werden.“
Schauen wir uns einmal an, wie die Antworten darauf aussehen. Diesen Anspruch gibt das Gesetz vor. Den gibt nicht die SPD vor, den geben nicht die Grünen vor. Die Grundlage wurde im Parlament beschlossen und gilt für den Minister.
- Jawohl. Sie galt auch in unserer Zeit. Das ist vollkommen richtig.
Die Grünen stellen nun folgende Frage:
„Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung jeweils in den verschiedenen Schulformen der Sekundarstufe für einen gemeinsamen Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf?“
Auf diese Frage gibt es folgende Antwort:
„Gemeinsamer Unterricht kann grundsätzlich in allen Schulformen im Sekundarbereich I durchgeführt werden. Zieldifferenter gemeinsamer Unterricht kann für Schülerinnen und Schüler... eingerichtet werden. Gemeinsamer Unterricht auf zielgleicher Grundlage kann für alle anderen Förderschwerpunkte... realisiert werden...“
Für mich kommt darin eine Abstufung zum Ausdruck. Im Gesetz heißt es „soll“. In der Antwort heißt es „kann“. - Das ist doch keine Antwort! Das man das kann, wissen wir auch. Aber das Gesetz sagt „soll“.
Lassen Sie mich das mit einem zweiten Punkt deutlich machen. Die Frage lautet:
„Wie bewertet die Landesregierung die Chancen dieser Jugendlichen beim Übergang in die Berufsausbildung auf den Arbeitsmarkt?“
Die Landesregierung sagt:
„Für Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist es nicht einfach, einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu erhalten.“
Das soll eine Antwort auf die Problemlage sein? Meine Damen und Herren, es kann doch wohl nicht wahr sein, dass wir uns solche Antworten gefallen lassen. Hier muss mehr her.
Der Minister sagt ja immer gern, die Schulpolitik der Sozialdemokraten ist viel zu teuer und nicht bezahlbar. Und dann nennt er Zahlen in Milliardenhöhe, nach dem Motto: Damit kann man gut ablenken.
Auch dazu stellen die Grünen eine Frage:
„Wie hoch sind die tatsächlichen beim Land und bei den Schulträgern entstehenden Kosten pro Schüler (auch Fahrtkosten) der in Förderschulen des Primarbereichs beschulten Schülerinnen und Schüler...?“
Darauf antwortet die Landesregierung:
„Die finanzstatistische Erfassung der Schulausgaben ist mit großem Aufwand und mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet. Eine Erhebung von Daten und eine Berechnung in der gewünschten Form hätten das Ausmaß einer umfassenden, wissenschaftlichen Forschungsarbeit. Für eine valide Aussage müssten zunächst alle methodischen Vorgaben sorgfältig recherchiert und alle relevanten Kostenfaktoren bestimmt werden. Für einen solchen Aufwand wird keine Rechtfertigung gesehen.“
Ich finde nicht, dass dieser Bereich zum Sparen genutzt werden sollte. Man muss doch das Volumen der Mittel, die dort eingesetzt werden, kennen und dafür sorgen, dass sie so eingesetzt werden, dass sie einen höchstmöglichen Effekt für die
Menschen haben, um die wir uns im Bildungssystem zu kümmern haben. Bei der Landesregierung heißt es ganz einfach, für einen solchen Aufwand werde keine Rechtfertigung gesehen. - Ganz große Klasse!
Bitte schön, Herr Kollege!
Herr Albrecht, wenn Sie die Antwort auf die Große Anfrage gelesen haben, dann können Sie sich sicherlich vorstellen, dass ein nicht unerhebliches finanzielles Volumen in Millionenhöhe dahintersteckt. Wenn man ein solches breites System entwickelt, dann muss man fragen, ob das Geld zum Wohle der Menschen, insbesondere zum Wohle der Kinder, effizient angelegt ist. Diese Frage muss man klären. Es geht nicht darum, in diesem Bereich zu sparen, sondern es geht darum, die Mittel, wenn man weiß, um welche Summe es sich handelt, möglicherweise besser und sinnvoller - das ist einer unserer Kritikpunkte - für die Kinder einzusetzen bzw. auszugeben. Das steckt dahinter. Dass Verwaltung immer Geld kostet, wissen wir. Das lässt sich nicht vermeiden.
Eine weitere Frage der Großen Anfrage lautet:
„Mit welchen Konzepten und mit welchem Einsatz von Ressourcen will die Landesregierung dafür sorgen, dass in den kommenden Jahren entsprechend der Zielsetzung des Schulgesetzes... ein höherer Anteil der Schülerinnen und Schüler... an einem gemeinsamen Unterricht teilnehmen kann?“
Dazu gibt es eine Antwort, die ich überragend finde. Sie lautet:
„Die Ausweitung des gemeinsamen Unterrichts von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allen Schwerpunkten erfolgt in den kommenden Jahren auf der Grundlage der schulgesetzlichen Bestimmungen.“
Das kann doch wohl nicht wahr sein! Wir erwarten ein Konzept! Wofür ist ein Ministerium eigentlich da? - Es ist doch klar, dass das auf der Grundlage der schulgesetzlichen Bestimmungen zu erfolgen hat. Hier muss ein Konzept vorgelegt werden!
- Ich kenne den Erlass sehr wohl; ich habe ihn gelesen. In der Zusammenfassung ist das zunächst einmal ein richtiger Erlass in die richtige Richtung.
Aber man muss etwas daraus entwickeln. Man kann doch nicht einfach sagen: Na ja, wir werden mal sehen.
Um es deutlich zu sagen: Die Große Anfrage macht die konzeptionelle Leere der politischen Führung des Kultusministeriums in aller Klarheit deutlich.
Ich sage das deshalb so klar, damit es nicht heißt, ich würde die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ministeriums beschimpfen. Nein! Sie machen hervorragende Arbeit. Aber die Steuerung in dieser Frage, Herr Minister, fehlt komplett.
- Nein, das ist keine Konzeption.
Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt ideologisch werden.
Das ist ja so ein schöner Vorwurf: In dem Moment, in dem man etwas anders sieht, ist es Ideologie. Die Ideologie der Sozialdemokraten aus Sicht der Konservativen ist die gemeinsame Schule, nichts anderes.
Ich möchte Ihnen sagen, was unsere Ideologie ist: Wir Sozialdemokraten haben einen anderen Ansatz. Er ist nicht von heute auf morgen gekommen, er hat sich entwickelt. Wir sagen: Die Vielfalt von Menschen und von Kindern ist eine Bereicherung. Sie ist auch eine Bereicherung der Schule. Die Verschiedenheit von Kindern ist ein Vorteil, den man nutzen sollte. Alle Kinder - unabhängig von sozialer und ethischer Herkunft oder etwaigen Behinderungen - tragen zu einem positiven Klima bei.
Deshalb soll man sie zusammen lassen. Wir sagen: Wir fügen sie in Gruppen zusammen.
Dieser Ansatz wird im Bereich der Kitas richtig gemacht, Herr Kollege Klare. Der zweite Bereich, in dem auch eine ganze Menge gemacht wird, ist der Bereich der Grundschulen.
Herr Minister, in aller Klarheit sage ich noch einmal ideologisch, was die Sozialdemokraten mit der gemeinsamen Schule vorhaben, damit das endlich einmal anders diskutiert wird: Wir wollen, dass jedes Kind ein Anrecht auf einen Platz in der gemeinsamen Schule hat. Da wird nicht gebettelt. Da werden keine Anträge gestellt. Wenn Eltern, deren Kind eine Behinderung oder einen sonderpädagogischen Förderbedarf hat, kommen, dann steht die
Tür weit auf. - Das ist der Ansatz unserer Politik. Wir werden niemanden ausklammern.
Wir betrachten Anderssein als Normalität. Wir alle hier sind anders. Das ist ein normaler Zustand. Wir müssen von dem Denken des sogenannten Besonderen wegkommen.
Wir gehen davon aus, dass Rücksichtnahme, gegenseitiges Verständnis und gemeinsames Miteinander die besten Voraussetzungen für Lernen sind; denn wenn der Einzelne - wie auch immer er sein mag - in der Schule Wertschätzung erfährt und dies gemeinsam und nicht isoliert geschieht, wie es in wesentlichen Teilen passiert, dann kann man davon ausgehen, dass das eine positive Wirkung hat.
Lassen Sie mich noch einen Satz sagen. Heute müssen Eltern darum bitten, dass ihre Kinder aufgenommen werden. Unser Konzept sagt auch: Wenn Eltern mit ihren Kindern einen speziellen, anderen Weg gehen wollen, dann werden wir dazu nicht Nein sagen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine kurze Anmerkung zu der Charakterisierung der Eingabe durch den Präsidenten: Herr Präsident, es geht nicht um eine Beschränkung, sondern es geht um eine Abschaffung der steuerlichen Absetzbarkeit von Arbeitszimmern, die für die Ausübung des Berufes von Lehrerinnen und Lehrern unbedingt erforderlich sind.
Ich habe Sie auch nicht korrigieren wollen, sondern das Thema nur zugespitzt und auf den Punkt gebracht. - Es geht um die Frage ob Lehrerinnen und Lehrer ein Privileg haben wollen. Meine Damen und Herren, Lehrerinnen und Lehrer wollen kein Privileg haben,
sondern sie wollen, dass sie die Leistung, die sie an ihrem häuslichen Arbeitsplatz für Staat und Schule erbringen, in einer bescheidenen Form steuerlich absetzen können, nämlich bis zu einem Höchstbetrag von 1 250 Euro. Diese Möglichkeit ist durch das Steueränderungsgesetz ab dem Jahr 2007 abgeschafft worden.
Unstrittig ist, dass Lehrerinnen und Lehrer wesentliche Teile ihrer Arbeit zu Hause erledigen. Da ist einmal die Vor- und Nachbereitung von Unterricht zu nennen. Es geht aber auch darum, sich anders auf den Unterricht vorzubereiten, indem man zu Hause eine Bibliothek mit wichtiger Literatur vorhält, die im Hinblick auf die allgemeine Unterrichtsvorbereitung ständig ergänzt werden muss. Dies wird auch in der Stellungnahme der Landesregierung bestätigt. Dort heißt es:
„Unbestritten ist, dass Lehrkräfte einen erheblichen Teil ihrer beruflichen Tätigkeit zu Hause erledigen.“
Wenn es so ist, dann ist die Forderung der Lehrerinnen und Lehrer schon berechtigt, dass ihre Leistung für Staat und Gesellschaft mit einem bescheidenen Betrag steuerlich anerkannt wird. Die Alternative dazu wäre, dass die für die Schulen zuständigen Kommunen diesen Aufwand übernehmen und den Lehrerinnen und Lehrern Arbeitszimmer mit einer entsprechenden Einrichtung zur Verfügung stellen. Sie alle wissen, meine Damen und Herren, dass das unmöglich ist. Dies können die Kommunen nicht leisten; auch fordern die Lehrerinnen und Lehrer nicht, dass die Kommunen so etwas tun. Da aber Wohnen Geld kostet - das gilt für Mietwohnungen ebenso wie für Eigenheime oder Eigentumswohnungen -, bedarf es eines Ausgleichs der von den Lehrerinnen und Lehrern erbrachten Vorleistungen durch Übernahme von Kosten in Form einer steuerlichen Entlastung durch den Staat.
Meine zweite Anmerkung gilt der Frage, warum wir dies im Landtag erörtern sollten, obwohl es sich doch um einen Gegenstand des Einkommensteuerrechts und somit um eine Bundesangelegenheit handelt. So kann man die Sache auch behandeln; so wird sie nachher wahrscheinlich auch behandelt werden. Wir haben in Deutschland eine föderale Struktur.
Diese föderale Struktur ermöglicht es auch dieser Landesregierung, sich für diese große Zahl der Beschäftigten des Landes Niedersachsen - es sind ca. 80 000 Lehrerinnen und Lehrer - entsprechend zu verwenden.
- Indem man über Bundesratsinitiativen, in der Kultusministerkonferenz und an anderen Stellen entsprechende Diskussionen führt und deutlich macht, dass hier keine Privilegierung, sondern eine Vorleistung von Lehrerinnen und Lehrern vorliegt. Ich füge hinzu, dass dies für Berufsgruppen gleichermaßen gilt, die ähnliche Leistungen für den Staat erbringen.
Meine Damen und Herren, ich höre hier regelmäßig schöne Sonntagsreden zum Thema Leistungen der Lehrerinnen und Lehrer. In diesen Reden wird gelobt, wie sie sich für den Staat engagieren und sich unter erschwerten Bedingungen in den Schulen einsetzen. Man darf nicht vergessen, dass für einen Teil der erschwerten Bedingungen die Landesregierung mit ihren sehr schnell aufeinanderfolgenden Erlassen verantwortlich ist. Diese schönen Lobreden im Parlament müssen zu Taten führen. Hier spreche ich jetzt den Kultusminister direkt an, der für die Lehrerinnen und Lehrer als oberster Dienstherr zuständig und verantwortlich ist. Ich bin sehr wohl der Meinung, dass es angemessen wäre, wenn die Landesregierung unserer Forderung nachkäme, diese Eingabe der Petenten berücksichtigte und sich im Rahmen ihrer Möglichkeit an einer konkreten Stelle für die Lehrerinnen und Lehrer einsetzte, sodass sie merken: Wir arbeiten für den Staat auch unter erschwerten Bedingungen, und das ist alles okay, weil wir wissen, dass unser Dienstherr, die Landesregierung, sich auch für uns einsetzt. In diesem Sinne bitte ich darum, dass die Petition zur Berücksichtigung an die Landesregierung gegeben wird. - Vielen Dank.
Herr Minister, meine erste Frage: Teilt die Landesregierung die Skepsis einer Reihe von Ministerpräsidenten der CDU zur Zahl von 750 000 Krippenplätzen bis zum Jahr 2013, wie dies der Presse zu entnehmen ist?
Zweite Frage: Die Koalition hat vereinbart, dass die Ministerin Frau von der Leyen mit den Ländern und Kommunen nun endgültig den Bedarf ermitteln soll. Im März wird es ein Gespräch zwischen Ihnen und Ihrer ehemaligen Kollegin geben. Welche Zahlen werden Sie der Ministerin zur Ermittlung des realen Bedarfs vortragen?
Herr Minister, auch in Ihrem Hause ist bekannt, dass wir es mit sinkenden Schülerzahlen zu tun haben, und in Ihrem Haus ist ferner bekannt, dass die Schülerströme zu den Schulen im gegliederten Schulwesen sehr unterschiedlich verlaufen. Weil das in Ihrem Haus bekannt ist, wird an diesem Sachverhalt vernünftig gearbeitet. Eine entsprechende Arbeitsgruppe Ihres Hauses hat jetzt einen Abschlussbericht vorgelegt. Dieser Abschlussbericht enthält zwei Aussagen, auf die ich Sie hinweisen möchte. Ich möchte Sie bitten, dazu Stellung zu nehmen. Die erste Aussage lautet: Sinkende Schülerzahlen in einem gegliederten Schulsystem erfordern aus Kostengründen schulorganisatorische Maßnahmen. Die andere Feststellung ist: Je mehr selbstständige Schulformen nebeneinander geführt werden, desto schwieriger wird es sein, ein vollständiges Schulangebot wohnortnah mit vertretbarem Personalaufwand aufrechtzuerhalten.
Diese beiden Aussagen passen genau zu der Thematik, um die es geht. Ich bin sehr gespannt, wie Sie als Minister mit den internen Überlegungen, die völlig richtig sind, weil sie etwas mit der Realität zu tun haben, umgehen.
Herr Minister, Sie haben eben auf das Beispiel Braunschweig hingewiesen und gesagt, jetzt redeten die Sozialdemokraten nicht mehr darüber. Herr Minister, die Sozialdemokraten reden über Hannover. Wir haben, wie Sie genau wissen, bei der Kommunalwahl einen überragenden Erfolg
errungen, weil wir eine andere Strategie als die der Privatisierung verfolgt haben. Das nur als eine Anmerkung.
Deswegen brauchen wir Sozialdemokraten nicht über Braunschweig zu reden. Es gilt der Weg Hannovers.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu dieser Rede könnte man eine Menge sagen. Sie alle werden wahrscheinlich vermuten, dass ich wieder zur gemeinsamen Schule rede. Nein, ich setze mich mit dem Thema auseinander, Herr Kollege Klare, wie wir mit den Schülerinnen und Schülern in der Förderschule umgehen. Es heißt nicht mehr „Sonderschule“; Sie haben diesen Begriff mehrfach verwandt. Ich knüpfe daran an und sage: Mit der Änderung des Namens durch die Landesregierung hat sich für diese Kinder nichts verbessert.
Aber jetzt zur Sache: Wir halten es für dringend erforderlich, dass über das gegliederte Schulwesen, das mehr als drei Schultypen umfasst, insbesondere über die Förderschulen und ihre Weiterentwicklung, nachgedacht wird. Deshalb haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen beantragt, eine Anhörung zu diesem Thema durchzuführen. Wir wollten die Experten hören, die uns dazu eine Menge sagen können. Die Antwort der Mehrheits
fraktionen im Ausschuss war von Arroganz geprägt nach dem Motto „Wir haben die Mehrheit“. Sie haben diese Anhörung abgelehnt, obwohl sie auch nach Ihrer eigenen Rede eben dringend erforderlich wäre. Also tun Sie hier nicht so, als lägen Ihnen die Förderschüler am Herzen! Nein, Sie haben das Thema nach dem Motto „Wir können irgendwann im Sommer oder sonst wann darüber reden“ verschoben. Nach Ihrer Rede wäre es dringend erforderlich, zügig zu handeln. Aber Ihr Verhalten im Kultusausschuss war das glatte Gegenteil. Dies hätten Sie hier zumindest mit einbringen sollen.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Beschlussempfehlung des Ausschusses ist ja eben bekannt gegeben worden. Ich will auf ein paar Dinge eingehen, die etwas mit der Debatte zu tun haben.
Ein Schwerpunkt in der Debatte zu diesem Gesetzentwurf war, dass ständig davon geredet worden ist, es müsse endlich einmal Schluss sein mit der Schulstrukturdebatte. Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen: Wir sind mitten drin. Die Schulstrukturdebatte beherrscht zurzeit alle wichtigen großen bildungspolitischen Veranstaltungen. Ich werde nachher noch auf eine zu sprechen kommen.
Wenn jemand der Meinung ist, er müsse den Schluss der Schulstrukturdebatte fordern, dann kann ich nur sagen: Wenn eine Fraktion in diesem Parlament eine dauerhafte Schulstrukturdebatte geführt hat, dann war das keine andere als die CDU-Fraktion.
Aber das ist auch Vergangenheit. Sie sind der Meinung, die Schulstrukturdebatte wäre aufgrund der früheren Auslese ab Klasse 4, die Sie organisiert haben, vorbei. Das ist falsch. Damit fängt sie erst richtig an. Nehmen Sie doch endlich zur Kenntnis, dass Ihre Art und Weise der Aussortierung von Kindern dazu geführt hat, dass wir heute ganz anders über die Hauptschule reden müssen, als wir es bisher getan haben.
Gleiches gilt gleichermaßen für die Realschulen. Auch dort gibt es ein Problem aufgrund der Entscheidung der Eltern und der Schülerinnen und Schüler mit den Füßen. Das heißt, wir haben objektiv die Schulstrukturdebatte. Sie ist nicht von uns gefordert worden nach dem Motto „Nun müssen wir etwas Neues erfinden“. Auf diese Debatte muss es Antworten geben.
Eine der Antworten kann durchaus sein, in diesem Schulwesen zwei Alternativen bereitzuhalten, nämlich zum einen die gegliederte und zum anderen die integrierte bzw. kooperative Form. Genau an dieser Stelle haben Sie aber nicht mitgemacht. Deshalb haben Sie auch dieses Problem. Die Strukturproblematik wäre am ehesten zu überwin
den, wenn man den Menschen diese beiden Alternativen zur Wahl geben würde.
Denn eines ist doch klar: Die hohen Zahlen von weit über 2 000 abgewiesenen Anträgen bei den Gesamtschulen beziehen sich doch nur auf die Standorte, an denen eine Gesamtschule besteht. Würde es in diesem Lande ein flächendeckendes System von Gesamtschulen geben - das Sie ja bewusst verhindern -, dann wäre die Zahl der Anmeldungen erheblich größer. Das ist relativ einfach klarzumachen. Denn es kann doch nicht sein, dass lediglich in den Bereichen mit einem hohen Angebot an Gesamtschulen integrativer und kooperativer Art - z. B. in der Region Hannover - der Wille der Eltern besonders groß ist, ihre Kinder auf solche Schulen zu schicken. Nein, das hat einen guten Grund. Aber Sie wollen an der jetzigen Art des Systems festhalten und mit dem Ablehnen der Errichtung weiterer Gesamtschulen genau das zementieren, was objektiv betrachtet nicht mehr zu halten ist. Die Zahlen sind da sehr eindeutig.
Ein weiterer Punkt in der Debatte war: Dann mögen doch die Gesamtschulen ihre Zügigkeit ausbauen. - Dann wurde noch der Hinweis gegeben: Die wollen wohl klein, aber fein bleiben. - Auch wurde gesagt: Bei den Gymnasien ist es ganz anders.
Ich will Ihnen sagen, wie es tatsächlich ist. Es sieht so aus, dass beispielsweise in den 16 Gymnasien der Stadt Hannover die Drei-, Vier- und Fünfzügigkeit erhalten bleibt. Es gibt überhaupt keine Absichten des Schulträgers, Schulen eventuell zusammenzulegen und die Zügigkeit zu erhöhen. Wir halten eine überschaubare Zügigkeit an Gymnasien, an Gesamtschulen, an Realschulen oder welchen Schulen auch immer für vernünftig und richtig.
Deshalb ist es absolut falsch zu sagen, wir wollten die Zügigkeit erweitern. Wenn aber der Herr Minister Busemann sagt „Dann mögen die in Hannover doch etwas machen“, kann ich Ihnen sagen: Wir werden da etwas tun. Wir werden im Rahmen der Schulentwicklungsplanung versuchen, die vielen abgewiesenen Schülerinnen und Schüler und auch diejenigen, die zukünftig abgewiesen werden, aufzunehmen. Aber was passiert denn? Sollten wir tatsächlich das Geld für einen Anbau haben, z. B. bei der IGS List - was nicht anders
ginge -, dann gibt es einen Innenminister - er ist gerade nicht da -, der über seine Behörde den städtischen Haushalt deckeln lässt, was er jetzt ohnehin schon macht, indem er sagt „Wir deckeln die Mittel für die Sanierung von Schulen“.
Da ist die Frage zu stellen, was denn vernünftig wäre. Um es Ihnen deutlich zu sagen: Wir Sozialdemokraten wollen tatsächlich das gegliederte Schulwesen überwinden.
Am 1. Dezember hat es einen Kongress der Bertelsmann-Stiftung „Schule in der Gesellschaft“ gegeben. Dort haben namhafte Redner - einen möchte ich zitieren - darüber gesprochen. Bischof Huber hat eine Schlagzeile der Süddeutschen Zeitung wiedergegeben. Die Süddeutsche Zeitung titelte: Das planmäßige Scheitern bei uns im Schulwesen heißt frühe Auslese, geringe Durchlässigkeit, zahlreiche Abbrecher, zu viele Schüler bleiben auf der Strecke.
Als es in der Veranstaltung dann darum ging, ein Meinungsbild zum gegliederten Schulwesen oder zum integrativen Schulwesen herzustellen,
- Herr Albrecht, wenn man über das integrative Schulwesen redet, dann ist damit indirekt auch eine Aussage über das gegliederte Schulwesen gemacht.
Der Zwischenruf, den Sie da im Plenum gemacht haben, ist mir auch zu Ohren gedrungen.
Es ist so gewesen, dass die breite Mehrheit der Experten
- der Experten
für das integrative Schulwesen war.
Aber es wird noch viel deutlicher. Das möchte ich zum Schluss sagen, weil wir diesen Streit gleich entscheiden werden. In der Zeit ist zu lesen:
„Die Anhänger des gegliederten Schulsystems müssen zur Kenntnis nehmen, dass sie keine wissenschaftlichen Argumente für die in Deutschland praktizierte Aufteilung ins Feld führen können.“
Das ist das Erste. Lassen Sie mich aber ein Zweites sagen; auch das steht darin. Nun kommt die Position zur Gesamtschule; denn ich bin nicht - wie Sie vermuten - auf dem einen Auge blind.
„Den Verfechtern der Gesamtschule ihrerseits muss klar sein, dass die optimale Förderung jedes einzelnen Schülers nicht zu mehr Gleichheit, sondern zu mehr Ungleichheit führt. Denn je größer die Chancengerechtigkeit, desto mehr schlagen die Gene durch. Eine gute Schule, das mag nicht jedem gefallen, produziert Leistungsunterschiede auf hohem Niveau.“
Wenn uns das gelänge, mit einem integriertem System, mit einer gemeinsamen Schule Leistungsunterschiede auf hohem Niveau zu haben,
dann wäre das Thema der frühen Auslese, der Schulabbrecher, der Versager und damit auch der Probleme, die wir haben, vom Tisch.
Meine Damen und Herren, wenn Sie an einem System festhalten, das nachweislich nicht zukunftsfähig ist,
dann werden Sie langfristig - das sagen alle Experten - scheitern. Insofern nehmen wir die Niederlage bei der Abstimmung, die gleich kommen wird, gelassen hin; denn wir wissen, auf welcher Basis sie beruht. Ich kann Ihnen sagen: Das ist, lieber Kollege Klare, pure Ideologie.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 9. November haben wir vom Kultusministerium eine tolle Übersicht über die Anmeldezahlen bei den IGSen und den KGSen bekommen. Wir beziehen uns also nicht auf irgendwelche Zahlen, sondern auf amtliche Zahlen des Ministeriums. Diese sagen deutlich: Bei den IGSen sind 2 000 Schülerinnen und Schüler abgewiesen worden.
Nun zur Zügigkeit: Bei den KGSen gibt es eine Zügigkeit, wie wir sie an Gymnasien nicht kennen, beispielsweise KGS Laatzen: zehnzügig, FritzReuter-Schule in Bad Bevensen: zehnzügig, KGS Rastede: zehnzügig. Ich könnte Ihnen jetzt noch die achtzügigen Schulen nennen. Die Gesamtschulen haben - ich sage das in aller Deutlichkeit und Klarheit - die Bandbreite der Zügigkeit ausgedehnt, um alle Kinder aufzunehmen. Wir alle wissen aber, dass das die falsche Richtung ist. Das heißt, wir brauchen Schulen - dies sage ich noch einmal -, egal ob es Gymnasien, Realschulen oder
Gesamtschulen sind, in denen es eine übersichtliche Schülerschaft gibt. Wir brauchen diese Schulen sowohl für die Schülerinnen und Schüler als auch für die Kolleginnen und Kollegen, die dort unterrichten.
Ich sage es noch einmal: Die Zahlen, die genannt werden, lieber Kollege Albrecht - „lieber“ in Anführungszeichen -, hätten Sie allemal der Übersicht entnehmen können.
Eine Schlussbemerkung: Wenn Sie sich angucken, wie hoch die Zahlen sind, und wenn man dann die Gegenüberstellung des Ministeriums dazunimmt - -
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Korter, womit der Herr Minister, die CDU und die FDP in den Wahlkampf ziehen wollen? - Dazu muss ich Ihnen sagen: Daran habe ich Spaß, die sollen mit diesem Modell in den Wahlkampf gehen. Dann haben wir die richtige Auseinandersetzung. Das nehmen wir alle doch einmal an.
Aber Herr Minister, wenn ich Ihren Worten wirklich glauben könnte, dann würden Sie sagen: Als Kultusminister, der ich vom gegliederten Schulwesen überzeugt bin, lasse ich mich auf den Wettbewerb
mit der Gemeinschaftsschule/Gesamtschule ein. Das wäre doch die Antwort auf diese Fragen. Dann würden wir hier auch nicht mehr streiten.
Das hat übrigens schon Werner Remmers zu Beginn seiner Amtszeit als Kultusminister geäußert. Er hat den Streit über das gegliederte und das integrierte Schulwesen aufgegeben. Er hat gesagt: Lassen Sie uns zu einem Mittelstreifen zurückfinden. Herr Minister, Sie rasen gerade an der rechten Leitplanke entlang. Das muss man einfach einmal so sagen.
Das ist das eine.
Zweitens. Herr Minister, Sie werden Ihre Worte zum Thema Hauptschulen noch bereuen, weil die Wirklichkeit Sie einholen wird. Was werden Sie denn tun, wenn die Einzügigkeit mehr und mehr zum Prinzip an den Hauptschulen wird? Was wollen Sie dann tun, wenn Sie ein ordentliches Angebot organisieren wollen? - Sie werden den Schritt zur Konzentration auch in der Fläche tun müssen. Das heißt, das, was Sie hier eben so vollmundig gesagt haben, wird Sie noch einholen. Auf die Debatte, die dann zu führen ist, bin ich gespannt. Das ist aber nicht der entscheidende Punkt.
Ich sage es hier noch einmal in aller Klarheit. Mir ist es wirklich egal, ob die Regierung den Begriff der Einheitsschule prägt. Soll sie ihn doch prägen. Was wir wollen, ist etwas anderes. Wir sagen: Es gibt zwei Konzepte, und wir wollen den Wettstreit. Das steht so in unserem Konzept. Wir wollen den Wettstreit der Gemeinschaftsschule mit dem gegliederten System. Ihre Sorge, in diesen Wettstreit überhaupt eintreten zu müssen, ist doch allein schon verdächtig. Wenn Sie von Ihrer Lösung so überzeugt sind, dann treten Sie doch in diesen Wettstreit ein.
Nun noch eine Schlussbemerkung. Ich will die sechs Minuten Redezeit nicht ausschöpfen. Herr Schwarz, Sie haben hier aus einem Artikel zitiert. Ich werde mich jetzt selber darum kümmern, um mehr zu wissen. Wenn Schülerinnen und Schüler auf die Straße gehen, um zu demonstrieren, dann ist das zunächst einmal in Ordnung. Es gehört auch zum demokratischen Lernen, durch Protest auf der Straße oder wie auch immer für seine Mei
nung einzutreten. Ich habe aber ganz große Sorge davor, wenn unser gegliedertes Schulsystem dazu führt, dass die Schüler aus einer Schulform, nämlich die Realschüler, gegen die Schüler aus einer anderen Schulform, nämlich die Hauptschüler, aufstehen. Dann läuft im Bildungssystem etwas richtig schief.
Damit mache ich den Schülerinnen und Schülern überhaupt keinen Vorwurf. Uns als Politikern muss es aber größte Sorgen machen, wenn in einem Bundesland solche Demonstrationen stattfinden; denn diese Demonstrationen können sich relativ schnell ausdehnen. Ich meine, dass das Denken in den Kategorien von Hauptschule, Realschule und Gymnasium etwas damit zu tun hat, wie wir diese Kategorien in unserer Gesellschaft einpflanzen und ständig bestätigen. Der Artikel, den Sie zitiert haben, Herr Schwarz, müsste eigentlich auf allen Seiten dieses Hauses zu größter Besorgnis führen. Wir müssten alle sagen: Wir wollen nicht, dass Schülerinnen und Schüler aufgrund der Schulform gegeneinander aufstehen.
Im Berufsleben müssen alle Schülerinnen und Schüler schließlich ordentlich miteinander umgehen können. Das tun sie auch. Passen wir also auf, dass wir den von mir soeben skizzierten Prozess nicht weiter fortsetzen!
Die Antwort kann deshalb nur lauten: Herr Minister und meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, lassen Sie uns beide Systeme nebeneinander stellen. Lassen wir uns auf den Wettbewerb - dies ist ein Begriff, der hier immer wieder genannt wird - ein.
- Irrtum! Es gibt Gegenden in Niedersachsen, in denen Sie binnen kürzester Frist Gesamtschulen bauen bzw. einrichten könnten. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schwarz, wenn Sie uns sagen, wir sollten bei Ihnen zuhören, dann bitte ich Sie, dies auch bei uns zu tun. Sie werden in keinem unserer Papiere das Wort „Einheitsschule“ lesen.
- Nicht deshalb, weil wir uns davor fürchteten, sondern aus folgendem Grund: Unter dem Begriff der gemeinsamen Schule - bitte nehmen Sie ihn in der Auseinandersetzung ernst - verstehen wir, unter einem Dach eine Vielzahl von Kindern mit unterschiedlichen Begabungen gemeinsam zu unterrichten. Das hat mit der Einheitsschule, von der Sie sprechen, nichts zu tun.
Zur fairen Auseinandersetzung gehört es, dass Sie uns entweder in unseren Programmen nachweisen, was Sie über uns behaupten, oder aber richtig zitieren. Wir sprechen von einer gemeinsamen Schule, weil es uns um die Gemeinsamkeit aller Kinder geht. Uns geht es nicht um einen Einheitsbrei, wie Sie es hier vielleicht suggerieren wollen. Deshalb bitte ich Sie um der fairen Debatte willen, bei der Begrifflichkeit unserer Programmatik zu bleiben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin, mit Ihrer Genehmigung möchte ich aus dem Protokoll der 88. Sitzung vom 16. Mai die Ausführungen von Herrn Minister Busemann zitieren. Herr Minister, Sie haben dort im Rahmen der Debatte zur Einführung der Eigenverantwortlichen Schule die folgenden Ausführungen gemacht:
„Die Landesregierung ist aufgrund der PISA-Ergebnisse, der Erfahrungen aus anderen Ländern und auch aufgrund der Erfahrungen aus anderen Arbeitsbereichen fest davon überzeugt, dass die Qualität schulischer Arbeit am besten und am nachhaltigsten verbessert werden kann, wenn wir unseren Schulen zutrauen, die Verantwortung für die Qualität selbst zu übernehmen, wenn wir ihnen den Freiraum für eigene Gestaltung eröffnen und ihnen zugleich Beratung und Unterstützung von außen anbieten.“
„... um es plakativ zu sagen:“
führten Sie dann weiter an
„Eigenverantwortliche Schulen sind bessere Schulen als staatlich überreglementierte.“
Genau um diesen Punkt geht es. Es gibt bei der äußeren Fachleistungsdifferenzierung eine Überreglementierung. Die KMK hat eine Reihe von Vorschriften dazu gemacht - das hat Frau Korter vorhin zitiert -, wie und wann eine äußere Fachleistungsdifferenzierung stattzufinden hat. Ich habe gar nichts dagegen, Herr Schwarz, die Überreglementierung, was die äußere Fachleistungsdifferenzierung angeht, auf die anderen Schulformen zu übertragen. Da folge ich Ihnen. Das sollte für alle gelten. Aber darum geht es nicht. Vielmehr geht es hier darum, dass sich besonders Integrative Gesamtschulen mit dieser Fessel befassen müssen.
Jetzt greife ich das auf, was Sie, Herr Minister, vorhin gesagt haben: Hören wir doch endlich auf, über Struktur zu reden! Kümmern wir uns darum, ob die Eigenverantwortlichkeit auch wahrgenommen wird! - Da kann man doch nur sagen: Dann lassen Sie uns das doch machen! Das heißt konkret: Weg mit den Detailvorgaben, weg mit den Detailregelungen, hin zu Rahmenvorgaben!