Denn worum ging es? - Sie brauchten ein Sparsymbol, um sagen zu können: Es geht dem Land Niedersachsen so schlecht, dass wir sogar bei den Ärmsten der Armen Leistungen kürzen müssen. Und daran haben nicht wir Schuld, sondern die anderen.
Ich möchte einmal aus einem Brief zitieren, allerdings nicht aus dem Brief, den Frau Vockert und andere geschrieben haben, als wir das Landesblindengeld um 10 % gekürzt haben, sondern aus einer Rede:
„Sie haben bei den Behinderten, beim Wohnungsbauprogramm, bei der Aids-Bekämpfung, bei Familienprojekten und bei Selbsthilfeinitiativen eine soziale Kälte an den Tag gelegt.
Ich kann nur sagen: Recht hat er - der, der das gesagt hat. Und wissen Sie auch, wer das war? Das war Herr Wulff am 12. September 2000, als die Regierung Gabriel Absenkungen von 2 bis 10 % vorgenommen hatte. Herr Wulff, wie müssten Sie eigentlich Ihre heutige Politik bezeichnen, wenn Sie die gleichen Maßstäben anlegten wie damals bei uns? Ich kann es Ihnen sagen: Ihre Politik ist in diesem Punkt eine Politik der Eiseskälte gewesen.
Es ging nicht um die Blinden, sondern es ging um ein Symbol, das Sie brauchten. Jetzt steht Ihnen dieses Symbol nicht mehr zur Verfügung. Deshalb viel Spaß bei den Diskussionen im Wahlkampf 2007/2008.
Meine Damen und Herren, auch Ihre Verwaltungsreform, die ja im Wesentlichen von dem Symbol der Abschaffung der Bezirksregierungen lebte, verkaufen Sie als eine Großtat. Es ist richtig, dass sie mit dieser Verwaltungsreform insgesamt rund 6 700 Stellen abbauen konnten. Allerdings erleben wir an konkreten Beispielen, dass hier das politische Ziel im Vordergrund stand und nicht das sorgfältige Aufarbeiten von Problemen.
Ich will ein Beispiel nennen. Sie haben das Widerspruchsverfahren abgeschafft. Ob das sinnvoll war, darüber kann man streiten. Allerdings haben Ihnen die Fachleute gleich gesagt, dass sich im Zuge dessen die Anzahl der Klagen erhöhen wird, weil sich die Bürger von den Behörden nun einmal nicht alles gefallen lassen. Und was ist das Ergebnis? - Sie haben zwar Stellen von Beamten im mittleren und im gehobenen Dienst streichen können, aber müssen jetzt mit diesem Haushalt zusätzliche Richterstellen im höheren Dienst schaffen - die dann allerdings viel teurer sind. Und das Ganze nennen Sie dann eine erfolgreiche Verwaltungsreform. Ich würde das anders nennen.
Lassen Sie mich auch ein Wort zu der Polizeireform sagen. Ich habe seinerzeit in einer Kleinen Anfrage gefragt, wie sich die Polizeireform bei der Polizeidirektion Lüneburg ausgewirkt hat. Die Ant
wort war - oh Wunder! -, es gibt dort tatsächlich mehr Polizeibeamte. Aber ich habe auch gefragt, wie viele Angestellte dort noch beschäftigt sind. Und was musste der Minister zugeben? Er musste zugeben, dass allein bei der Polizeidirektion Lüneburg 60 Angestelltenstellen gestrichen wurden. Und dann brüstet er sich mit den 34 oder 35 zusätzlichen Stellen für Polizeibeamte! Meine Damen und Herren, wissen Sie, was das bedeutet? - Es sind weniger Polizeibeamte auf der Straße, weil sie nämlich zusätzliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen müssen.
Ein weiteres Märchen, das Sie immer erzählen, ist, dass Sie der Erfinder des Stellenabbaus in Niedersachsen seien. Ich will Ihnen dazu nur zwei Fakten nennen: In der Zeit von 1994 bis 2002 hat die SPD-Regierung 12 500 Stellen abgebaut.
Seitdem Sie in der politischen Verantwortung sind, profitieren Sie davon, weil Sie Jahr um Jahr 580 Millionen Euro Personalkosten nicht mehr veranschlagen müssen. Das ist aber nicht Ihre Leistung, sondern das war unsere Leistung. Sie haben die Stellenstreichungen damals immer abgelehnt.
Herr Abgeordneter Möhrmann, finden Sie es in Ordnung, dass Teile des Kabinetts während dieser Grundsatzdebatte zur Haushaltspolitik nicht anwesend sind?
Herr Kollege Jüttner, als Parlamentarischer Geschäftsführer habe ich hier oft stehen müssen, als unsere Minister einmal nicht da waren.
Die Vertreter der heutigen bürgerlichen Koalition haben dann immer behauptet, wenn sie an die Regierung kämen, wären sie permanent anwesend; es würde nie die Situation eintreten, dass wir sie in dieser Beziehung kritisieren müssten. Meine Damen und Herren, ich kann nur sagen: Hochmut kommt vor dem Fall, Herr McAllister.
Aber lassen Sie mich auf den Stellenabbau zurückkommen. Auch die Zielvereinbarung I, die Sie sich auf Ihr Guthabenkonto schreiben und mit der immerhin zusätzlich 5 527 Stellen abgebaut worden sind, stammt noch aus der Zeit der absoluten Mehrheit der SPD. Deshalb ist es eindeutig falsch, wenn Sie sagen, nur Sie würden sich um Verwaltungsreform und Personalabbau kümmern. Die entscheidenden Weichen hat die SPD gestellt. Sie setzen das, was wir begonnen haben, fort; das will ich ja gar nicht bestreiten. Nur darf unser Anteil in der Öffentlichkeit nicht verschwiegen werden.
Ich habe dann noch eine Frage, Herr Wulff. Wenn wir sparsam sein wollen und wenn wir davon ausgehen, dass der Hauptteil der Verwaltungsreform nun abgeschlossen ist, warum muss sich Niedersachsen dann einen zweiten hoch bezahlten Staatssekretär im Innenministerium und eine ganze Abteilung dazu leisten, wodurch horrende Kosten entstehen? Ich habe dafür kein Verständnis. Dass diese Stellen bestehen bleiben, ist jedenfalls kein Ausdruck von Sparwillen.
Meine Damen und Herren, angesichts der dramatischen Schuldenlast, die das Land in seiner Handlungsfähigkeit fast erdrückt, ist es in der Tat der richtige Weg, die Nettoneuverschuldung zurückzuführen. Wir werden Ihnen aber nicht durchgehen lassen, dass Sie die Schulden, die Sie auf andere verlagern, einfach von Ihren Schulden abziehen. Auch diese Schulden sind Landesschulden! Es
geht doch schon so weit, dass Sie Anteile der NORD/LB an die eigene HanBG verkaufen, die dafür Schulden machen muss, und den Verkaufserlös als zusätzliche Einnahme in den Landeshaushalt einstellen, wodurch wiederum eine niedrigere Nettoneuverschuldung erreicht werden kann. Glauben Sie doch nicht, dass die Öffentlichkeit Ihnen diese Spielchen noch abnimmt!
Meine Damen und Herren, Sie versuchen, der Öffentlichkeit aber auch noch einen neuen Trick vorzuführen. Sie bezeichnen es als Ihre große Leistung, dass Sie die Neuverschuldung gegenüber 2006 nicht nur, wie geplant, um 350 Millionen Euro zurückführen, sondern um weitere 150 Millionen Euro. Dabei verschweigen Sie aber, dass Sie die Schulden, für deren Aufnahme Sie 2005 eine Ermächtigung hatten - die Sie aber nicht aufnehmen mussten, weil der Haushalt auch ohne diese Schulden ausgeglichen werden konnte -, in das Jahr 2007 ziehen. Sie machen also nicht 150 Millionen Euro Schulden weniger als geplant, sondern Sie nehmen sogar 138 Millionen Euro Schulden mehr auf, als Sie in der Öffentlichkeit zugeben.
(Bernd Althusmann [CDU]: Das ist ein sozialdemokratischer Taschenspie- lertrick: Er hat die falschen Zahlen!)
Meine Damen und Herren, auch wenn man Schulden, die man 2005 aufzunehmen ermächtigt war, erst in 2007 umsetzt, sind das neue Schulden für das Land. Diese Schulden kann man nicht subtrahieren, die muss man addieren.
(Jörg Bode [FDP]: Da sind wir aber gespannt! - Bernd Althusmann [CDU]: Das muss es aber auch! - Weitere Zu- rufe von der CDU)
Herr Möllring hat im November ja extra dafür gesorgt, dass der Landtag etwas länger blieb, damit er uns mitteilen konnte, dass er das LTS-Vermögen endlich an den Mann und an die Frau bringen konnte.
Herr Bode, können Sie mir eigentlich sagen, warum wir auf unsere Frage, ob dieser Verkauf im Vergleich zu einer entsprechenden Kreditaufnahme wirtschaftlich gewesen ist, bis heute keine Antwort erhalten haben? - Rufen Sie doch einmal bei der NORD/LB an und fragen Sie nach, zu welchen Bedingungen das Land zu diesem Zeitpunkt einen Kredit mit einer Laufzeit von 30 Jahren bekommen hätte. Ich sage Ihnen: Der Kredit wäre zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlicher gewesen.