Protokoll der Sitzung vom 07.12.2006

- Nun sage ich das doch! Nun seien Sie doch ruhig! Bleiben Sie ganz ruhig. Ich bin bei Ihnen, ich sage es Ihnen jetzt.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das habe ich befürchtet!)

Insofern müssen in der Tat die Baustellen, die es insbesondere bei der Versorgung der Mangelfächer gibt, die aber auch durch die Besonderheiten des ländlichen Raums hervorgerufen werden, offen angesprochen werden. Hier müssen wir in der Tat die Schwächen, die vorhanden sind, sukzessive abbauen.

Aber die katastrophale Einstellungspraxis der 90erJahre hat dazu geführt, dass sich ein gewaltiger Berg an Lehrkräften aufgebaut hat,

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

die zwischen 53 und 59 Jahren alt sind. Den gilt es demnächst zu bewältigen. Das wird nicht einfach; denn wir sind in Deutschland nicht allein. Andere Bundesländer haben ebenfalls ihre Probleme.

Wir jedenfalls freuen uns über die 400 Lehrerstellen, die nicht abgebaut werden. Das war zwingend erforderlich. Das ist aber kein Grund, sich zufrieden zurückzulehnen. Wir können die besorgten und berechtigten Nachfragen und Beschwerden der Eltern nachvollziehen und nehmen sie ernst; natürlich immer unter der Voraussetzung, dass mit den initiierten Zählappellen an den Schulen gerecht und fair umgegangen wird. Hieran sind nachweislich hin und wieder Zweifel erlaubt. Manche Interpretation von Umfrageergebnissen halte ich nicht für seriös.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Mit den 4 Millionen Euro für die Fortsetzung des Ausbauprogramms für die Ganztagsschulen und die Gewährung zusätzlicher Lehrerstunden setzen

wir auch hierbei unseren Weg konsequent fort, wenngleich ich an dieser Stelle anmerken will, dass aus meiner Sicht die Ganztagsschule niemals als Allheilmittel herhalten kann, was die Diskussion um Jugendgewalt und die Frage nach der Kompensation von Erziehungsdefiziten oder die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf anbetrifft. Auch Bischof Huber und andere haben übrigens deutlich gemacht, dass die Schule kein Reparaturbetrieb sein kann, der den Eltern die vom Gesetzgeber übertragene Verantwortung übernehmen kann. - Es wäre schön gewesen, verehrte Kollegin von der SPD-Fraktion, wenn Sie auch dazu etwas gesagt hätten.

Richtig ist, die Schulen Schritt für Schritt mit pädagogischen Angeboten zu verbessern. Kooperationen mit Beteiligten von außen sind aus unterschiedlichen Gründen auch zukünftig unverzichtbar.

Bedauerlicherweise stellen Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, die Hauptschule fast nur noch als sozialen Brennpunkt dar, suggerieren aus ideologisch motivierten Gründen, Schülerinnen und Schüler würden dort nichts mehr lernen und könnten dort nur noch das Ticket für die Arbeitslosigkeit buchen. Das mag vielleicht auf manche Hauptschulen zutreffen, aber bei weitem nicht auf alle, wie Sie immer glauben machen wollen. Es gibt viele Hauptschulen, die die Schüler mit vorbildlichen Projekten für die Ausbildung und damit für die Zukunft fit machen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich denke da ganz spontan an die Hauptschule Neuenkirchen bei Bramsche, die Jahr für Jahr nachweist - das weiß auch Frau Polat; ich weiß nicht, ob sie hier ist -, was man in dieser Schulform erreichen kann, wenn man sie nicht durch Kräfte von außen ins Abseits stellt. Dieser Schule und vielen anderen Schulen verpassen Sie, Frau Korter und auch Herr Meinhold, mit Ihrer Argumentation heute bzw. gestern einen Tritt ins Kreuz. Das hat diese Schulform nicht verdient.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Mit den sozialpädagogischen Kräften, die im Rahmen des Hauptschulprofilierungsprogramms beschäftigt werden können, sowie der Schwerpunktsetzung bei der Genehmigung von Ganztagsschulen im HS-Bereich geben wir sehr bewusst genau denjenigen Rückendeckung, die Sie gern ins Abseits stellen wollen. Mit Ihren Vorstellungen

zur HS löst man die Probleme nicht, sondern man verlagert sie nur.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Mit der Eigenverantwortlichen Schule ab 2007 wollen wir die Qualitätsentwicklung durch Profilbildung und Wettbewerb voranbringen. Wir sind überzeugt davon, dass mit größerer Eigenverantwortung der Schulen die Bildungsqualität steigt. Die freien Schulen nehmen seit langem eine Vorreiterrolle im Sinne eines eigenverantwortlich gestalteten Unterrichts ein. Sie haben hier auch eine gewisse Vorbildfunktion. Wir sind im Einvernehmen zu einer finanziellen Planungssicherheit für die freien Schulen gekommen. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Ich will aufgrund der gestrigen Debatte jetzt die Gelegenheit nehmen, kurz noch etwas zu PISA zu sagen. Es ist und bleibt das Verdienst der PISAStudie, die Bildungsfrage in den Blickpunkt gesellschaftspolitischer Diskussionen zu rücken. Ich sage aber in aller Klarheit, dass sie oft sehr oberflächlich für Schulstrukturdebatten missbraucht wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie liefert uns keine Erkenntnisse hinsichtlich der Frage nach der allein selig machenden Schulstruktur. Sie liefert aber die Erkenntnis - das ist nicht wegzudiskutieren -, dass unabhängig von der Struktur jene Länder am erfolgreichsten waren, die in der Lage gewesen sind, größtmögliche Eigenverantwortung mit personalintensiver individueller Förderung zu verbinden. Damit geht ein hoher Anerkennungsgrad des Lehrpersonals in der Gesellschaft einher. Es ist deshalb dringend erforderlich, der Institution Schule den Rücken zu stärken und sie nicht durch gezielte Debatten über Schulschließungen zu verunsichern.

(Beifall bei der FDP)

Übrigens gehört dazu auch die Anerkennung eines adäquaten Arbeitsplatzes; denn der Lehrerberuf findet gewissermaßen nicht nur im Unterricht vor der Klasse statt.

Ich habe Ihnen gestern einen Beitrag aus der Welt zur Kenntnis gegeben, in dem darauf verwiesen wurde, dass Schüler und Eltern in SchleswigHolstein dafür demonstrieren, dass die Realschule als eigene Schulform erhalten bleibt. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition,

Sie haben darauf in sehr bezeichnender Weise reagiert. Herr Meinhold reagierte ausweislich des Protokolls so, dass er sagte: Das ist ja noch viel schlimmer, was Sie da sagen. Merken Sie denn überhaupt nichts? - Herr Meinhold, ich fürchte, Sie haben überhaupt nicht begriffen, worum es dabei geht. Hier haben sich Realschüler aus der Sorge, dass ihr Ausbildungsniveau sinkt, zu Wort gemeldet. Hier wollen leistungsbereite Schüler verhindern, dass ihnen durch Zusammenführung mit Schülern, deren Stärken und Interessen augenscheinlich auf einem anderen Gebiet liegen, Chancen genommen werden. Diesen Hilferuf kann man nicht ignorieren, sondern man muss ihn ernst nehmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Helmhold fragte vorwurfsvoll: Wollen Sie das? - Frau Helmhold, darum geht es nicht. Wir wollen auch nicht, dass sich Jugendliche durch Demonstrationen voneinander abgrenzen. Wir verschließen aber nicht die Augen vor den Problemen, sondern wir suchen nach Lösungen. Frau Korter bemerkte noch sehr naiv, was denn das eigentlich bloß für Schüler seien; das könne doch nur am dreigliedrigen Schulsystem liegen.

(Lachen bei der FPD und bei der CDU)

So platt, wie Sie sich hier einbringen, so kurz springen Sie in der Schulstrukturdebatte: Augen zu und vorwärts in die Gleichmacherei. - Ich frage Sie: Welche Antwort geben Sie den Schülern, die spüren, dass ihre Leistungsbereitschaft unterlaufen werden soll? Wo bleiben Sie mit den Schülern, die jetzt die Hauptschule besuchen? Ganz konkret gefragt: Wie sieht Ihr Konzept aus? Oder heißt Ihr Konzept: Wir stecken die Schüler in eine Gesamtschule; dort fällt das Problem nicht sonderlich auf?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir sind nachdrücklich der Überzeugung, dass das gegliederte Schulwesen in unserer Bildungslandschaft einen unbestreitbaren Stellenwert hat und sich im Wettbewerb mit den bestehenden Gesamtschulen hervorragend darstellt. Wir haben in der Tat noch sehr viel Arbeit vor uns. Dazu gehört, dass wir auch in der Lehrerausbildung vorankommen. Hier können wir definitiv von den PISASiegerländern lernen. Mein Fazit: In der Bildungspolitik sind wir gut aufgestellt, aber es gibt noch viel zu tun.

(Starker, anhaltender Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Herr Kollege Schwarz. - Es liegen Wortmeldungen zu zwei Kurzinterventionen vor. Zunächst hat Frau Kollegin Korter für anderthalb Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Schwarz, wir reden die Hauptschulen nicht schlecht, und wir haben sie auch nicht kaputtgemacht. Da müssen Sie sich schon an die eigene Nase fassen; denn Sie haben ihnen mit Ihrem Schulgesetz von 2003 den Rest gegeben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie glauben immer noch, dass Hauptschüler besser lernen, wenn sie bei niedrigerem Anforderungsniveau unter sich bleiben und keine Leistungsträger dabei sind. Fragen Sie einmal Hauptschullehrer, die jetzt in der 5. und 6. Klasse unterrichten, was diese von Ihrer Schulreform halten. Melden Sie sich dann hier noch einmal zu Wort.

Dasselbe gilt bei Ihnen für die Förderschulen. Auch dort meinen Sie, Behinderte sollten am besten unter sich bleiben. Das haben wir im Interview eben gerade doch mitgekriegt. Es geht darum, dass die Kinder untereinander lernen. Das ist Ihnen offensichtlich fremd. Nicht nur die Lehrerin oder der Lehrer vermittelt den Kindern etwas, sondern die Kinder lernen auch untereinander, und zwar am besten, wenn es sich um leistungsgemischte Gruppen handelt. Davon profitieren alle am meisten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben sich im Kultusausschuss hingestellt und eine Anhörung zum Thema mehr Integration von Förderschülern verweigert. Frau Körtner, Sie haben sich nicht deshalb verweigert - Sie müssen schon bei der Wahrheit bleiben -, weil es zeitlich nicht passt, sondern deshalb, weil Sie diese Diskussion nicht unter dem Label von mehr Integration geführt wissen wollen. Das finde ich wirklich frappierend.

(Joachim Albrecht [CDU]: Wir wollen die Besten fördern!)

Herr Schwarz, ich würde mich an Ihrer Stelle nicht auf Zeitungsartikel über gewalttätige Demonstrationen in Schleswig-Holstein berufen, wenn Sie die Hintergründe hier nicht darlegen. Es geht darum, dass die Schüler möglichst gut gefördert werden und dass man sie nicht ausgrenzt. Sie werden in Schleswig-Holstein am besten in einer gemeinsamen Schule gefördert und diese heißt dort Gemeinschaftsschule.

(Beifall bei den GRÜNEN - Joachim Albrecht [CDU]: Aber die Schüler wollen das nicht!)

Sie haben sich sekundengenau an die Redezeit gehalten. Herzlichen Dank. - Herr Kollege Schwarz möchte unmittelbar antworten. Bitte schön!

Frau Korter, ich möchte, was die Förderschulen betrifft, eine Klarstellung vornehmen. Ich denke, Sie argumentieren ausgesprochen oberflächlich. Es sollen alle beschult werden. Sagen Sie dann doch aber bitte auch, von welchem Personal. Glauben Sie denn allen Ernstes, dass wir heute das Personal zur Verfügung haben, welches in der Lage ist, sämtliche Behinderungen in einem Kreis zu bewältigen, der dann auch noch die sogenannten normalen Schüler beschulen muss? - Das geht doch gar nicht. Zur Personalausstattung ist von Ihnen kein einziger Vorschlag gekommen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Verehrte Frau Korter, Sie haben in Ihrem Beitrag an dieser Stelle hier eben gerade noch gesagt, dass Sie die Hauptschulen in der jetzigen Form einfach nicht mehr wollen. Das war zwischen den Zeilen eindeutig zu lesen. Sie haben es an anderer Stelle auch gesagt. Die Hauptschulen sind Ihnen ein Gräuel. Das will ich einmal in aller Klarheit sagen. Das ist aber nicht in Ordnung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Nun hat Herr Kollege Harden zu einer weiteren Kurzintervention das Wort.

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Herr Harden, ich antworte nicht, egal was kommt!)

Frau Präsidentin! Lieber Herr Kollege Schwarz, ich habe Ihnen gegenüber vielleicht den Vorteil, dass ich eine Tochter habe,