Protokoll der Sitzung vom 07.12.2006

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Abgeordnete Janßen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige Worte zur Hafenpolitik! Beim JadeWeserPort, Herr Minister Hirche, haben Sie grandios versagt.

(Oh! bei der CDU)

- Ja. Das muss man unter dem selbst gestellten Anspruch sehen. Sie philosophieren in Ihren Sonntagsreden ja noch immer gern über private Investitionen in Infrastrukturprojekte. Beim JadeWeserPort hätten Sie die Chance gehabt, das ganz konkret umzusetzen. Aber stattdessen treiben Sie das Projekt mit Steuermillionen voran und fördern den Subventionswettlauf zwischen den Häfen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der WWF hat das auf der Basis von Zahlen der Hafenwirtschaft gerade vorgerechnet: Mit den geplanten Kapazitätserweiterungen in Bremen und in Hamburg und dem JadeWeserPort werden wir 2010 - nach Prognosen der Hafenwirtschaft, nicht des WWF - einen Überhang von ungefähr 5,5 Millionen TEU Umschlagskapazität haben. Damit liegt 2010 das Angebot um 23 % über der Nachfrage.

Zusätzliche Umschlagskapazitäten, meine Damen und Herren, kosten pro Containereinheit, also pro TEU, zwischen 400 und 700 Euro. Damit verbrennen Sie sinnlos öffentliche Mittel, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weil Sie nicht willens und nicht in der Lage sind, zu einer abgestimmten norddeutschen Hafenpolitik zu kommen und weil Sie sich ausdrücklich - wie eben auch geschehen - für die Elbvertiefung stark machen, fördern Sie das Subventionswettrennen zulasten der öffentlichen Hand und zugunsten der Containerwirtschaft.

Die auch in absehbarer Zeit sehr begrenzte Zahl der Megapötte kann locker in Wilhelmshaven abgefertigt werden. Das wirtschaftlichste Container

schiff, das sogenannte Arbeitstier der Containerschifffahrt, wird nach überwiegender Expertenmeinung auch zukünftig das 8 000-TEU-Schiff sein, so jedenfalls die Prognos AG für das Bundesumweltministerium.

(Zuruf von den GRÜNEN: Hört, hört!)

Also auch Hamburg wird zukünftig nicht verhungern, wenn nicht jedes Schiff in Hamburg anlanden kann, meine Damen und Herren.

Herr Ministerpräsident Wulff - er ist nicht hier -, Herr Minister Hirche, hören Sie auf, der Elbvertiefung weiter das Wort zu reden! Das, was Sie als notwendige Konkurrenz zwischen den Häfen bezeichnen, ist tatsächlich ein Wettlauf der Häfen um die Akquirierung höchster Subventionen

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

sowohl beim Infrastrukturausbau - bei der Hafeninfrastruktur und bei den Flussvertiefungen - als auch im laufenden Geschäft bei den Hafengebühren. Das scheint mir Ihre Form des liberalen Wettbewerbs zu sein, nämlich Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir brauchen dieses nationale Hafenkonzept, wie von Minister Trittin - damals noch Bundesumweltminister - in Auftrag gegeben, damit diese Hafensubventionitis endlich eingedämmt wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen die Stärken der einzelnen Häfen gezielt ausbauen und Synergien nutzen. Das bedeutet eine über Ländergrenzen hinausgehende Hafenplanung und nicht eine Planung im eigenen Sandkasten. Oder wie es das nunmehr vorliegende Prognos-Gutachten fordert: Bevor Gelder fließen, muss nachgewiesen werden, dass die Planungen länderübergreifend abgestimmt sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, was hier stattdessen an der Küste betrieben wird, ist hafenpolitische Kleinstaaterei zulasten der Betroffenen, zulasten der öffentlichen Haushalte und zulasten der Umwelt. Meine Damen und Herren, sie ist auch nur vorstellbar, weil wir die Gemengelage der Bundesländer haben und ein jeder in seinem Sandkasten spielen darf.

Dass diese Förderung der großen Häfen in Niedersachsen zulasten der kleinen geht, ist ein Übriges, was man dem Haushalt entnehmen kann. Sie haben zwar die investiven Mittel um 12 Millionen Euro erhöht, davon sind aber 10 Millionen Euro nur Umbuchungen, weil Sie jetzt einen Teil der Unterhaltungsmaßnahmen zu den investiven Maßnahmen zählen.

Häfen wie Fedderwardersiel werden so zu Museumshäfen, weil sie nämlich schon bald nicht mehr erreichbar sein werden, trotz aller Ihrer Zusagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu einer solchen Politik erhalten Sie unsere Zustimmung natürlich nicht. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Thümler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Janßen, ich muss schon sagen: Das war an Ahnungslosigkeit kaum noch zu überbieten.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind uns in diesem Hause doch eigentlich alle darüber einig, dass die Bedeutung der Häfen für die wirtschaftliche Entwicklung und das Wachstum gerade in Deutschland von ganz besonderer Bedeutung ist und speziell eben auch in Niedersachsen. Ich denke, dass die Ergebnisse der nationalen maritimen Konferenz vom vergangenen Wochenende genau das, lieber Herr Janßen, noch einmal deutlich untermauert haben.

Wenn man sich einmal das anschaut, was gerade behauptet worden ist, und das, was Fakt ist, dann sieht man, dass das zwei Wege sind, die auseinanderdrifteen. Das geht nicht zusammen, da haben Sie leider unrecht.

(Beifall bei der FDP)

Die Häfen sind - das kann man mit Fug und Recht feststellen - die Wachstumsreserve der deutschen Wirtschaft. Das ist nicht nur einfach so dahingesagt, sondern das kann man auch belegen. Der Umschlag in den deutschen Seehäfen wird in die

sem Jahr voraussichtlich insgesamt bei über 300 Millionen t liegen. Das ist ein sehr beachtliches Ergebnis und wäre vor Jahren, Jahrzehnten überhaupt nicht vorstellbar gewesen. Der niedersächsische Anteil daran wird bei weit über 60 Millionen t liegen und damit ein ganz beachtlicher Anteil sein.

Der JadeWeserPort - das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen - ist eben kein Grab für öffentliche Mittel, sondern auch in dem Bewusstsein geplant worden, dass sich private Mittel und öffentliche Mittel in diesem Projekt zusammenfinden und Milliardeninvestitionen in Wilhelmshaven und Umgebung ausgelöst werden, von denen wir als Staat uns überhaupt nicht hätten vorstellen können, sie jemals finanziert zu bekommen. Das ist auf die kluge Politik der Landesregierung zurückzuführen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gerade mit dem JadeWeserPort wird die Leistungsfähigkeit der niedersächsischen, aber auch der deutschen Häfen deutlich verbessert. Es ist eben nicht so, wie Herr Janßen versucht hat darzustellen, dass damit Überkapazitäten erzeugt werden. Vielmehr werden Kapazitäten erzeugt, die heute schon am Markt gebraucht werden. Für Schiffe, die dort anlegen könnten, sind solche Häfen im Moment nicht in ausreichendem Maße vorhanden.

Ich habe vor kurzem gelesen, dass es angeblich ein Wettrennen zwischen den Tiefwasserhäfen an der norddeutschen Küste gibt. Wer so etwas schreibt, hat keine Ahnung. Es wird in Deutschland einen Tiefwasserhafen geben, und das wird Wilhelmshaven sein. Dieser Hafen kann in seiner Ausbaustufe die größten Container-Carrier dieser Welt aufnehmen.

Lieber Herr Janßen, wenn Sie sich einmal mit den Zahlen beschäftigt hätten, dann hätten Sie bei einem Blick in die Schiffsbaubücher der Werften weltweit festgestellt, dass eben nicht das 8 000TEU-Schiff das Standardschiff ist, sondern dass die Entwicklung der Schiffsgrößen mittlerweile bei 12 000 und 15 000 TEU angekommen ist. Sie hätten weiter festgestellt, dass die „Emma Maersk“ nicht das einzige Schiff dieser Größe bleibt, sondern dass mittlerweile 15 bis 20 dieser Schiffe in den Auftragsbüchern stehen. Diese werden bis 2010 am Markt fahren.

Schauen Sie sich einmal die Entwicklung bei den Containerverkehren an! Sie beginnt bei 800 TEU.

Heute sind, wie Sie selbst gesagt haben, 8 000 TEU Standard. Das ist eine Verzehnfachung. Hier muss man in die Zukunft schauen und darf nicht sozusagen kleinkariert an der Vergangenheit kleben bleiben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Raum Wilhelmshaven hat die Chance, in dem maritimen Cluster von Emden bis Stade an dieser Entwicklung teilzunehmen. Diese wirtschaftlichen Chancen müssen wir nutzen. Deswegen bin ich dankbar, dass die Landesregierung den Küstenbericht vorgelegt hat und ihn auch weiterentwickeln wird. Ich hoffe, dass wir ihn in seiner dritten, abschließenden Stufe auch noch einmal diskutieren können. Dann können wir sehen, welches Potenzial an der Küste tatsächlich vorhanden ist.

Das bezieht sich im Übrigen nicht nur auf Wilhelmshaven. Wilhelmshaven ist allerdings das Highlight-Projekt, das räume ich ein. Wir liegen mit unseren Häfen, mit der maritimen Wirtschaft in Niedersachsen sozusagen - der Minister gebraucht dieses Wort häufiger - am Globalisierungssaum der weltweiten Entwicklung. Das, meine Damen und Herren, sollten wir uns öfter einmal vor Augen führen.

Wir halten auch Kurs, was die Entwicklung unserer anderen Seehäfen angeht. Ich möchte beispielhaft ein Projekt erwähnen, das im Haushaltsplan 2007 vom Land finanziert werden wird, nämlich die Norderweiterung in Brake. Ich darf einmal klarmachen, was dieses Projekt, das jetzt aus Steuermitteln anfinanziert wird, für die Region bedeutet. Das Land investiert dort 2007, 2008 und 2009 jeweils 8,3 Millionen Euro, insgesamt also 25 Millionen Euro. Hinzu kommen die Mittel, die NPorts bereitstellt. Zusätzlich investiert die private Hafenwirtschaft für jeden Euro, den das Land einstellt, einen zusätzlichen Euro. Mithin kommen wir auf Gesamtinvestitionen von rund 70 Millionen Euro. Wenn Sie das für die anderen Standorte hochrechnen, dann kommen Sie auf gewaltige Summen, die verausgabt werden - und das bis 2009, meine Damen und Herren.

Zusätzliche Investitionen sind in Stade-Bützfleth vorgesehen. Dort wird das Land vermutlich 12 Millionen Euro investieren. In Wilhelmshaven werden für die Niedersachsenbrücke im Rahmen des Kohleumschlags weitere 21 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden müssen. In Cuxhaven sind für die Schaffung eines vierten Liegeplatzes

und die Verlagerung der Richtfeuerlinien 37,5 Millionen Euro vorgesehen. In Emden sind für den Bau eines Dalbenpiers 4,5 Millionen Euro und für den Ersatz der Nesserlander Schleuse - das ist sehr wichtig - 14,5 Millionen Euro vorgesehen. Das macht unter dem Strich rund 100 Millionen Euro, die dort investiert werden müssen. Das ist eine gewaltige Summe.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch auf einen Aspekt hinweisen, der mir besonders wichtig ist; Herr Lenz ist vorhin kurz darauf eingegangen. Ich meine den Zusammenhang zwischen Ausbildung und wirtschaftlichen Impulsen. Ich möchte beispielhaft die maritime Wirtschaft erwähnen; denn in diesem Segment tut sich wirklich etwas, und das nicht erst seit der Maritimen Konferenz am vergangenen Wochenende, sondern schon seit einiger Zeit.

Die private Wirtschaft hat erkannt, dass sie in diesen Bereich investieren und selbst etwas für die Ausbildung beisteuern muss. So werden wir in Elsfleth ein maritimes Kompetenzzentrum bauen. Damit werden die Entwicklungs- und Ausbildungskapazitäten weiter erhöht, sowohl im Fachhochschulbereich als auch im Schiffsmechanikerbereich. Dies wird an der norddeutschen Küste bzw. an der gesamten Ostseeküste einmalig sein. Zusammen mit der Seefahrtsschule in Leer und anderen Einrichtungen in diesem Bereich - Travemünde, Rostock - können wir uns in Deutschland durchaus sehen lassen. Wir müssen das weiter dynamisch entwickeln.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung handelt nach einem klaren Konzept, auch häuserübergreifend. Sie haben vorhin bestritten, dass das funktioniert. Ich sage Ihnen: Das Wirtschafts- und das Wissenschaftsministerium arbeiten sehr gut zusammen. Wir bündeln unsere Kräfte und bringen damit Dynamik in die maritime Wirtschaft.