Ich habe aus folgendem Grund nicht verstanden, warum Sie das so kritisch gesehen haben - das alles mag nicht ausreichen; aber Sie haben ja sicherlich mehr zu bieten -: Der Landesverband der Musikschulen hat uns einen Brief geschrieben und der Presse mitgeteilt, dass er sich darüber freut, dass wir auf diese Art und Weise musische Bildung stärken. Das kann man doch auch einmal positiv zur Kenntnis nehmen. Darum bitte ich Sie. Tun Sie es auch für sich!
Meine Damen und Herren, Konsolidierung des Haushalts auf der einen Seite und die richtige Prioritätensetzung auf der anderen Seite müssen keine Gegensätze sein. Ich meine, das beweist dieser Haushaltsplan 2007 - im Grunde schon zum vierten Mal in Folge. Bildung, Wissenschaft und Kultur stehen seit der Regierungsübernahme 2003 weiter
an erster Stelle, und zwar in guten wie in schlechten Haushaltszeiten. Wir sichern die Zukunft unseres Landes und werden das auch im nächsten Jahr fortsetzen. Darauf können Sie sich verlassen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon sehr spannend: Die größte Regierungsfraktion schickt jemanden in die Bütt, um über einen Haushaltsbereich zu reden, obwohl er in dem dafür zuständigen Ausschuss weder ordentliches noch stellvertretendes Ausschussmitglied ist.
Herr Klare, mir ist auch völlig klar geworden, warum Sie keine Fragen zugelassen haben. Das hat man bei Ihrer Rede gemerkt. Sie hätten keine Fragen zulassen können, weil Sie auf die Fragen keine Antworten hätten geben können.
Stattdessen haben Sie Frau Kollegin Andretta in der peinlichsten Art und Weise heruntergemacht. Sie haben Ihre Rede einfach abgelesen, die geschrieben wurde, bevor Sie die Rede von Frau Andretta gehört haben. Das war ein sehr spannender Vorgang für diesen Landtag.
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Bernd Althusmann [CDU]: Das war es jetzt! Peinlich!)
Als Nächstes hat die Kollegin Frau Dr. HeinenKljajić für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
- Frau Kollegin Merk, Herr Klare, wenn Sie sich weiter streiten wollen, dann gehen Sie bitte nach draußen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Haushalt 2007, den Sie, Herr Klare, als Fortsetzung einer Erfolgsserie haben verkaufen wollen, ist bei Lichte betrachtet im Hochschulbereich jedenfalls nichts anderes als das Eingeständnis des Scheiterns der eigenen Politik.
Denn nach rasanter Irrfahrt wider jede hochschulpolitische Vernunft sind Sie jetzt gezwungen worden, den Rückwärtsgang einzulegen. Das geschah nicht etwa aus der Einsicht, dass mit der steigenden Zahl von Studienberechtigten auch die Zahl der Studienplätze aufgestockt werden muss. Nein, das geschah nur, weil die Bundesbildungsministerin Schavan klug genug war, die Gewährung von Bundeszuschüssen im Rahmen des Hochschulpaktes an zwei Bedingungen zu knüpfen, nämlich zum einen an die Gegenfinanzierung durch die Länder und zum anderen an die unmittelbare Verwendung zur Schaffung neuer Studienplätze.
Erst jetzt ist Minister Stratmann daher zur Vernunft gekommen. Wenn der Hochschulpakt nicht wäre und es damit nicht die Möglichkeit des Bundes gäbe, den Ausbau von Studienplätzen mitzufinanzieren - diese Landesregierung hat übrigens mit anderen Unionspolitikern aus Bund und Ländern
lange versucht, das zu verhindern -, dann würden Sie vermutlich noch heute behaupten, das Reagieren auf den demografisch bedingten Anstieg von Studierberechtigten habe noch Zeit. Noch vor einem Jahr haben Sie, Herr Minister Stratmann, an dieser Stelle im Rahmen der Beantwortung einer Großen Anfrage meiner Fraktion geantwortet:
„Wir müssen die weitere Entwicklung der Bildungsbeteiligung sorgfältig beobachten und spätestens 2009 konkrete Vorkehrungen für Zielvereinbarungen und Budgetbemessung für die Haushaltsjahre 2010 bis 2015 treffen.“
Auch wenn wir jetzt, Herr Professor Zielke, einen Schritt weitergekommen sind - zugegeben -: Es ist aber nur ein Schritt hin zur Startlinie; denn die Mittel, die Sie bis 2010 zusätzlich zur Verfügung stellen wollen, decken nicht annähernd das, was Sie den Hochschulen im gleichen Zeitraum entzogen haben. Selbst wenn Sie den Bundesanteil beim Hochschulpakt mit einrechnen und tatsächlich den jetzt festgelegten Anteil bis 2010 abfragen und gegenfinanzieren, haben Sie lediglich ein gutes Drittel von dem ausgeglichen, was Sie den Hochschulen über das Hochschuloptimierungskonzept weggenommen haben. Ob Sie die Mittel überhaupt in voller Höhe ausschöpfen werden, ist bisher weder im Haushalt noch in der mittelfristigen Finanzplanung ablesbar.
Gemessen an der Studienplatzkapazität, sieht die Bilanz noch trauriger aus. Seit Beginn Ihrer Amtsperiode, Herr Minister Stratmann, wurden bis heute mehr als 5 500 Studienanfängerplätze, zum Teil bedingt durch das HOK, zum Teil bedingt durch die Umstellung auf Bachelor und Master, abgebaut. Wenn bis 2010 4 000 Studienanfängerplätze geschaffen werden, wie Sie es jetzt ankündigen, dann werden Sie immer noch eine negative Bilanz von mehr als 1 500 fehlenden Studienplätzen zum Vergleichsjahr 2003 hinterlassen. Dabei ist noch nicht einkalkuliert, dass ein großer Teil aller Studienanfängerplätze noch gar nicht auf Bachelorstudiengänge umgestellt ist. Das heißt, bis 2010 werden Sie zeitgleich zum Aufbau von Studienanfängerplätzen über den Hochschulpakt auch weiterhin Studienanfängerplätze durch die Umstellung der verbleibenden Studiengänge, bedingt durch den höheren Betreuungsaufwand in den Bachelorund Masterstudiengängen, verlieren. Die Tatsache,
dass die Studienplatzkapazitäten in 2005 die Berechnungsgrundlage für den Hochschulpakt sind, bedeutet, dass Sie mit 1 000 neuen Studienanfängerplätzen in 2007 nicht einmal das kompensieren, was Sie von 2005 auf 2006 an Kapazitäten abgebaut haben. Da allein in diesem Zeitraum 1 700 Studienanfängerplätze abgebaut wurden, werden Sie nach Ihrem Haushaltsplan das Jahr 2007 in Bezug auf das Hochschulpaktkonto mit einem Minus von 700 Studienanfängerplätzen abschließen.
Warum rechne ich Ihnen das hier vor? - Meine Damen und Herren von CDU und FDP, wenn Sie nicht parallel zum Hochschulpakt mit eigenen Mitteln zusätzliche Studienplätze schaffen, droht die Rückzahlung der Bundesmittel aus 2007 und 2008;
denn an dieser Stelle spricht der Hochschulpakt Klartext. Jawohl, Frau Trost, genau so ist es. Ich darf hier einmal zitieren:
„Die Mittel des Bundes sind zurückzuzahlen bzw. werden verrechnet, soweit die vereinbarten zusätzlichen Studienanfängerzahlen nicht erreicht bzw. erhalten wurden.“
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Katrin Trost [CDU]: Eines nach dem anderen! Immer mit der Ruhe!)
Der Hochschulpakt kann, wie gesagt, wenn Sie in dem Tempo weitermachen, ein richtig teurer Spaß für das Land werden.
Außerdem, Herr Minister Stratmann, wissen Sie genau, dass die von Ihnen eingeplanten Mittel hinten und vorne nicht reichen werden, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. In der EnqueteKommission zum demografischen Wandel hat Ihr
Ministerium eigene Modellrechnungen vorgelegt, nach denen allein bis 2010 die Zahl der Studienanfänger um 10 000 ansteigen wird. Da kann man doch nicht 4 000 neue Studienanfängerplätze abfeiern, sondern man muss aufzeigen, wie man die zusätzlichen 6 000 aus eigenen Mitteln finanzieren will. Aber Fehlanzeige!
Hinzu kommt, dass die im Rahmen des Hochschulpakts geplanten neuen Studienplätze mit einer 50-prozentigen Gegenfinanzierung der bereitgestellten Bundesmittel längst nicht ausfinanziert sind; denn die Studierenden, die bis 2010 die neuen Studienplätze belegen, sind natürlich über das Jahr 2010 hinaus im System. Das heißt, da der Abbau in Tausenderschritten erfolgt, wird das Gros sein Studium erst in 2014 abschließen. Auf dieser Grundlage berechnet das CHE, dass die Länder die Bundesmittel nicht zu 100 %, sondern zu 200 % werden gegenfinanzieren müssen. Der Hochschulpakt enthält zwar die Absichtserklärung, dass der Bund die Studienanfänger gemäß seinem Anteil auch nach 2010 ausfinanzieren wird. Aber ob diese unverbindliche Zusage eingehalten wird, ist angesichts der Haushaltslage im Bund und angesichts der Tatsache, dass nach der Föderalismusreform die Länder die alleinige Kompetenz in Sachen Hochschulen haben, ungewiss. Darüber hinaus kann es ja wohl nicht Ziel sein, diese Studienplätze nach 2010 auslaufen zu lassen; denn diese werden - übrigens auch nach der Prognose des MWK - über 2020 hinaus gebraucht. Außerdem ist es unlauter, lediglich die Studienplätze in Bachelorstudiengängen zu kalkulieren, wie das MWK es macht; denn ab 2010 wird ein Teil der ersten Studierenden auf den neuen Studienplätzen, die ihren Bachelorabschluss gemacht haben, vor den Türen der Hochschulen stehen und einen Masterabschluss machen wollen. Dafür müssen Sie entsprechende Kapazitäten aufbauen.
All dies macht deutlich, meine Damen und Herren von CDU und FDP, dass die von Ihnen geplante Aufstockung der Zahl der Studienplätze nicht reicht. Während dank der demografischen Entwicklung schon heute Jahr für Jahr die Zahl der Studienberechtigten steigt, werden Sie in Sachen Kapazitätsausbau weiterhin Negativsalden ausweisen.
Ihre Hochschulpolitik, meine Damen und Herren von CDU und FDP, wird nicht dazu führen, dass noch mehr gut ausgebildete Schulabgänger Niedersachsen verlassen, sondern Sie verursachen zugunsten kurzfristiger Einsparungen im Landeshaushalt mittel- und langfristig einen volkswirtschaftlichen Schaden, der um ein Vielfaches höher als die Einsparungen sein wird.
Insgesamt entstehen in Niedersachsen - um das einmal an ein paar Zahlen zu belegen - über 25 000 Arbeitsplätze dadurch, dass das Land round about 2 Milliarden Euro in Hochschulen und Forschungsinstitutionen steckt. Zudem ist der Hochschul- und Forschungssektor - darin sind wir sicherlich einer Meinung - der einzige Bereich mit relevantem Expansionspotenzial für Wissenschaft und Wirtschaft. Hinzu kommt, dass jeder Euro an Hochschulausgaben vor Ort im Schnitt mindestens 2 Euro gesamtwirtschaftliche Nachfrage induziert. Angesichts der sonstigen Ansiedlungshilfen aus der Wirtschaftsförderung ist Hochschulförderung also auch in arbeitsmarktpolitischer Hinsicht konkurrenzlos günstig. Das wirkt sich natürlich mittelbar wieder auf den Landeshaushalt aus. Nach Berechnungen der OECD lag im Jahr 2000 der fiskalische Ertrag staatlicher Bildungsinvestitionen durch erhöhte Steuereinnahmen in Deutschland bei ca. 6,5 %, und er steigt weiter an. Er ist also auch heute schon höher.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, für den Hochschulbereich gilt: Ihre Sparpolitik von heute sind die Schulden von morgen. Mit nachhaltiger Haushaltspolitik hat das alles nichts zu tun.