Protokoll der Sitzung vom 26.01.2007

Die SPD handelt und redet hier aber anders als auf der Bundesebene.

(Zuruf von der CDU: Das tut sie öfter!)

Das finde ich sehr bedauerlich. Insbesondere bei der Debatte zur Änderung des Personenstandsgesetzes hat sie sich nicht gerade fair gegenüber Schwulen und Lesben verhalten. Die in diesem Gesetzentwurf vorgesehene Vorschrift, dass Ehen auf dem Standesamt zu schließen sind, hat die Große Koalition gekippt, sodass dies den Ländern überlassen bleibt. Das könnte dann so aussehen, dass die Ehe in Bayern beim Notar und in Rheinland-Pfalz bei der Kreisverwaltung - Tür an Tür mit der Kfz-Zulassungsstelle - geschlossen wird.

Meine Damen und Herren, ich sehe das Problem auf einer ganz anderen Ebene. Die vollständige rechtliche Gleichstellung sichert das Gesetz eben noch nicht. Die von Union und FDP regierten Länder haben damals im Bundesrat die zustimmungsbedürftigen Regelungen wie beispielsweise die Anerkennung im Steuerrecht zu Fall gebracht. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Klagen einiger CDU-regierter Länder verworfen hat, stellt sich die Frage des Abstandsgebots nicht mehr, und einer wirklichen Gleichstellung steht nichts mehr im Wege.

Meine Damen und Herren, um zu einer Beseitigung eines gleichheitswidrigen Rechtszustands zu kommen, müsste Ihr Antrag meines Erachtens eben auch gleichzeitig die Aufforderung an die Landesregierung enthalten, sich im Bundesrat für die Angleichung im Steuerrecht, im Beamtenrecht und im Adoptionsrecht einzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber so weit wollen Sie offensichtlich nicht gehen. Seit Monaten schmort nämlich ein diesbezüglicher Antrag der Grünen im Rechtsausschuss des Bundestages. Bislang haben sich CDU und SPD geweigert, ihn in die Beratung zu nehmen; er ist jetzt von den Grünen noch einmal im Bundestag eingebracht worden.

Meine Damen und Herren, die vollständige Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Heteroehen ist keine verfassungsrechtliche Frage mehr, sondern ausschließlich eine Frage des politischen Willens. Von daher ist Ihr Antrag wohl in der Zielsetzung richtig, aber er greift meines Erachtens zu kurz und wird der eigentlichen Problematik eben nicht gerecht. - Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat Frau Meißner von der FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal etwas richtigstellen. Hier wurde eben der Anschein erweckt, als hätte sich die FDP immer gegen die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften gewehrt. - Das Gegenteil ist der Fall!

(Beifall bei der FDP)

Ich will das kurz belegen. Wir haben uns z. B. sehr für das Lebenspartnerschaftsgesetz eingesetzt.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Aber ihr habt bei Kohl nichts durchgesetzt!)

2004, Frau Langhans, also lange bevor die Grünen daran gedacht haben, hat die FDP-Bundestagsfraktion den Entwurf eines Ergänzungsgesetzes eingebracht.

Für uns ist entscheidend, dass Menschen füreinander Verantwortung übernehmen, natürlich in der Ehe - das begrüßen wir sehr -, aber eben auch in Lebenspartnerschaften, in denen sich Partner dauerhaft füreinander verantwortlich zeigen.

Die Verfassungsbeschwerde gegen das Lebenspartnerschaftsgesetz ist seinerzeit eingereicht worden, weil man befürchtet hatte, dass die Ehe, die unter dem besonderem Schutz des Grundgesetzes steht, durch das Lebenspartnerschaftsgesetz benachteiligt oder in ihrer Bedeutung zurückgesetzt würde. 2002 hat das Bundesverfassungsgericht aber festgestellt - Frau Krämer wies schon darauf hin -:

„Aus der Zulässigkeit, die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu privilegieren, lässt sich kein Gebot herlei

ten, diese gegenüber der Ehe zu benachteiligen.“

Folgerichtig haben verschiedene Länder damit begonnen, ihre entsprechenden Landesgesetze zu ändern. In einigen Ländern ist dieser Prozess bereits abgeschlossen, in anderen Ländern noch nicht. Im Saarland wurde ein entsprechender Gesetzentwurf bereits im Plenum behandelt und befindet sich jetzt im entsprechenden Ausschuss. In Hamburg hat die CDU-Fraktion den Antrag gestellt, das durch Landesgesetz zu regeln.

Wir müssen jetzt also prüfen, wie wir es in Niedersachsen damit halten wollen. Herr Nacke, Sie sagten, das über ein Artikelgesetz zu lösen, könnte sehr kompliziert werden. Ich sehe aber auch noch eine andere Möglichkeit, nämlich in einer Generalklausel zu bestimmen, dass in allen Verordnungen, die die Ehe betreffen, gleichberechtigt auch die Lebenspartnerschaften genannt werden. Damit ließe sich das kurz und knapp erledigen. Eine andere Möglichkeit wäre, die Lebenspartnerschaften dann in jedes einschlägige Gesetz aufzunehmen, wenn es geändert wird. Beim Bestattungsgesetz sind wir bereits so verfahren. Dort sind wir schneller gewesen als andere Länder.

Darüber müssen wir jetzt verhandeln: Wollen wir eine Generalklausel - es ist ja ansonsten unstrittig, dass eine Angleichung rechtens ist -, oder ändern wir die jeweiligen Gesetze nach und nach? - Gegen die zweite Variante spricht, dass in dem Fall die Ungleichbehandlung über eine längere Zeit bestehen bliebe. Aber darüber müssen wir uns in den Ausschüssen austauschen. Ich bin gespannt auf die Beratungen.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Frau Meißner. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll sich der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit mit dem Antrag beschäftigen, mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist so beschlossen.

Wir sind damit am Ende der Tagesordnung. Der nächste Tagungsabschnitt ist von Dienstag, dem

6. März, bis Donnerstag, dem 8. März 2007, vorgesehen. Wie immer wird der Präsident den Landtag einberufen und im Einvernehmen mit dem Ältestenrat den Beginn und die Tagesordnung der Sitzung bestimmen.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Schluss der Sitzung: 14.15 Uhr.

Anlagen zum Stenografischen Bericht

noch:

Tagesordnungspunkt 30:

Mündliche Anfragen - Drs. 15/3465

Anlage 1

Antwort

des Umweltministeriums auf die Frage 2 der Abg. Christian Dürr, Jörg Bode und Jan-Christoph Oetjen (FDP)

Niedersächsisches Fließgewässerprogramm und Umsetzung der Ziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie

Ende des Jahres 2006 wurde an der Hunte, an der Staustufe beim Wasserkraftwerk Oldenburg, eine Fischaufstiegsanlage eingeweiht, die den gesamten Hunteverlauf bis Wildeshausen und etliche Nebengewässer auf einer Länge von 45 km für die Fischfauna und andere aquatische Lebewesen durchgängig gemacht hat. Die Hunte erfüllt als sogenanntes Verbindungsgewässer eine wichtige Funktion im niedersächsischen Fließgewässersystem. Das Niedersächsische Fließgewässerprogramm, das aus Ideen zur Entwicklung eines naturnahen Fließgewässersystems in Niedersachsen aus dem Jahr 1989 entwickelt wurde, dient der Erreichung gemeinsamer Ziele und Handlungsfelder aus den Bereichen Naturschutz, Forstwirtschaft und Wasserwirtschaft.

Vor diesem Hintergrund fragen wir:

1. Wie ordnet die Landesregierung den Stellenwert des Niedersächsischen Fließgewässerprogramms auch vor dem Hintergrund der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie ein?

2. Welche Bedeutung hat das Fließgewässerprogramm im Hinblick auf die Wiederansiedlung seltener Tier- und Pflanzenarten sowie deren Bestandsentwicklung?

An der Wasserkraftanlage Oldenburg, der letzten Staustufe an der Hunte vor der Einmündung in die Weser, haben wir Ende letzten Jahres eine neue Fischaufstiegsanlage eingeweiht. Dadurch sind nun ca. 40 km Flusslauf bis nach Wildeshausen wieder für wandernde Fischarten wie Lachse und Aale und andere Tierarten erreichbar. Und nicht nur das: Zusätzlich wurden viele Kilometer an Nebengewässern mit erschlossen. Diese sind z. B. als Laichplätze und Ruheräume für Fische und für die Gewässerökologie mindestens so wichtig wie die Flusskilometer an der Hunte selbst. Die Hunte ist nämlich ein Verbindungsgewässer innerhalb

des Fließgewässerschutzsystems Niedersachsen. Sie bildet damit das Rückgrat des Systems, das sich weiter in Haupt- und Nebengewässer gliedert, wie beispielsweise hier die Twilbäke und Aue bei Visbek.

Die Baumaßnahme an der Hunte ist Bestandteil des Niedersächsischen Fließgewässerprogramms, das auf Planungen aus dem Ende der 1980er-Jahr zurückgeht. Es verfolgt den Ansatz, für die verschiedenen Landschaftsräume in Niedersachsen repräsentative Gewässer auszuwählen,

- die typisch für diesen Bereich,

- überwiegend gut erhalten und

- schützenswert sind.

Parallel zum Fachprogramm wurde seinerzeit eine finanzielle Förderung aufgebaut. Mit der Förderichtlinie „Naturnahe Gewässergestaltung“ konnten mittlerweile rund 800 Vorhaben in ganz Niedersachsen gefördert werden. Dafür wurden über 70 Millionen Euro aufgewandt - diese Zahl spricht für sich. Inhaltlich hat der Schwerpunkt der Maßnahmen in der Vergangenheit eindeutig bei der Verbesserung oder der Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Fließgewässer gelegen. Dieser Schwerpunkt wird auch in Zukunft bleiben. Gleichwohl werden die Verbesserung von Gewässerstruktur samt Randstreifen sowie Vernetzung mit der Gewässeraue zukünftig deutlich an Bedeutung gewinnen. Denn Lachse, Meerforellen und andere sogenannte Langdistanz-Wanderfische müssen die ehemaligen Lebensräume in den Bächen im Oberlauf der großen Flüsse wieder erreichen können und dort geeignete Gewässerstrukturen vorfinden, beispielsweise Kiesbänke zum Laichen. Und wir werden uns deutlich mehr um den Fischabstieg kümmern, weil Aufstiegshilfen - wie inzwischen bekannt - leider nur sehr begrenzt beim Abstieg der Fische helfen.

Die Inhalte unseres Fließgewässerprogramms haben mittlerweile eine europäische Dimension erhalten. Die Wasserrahmenrichtlinie hat ab dem Jahr 2000 neue Impulse gegeben, so durch gemeinsames Planen und Handeln in Flussgebietseinheiten und die vermehrte Berücksichtigung ökologischer Belange. Genau hier liegt die Verzahnung mit dem Fließgewässerprogramm. Und natürlich gibt es hier eine deutliche Querverbindung zu NATURA 2000. Zahlreiche schutzbedürftige Arten und Lebensräume kommen in oder an unseren Gewässern vor; das Fließgewässerpro

gramm leistet daher auch einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der FFH-Richtlinie.