Von gerade unglaublicher Realitätsferne und unterentwickeltem Demokratieverständnis zeugt der Vorschlag der SPD,
den Generalanwalt und die Richter am Europäischen Gerichtshof in deren Rechtsprechung vorfestlegen zu wollen. Das VW-Gesetz hat in einem solchen Aufruf absolut nichts zu suchen, egal wie es aus niedersächsischer Sicht und europarechtlich zu beurteilen ist.
„Die politische Einigung Europas wird in einer Welt, die durch Globalisierung bestimmt ist und in der sich neue Kraftzentren bilden, immer wichtiger. Deswegen wird sich Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür einsetzen, dass der Einigungsprozess in Europa weiter vorankommt.“
Dieses Zitat des Bundestagsabgeordneten Ronald Pofalla umreißt deutlich eine der Zielvorstellungen des Bundes für die Zeit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft.
In den bisherigen Wochen ihres Vorsitzes hat unsere Bundeskanzlerin wichtige Akzente in der Europapolitik gesetzt. Damit handelt sie bereits im Sinne des uns heute vorliegenden Aufrufes für Europa. Die vorliegende Beschlussempfehlung formuliert unsere Erwartungen für die Zeit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Wir wollen neben anderem, dass in diesen Monaten Perspektiven für den europäischen Verfassungsvertrag entwickelt werden.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wie von CDU und FDP versprochen, haben wir den ursprünglichen Antrag der SPD weiterentwickelt und mit konkreten Inhalten gefüllt. Wir begrüßen ausdrücklich, dass Sie in Ihrem Änderungsantrag erneut ankündigen, sich selbst in diesem Jahr für Europa vor Ort engagiert einbringen zu wollen. Es fehlt freilich ein wenig der Glaube; denn bereits für den 22. Januar hatten Sie zugesagt, dieses zu tun, und wenn Sie dieses tatsächlich getan haben sollten, dann - das darf ich hier feststellen - haben Sie diese Aktivitäten geschickt vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen.
Zurück zur vorliegenden Beschlussempfehlung: In unserem Antrag rufen wir unsere Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich intensiv mit der Europäischen Union zu beschäftigen. Dieses ist wichtig; denn 50 Jahre nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge ist die Anzahl der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf 27 gestiegen. Wer hätte es am 25. März 1957 für möglich gehalten, dass die EU eine solche großartige Entwicklung nehmen würde? - Zu dieser Erfolgsgeschichte passt ein Ausspruch unseres früheren Bundeskanzlers Konrad Adenauer:
„Die Einheit Europas war ein Traum weniger. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für alle.“
Europa wächst, und genauso wachsen die Chancen und Möglichkeiten für Niedersachsen, für unsere Bürgerinnen und Bürger ebenso wie für unsere Betriebe.
Unsere Landesregierung unter der Führung von Christian Wulff macht deutlich, was Niedersachsen von der Arbeit der EU für Europa und für Niedersachsen erwartet. Die Initiative unseres Ministerpräsidenten, die Ministerpräsidentenkonferenz in Brüssel tagen zu lassen, zeigt deutlich den hohen Stellenwert, den unsere Niedersächsische Landesregierung Europa beimisst.
Dank sagen möchte ich dem Europäischen Informations-Zentrum. Das EIZ bringt unserer Bevölkerung durch vielfältige Aktionen die Arbeit der EU näher und schlägt damit Brücken zu unseren europäischen Nachbarn.
Wir rufen die EU-Kommission dazu auf, ihre Informationsarbeit zu verstärken. Wir erwarten, dass die Kommission ihre Maßnahmen künftig nachvollziehbarer erklärt und ihre Informationsarbeit bürgernäher gestaltet. Wir begrüßen, dass sich die Europäische Kommission für die partnerschaftlichen Begegnungen in Europa einsetzt und dazu einen wichtigen finanziellen Beitrag leistet.
Letztendlich lebt der europäische Gedanke vom Einsatz unserer Bürgerinnen und Bürger in den Vereinen, Schulen und Einrichtungen. Vor kurzem hatte ich die Ehre, die Festrede zum 25-jährigen Bestehen des Partnerschaftsvereins Grasleben mit
dem französischen Canton Oulchy le Chateau zu halten. Das Vereinsmitglied Frau Ingrid Betz sagte folgenden Satz, den ich beispielhaft für die Motivation der vielen aktiven Menschen in unseren Partnerschaftsvereinen wiederholen möchte:
„Für die Freundschaft unter den Völkern haben wir die ganzen Jahre gearbeitet, und das soll auch in Zukunft so bleiben.“
Nun noch einige Sätze zum gestern vorgelegten Änderungsantrag der SPD, dem wir im Übrigen nicht zustimmen werden. Wir sind der Auffassung, dass der von CDU und FDP vorgelegte Beschlussvorschlag sehr gut zum Thema „Aufruf für Europa“ passt. Darüber hinaus enthält unser Änderungsantrag eine Fülle von Handlungsaufträgen und Vorschlägen und steht damit im Einklang mit der erfolgreichen europäischen Politik unserer Landesregierung.
Ein Teil Ihres Änderungsantrages befasst sich mit dem VW-Gesetz. Dieser Absatz passt thematisch leider nicht zum vorliegenden Aufruf für Europa. Dennoch nutze ich die Gelegenheit, um noch einmal deutlich zu machen, dass sich die CDU ohne Wenn und Aber für den Erhalt des VW-Gesetzes einsetzt.
Wir alle hoffen gemeinsam, dass sich die aufgezogenen Wolken bald vom europäischen Himmel verziehen und der Europäische Gerichtshof die Rechtmäßigkeit des VW-Gesetzes anerkennt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 50 Jahre Sicherheit, Frieden und Stabilität, 50 Jahre gemeinsamer Wirtschaftsraum, 50 Jahre ohne große soziale Verwerfungen - Europa ist ein Erfolgsmodell. Alle könnten zufrieden sein. Glücklicherweise sind diese Erfolge für viele inzwischen selbstverständlich geworden. Die EU hat nicht nur in der Vergangenheit große Herausforderungen gemeistert; sie steht auch zukünftig vor großen Aufgaben. So muss sie die Globalisierung sozial gerecht und
nachhaltig gestalten. Auch die Bekämpfung des Klimawandels und des Terrorismus kann nur gemeinsam geleistet werden.
dpa meldete vor zwei Tagen, dass EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering darauf setzt, dass die Feierlichkeiten in Berlin zum 50. Geburtstag der Europäischen Union eine Aufbruchsstimmung mit sich bringen. In der Verfassungs- wie in der Klimafrage brauchen wir Ergebnisse, so sagt er. Die Berliner Erklärung der Mitgliedstaaten der EUKommission und des Parlaments müsse klarmachen, dass nur ein einiges Europa die globalen Herausforderungen meistern könne.
Meine Damen und Herren, von dieser Aufbruchsstimmung ist in Ihrem Antrag leider nicht allzu viel zu spüren. Stattdessen fallen Sie schon in der Überschrift in die Beschwörung nationaler Egoismen zurück. Sie fordern in der Überschrift: „Die Chancen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft entschlossen für Niedersachsen und seine Bürgerinnen und Bürger nutzen“.
(Zurufe von der CDU: Was ist denn daran schlecht? - Die Bürgerinnen und Bürger haben uns doch gewählt! Deswegen sitzen wir doch hier!)
Die Renationalisierungstendenzen sind unübersehbar. Ich hoffe, dass die deutsche Ratspräsidentschaft ihnen entschieden entgegentritt und im Sinne des EU-Parlamentspräsidenten Pöttering agieren wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wir könnten Ihrem Antrag zustimmen, weil Sie darin viele Aspekte, die auch in unseren Augen wichtig sind, aufgenommen haben. Ich nenne als Beispiel den Aspekt eines sozialen Europas. Aber Ihre Kritik an den Richterinnen und Richtern und dem Generalanwalt des Gerichtshofes im Zusammenhang mit den Entscheidungen zum VW-Gesetz ist absolut inakzeptabel.
Meine Damen und Herren, nach dem zweifachen Nein zur EU-Verfassung in Frankreich und in den Niederlanden sind die Bürgerinnen und Bürger zutiefst verunsichert. Sie haben nicht nur Angst um ihre soziale und wirtschaftliche Perspektive, sondern ihnen fehlt auch das Vertrauen in die Gestal
tungskraft der nationalen und der europäischen Ebene. Hier sind die Landesregierung und das Parlament gefordert, die politischen Prozesse öffentlich sichtbarer und transparenter zu machen. Die Bürgerinnen und Bürger wollen schlicht und einfach wissen, wer für welche Entscheidung verantwortlich ist.
Eine europäische Öffentlichkeit wird aber nur dann geschaffen, wenn diese Bürgerinnen und Bürger auch über Alternativen öffentlich diskutieren und sich über Bürgerbegehren direkt an europäischer Politik beteiligen können. Dafür sollten wir in Niedersachsen ein Forum bieten. Es reicht nicht aus, nur mit einer blutleeren, etwas dürftigen Resolution an Kommunen und Schulen in Niedersachsen zu appellieren, den europäischen Gedanken stärker zu verbreiten. Diese Verantwortung können Sie nicht auf Schulen und Kommunen abschieben.
Wir alle sind gefordert, auch außerhalb dieses Parlaments. Ich finde es viel wichtiger, als hier Resolutionen zu verabschieden, bei den Menschen draußen für die Vorteile Europas zu werben. - Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wird Sie nicht überraschen, dass die Landesregierung die Entschließung, die der Landtag heute mit Mehrheit treffen will, ausdrücklich begrüßt. Ich finde es höchst erfreulich, dass alle Redner aller vier Fraktionen das Einigungswerk, im Grunde genommen das Zivilisationswerk der Europäischen Union, hier ausdrücklich gelobt haben. Man kann leicht nachvollziehen, dass Konrad Adenauer, Charles de Gaulle und anderen Großartiges gelungen ist; denn eine solche lange Phase des Friedens in Europa hat es niemals zuvor gegeben. Junge Menschen in Niedersachsen haben die Aussicht, ein Leben lang in Frieden, in Freiheit und in Wohlstand leben zu können und offene Grenzen zu erleben, überall in Europa arbeiten, lernen und auch leben zu können.
Die Vorbereitung der jungen Generation auf dieses einige Europa erfolgt in großen Schritten und mit großen Anstrengungen. So wenden wir uns mit unseren Internetangeboten ja gerade an die Achtbis Vierzehnjährigen. Wir fördern den Jugendaustausch, und wir ermutigen dazu, beispielsweise auch in der beruflichen Ausbildung vermehrt Stationen im Ausland einzufügen.
Wenn man sich vor Augen führt, was 1957 mit den Römischen Verträgen seinen Anfang genommen hat in einem Europa, das in Schutt und Asche lag, dann muss man sich natürlich fragen: Was bedeutet Europa heute, 2007, an neuer Herausforderung? - Dazu möchte ich den Rednern beipflichten, die hier gesagt haben: Wir brauchen die Bürger. Das Europäische Informations-Zentrum führt allein im ersten Halbjahr dieses Jahres 20 Veranstaltungen durch. Es gibt keine Landesregierung, die mehr Aktivitäten auf die Beine stellt, wie Sie wissen. Wir wollen damit die Menschen für dieses Europa gewinnen, damit es nicht ein Europa der Beamten und der Bürokraten in Brüssel ist, sondern ein Europa aller inzwischen fast 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Europa.