Wenn man sich vor Augen führt, was 1957 mit den Römischen Verträgen seinen Anfang genommen hat in einem Europa, das in Schutt und Asche lag, dann muss man sich natürlich fragen: Was bedeutet Europa heute, 2007, an neuer Herausforderung? - Dazu möchte ich den Rednern beipflichten, die hier gesagt haben: Wir brauchen die Bürger. Das Europäische Informations-Zentrum führt allein im ersten Halbjahr dieses Jahres 20 Veranstaltungen durch. Es gibt keine Landesregierung, die mehr Aktivitäten auf die Beine stellt, wie Sie wissen. Wir wollen damit die Menschen für dieses Europa gewinnen, damit es nicht ein Europa der Beamten und der Bürokraten in Brüssel ist, sondern ein Europa aller inzwischen fast 500 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Europa.
Wir wollen einen Verfassungsvertrag, der Europa transparenter und demokratischer macht. Wir wollen eine bessere Rechtsetzung und weniger, schlankere und verständlichere Regelungen mit mehr Respekt auch vor den Ländern, vor den Regionen, vor Eigenarten. Das VW-Gesetz gehört dazu. Wir wollen, dass das Gesetz auch im Europa der Zukunft eine Zukunft hat.
Natürlich wollen wir Nachhaltigkeit. Wir wollen eine verantwortliche Politik, die die nächsten 50 Jahre in den Blick nimmt.
Wenn man sich fragt, was damals die Beweggründe im wirtschaftlichen Bereich waren, dann erkennt man, dass es Kohle und Stahl waren. Andere haben gesagt, man hätte nicht mit Kohle und Stahl anfangen sollen, sondern mit der europäischen Kultur. Ich denke heute, am Tage des Frühjahrsgipfels des Europäischen Rates in Brüssel, dass man sehr schnell in den nächsten Wochen im Europaausschuss, im Umweltausschuss und im Wirtschaftsausschuss des Landtages den Anstoß begleiten sollte, den Europa bei diesem Rat geben will. Ich meine nämlich, dass es heute in Brüssel einen historischen Frühjahrsgipfel der Europäi
schen Union geben wird, weil wir den Kampf gegen den Klimanotstand und die Klimaproblematik in Europa aufnehmen wollen.
Das ist auch richtig so; denn vor 150 Jahren hat die Industrialisierung in Europa ihren Anfang genommen. Deshalb sollte jetzt auch die ökologische Form des Wirtschaftens in Europa ihren Anfang nehmen. Der Anteil europäischer CO2-Emissionen in der Welt wird immer geringer werden, weil auch Brasilien, Indien, China und Russland Ansprüche auf Teilhabe an dieser Welt haben. Aber selbst wenn unser Anteil immer weiter zurückgeht, wenn der Anteil der Europäer an der Weltbevölkerung in der Zukunft auf weit unter 10 % zurückgeht, sollten wir hier neue Technologien entwickeln, die uns bei der Bewältigung des Klimawandels neue Chancen geben. Was gestern Kohle und Stahl waren, sollte heute das Thema Energie sein.
Wir in Niedersachsen können ganz konkret etwas tun. An der Nordseeküste wird ein Gezeitenkraftwerk errichtet. Wir werden mehr machen im Bereich Wasserkraft und Windkraft - dabei sind wir eh schon weltweit führend -, bei Sonnenenergie, bei Biomasse, bei Pflanzen als CO2-Speicher. Wir müssen alle Anstrengungen auf diesen Weg bringen und dabei eine seriöse Debatte führen. Wir müssen angesichts der Herausforderungen durch eine Erwärmung der Erde um 3 bis 6 Grad bis 2100 sehr stark darauf achten, nichts zu tabuisieren, auch nicht die Automobilindustrie. In der Hinsicht ist in den letzten Tagen viel Schaden angerichtet worden. Ich hätte vorgestern gern in die Debatte eingegriffen, wollte es aber nicht, weil sie mir zu polemisch verlief.
Zu meiner Zeit bei Volkswagen wurden nicht Bugatti und Lamborghini gekauft, wurde nicht der Phaeton entwickelt, sondern in den letzten Jahren haben wir den Polo BlueMotion und den Passat BlueMotion, der in Emden gebaut wird, entwickelt. Das sind bei Weitem die umweltfreundlichsten Autos der Welt. Die ganze Flotte von VW ist weitaus umweltfreundlicher als die Flotten anderer asiatischer Hersteller.
Deswegen müssen wir die Ökologie und die Ökonomie miteinander versöhnen und darüber reden, wie wir Mobilität umweltfreundlicher ermöglichen können.
Wir müssen auch sehen - das werden Sie jetzt nicht sehr gerne hören; aber das gehört zur Zukunftsdiskussion -, dass der gesamte deutsche Straßenverkehr von Pkws und Lkws 150 Millionen t CO2 emittiert. Das ist exakt die Menge, die durch die vorhandenen Kernkraftwerke eingespart wird. Würde man die heute von Kernkraftwerken erzeugte Energie mit Gas und mit Braun- oder Steinkohle erzeugen, hätte man zusätzlich noch einmal die gleiche Menge an Emissionen, die heute der Straßenverkehr verursacht. Ich erwarte deshalb eine tabulose, eine unideologische Diskussion über die Bewältigung der Bedürfnisse der Zukunft. Langfristig müssen wir alle Energie aus Wasserkraft, Windkraft und Sonnenenergie erzeugen, aber kurzfristig und übergangsweise werden wir auf endliche Rohstoffe zurückgreifen müssen und auch auf die friedliche Nutzung der Kernenergie.
Ich möchte am Schluss der mir zur Verfügung stehenden Redezeit sagen, dass Europa enorm viel bewegen kann und enorm viel bewegt hat. Wo ständen wir, wenn es dieses einige, dieses freiheitlich-demokratische Europa nicht gäbe? - Wir ständen gewiss nicht dort, wo wir heute stehen, wo man sagen kann: Nirgendwo auf dieser Welt lässt es sich besser leben als in Europa. - Ich würde sagen: Nirgendwo in Europa oder auf dieser Welt lässt es sich besser leben als in Niedersachsen.
Diese Frage, wo wir ständen, wenn wir diese Europäische Union nicht hätten, muss schon gestellt werden. Denn eines ist klar: Ich durfte gestern Abend mit Angela Merkel, Herrn Barroso und anderen in dem Raum sitzen, in dem 1957 Ernst Albrecht saß und in dem die Römischen Verträge aufgesetzt und ratifiziert wurden, die dann später in Rom gegengezeichnet wurden. In dem Raum hat Ernst Albrecht damals im Alter von 27 Jahren als junger EU-Beamter und einige Jahre später als Generaldirektor die Übersetzungen ins Französische und Englische vorgenommen. Die Akteure von damals hatten Nachkriegs- und Kriegserfahrung, die wussten, was in Europa los war, dass Menschen gegeneinander Krieg geführt haben. Diese Erfahrungen fehlen uns zum Glück gänzlich, und ich hoffe, dass niemals wieder ein Europäer diese Erfahrungen machen muss.
Aber wenn diese natürliche Begründung für Europa weg ist, dann kann das, was wir jetzt erleben, schnell selbstverständlich werden. Wir als Landtag tun deshalb gut daran, diese Entschließung zu fassen, um damit deutlich zu machen: Es ist nicht selbstverständlich, dass wir in diesem Europa so friedlich und freiheitlich leben können. Ich hoffe, dass auch junge Menschen für dieses Europa eintreten. - Vielen Dank.
Die SPD-Fraktion hat zusätzliche Redezeit beantragt. Herr Plaue, ich erteile Ihnen nach § 71 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung eine Redezeit von drei Minuten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, dass Ihr niedersächsisches Geschichtsbild bei Ernst Albrecht aufhört, bei Ihnen wieder beginnt und dazwischen in der Tat ausgeblendet wird, das kennen wir.
Ich will mich an dieser Stelle nicht zu Ihrer Rolle bei VW äußern. Aber eines ist völlig klar: Wenn man als Land bei VW Einfluss behalten will, dann muss man versuchen, das im Konsens mit der Geschäftsführung zu tun. Man darf jedoch nicht versuchen, seinen Privatkrieg dort zu führen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich sage Ihnen ausdrücklich: Es ist übereinstimmende Meinung im Niedersächsischen Landtag - davon bin ich überzeugt -, dass die Ziele, die die Bundesregierung in ihrer Ratspräsidentschaft verfolgt, nämlich das Thema Klimaschutz auf der europäischen Agenda nach vorne zu bringen, absolut unstrittig sind. Das ist überhaupt keine Frage. Es wäre ganz gut, wenn Sie, Herr Ministerpräsident, Ihren Einfluss, den Sie bei VW haben, dazu nutzen könnten, um beispielsweise auch dort die Entwicklung, die es bereits gibt, positiv nach vorne zu bringen. Das Dreiliterauto bei VW wäre eine richtige Antwort auf die Frage, die wir hier zu diskutie
Meine Damen und Herren, Herr Ministerpräsident, das Problem ist: Von den jungen und auch den im mittleren Alter befindlichen Menschen in unserem Lande werden Sie sicherlich Verständnis dafür bekommen, wenn Sie auf die friedensstiftende Wirkung Europas hinweisen. Auch ich habe das ausdrücklich getan. Man muss aber aufpassen, dass diese Leute - Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - Sozialdumping nicht mit dem Begriff „Europa“ verbinden. Das kann es nämlich nicht sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.
- Doch, Herr Kollege! - Deshalb ist es wichtig, dass wir neben den wichtigen Fragen des Klimaschutzes, der europäischen Integration und des friedlichen Miteinanders auch die Frage eines sozialen Europa auf die Agenda der Politik setzen, meine Damen und Herren. Das sind die Ängste, die die Menschen haben. Darauf brauchen sie eine Antwort.
Wir haben die Ressourcen, um das zu tun. Europa ist einer der reichsten Wirtschaftsräume, vielleicht sogar der reichste Wirtschaftsraum in der Welt. Wir haben die Möglichkeiten, diese Ressourcen so einzusetzen, dass sich die Menschen mit dem identifizieren, was an europäischer Perspektive kommt.
Deshalb sage ich: Wir brauchen nicht nur eine Umweltverträglichkeitsprüfung auf europäischer Ebene; sie ist richtig. Wir brauchen vielmehr auch eine Initiative, die sagt: Wir wollen abschätzen, welche Auswirkungen die europäischen Entscheidungen auf die sozialen Systeme des europäischen Kontinents haben. - Wenn wir das nicht hinbekommen, dann werden wir die Menschen mit ihren Ängsten alleine lassen.
Deshalb fordern wir die Landesregierung dazu auf, nicht nur die Themen Energie und Wirtschaftspolitik, sondern auch das Thema Sozialpolitik mit den Möglichkeiten, die sie hat - das sind nicht wenige; ich nenne z. B. die Dialoge, die sie in Brüssel organisiert -, nach vorne zu bringen. Europa hat das verdient, meine Damen und Herren!
Wir stimmen zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 3630 und bei dessen Ablehnung sodann über die Beschlussempfehlung des Ausschusses ab.
Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das Vorletzte war die Mehrheit.
Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit.
Tagesordnungspunkt 38: Erste Beratung: Direkteinspeisung von Biogas ins Erdgasnetz - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 15/3586
Dieser Antrag wird von dem Abgeordneten Langspecht von der CDU-Fraktion eingebracht. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Die Klimaveränderung und die zunehmende weltweite Energieknappheit sind nicht nur die zentralen europapolitischen Themen. Sie sind längst, wie wir es eben vom Ministerpräsidenten gehört haben, zu den globalen Herausforderungen der nächsten 50 Jahre geworden.
Wir sind in dem Dilemma, einerseits immer mehr Energie bereitstellen zu müssen, auch für Länder, die ihre Volkswirtschaften jetzt ganz massiv weiterentwickeln wie China und Indien. Andererseits sind aber die endlichen Ressourcen in einem abzusehenden Zeitraum erschöpft. Sie werden in Zukunft immer teurer werden - und das alles bei
Meine Damen und Herren, dies ist eine gigantische Aufgabe, die, wenn sie überhaupt noch zu lösen ist, nur mit größten Einsparanstrengungen und mit einem ausgewogenen Energiemix bewältigt werden kann, bei dem wir künftig allerdings noch erheblich mehr als bisher auf die regenerativen Energiequellen setzen müssen. Wir müssen das ehrgeizige Ziel konsequent verfolgen, den Anteil der regenerativen Energien an der Gesamtversorgung bis 2020 auf 25 % zu steigern und nach Möglichkeit sogar noch zu übertreffen.
Dabei wird die Bioenergie einen ganz entscheidenden Anteil haben. Sie ist grundlastfähig, sie ist umweltfreundlich, sie ist sicher, und sie ist praktisch unbegrenzt verfügbar. Die Bioenergiebranche mit 6 Milliarden Euro Gesamtumsatz 2005 und mit mehr als 60 000 zukunftsträchtigen Arbeitsplätzen ist in der Landwirtschaft und im Anlagenbau zu einem ganz wichtigen Wirtschaftsfaktor geworden.