Protokoll der Sitzung vom 26.04.2007

und die Abgeordnete Ursula Helmhold.

(Beifall im ganzen Hause)

Vom Präsidium die herzlichsten Glückwünsche! Bleiben Sie gesund und munter, und zeigen Sie viel Tatkraft für das Land Niedersachsen!

Zur Tagesordnung: Wir beginnen die heutige Sitzung mit Tagesordnungspunkt 14 - Dringliche Anfragen -. Anschließend setzen wir die Beratung in der Reihenfolge der Tagesordnung fort. Die heutige Sitzung soll gegen 19.10 Uhr enden.

In der Portikushalle wird Ihnen zu Beginn der Mittagspause der Shanty-Chor Oldenburg eine kurze musikalische Darbietung vortragen. Ich empfehle diese Veranstaltung Ihrer Aufmerksamkeit.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, wird erinnert.

Es folgen geschäftliche Mitteilungen durch die Schriftführerin. Ich stelle aber zuvor die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. - Frau Langhans!

Entschuldigt haben sich von der Landesregierung die Ministerin für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit Frau Ross-Luttmann und der Finanzminister Herr Möllring bis zur Mittagspause. Von der CDU-Fraktion hat sich Herr Stünkel und von der Fraktion der SPD Herr Schack entschuldigt.

Ich rufe nun auf den

Tagesordnungspunkt 14: Dringliche Anfragen

Es liegen zwei Dringliche Anfragen vor. Ich rufe zunächst die Anfrage der Fraktion der SPD auf:

a) Erneute Probleme bei Vergabeverfahren - sind erhebliche Zeitverzögerungen beim ersten Rammschlag des JadeWeserPorts und der Verlust von EU-Fördermitteln noch zu vermeiden? - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 15/3738

Die Dringliche Anfrage wird vom Abgeordneten Buß gestellt.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, ich bitte um mehr Aufmerksamkeit und Ruhe! - Herr Buß, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die SPD-Landtagsfraktion stelle ich folgende Dringliche Anfrage:

Der JadeWeserPort wurde von der SPD-Landesregierung im Jahr 2001 auf den Weg gebracht. Ziel für Niedersachsen war es, einen zukunftsfähigen Hafen zu errichten, der gleichzeitig auch Impulse für die Wirtschafts- und Beschäftigungssituation im strukturschwachen Nordwesten unseres Landes geben sollte.

Presseberichten zufolge gibt es beim JadeWeserPort, dem größten Investitionsprojekt Norddeutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, erneut massive Probleme. Dem Prokuristen der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft mbH ist wegen „zu großer Nähe zu einer Bietergemeinschaft“, so die Nordwest-Zeitung vom 17. April 2007, am 26. März 2007 fristlos gekündigt worden. Andere Presseberichte sprechen von massiver Einflussnahme der bremischen Mitgesellschafter in der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft: „Die Bremer ziehen Niedersachsen über den Tisch“, schrieb die Neue Osnabrücker Zeitung am 19. April 2007.

Zwei Bietergruppen bewerben sich um den Bauauftrag für das Hafenprojekt: eine Gruppe um den Baukonzern HOCHTIEF AG und eine um den mit

telständischen Bauunternehmer Johann Bunte aus Papenburg. Die Bunte-Gruppe hatte vorgeschlagen, die Kaimauer mit der sogenannten Ankerlösung im Untergrund zu errichten, die weniger Stahl und Beton benötigt und damit 53 Millionen Euro unter dem Angebot der HOCHTIEF-Gruppe in konventioneller Bauweise liegt.

Der nun gekündigte Prokurist, der im Vergabeteam der JadeWeserPort Realisierungsgesellschaft mbH war, soll sich öffentlich für die Variante der BunteGruppe ausgesprochen haben. Die verschiedenen beauftragten technischen Experten sollen sich in Gutachten unterschiedlich zu der Machbarkeit des Bunte-Vorschlages geäußert haben. Schlussendlich hat sich die JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft gegen diese Variante entschieden. Das Angebot der Bunte-Gruppe in der konventionellen Bauweise liegt um 7 Millionen Euro über dem der HOCHTIEF-Gruppe.

Die JadeWeserPort Realisierungsgesellschaft will nach einer Umbildung des Vergabeteams am 27. April 2007 den Aufsichtsrat der Gesellschaft über die Vergabeentscheidung unterrichten. Sollte der unterlegene Bieter klagen, könnte dies zu einer beträchtlichen Verzögerung des Projektes und gleichzeitig zu massiven finanziellen Einbußen des Landes führen. Der EU-Zuschuss in Höhe von 50 Millionen Euro wird nur gewährt werden, wenn bis Ende Dezember 2008 220 Millionen Euro verbaut sind. Dies setzt einen Baubeginn bis Oktober 2007 voraus.

Die Landesregierung drängt Pressemeldungen zufolge nun darauf, dass beide Bietergruppen im sogenannten Verhandlungsverfahren ein gemeinsames Angebot unterbreiten. Damit sind bei einem Vergabeverfahren der Landesregierung - diesmal trotz erheblich höheren Finanzvolumens, ohne juristische Beratung von dritter Seite - erneut vermeidbare Schwierigkeiten aufgetreten.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Warum ist es erneut zu erheblichen Problemen bei einem wichtigen Vergabeverfahren der Landesregierung gekommen? Welche Position bzw. Einflussnahme haben die Bremer Gesellschafter im Vergabeverfahren eingenommen, und welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, das laufende Vergabeverfahren gerichtsfest zum Abschluss zu bringen?

2. Seit wann sind der Landesregierung die erneuten Schwierigkeiten bei einem Vergabeverfahren

bekannt? Was wurde vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr veranlasst, um die Probleme auszuräumen, und welche Risiken ergeben sich für den Zeit- und Investitionsplan des Projektes, wenn sich die Bieter nicht auf ein gemeinsames Gebot einigen werden?

3. Nach bisherigen Informationen werden die von der Europäischen Investitionsbank zugesagten EFRE-Mittel in Höhe von 50 Millionen Euro nur gewährt, wenn bis Ende 2008 220 Millionen Euro verbaut sind: Gibt es vor diesem Hintergrund die rechtliche Möglichkeit der späteren Verwendung oder Übertragung, und wie kann sichergestellt werden, dass die europäischen Fördermittel nicht verfallen? - Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Hirche das Wort.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren, wir sind jetzt erst am Anfang der Plenarsitzung. Trotzdem ist das Gemurmel aber schon sehr laut.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser Woche haben Geschäftsführung und Aufsichtsrat die wichtige Entscheidung zur Vergabe des Bauloses 1, also zu einem Investment von deutlich mehr als 400 Millionen Euro für das Aufspülen von 360 ha Fläche mit 40 Millionen m³ Sand, zu treffen. Ungeachtet der öffentlichkeitswirksamen Vorgänge in den vergangenen Tagen ist dabei klar, dass die Entscheidung auf einer gründlichen Abwägung aller eingegangenen Angebote - es waren am Ende zwei Bietergemeinschaften mit ihren Hauptangeboten und zahlreichen Nebenangeboten zu prüfen - gefällt werden wird. Ich bin überzeugt, dass die Entscheidung genauso wie der Planfeststellungsbeschluss von vor ein paar Wochen einer kritischen Prüfung standhalten wird. Eine Verfahrensverzögerung sehe ich nicht. Selbst wenn der unterlegene Bieter sowohl die Vergabekammer als auch das OLG Celle als die nächst höhere Instanz anrufen sollte, ist mit einer Entscheidung im Spätsommer dieses Jahres zu rechnen. Bei Vorhaben

dieser Größenordnung sind übrigens gerichtliche Überprüfungen immer einzukalkulieren.

Unabhängig davon sind Parallelanträge auf Anordnung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen den Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses zu erwarten. Unter Beachtung des rechtsstaatlichen Gebots des Rechtsschutzes kann daher im Moment ohnehin nicht gebaut werden. Eine Entscheidung des OVG Lüneburg hierüber wäre für den September/Oktober 2007 zu erwarten.

Das ändert aber nichts daran, dass nunmehr unter Wahrung der Grundsätze der Transparenz, der Diskriminierungsfreiheit und der Ergebnisoffenheit die Entscheidung zur Vergabe des Bauloses 1 fällt. Angesichts des Volumens der wichtigsten Baumaßnahme im Infrastrukturbereich Niedersachsens war die Streitanfälligkeit von Anfang an klar. Umso wichtiger ist, dass jeder Anschein der Subjektivität vermieden wird. Die außerordentliche Kündigung des bisherigen Prokuristen ist einstimmig von der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat beschlossen worden. Sie ist der Geschäftsführung nicht leicht gefallen, war aber notwendig, um ein geordnetes Vergabeverfahren zu gewährleisten.

Das Einhalten des Zeitplans - Baubeginn im Spätsommer/Herbst 2007 - ist vor allem im Hinblick auf die rechtzeitige Inbetriebnahme des Hafens im Jahr 2010 sehr wichtig. Dies haben wir so mit den Betreibern auch vereinbart. Hinzu kommt der fiskalische Aspekt; denn die von der EU zugesagte Förderung für das Projekt in Höhe von 50 Millionen Euro, der eine umfassende Prüfung auch der Umweltbelange durch die EU-Kommission vorausging, ist für dieses Projekt nur in einem bestimmten Zeitrahmen, nämlich bis 2008 möglich. Der JadeWeserPort ist ein Gemeinschaftsunternehmen der Länder Niedersachsen und Bremen. Alle wichtigen Entscheidungen müssen im Konsens getroffen werden und werden auch im Konsens getroffen.

Im Hinblick auf das schwebende Verfahren sind mir Aussagen zu einzelnen Ingenieurlösungen nicht möglich. Der Nutzer des Hafens hat in jedem Fall Anspruch auf eine funktionstüchtige Infrastruktur. Jegliche Risiken im Hafenbau müssen ausgeschlossen werden. Dies entspricht den Vorgaben der Vergabestelle, also dem sogenannten Amtsentwurf der JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft.

Zu den technischen Lösungen möchte ich an dieser Stelle aber auf Folgendes hinweisen: Grundlage des Amtsentwurfs war die Standardbauweise. Darüber hinaus waren Sondervorschläge zugelassen. Ein Sondervorschlag kann im Vergabeverfahren aber nur dann einen Zuschlag erhalten, wenn seine Umsetzung unter keinem Gesichtspunkt zweifelhaft ist.

Ich stimme mit der SPD-Fraktion darin überein, dass es unser aller Ziel sein muss, einen zukunftsfähigen Hafen zu errichten. Ich appelliere an alle Fraktionen dieses Hauses, daran mitzuwirken, dass dieser Hafen zum frühestmöglichen Zeitpunkt gebaut und fertiggestellt werden kann.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dies vorausgeschickt, beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Zu 1: Von erheblichen Problemen kann beim Vergabeverfahren JadeWeserPort keine Rede sein. Ich bin überzeugt: Die JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführung und mit Zustimmung des Aufsichtsrats, wird eine Entscheidung zur Vergabe des Bauloses 1 fällen, die einer kritischen Prüfung standhält. Die notwendigen Entscheidungen werden zwischen den Gesellschaftern Niedersachsen und Bremen in transparenter, diskriminierungsfreier und ergebnisoffener Weise getroffen.

Zu 2: Die bisherigen Vergabeverfahren zum JadeWeserPort, insbesondere zur Vergabe der Betreiberkonzession an EUROGATES, sind einwandfrei und unbeanstandet gelaufen.

Was die Entziehung der Prokura am 26. März bzw. die Entlassung eines Prokuristen am 4. April betrifft, sind die notwendigen Schritte von der Geschäftsführung zügig eingeleitet worden. Die Landesregierung ist in der darauf folgenden Kabinettssitzung unterrichtet worden. In das neue Vergabeteam wurde von der landeseigenen Infrastrukturund Beteiligungsgesellschaft unverzüglich ein leitender Mitarbeiter in die JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft entsandt, um die Leitung objektiv und diskriminierungsfrei zu übernehmen.

Risiken für den Zeit- und Investitionsplan des Projektes bestehen aufgrund dieser Personalentscheidung nicht, weil - wie ich schon sagte - vor September 2007 angesichts der Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses ohnehin nicht gebaut werden kann. Dies gilt auch für den Fall, dass es

zu einem Überprüfungsverfahren bei der Vergabekammer und beim Oberlandesgericht Celle kommen wird; denn auch für die letzte Instanz beim OLG Celle rechnen wir mit einer Entscheidung im Juli dieses Jahres.

Zu 3: Die Landesregierung geht mit Blick auf den beschriebenen Zeitrahmen für die Überprüfung sowohl des Planfeststellungsverfahrens als auch des Bauloses davon aus, dass im Jahr 2007 mit dem Bau des JadeWeserPorts begonnen und bis 2008 ein entsprechender Anteil verbaut und abgerechnet werden kann. Hier ist auch der künftige Auftragnehmer in der Pflicht. Sollten die Summe oder Teile von ihr wider Erwarten nicht für den JadeWeserPort verbaut werden können, werden die Gelder für andere Projekte verwendet.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Buß.