Tagesordnungspunkt 32: Erste Beratung: Ministerpräsident Wulff muss Umweltminister Sander entlassen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/3714
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das mit der persönlichen Erklärung gestern passte richtig zu dem Thema „Die unendliche Geschichte eines peinlichen Ministers“. Aber wir haben uns ja schon fast daran gewöhnt.
Herr Sander, ich möchte Ihnen für Ihre überraschende Rede gestern Abend erst einmal herzlich danken. Wir haben sie als Ouvertüre zu diesem Tagesordnungspunkt begriffen, mit Höhepunkten gespickt; das muss ich schon sagen. Das war richtig großes Kino.
Dass Herr Meihsies vor Ihnen Angst hat, hätte ich nicht für möglich gehalten. Mein Eindruck war vielmehr, er geht Ihnen aus dem Weg, weil er Sie
Die Innovation in Sachen Geschäftsordnung des Landtages fand ich ganz beeindruckend. In Zukunft wird also aufgerufen mit: Als Nächster hat der Abgeordnete XY das Wort zu einer rhetorischen Frage. - Meine Damen und Herren, das hat es in sich!
Aber aus dem vorgesehenen Punktsieg ist eher ein Eigen-K.-o. geworden, meine Damen und Herren; das war mein Eindruck.
Wir haben gestern Abend in die Gesichter der Abgeordneten der CDU-Fraktion gesehen. Sie waren sehr geknickt, meine Damen und Herren.
Ich kann das auch sehr gut verstehen. Sie haben ja nicht nur das Problem, diesen Minister mit durchschleppen zu müssen. Das Problem ist für Sie noch viel schlimmer: Dieser Agrarfundamentalist wildert in Ihrer Stammklientel! Das macht Ihnen doch noch zusätzlich zu schaffen, meine Damen und Herren!
Aber nach vier Jahren reicht es, Herr Wulff. Sie sind gefordert: Dieser Minister gehört entlassen, und zwar umgehend!
„Der neue Niedersächsische Umweltminister wird durch eine konsequente Umweltpolitik aufhorchen lassen“.
Dieser Minister hat in der Tat aufhorchen lassen. Inzwischen ist in ganz Deutschland klar, dass es in Deutschland einen Landesminister gibt, der für die Umwelt verantwortlich ist, aber die Umweltzerstörung in den Mittelpunkt seiner politischen Arbeit stellt.
Ob die FAZ oder welche Zeitung auch immer, alle haben es inzwischen gemerkt: Der, der dort zu Gange ist, ist weiß Gott ein Sonderling.
Konsequent ist diese Politik auch. Das will ich Ihnen gern bescheinigen und an einigen Beispielen deutlich machen. Beginnen wir einmal mit der Personalpolitik dieses Herrn. Er hat vor vier Jahren ein geordnetes Haus übernommen
(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU - David McAllister [CDU]: Lä- cherlich! Lächerlich! Da lachen sogar die Sozialdemokraten!)
Herr Sander, die Kompetenz haben Sie Ihren Beschäftigten nicht nehmen können, aber die Motivation. Wer nur konnte, ist abgewandert; ein ganzer Teil ist in die innere Emigration gegangen. Die Kompetenzen des Hauses werden von Ihnen gar nicht genutzt. Wenn wir uns ansehen, wer neu ins Haus geholt worden ist, so weiß doch inzwischen jeder in Niedersachsen, dass für die Einstellung nicht die Kompetenz das Hauptkriterium war, sondern das Parteibuch, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Unverschämtheit! - Da- vid McAllister [CDU]: Dass du dich nicht schämst!)
Diese Landesregierung macht sich angeblich für das Ehrenamt stark. Als wir die Regierung im Jahr 1990 übernommen haben, gab es unheimlich viele
Verbände, die finanziert worden sind. Nur ein Bereich nicht: die Umweltverbände. Das haben wir geändert. Das war dringend notwendig. Genau diese Finanzierung ist wieder zurückgenommen worden. Die Arbeit der Umweltverbände wird rigoros ausgetrocknet und behindert. Sie werden in ihren Mitwirkungsrechten eingeschränkt. Das, was in diesem Bereich passiert, ist ungehörig und wird von uns scharf kritisiert.
Oder nehmen Sie das Beispiel der Daseinsvorsorge. Dieser Minister lässt nichts aus, alles, was kommunale Daseinsvorsorge angeht, zu diskreditieren und dafür zu streiten, dass privatisiert wird. Zum Glück, meine Damen und Herren, gibt es in der CDU im kommunalen Bereich aber auch noch Menschen mit Vernunft und Verstand, die das mit verhindert haben, sodass Herr Sander hier noch nicht erfolgreich gewesen ist. Gott sei Dank, dass da noch einiges gerettet worden ist!
Seine Philosophie „Mit den Menschen Politik machen“ hört sich ja immer klasse an. Mit welchen Menschen macht er nun aber Politik? - Er setzt Menschen mit Nutzern gleich. Wenn es darum geht, für die Gesellschaft insgesamt Natur und Landschaft zu sichern, so interessiert ihn das nicht. Vielmehr will er es ausweislich vieler Reden vor allem vor Ort den Nutzern recht machen. Ich habe sehr viel Verständnis für einen Interessenausgleich. Aber die ausschließliche Vertretung von Nutzerbelangen ist in der Regel kein Interessenausgleich, sondern ein Verstoß gegen die ökologische Vernunft. Diesen Verstoß nimmt er bewusst in Kauf.
Niedersachsen ist im Bereich der erneuerbaren Energien Vorreiter gewesen, weil wir das klimapolitisch wollten und weil es beschäftigungspolitisch sinnvoll ist. Was aber hat nun dieser Minister zu verantworten? - Die Solarenergie hat er gestrichen.
Die Windenergieförderung hat er in der Öffentlichkeit diffamiert. Den Wirtschaftsförderfonds - ökologischer Teil - hat er mit null Euro pro Jahr ausgesetzt. Bei der Anmeldung der EU-Strukturmittel hat er vergessen, die Bereiche Umwelttechnik und Energie zu berücksichtigen.
Das ist ein Verstoß gegen die ökonomischen und die ökologischen Belange dieses Landes. Deshalb sagen wir: Dieser Umweltminister sichert nicht die Umwelt in Niedersachsen, sondern er ist der GAU für die Umwelt in Niedersachsen. Deshalb gehört er weg.
Herr Sander war konsequent im Weggucken. Herr Wulff war es auch. Er hat nichts unternommen, um Herrn Sander auszubremsen.
Auch bei dem aktuellen Thema, nämlich beim Streit mit der EU, ist Herr Sander konsequent. Ich zitiere einmal aus der Meppener Tagespost vom 17. Januar 2004:
„Diese ewigen Drohungen mit der EU. Wir sollten eine Nichtmeldung riskieren. Soll die EU doch die Bundesrepublik verklagen, das sollten wir mal testen.“
Das ist O-Ton Sander. Dafür hat er jetzt Jahre gearbeitet. Er hat es nicht gleich geschafft. Es hat eine Reihe von Mahnschreiben gegeben. So ein richtiges Vertragsverletzungsverfahren stand allerdings noch aus. Herr Sander musste selbst Hand anlegen, meine Damen und Herren, damit das Ziel, ein Vertragsverletzungsverfahren zu bekommen, endlich erreicht werden konnte. Wahrscheinlich ist er stolz darauf, dass er es jetzt geschafft hat.