- Peinlich ist es auch, wenn man vorschlägt, GAMittel einzufrieren und noch gar nicht mitbekommen hat, dass der Bund längst beschlossen hat, die GA-Mittel für das Land Niedersachsen mehr oder weniger auf Null zu setzen. Wie man eine Null einfrieren kann, das müssen Sie mir einmal vormachen.
Herr Gabriel, Sie haben ja schon einmal so etwas wie die Vermögensteuer vorgestellt. Das ist noch nicht so lange her; das war im Wahlkampf neu zu hören. Jetzt haben Sie auch wieder einen Vorschlag zur Haushaltskonsolidierung gemacht: eine zusätzliche 15-prozentige Steuer auf Immobilienverkauf und Aktiengewinn.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir lassen es Ihnen nicht durchgehen, dass Sie immer wieder versuchen, sich als Robin Hood zu profilieren, nach dem Motto: Sie sind der Rächer der Armen und nehmen es von den Reichen, um es dann willkürlich zu verteilen. Ich sage Ihnen - auch im Hinblick auf die Rolle, die Sie bisher wahrgenommen haben -, mit wem Sie vielleicht eher zu ver
gleichen sind. Sie sind vom Fraktionsvorsitzenden zum Ministerpräsidenten wieder zum Fraktionsvorsitzendenkollegen zurückgekommen. Deswegen erlaube ich mir den Vergleich mit Christoph Kolumbus; denn der passt an dieser Stelle sehr gut. Kolumbus ist losgefahren und wusste nicht wohin, er ist angekommen und wusste nicht wo, er ist zurückgekommen und wusste noch immer nicht, was er getan hatte - und das alles, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit dem Geld anderer Leute.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, CDU und FDP haben den Menschen in Niedersachsen eine ehrliche, seriöse, nachhaltige und mutige Politik versprochen, eine Politik, die den Menschen wieder eine Perspektive bietet. Das kannten sie bisher nicht. Trotz all der Schwierigkeiten, die noch vor uns liegen, ist meine Fraktion fest davon überzeugt, dass dieser Haushaltsplanentwurf einen Politikwechsel in die richtige Richtung vollzieht: hin zum Ersparen im Sinne von mehr Generationengerechtigkeit und ein mutiges Ankurbeln der Wirtschaft in unserem Lande.
Deswegen möchte ich Sie bitten, Herr Gabriel: Gehen Sie gemeinsam mit Herrn Aller und Herrn Möhrmann zu Herrn Wulff, zu Herrn Hirche und zu Herrn Möllring - das muss gar nicht in der Öffentlichkeit passieren; das ist vielleicht einmal etwas ganz Neues für Sie - und sagen Sie: „Toll, Jungs! Ihr könnt stolz darauf sein, was ihr hier geschaffen habt.“ Denn meine Fraktion, die FDPFraktion, ist es nämlich auch. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Rösler, Kolumbus hat immerhin Amerika entdeckt und steht in den Geschichtsbüchern. Das wird man von Ihnen nicht sagen können.
Weil man Ihren Kollegen Herrn McAllister so leicht einschätzen kann und weil er so gern die Neue Presse liest, haben wir einmal das Horoskop von ihm mitgebracht. Sie machen das ja gerne. Ich lese Ihnen das einmal vor:
„Steinbock: Sie haben alle Hände voll zu tun, können sich kaum eine Pause gönnen. Das macht Sie aggressiv, und daran ist auch Merkur Schuld. Er lässt Sie Unüberlegtes sagen, das Sie später bereuen würden. Drehen Sie deshalb jedes Wort besser dreimal um.“
Meine Damen und Herren, der Kollege Rösler hat versucht, drei Gerüchte zu widerlegen. Ich möchte gern drei Haushaltslügen aufdecken. Das geht auch relativ schnell.
Die erste Haushaltslüge ist, dass Sie, wie auch Ihr Kollege McAllister, versuchen, die Schuld an der staatlichen Verschuldung der SPD und den Grünen zuzuschreiben. Ich möchte das nicht weiter ausführen. Jeder, der in Deutschland ein bisschen die Politik beobachtet, wird feststellen, dass es gerade das ist, was die Bürgerinnen und Bürger ärgert: dass wir, Herr Rösler und Herr McAllister, nicht bereit sind, zuzugeben, dass alle Parteien in Deutschland in den letzten Jahrzehnten keine vernünftige Haushaltspolitik gemacht haben. Das trifft Sozialdemokraten wie Christdemokraten; sie trifft es bei der deutschen Einheit insbesondere. Ganz besonders im Bereich der Sozialversicherungssysteme tragen Sie die Schuld daran, dass die deutsche Einheit nur von Arbeitern und Angestellten bezahlt worden ist. Das ist ganz schlimm.
Es steht beim Bund der Steuerzahler, dass die Probleme in Niedersachsen unter der CDURegierung von Herrn Albrecht begonnen haben. Wir haben sie ebenfalls nicht in den Griff gekriegt.
Ich finde, die erste Lüge, mit der wir aufhören müssten, ist der Versuch, die Probleme, die wir heute haben - Herr Rösler, da haben Sie Recht und die wir für die zukünftige Generation lösen
müssen, parteipolitisch zuzuordnen. Das glaubt kein Mensch mehr! Das glauben nur Sie - oder Sie versuchen hier Selbsthypnose. Das ist zwar gut für den Landtag, nicht aber für die politische Kultur.
Die zweite Haushaltslüge ist die Behauptung, diese Landesregierung würde die Nettokreditaufnahme senken. Herr Möhrmann und der Kollege von den Grünen haben deutlich gemacht, dass Sie die Schulden in Schattenhaushalte verschieben. Das tun Sie z. B. bei der Krankenhausfinanzierung. Sie verlagern das in die Landestreuhandstelle und gehen durch die Lande und sagen, im Sozialministerium sei eingespart worden. Die Schulden dafür muss die LTS aufnehmen, und Sie zahlen die Zinsen aus dem Landeshaushalt. Das ist ein typischer Schattenhaushalt. So etwas hat Herr Möllring früher immer kritisiert. Jetzt machen Sie das selbst.
Ihre Annahmen hinsichtlich der Vermögensveräußerungen sind ungerechtfertigt. Die Klosterkammer kann das nicht bezahlen, sondern muss dafür Schulden machen.
Wenn Sie das zusammenrechnen, haben Sie die Nettokreditaufnahme nicht gesenkt. Alles andere ist ein Märchenbuch. Bei mir zu Hause nennt man das eine faustdicke Lüge, meine Damen und Herren.
Dritte Behauptung: Sie hätten keine Alternativen. Meine Damen und Herren, wenn wir nur den Landeshaushalt anschauen, gibt es in der Tat keine Alternativen. Ich finde, auch die SPD kann der jetzigen Landesregierung nicht vorwerfen, dass sie im Jahre 2004 einen verfassungswidrigen Haushalt vorlegt. Ich tue das auch nicht. Wir haben selber einen verfassungswidrigen Haushalt zu verantworten gehabt. Sie alle wissen, dass wir mit dramatischen Steuereinbrüchen umgehen müssen, dass Sie mit noch mehr Steuereinbrüchen umgehen müssen. Keiner darf Ihnen das Haushaltsjahr 2004 vorwerfen.
Was man Ihnen aber vorwerfen darf, ist, dass Sie die Möglichkeiten, Ihren Handlungsspielraum zu erweitern, nicht ausnutzen. Herr Ministerpräsident,
Herr Finanzminister, selten hat eine Bundesregierung so viel Reformvorhaben auf den Weg gebracht, bei der sie die Zustimmung der Länder braucht. Warum ist Niedersachsen nicht so mutig und sagt: Wir wissen, dass es zu einer ganzen Reihe von Reformvorschlägen in der Gesundheitspolitik, in der Rente, bei der Steuer keine Alternativen gibt. Aber wir wollen dafür, dass wir diese schwierigen Entscheidungen mittragen, dass für unser Land etwas dabei herauskommt. Das heißt erstens, wir wollen Subventionsabbau betreiben, und zweitens, wir wollen die Mischfinanzierungen, also die Gemeinschaftsaufgaben aufgeben und das Geld in den Landeshaushalt stellen, damit wir hier Prioritäten setzen können. - Das wäre eine vernünftige Haushaltspolitik. Das aber verweigern Sie, und das werfen wir Ihnen vor, meine Damen und Herren.
Wenn Sie hier nun öffentlich fragen, warum wir das nicht gemacht haben, sage ich Ihnen: Von den 13 Jahren, in denen wir regiert haben, hat den Subventionsabbau und die Aufgabe der Mischfinanzierung rund neun Jahre Ihre Bundesregierung verweigert.
- Das können Sie doch nachlesen, das ist doch so. Sie reden hier doch nur über den Subventionsabbau. Ich werde auch gleich noch sagen, warum Sie es verweigern.
In dem nächsten Schritt haben Sie Folgendes gemacht: Sie haben alle Vorschläge zum Subventionsabbau im Bundesrat blockiert, obwohl das die Einnahmesituation in Niedersachsen verbessert hätte.
Wissen Sie, was Sie machen? - Sie schützen Ihre Klientel im Bereich Landwirtschaft. Sie schützen Ihre Klientel bei den großen Unternehmen, bei den hohen Einkommen, bei den Aktienbesitzern, bei den Immobilienbesitzern. Das ist die FDP- und CDU-Klientel. Das verstehen Sie unter „bürgerlich“. Ich sage Ihnen, Sie haben nur einen ganz kleinen Teil der Bevölkerung im Auge. Sie machen
Ihre Definition von „bürgerlich“ ist schon interessant. Herr Rösler, Sie reden über sozioökonomische Nischen. - Sie müssten uns übrigens einmal erklären, was eine sozioökonomische Nische ist. Sie meinen wohl eine soziokulturelle Nische, aber das ist auch nicht schlimm. - Ich lese Ihnen einmal einige der sozioökonomischen Nischen vor, die Sie platt machen wollen, von denen Sie weg wollen: Nullrunde im Bereich der Behindertenhilfe. - Ist Behindertenhilfe eine sozioökonomische Nische? Kürzung oder Abschaffung des Landesblindengeldes bis zu 58 Millionen Euro, Suchtkrankenhilfe, Aidshilfe, Gesundheitsförderung, freiwillige Leistungen im Bereich der Jugendpolitik, Arbeitsmarktmittel, Frauenpolitik, Städteund Wohnungsbau. Und dann kommen Sie in der Öffentlichkeit und sagen: Und an die Wohlfahrtsverbände müssen wir auch ran. - Wissen Sie, wenn Sie über sozioökonomische Nischen reden, dann reden Sie über das Rote Kreuz, über die Arbeiterwohlfahrt, über die Caritas, über die Diakonie, über den DPWV? Da wollen Sie die Strukturen platt machen. Das ist die FDP-Politik!
Sie weigern sich dort, wo Sie einmal Mut zeigen müssten, nämlich bei der eigenen Klientel, Subventionen abzubauen. Das wollen Sie nicht machen. Dafür kommen Sie aber daher, machen die Hausaufgabenhilfe für schwache Schülerinnen und Schüler im Lande platt. Sie überwälzen die Kosten der Ganztagsschulen an die Kommunen. Das ist Ihre Politik. Weil Sie sich hier nicht trauen, müssen Sie bei Bildung, im Hochschulbereich, im Bereich der Hausaufgabenhilfe, der Ganztagsschulen und in dem gesamten Bereich der Sozial- und Kultuspolitik das Land ruinieren. Das ist Ihre Politik, meine Damen und Herren. Darauf werden wir Sie hinweisen.
Herr Rösler, weil Sie mich persönlich angesprochen haben, sage ich Ihnen einmal etwas zu Ihrem Beispiel mit dem Fisch und dem Angeln. Abgesehen davon, dass ich jetzt mit jemandem rede, der
von manchem von dem profitiert hat, was Sie als „Fische verteilen“ bezeichnen würden: Wissen Sie, was Sie machen? Sie drücken den Leuten in der Hochschulpolitik zwar Angeln in die Hand, aber vorher trocknen Sie den See aus. Das ist Ihr Problem, meine Damen und Herren, aber da werden wir nicht mitmachen.
Wir werden uns nicht hergeben und Einzelbereiche Ihres Haushalts beurteilen, weil wir wissen, dass wir hier in Wahrheit eine Farce aufführen. Der Haushaltgesetzgeber - das ist das Parlament und nicht die Regierung - ist nicht mehr in der Lage, eine wirkliche Haushaltspolitik selbst zu bestimmen. Wir können das nur, wenn wir zum Subventionsabbau auf Bundesebene kommen, wenn wir die Mischfinanzierung abbauen und wenn wir aufhören, Bildung mit Bildung zu finanzieren, wie bei Schule und Hochschule.